OGH 13Os3/90

OGH13Os3/908.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Februar 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin in der Strafsache gegen Enver K*** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Kostenbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 6.September 1989, GZ 8 Vr 400/89-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Kostenbeschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.März 1970 geborene türkische Staatsangehörige Enver K*** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 23.Juni 1989 in Parndorf dadurch, daß er Alexandra K*** in der "Absicht", mit ihr einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, mit einem Würgegriff am Hals erfaßte, von der Straße weg in einen offenen Garten zerrte, sie zu Boden warf, der um Hilfe Schreienden den Mund zuhielt, sie und sich selbst teilweise entkleidete, sich auf sie legte, sie würgte und die Beine der sich Wehrenden auseinanderzwängte, wobei er auch ihre Scheide betastete, eine Person mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes zu nötigen versucht zu haben.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, im Strafausspruch mit Berufung und im Kostenausspruch mit Beschwerde bekämpft.

Unter dem Gesichtspunkt einer Urteilsnichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, das Erstgericht habe es unterlassen, die Frage eines freiwilligen Rücktrittes vom Versuch zu prüfen.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge ist berechtigt.

Die Zeugin Alexandra K*** gab in der Hauptverhandlung zur Beendigung des gewaltsamen Vorgehens gegen sie an: "Auf einmal hat er ