OGH 1Nd15/89

OGH1Nd15/8913.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann und Dr. Schlosser in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Gesellschaft mbH, C***-Reisebüro, Dornbirn, Stiglingen 1-3, vertreten durch Dr. Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in Bezau, wider die beklagte Partei F*** W*** Ö***, Wien 7.,

Schottenfeldgasse 24, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 30.000,-- s.A. über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Gemäß § 31 JN wird zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache das Landesgericht Feldkirch als zuständig bestimmt.

Text

Begründung

Die beklagte Partei veröffentlichte in der März-Ausgabe 1988 der von ihr herausgegebenen periodischen Druckschrift "Selbständig in der Wirtschaft" unter dem Titel "Waldheim-Affäre - Zahlt die Wirtschaft die Rechnung?" einen Artikel, in dem es unter anderem heißt: "Horst T***, Mitbesitzer des Reisebüros City in Dornbirn schätzt seinen Verlust auf S 12 Millionen".

Die klagende Partei begehrte auf Grund dieses Sachverhaltes den Betrag von S 38.748,-- s.A., den Widerruf der zitierten Behauptung und dessen Veröffentlichung in den "Vorarlberger Nachrichten" und in der "Neuen Vorarlberger Tageszeitung". Sie brachte zur Begründung des allein noch streitverfangenen Begehrens auf Bezahlung von S 30.000,-- vor, daß sie auf Grund dieses Artikels einen gravierenden Umsatzrückgang mit einem Provisionsverlust von S 30.000,-- erlitten habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Erstrichter wies das Klagebegehren nach Verlesung von Urkunden ab.

Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei teilweise Folge, es bestätigte die Abweisung eines Teilbegehrens von S 8.748,-- s.A. und des Veröffentlichungsbegehrens; im übrigen, sohin in Ansehung eines weiteren Betrages von S 30.000,-- s.A. gab es der Berufung Folge, hob das Urteil in diesem Umfang sowie im Kostenpunkte auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die klagende Partei begehrt die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Feldkirch, weil zu dem noch streitverfangenen Begehren auf Ersatz des Provisionsverlustes gemäß der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien die Vernehmung der Streitteile sowie der namhaft gemachten Zeugen Dietmar P*** und Ewald P***, die im Sprengel des Bezirksgerichtes Dornbirn wohnhaft seien sowie die Einvernahme eines Sachverständigen aus dem Buchhaltungsfach erforderlich sein werde.

Die beklagte Partei sprach sich gegen die Delegierung aus. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien werde es Sache der klagenden Partei sein, den zeitlichen und sachlichen Zusammenhang des Provisionsverlustes mit dem gegenständlichen Artikel nachzuweisen, insbesondere in der Richtung, daß das ausgebliebene Gran Canaria-Geschäft nicht durch mangelhafte Leistungen im Vorjahr, eine veränderte Konkurrenzsituation oder durch allgemeine Veränderung der Reiseströme entstanden sei. Es werde Sache der Beweiswürdigung des Erstgerichtes nach Durchführung der Parteienvernehmung sein zu beurteilen, ob die Aussage des Geschäftsführers der klagenden Partei allein ein geeignetes Beweismittel sei oder auch noch andere Beweismittel (wie Briefe von Geschäftspartnern, Absagen von Kunden unter Hinweis auf die Meldung, Umsatzrückgänge im zeitlichen Zusammenhang mit der Meldung) notwendig seien.

Das Erstgericht sprach sich für die beantragte Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

§ 31 Abs. 1 JN bestimmt, daß auch aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden kann. Was unter "Gründen der Zweckmäßigkeit" zu verstehen ist, erläutert das Gesetz nicht. Im allgemeinen ist davon auszugehen, daß zwar grundsätzlich die Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit dem über die Delegierung entscheidenden Gericht einen weiten Spielraum gewährt, gleichwohl die Delegierung einen Ausnahmsfall bilden soll, weil eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen in ihrem Ergebnis zwangsläufig zu einer unvertretbaren Lockerung der Zuständigkeitsordnung führen würde. Im Sinne dieser Erwägungen erachtete der Oberste Gerichtshof aber in ständiger Rechtsprechung eine Delegierung dann als zulässig, wenn zumindest eine der Parteien und die überwiegende Anzahl der Zeugen, deren unmittelbare Vernehmung zweckmäßig erscheint, im Sprengel des anderen Gerichtes wohnen (EvBl. 1966/380 u.a.).

Im vorliegenden Fall wohnen der Geschäftsführer der klagenden Partei und die von der klagenden Partei namhaft gemachten Zeugen im Sprengel des Landesgerichtes Feldkirch. Einem zu bestellenden Buchsachverständigen werden die Geschäftsunterlagen der klagenden Partei zugänglich zu machen sein. Ob noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich sein werden, kann derzeit abschließend noch nicht gesagt werden. Nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes hängt dies davon ab, ob die Aussage des Geschäftsführers der klagenden Partei (allenfalls im Zusammenhang mit dem zu erstattenden Buchgutachten) als beweiskräftig anzusehen sein wird. Immerhin kann aber doch gesagt werden, daß auch die weiteren Beweismittel, die das Berufungsgericht diesbezüglich im Auge hat, wie insbesondere Kunden der klagenden Partei, die beabsichtigte Buchungen wegen der Zeitungsmeldung der beklagten Partei unterließen, ihren Wohnsitz voraussichtlich im Einzugsgebiet der klagenden Partei und damit im Sprengel des Landesgerichtes Feldkirch haben werden. Demgemäß ist spruchgemäß zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte