OGH 6Ob747/89

OGH6Ob747/898.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. B*** Realitätenverwertung Gesellschaft mbH i.L., letzte Geschäftsanschrift Wien 14., Matznergasse 25/2-3, vertreten durch Dr.Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, 2. Dagmar I***, Geschäftsfrau, Graz, Alexander Rollettweg 8, vertreten durch Dr.Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien a) Dr.Herbert G***, Rechtsanwalt, Wien 19., Peter Jordanstraße 27, vertreten durch Dr.Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, b) Verlassenschaft nach dem am 31.März 1989 gestorbenen Josef L***, zuletzt Pensionist und wohnhaft in Wien 15., Sechshauserstraße 74/2/14, vertreten durch Dr.Wolfgang Leitner, Rechtsanwalt in Wien, und c) Dkfm. Dr.Hans Gert B***, Steuerberater, Wien 23., Johann Teufelgasse 81, vertreten durch Dr.Felix Spreizhofer, Dr.Thomas Höhne und Dr.Heinrich Vana, Rechtsanwälte in Wien, wegen Herausgabe (Teilstreitwert 500.000 S), Feststellung einer Schadenersatzpflicht (Teilstreitwert 500.000 S), und Zahlung von 3,382.815,40 S/a, 800.985,60 S/b und c infolge

1. des Rekurses der Klägerinnen gegen den rekursgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 26.Januar 1989, GZ 1 R 249/88-23, insoweit mit dieser Entscheidung der Rekurs der Klägerinnen gegen die Abweisung ihres Antrages auf Wiedereröffnung der erstinstanzlichen Verhandlung durch Punkt 2 des Beschlusses des Handelsgerichtes vom 14.September 1988, GZ 14 Cg 55/88-11, zurückgewiesen wurde,

2. infolge des Rekurses des Erstbeklagten gegen den rekursgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. Januar 1989, GZ 1 R 249/88-23, insoweit mit dieser Entscheidung Punkt 1 des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom 14.September 1985, GZ 14 Cg 55/88-11,

unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, und

3. infolge der Rekurse sämtlicher Streitteile gegen den berufungsgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. Januar 1989, GZ 1 R 248/88-22, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 14. September 1988, GZ 14 Cg 55/88-11, unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Dem Rekurs der Klägerinnen gegen die rekursgerichtliche Zurückweisung ihres gegen die Verweigerung der Wiedereröffnung der erstinstanzlichen Verhandlung erhobenen Rekurses wird nicht stattgegeben.

Die Rekurswerberinnen haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

2. Dem Rekurs des ersten Beklagten gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß, mit dem dem Prozeßgericht erster Instanz eine nach Verfahrensergänzung zu fällende neuerliche Entscheidung über die Prozeßeinrede der Streitanhängigkeit aufgetragen wurde, wird stattgegeben. Die vorinstanzlichen Beschlüsse werden derart abgeändert, daß die vom ersten Beklagten in Ansehung des von der ersten Klägerin gegen ihn erhobenen Herausgabebegehrens erhobene Einrede der Streitanhängigkeit verworfen wird.

Der erste Beklagte ist schuldig, der ersten Klägerin an Kosten des Zwischenstreites über die Prozeßeinrede die mit 12.485,15 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer S 1.696,42 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

3. Den Rekursen beider Klägerinnen und aller drei Beklagten gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß, mit dem die Rechtssache in Ansehung der Zahlungs- und Feststellungsbegehren an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen wurde, wird stattgegeben, der angefochtene Aufhebungsbeschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst durch

Teilurteil

erkannt:

Die gegen den Erstbeklagten auf Zahlung eines Betrages von je 1,691.407,70 S sowie die gegen den Zweitbeklagten und den Drittbeklagten auf Zahlung von je 400.479,30 S, und zwar jeweils zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den genannten Beträgen, samt 5 % Zinsen aus den genannten Beträgen ab dem Klagstag, gleichfalls zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den zugesprochenen Zinsen gerichteten Begehren beider Klägerinnen sowie das weitere Begehren, es werde im Verhältnis der beiden klagenden Parteien einerseits und den drei beklagten Parteien andererseits festgestellt, daß letztere den Klägern für alle Schäden zu haften haben, die aus ihrer Tätigkeit als allein vertretungsbefugte Geschäftsführer der ersten Klägerin in der Zeit bis 27.November 1983 entstanden sind bzw noch entstehen könnten, werden abgewiesen.

Die Entscheidung über die Prozeßkosten bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die erste Klägerin ist eine Gesellschaft mbH. Sie war in Konkurs verfallen und damit aufgelöst worden. Der Konkurs ist inzwischen beendet. Die zweite Klägerin hatte aus der Konkursmasse der ersten Klägerin das von dieser betriebene Unternehmen erworben. Die Beklagten waren nacheinander Geschäftsführer der ersten Klägerin.

Die Klägerinnen behaupteten eine Reihe von sorgfaltspflichtwidrigen, zum Teil ungetreuen Geschäftsführungsakten des ersten Beklagten und eine sorgfaltspflichtwidrige Unterlassung der Verfolgung darauf zu gründender Ersatzansprüche gegen den ersten Beklagten durch die beiden anderen Beklagten.

Daraus stützen die Klägerinnen in ihrer am 13.Mai 1988 überreichten Klage Ersatzansprüche gegen die Beklagten als ehemalige Geschäftsführer. Dabei behaupteten die beiden Klägerinnen jeweils die Abtretung der ihnen diesbezüglich zustehenden Forderungen gegen die Beklagten zu einem Hälfteanteil an die andere Klägerin (dies um mögliche Zweifel an der Rechtszuständigkeit der verfolgten Ersatzansprüche auszuschalten, die aufgrund der Veräußerung des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens samt allen Rechten an die zweite Klägerin auftreten könnten). Mit diesen Zahlungsbegehren verbanden die beiden Klägerinnen ein Begehren auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten aufgrund ihrer jeweiligen Geschäftsführertätigkeit in Ansehung aller der ersten Klägerin bis zum 27.November 1983 etwa sonst noch entstandenen oder künftig entstehenden Schäden. Überdies begehrte die erste Klägerin von allen drei Beklagten die Herausgabe ihres Anteilbuches, ihres Protokollbuches, näher bezeichneter Handelsbücher, Geschäftskorrespondenzstücke sowie Jahresabschlüsse samt Belegen. Die Beklagten erhoben gegenüber dem Herausgabebegehren der ersten Klägerin die Einrede der Streitanhängigkeit. Diese Einrede begründeten sie damit, daß die zweite Klägerin gegen die Beklagten in einem anderen noch anhängigen Rechtsstreit ein inhaltlich gleiches Herausgabebegehren verfolge und ihre Anspruchsberechtigung dort darauf stütze, daß sie "Universal-Rechtsnachfolgerin" der ersten Klägerin wäre.

Im übrigen bestritten die Beklagten jedes ersatzbegründende Fehlverhalten, beriefen sich auf ihre Entlastung und wendeten ausdrücklich Verjährung ein.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juli 1988 erörterte der Prozeßrichter mit den Streitteilen das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses im Sinne des § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG. Die Klägerinnen gaben dazu ihren Prozeßstandpunkt zu Protokoll, daß es einer derartigen Genehmigung nicht bedürfe, und zwar schon deshalb nicht, weil der im Rechtsstreit als Vertreter der Gesellschaft einschreitende Liquidator nunmehr Alleingesellschafter der ersten Klägerin sei. Nach dem Klagsvorbringen sei im Zeitpunkt der Klagserhebung ein in Konkurs verfallener Zahnarzt Alleingesellschafter gewesen. Sonstige Behauptungen stellten die Parteien zur Frage der Erforderlichkeit oder Entbehrlichkeit eines Gesellschafterbeschlusses sowie über dessen allfälliges Vorliegen nicht auf.

Das Prozeßgericht erster Instanz trug den Parteien auf, binnen 14 Tagen allfällige Beschlüsse oder sonstige Urkunden im Hinblick auf die Bestimmung des § 35 Abs 1 GmbHG dem Gericht vorzulegen, erklärte die Rechtssache zur Ferialsache, stellte es den Beklagten anheim, auf einen allfälligen Schriftsatz mit Sachvorbringen innerhalb von 14 Tagen zu entgegnen, und hielt fest, daß auf eine Erörterung der von den Klägerinnen allenfalls vorgelegten Urkunden verzichtet würde. Hierauf legten die Parteienvertreter Kostennoten und der Prozeßrichter schloß seine Verhandlung gemäß § 193 Abs 3 ZPO. Die Klägerinnen legten mit einem am 19.Juli 1988 überreichten Begleitschriftsatz Urkunden zum Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an der ersten Klägerin durch den in Konkurs verfallenen Zahnarzt sowie die konkursgerichtliche Genehmigung einer Veräußerung dieser Geschäftsanteile an den nunmehrigen Liquidator der Gesellschaft, die Ausfertigung des dazu ergangenen Aufhebungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofes zu 5 Ob 344/87, aber auch einen Gesellschafterbeschluß des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen des inzwischen unbekannten Aufenthaltes weilenden Zahnarztes vom 13.Juli 1988 sowie einen inhaltsgleichen Gesellschafterbeschluß des Liquidators vom 12. Juli 1988 sowie Urkunden über den Erwerb des Unternehmens der ersten Klägerin "samt allen zusammenhängenden Rechten" durch die zweite Klägerin aus der Konkursmasse der ersten Klägerin vor. In ihrem Begleitschriftsatz führten die Klägerinnen vor allem ihren Rechtsstandpunkt zur Entbehrlichkeit einer Beschlußfassung gemäß § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG aus. Zum Erwerb des 100 %-Geschäftsanteiles des in Konkurs verfallenden Zahnarztes durch den nunmehrigen Liquidator der ersten Klägerin behaupteten sie nicht einmal in diesem Schriftsatz einen formgültigen Übertragungsakt.

Mit der Vorlage der Urkunden und ihrem ergänzenden Prozeßvorbringen verbanden die Klägerinnen den Antrag auf Wiedereröffnung der gemäß § 193 Abs 3 ZPO geschlossenen Verhandlung. Das Prozeßgericht erster Instanz wies mit seinen in die Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschlüssen 1. der Hausgabebegehren der Klägerinnen zurück und gab damit der Sache nach der von den Beklagten gegen das Herausgabebegehren der ersten Klägerin erhobenen Einrede der Streitanhängigkeit statt. Es wies

2. den Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens ab. In der Sache selbst wies das Prozeßgericht erster Instanz mit seinem Urteil die Zahlungsbegehren ab. Eine spruchmäßige Erledigung der Feststellungsbegehren war in der offensichtlich nicht als bloßes Teilurteil gefällten Entscheidung unterblieben.

Das Gericht zweiter Instanz wies als Rekursgericht den Rekurs der Klägerinnen gegen die Verweigerung der Wiedereröffnung der Verhandlung zurück.

Es hob den die Prozeßeinrede betreffenden erstinstanzlichen Ausspruch insoweit ersatzlos auf, als mit ihm auch ein in diesem Rechtsstreit nicht erhobenes Herausgabebegehren der zweiten Klägerin zurückgewiesen worden war. Im übrigen faßte es einen Aufhebungsbeschluß und setzte ihm einen Rechtskraftvorbehalt bei. Die Klägerinnen fechten die rekursgerichtliche Zurückweisung ihres Rechtsmittels gegen die Abweisung ihres Wiedereröffnungsantrages mit dem Antrag auf Anordnung der Wiedereröffnung der erstinstanzlichen Verhandlung und dem hilfsweisen Antrag auf ersatzlose Aufhebung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses an.

Der erste Beklagte ficht den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß mit dem Abänderungsantrag auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen Zurückweisung des Begehrens auf Herausgabe an. Die Klägerinnen erachten den am 24.Tag nach der Zustellung des rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses zur Postaufgabe gebrachten Rekurs als verspätet, in der Sache selbst streben sie die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Als Berufungsgericht verwarf das Gericht zweiter Instanz die Berufung der Klägerinnen, soweit diese Nichtigkeitsgründe geltend machten. Im übrigen faßte das Berufungsgericht einen Aufhebungsbeschluß, dem es einen Rechtskraftvorbehalt beisetzte. Sowohl die beiden Klägerinnen als auch alle drei Beklagten erhoben gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß Rekurs. Der dritte Beklagte und die Klägerinnen erstatteten zu den Rekursen ihrer Prozeßgegner eine Rekursbeantwortung.

1. Zur Wiedereröffnung der geschlossenen Verhandlung:

Das Prozeßgericht erster Instanz hatte seine Verhandlung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juli 1988 gemäß § 193 Abs 3 ZPO geschlossen. Die Klägerinnen haben im Zusammenhang mit der Vorlage von Urkunden zu zwei nach diesem Zeitpunkt abgegebenen, für den Eventualfall als streitentscheidend angesehenen Erklärungen eine Wiedereröffnung der Verhandlung beantragt. Das Prozeßgericht hat diese Anregung nicht aufgegriffen, den Antrag der Klägerinnen mit formellem Beschluß abgewiesen und die Sachentscheidung gefällt.

Rechtliche Beurteilung

Das Gericht zweiter Instanz hat den von den Klägerinnen gegen die formelle Abweisung ihres Antrages auf Wiedereröffnung der Verhandlung erhobenen Rekurs mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Verweigerung der Wiedereröffnung einer geschlossenen Verhandlung als solche unanfechtbar sei und der darin etwa gelegene Verfahrensmangel nur mit dem gegen die Sachentscheidung offenstehenden Rechtsmittel geltend gemacht werden könne. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 39/26, RZ 1973/35, Ind 1976 H 3 S 13 Nr 994 ua). Der erkennende Senat sieht sich durch die Rechtsmittelsausführungen der Klägerinnen nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Abgesehen davon, daß das rein formelle Begehren um Wiedereröffnung einer geschlossenen Verhandlung nach Fällung der Sachentscheidung bereits verfahrensrechtlich überholt erschiene, bleibt der sich durch die Sachentscheidung beschwert erachtenden Prozeßpartei die verfahrensrechtliche Möglichgkeit gewahrt, den im gerügten Vorgang allenfalls bestehenden Verfahrensmangel mit dem gegen die Sachentscheidung zu Gebote stehenden Rechtsmittel geltend zu machen und einer Nachprüfung durch das Gericht höherer Instanz zuzuführen. Da die Verhandlung nicht Selbstzweck sein kann, sondern nur der Gewinnung zureichender Grundlagen für die Entscheidung über das gestellte Begehren dient, ist es im Interesse der Verfahrensökonomie geboten, die Überprüfung des in Rede stehenden verfahrensleitenden Vorganges nur im Rahmen einer zulässigen Anfechtung der Sachentscheidung vorzusehen. Dem Rekurs der Klägerinnen (ON 24) gegen den rekursgerichtlichen Beschluß (ON 23) auf Zurückweisung des gegen die Ablehnung einer Wiedereröffnung der Verhandlung (ON 11/I/2) erhobenen Rekurses (ON 13/B) war nicht stattzugeben.

2. Zur Streitanhängigkeit des Herausgabebegehrens:

Die als erste Klägerin auftretende Gesellschaft mbH begehrte von jedem der drei Beklagten als ihren ehemaligen Geschäftsführern die Herausgabe des Anteilsbuches und des Protokollbuches der Gesellschaft, die Herausgabe der Jahresabschlüsse für die Jahre 1977 bis 1982, die Herausgabe der Handelsbücher für die Jahre 1977 bis 1983 im beispielhaft angeführten Umfang sowie der näher umschriebenen Stücke der Handelskorrenspondenz aus den Jahren 1977 bis 1983. Die Beklagten haben gegenüber diesem Herausgabebegehren die Einrede der Streitanhängigkeit erhoben und mit der Behauptung ausgeführt, daß die zweite Klägerin die Herausgabe derselben Urkunden von ihnen in einem anderen anhängigen Rechtsstreit begehre und sich dabei zur Darlegung ihrer Anspruchsberechtigung darauf berufe, das von der Gesellschaft mbH betriebene Unternehmen aus deren Konkursmasse erworben zu haben.

Das Prozeßgericht erster Instanz hat in inhaltlicher Stattgebung dieser Prozeßeinrede die Klage im Umfang des Herausgabebegehrens zurückgewiesen.

Das Gericht zweiter Instanz hat über Rekurs der ersten Klägerin die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und dem Prozeßgericht erster Instanz eine nach Verfahrensergänzung zu fällende neuerliche Entscheidung über die Prozeßeinrede aufgetragen. Diesem Aufhebungsbeschluß setzte das Rekursgericht einen sogenannten Rechtskraftvorbehalt bei.

Der erste Beklagte erhebt gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß Rekurs.

Dieses Rechtsmittel ist entgegen der in der Rekursbeantwortung der Klägerinnen ausgeführten Ansicht nicht verspätet. Die über eine Prozeßeinrede ergehende Entscheidung ist im Sinne des § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO qualifiziert. Der Rekurs ist daher zweiseitig und die Rekursfrist beträgt vier Wochen. Auch ein im Verfahren über eine Prozeßeinrede im Sinne des § 527 Abs 2 ZPO gefaßter rekursgerichtlicher Aufhebungsbeschluß nimmt sachlich zu der in Untersuchung gezogenen Prozeßvoraussetzung Stellung und enthält typischerweise gleich einem berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß im Sinne des § 499 Abs 2 ZPO, dem gemäß § 519 Abs 1 Z 3 ZPO ein Rechtskraftvorbehalt beigesetzt wurde, bindende Rechtsansichten, so daß die Analogie zur zweiseitigen Ausgestaltung des Rechtsmittelverfahrens und damit zur vierwöchigen Rekursfrist gerechtfertigt erscheint.

Der erkennende Senat sieht sich durch die Argumente der ersten Klägerin nicht bestimmt, von der bisher einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (JBl 1985, 752 ua) abzugehen. Entgegen ihren eigenen Ausführungen unterstellt die Rekurswerberin offensichtlich auch die hier vertretene Auslegung, indem sie das Recht für sich in Anspruch nimmt, zum Rekurs ihres Prozeßgegners eine Rekursbeantwortung zu erstatten. Sachlich ist dem Rekurs der ersten Beklagten zwar insofern beizupflichten, daß die Verfahrensergänzung überflüssig ist, was aber nicht zur angestrebten Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses, sondern zu dessen Abänderung im Sinne einer Verwerfung der vom Rekurswerber erhobenen Prozeßeinrede führt:

Unter der Voraussetzung, daß die zweite Klägerin von den drei hier Beklagten in einem anderen Rechtsstreit die Herausgabe derselben Urkunden mit der Begründung begehrt, die Beklagten wären verpflichtet gewesen, diese Urkunden, über die sie als Organe der ersten Klägerin die Innehabung erlangt hätten, zufolge Verlustes ihrer Organstellung an die erste Klägerin herauszugeben, dieser Herausgabeanspruch wäre zufolge Erwerbes des von der ersten Klägerin betriebenen Unternehmens auf sie übergegangen, läge im Verhältnis zu dem im anhängigen Rechtsstreit gestellten Herausgabebegehren der ersten Klägerin gegenüber dem ersten Beklagten (nur dieser hat gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß Rekurs erhoben) sowohl die Gleichheit des Klagegrundes und des Begehrens, also Identität des Streitgegenstandes, als auch Personengleichheit auf der beklagten Seite vor. Das Verhältnis der beiden klagenden Parteien ist das der Rechtsnachfolge. Im Sinne des Judikates 63 neu (= SZ 28/265) erstreckt sich die Rechtskraft einer Entscheidung nicht nur auf den Gesamt- sondern auch auf den Einzelrechtsnachfolger einer Prozeßpartei. Gleiches kann im umgekehrten Verhältnis aber deshalb nie gelten, weil im entschiedenen Rechtsstreit die dort als Rechtsnachfolger aufgetretene Prozeßpartei die Rechtsnachfolge behaupten mußte, um überhaupt sachlich legitimiert zu erscheinen, der in dem nicht von ihm geführten Prozeß als Rechtsnachfolger Bezeichnete aber als Prozeßpartei diese Rechtsnachfolge zwingend in Abrede stellen müßte, wenn er nicht selbst seine Sachlegitimation in Zweifel ziehen wollte, und über die Tatsache und die Wirkung der Rechtsnachfolge immer nur zwischen den jeweiligen Prozeßparteien bindend abgesprochen wird.

Dadurch, daß ein anderer vor dem Kläger mit der Behauptung, dessen Rechtsnachfolger zu sein, einen von diesem abgeleiteten Anspruch gegen einen Beklagten klageweise verfolgt, darf der ohne seine prozessuale Mitwirkung im zunächst anhängig gemachten Rechtsstreit als Rechtsvorgänger Bezeichnete nicht daran gehindert sein, mit der ausgesprochenen oder auch nur unausgesprochenen Behauptung, den von ihm klageweise verfolgten Anspruch nicht übertragen zu haben, sondern an jenem nach wie vor die Rechtszuständigkeit zu besitzen, einen von ihm behaupteten Anspruch klageweise geltend zu machen.

Wer als Rechtsnachfolger klagt, muß immer die Rechtsnachfolge behaupten, jeder Kläger muß aber, ohne sich mit sich selbst in Widerspruch zu setzen, bei einer Anspruchsverfolgung jeden Verlust seiner eigenen Rechtzuständigkeit verneinen.

Die Anspruchsverfolgung der zweiten Klägerin vermag aus diesen Erwägungen die Anspruchsverfolgung der ersten Klägerin im anhängigen Rechtsstreit keinesfalls wegen Streitanhängigkeit auszuschließen. Die Prozeßeinrede des Rechtsmittelwerbers ist in diesem Sinne unschlüssig. Sie war, ohne daß es dazu weiterer Erhebungen bedürfte, zu verwerfen.

Aufgrund des Rekurses des ersten Beklagten (ON 27) war der rekursgerichtliche Aufhebungsbeschluß (in ON 23) aufzuheben und die gegen das Herausgabebegehren vom ersten Beklagten erhobene Prozeßeinrede der Streitanhängigkeit, der das Prozeßgericht erster Instanz der Sache nach stattgegeben (ON 11/I/1) und wogegen die erste Klägerin Rekurs erhoben hatte (ON 13/A), zu verwerfen. Das Prozeßgericht erster Instanz führte über die Prozeßeinrede keine abgesonderte Verhandlung durch. Es ist derzeit daher nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens des Zwischenstreites zu entscheiden, an dem lediglich die erste Klägerin und der erste Beklagte beteiligt waren. Der erste Beklagte hat der ersten Klägerin ein Drittel der Kosten des Rekurses ON 13/A bei einer Bemessungsgrundlage von 500.000 S und unter Berücksichtigung eines Streitgenossenzuschlages von 15 % sowie die Kosten der Rekursbeantwortung ON 39 unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von 166.667 S (= 500.000 S : 3) und ohne Berücksichtigung eines Streitgenossenzuschlages zu ersetzen.

3. Zu den Ersatzbegehren:

Die erste Klägerin ist eine Gesellschaft mbH, die zufolge Konkurseröffnung aufgelöst und deren im Konkurs erfaßtes Vermögen verwertet wurde, die aber Ersatzansprüche gegen ihre ehemaligen Geschäftsführer behauptet und in diesem Sinne nich vollbeendet ist. Für sie wurde gemäß § 15 a GmbHG ein Liquidator bestellt, der auch als Gesellschaftsorgan einschreitet. Die zweite Klägerin behauptet, das von der Klägerin betriebene Unternehmen aus der Konkursmasse erworben zu haben.

Beide Klägerinnen nehmen die Beklagten als ehemalige Geschäftsführer der ersten Klägerin wegen behaupteter Pflichtwidrigkeiten in Anspruch. Sie stützen ihre Ersatzansprüche und ihre Feststellungsbegehren alternativ einerseits darauf, daß die Ersatzansprüche der ersten Klägerin erwachsen und von dieser zur Hälfte an die zweite Klägerin abgetreten worden seien, und andererseits darauf, daß die Ersatzansprüche in die Rechtszuständigkeit der zweiten Klägerin gefallen und dann zur Hälfte an die erste Klägerin abgetreten worden seien. Da die Klägerinnen keine Tatumstände vorgebracht haben, aus denen ein originär in der Person der zweiten Klägerin entstandener Ersatzanspruch gegen einen der Beklagten abgeleitet werden könnte, ist es zur Schlüssigkeit der gegen die Beklagten verfolgten Ersatzbegehren und damit auch der Feststellungsbegehren erforderlich, einen der ersten Klägerin gegen die Beklagten entstandenen Ersatzanspruch darzulegen.

Diese die Klägerinnen treffende Behauptungs- und Beweislast umfaßt bei einer Verfolgung eines Ersatzanspruches nach § 25 GmbHG grundsätzlich auch die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG. Ein nach dieser Gesetzesstelle erforderlicher Gesellschafterbeschluß wird nach herrschender Auffassung in der Bundesrepublik Deutschland zu § 46 Z 8 dGmbHG als materielles Anspruchserfordernis gesehen ÄBaumbach/Hueck, GmbHG, § 46 Rz 40;

Hachenburg-Schilling, Großkomm GmbHG7, § 46 Rz 31;

Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, § 46 Rz 34;

Fischer/Lutter/Hommelhoff, Komm12 § 46 Rz 19;

Eder/Heuser/Tillmann/Gaul, GmbH-Handbuch12, I 450.1; Bartl/Henkes, GmbH-Recht2, Rz 455; Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, § 46 Rz 45;

wieder zweifelnd allerdings Scholz/K.Schmidt, GmbHG7, § 46 Rz 142;

gegenteilig nur die älteren Meinungen bei Vogel, GmbHG2 (1956), 247 oder Spoerlein, Handbuch2, (1958), 130Ü. In der österreichischen Literatur fehlt eine eindeutige Stellungnahme. Die Formulierung von Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 328 ("Die Beschlüsse über die Prozeßführung und Bestellung des Prozeßvertreters sind in der Klage nachzuweisen.") ließe eher die Auffassung eines prozeßrechtlichen Erfordernisses annehmen. Bei Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht3, II, 431 vermißt man jede Stellungnahme über die in Untersuchung stehende Frage. Eine eindeutige Stellungnahme findet sich auch bei Gellis-Feil, Komm2, 245, Feil-Igenz, GmbH3, 14.8.2., Paschinger, Die Gesellschaften im Zivilprozeß, 76, oder Kastner/Doralt, Gesellschaftsrecht4, 295 nicht.

Der Oberste Gerichtshof schließt sich entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Lesart im Sinne der zu § 46 Z 8 dGmbHG einhellig vertretenen Auslegung der Auffassung an, daß im § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG zwei voneinander zu trennende Gegenstände geregelt seien und der Bedingungssatz ("Wenn die Gesellschaft weder durch einen Geschäftsführer noch durch den Aufsichtsrat vertreten werden kann") nur auf den zweiten Fall der Bestellung eines Vertreters zur Prozeßführung, nicht aber auch auf die Geltendmachung der Ersatzansprüche an sich zu beziehen sei.

Diese gesetzliche Zuordnung der Entscheidungskompetenz an die Gesamtheit der Gesellschafter kann als sachliches Gegenstück zur Entlastung der Geschäftsführer nach § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG gesehen werden. Die Entscheidung soll jedenfalls dem Gesellschaftsorgan vorbehalten bleiben, das die grundsätzliche Geschäftspolitik und Geschäftsstrategie zu bestimmen hat, an denen nicht zuletzt eine strittig gewordene Geschäftsführertätigkeit insgesamt zu messen wäre. Im einzelnen ist das mit der Regelung verfolgte gesetzgeberische Ziel umstritten. Eine eindeutige teleologische Reduktion, wie sie im Falle der Geltendmachung des Ersatzanspruches durch einen Überweisungsgläubiger (in dessen Interesse auch die Entlastung des Geschäftsführers im Sinne des § 10 Abs 6 GmbHG keine Wirkung zeitigte) oder im Falle der Geltendmachung durch den Masseverwalter im Gesellschaftskonkurs zufolge der jedenfalls höher zu wertenden Interessen des Gläubigerschutzes gerechtfertigt erscheint, kann für den Fall einer bereits aufgelösten Gesellschaft nicht mit der gleichen Sicherheit vorgenommen werden, weil der Regelungszweck nicht mit einer hiefür erforderlichen Sicherheit bestimmbar ist. Keinesfalls reichte eine lediglich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles vorzunehmende Beurteilung hin, vom materiellrechtlichen Erfordernis des Gesellschafterbeschlusses zur Geltendmachung der Ersatzansprüche abzusehen, weil nur typische, vielen ähnlichen Fällen gemeinsame Eigenheiten die Ausnahme einer ganzen Gruppe von Fällen von der Anwendung einer nach dem erkennbaren Gesetzeszweck offensichtlich zu weit gefaßten Norm zu rechtfertigen vermöchten. Derartige Kriterien sind im vorliegenden Fall nicht faßbar, insbesondere fehlt es außerhalb eines Konkurs- oder Zwangsvollstreckungsverfahrens an einer tragfähigen Grundlage für eine Analogie zu den Fällen behördlichen Eingriffes in die rechtliche Willenssphäre der Gesellschaft in den Fällen der Zwangsvollstreckung und des Konkursverfahrens.

Die Geltendmachung der Ersatzansprüche durch die Gesellschaft gegen ihre drei ehemaligen Geschäftsführer unterliegt auch im vorliegenden Fall einer Auflösung der Gesellschaft zufolge Konkurseröffnung und nach Abwicklung des Konkurses dem materiellrechtlichen Erfordernis eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses.

Eine solche Beschlußfassung ist keiner besonderen Formvorschrift unterworfen. Sie bedürfte etwa im Falle einer Klage der durch ihren Alleingesellschafter-Geschäftsführer vertretenen Gesellschaft keines weiteren Formalaktes.

Offensichtlich in diesem Sinne haben sich die Klägerinnen in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.Juli 1988 darauf berufen, daß nunmehr der Liquidator Alleingesellschafter wäre. Diese Behauptung haben die Klägerinnen aber in keiner Weise substantiiert, weil sie den behaupteten Erwerbsakt in keiner Weise darstellten. (Sie haben im übrigen auch durch die in der Folge vorgelegten Urkunden durchaus nicht hinreichend belegt, daß der Liquidator Alleingesellschafter der ersten Klägerin geworden sei. Zum Erwerb des 100 %-Geschäftsanteiles aus der Konkursmasse des Zahnarztes fehlt ein formwirksamer Übertragungsakt ebenso wie die konkursgerichtliche Genehmigung im Sinne des § 117 KO.) Soweit es aber auf die Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Zahnarztes ankommt, wurde eine vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz erfolgte Genehmigung der Rechtsverfolgung gegen die drei ehemaligen Geschäftsführer durch ihn nicht einmal behauptet (und auch durch die nachträglich vorgelegten Urkunden nicht belegt, insbesondere nicht durch eine Erklärung des Masseverwalters vom 13. Juli 1988).

Das Begehren auf Leistung von Ersatz und auf Feststellung einer solchen Ersatzpflicht blieb demnach auch nach der Erörterung des sich aus § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG ergebenden Anspruchserfordernisses mit den Parteien unschlüssig.

Der vom Berufungsgericht für erforderlich erachteten Verfahrensergänzung bedarf es nicht. Insofern ist sämtlichen Rekurswerbern zuzustimmen.

Die Rechtssache ist in Ansehung der Zahlungs- und der Feststellungsbegehren (letztgenannte sind ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Erwähnung in der Berufung der Klägerinnen nach deren Rechtsmittelantrag nicht aus dem Prozeßverhältnis ausgeschieden) im Sinne eines klagsabweisenden Teilurteiles spruchreif. Dieses war gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO zu fällen. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist gemäß § 52 ZPO dem Endurteil vorzubehalten.

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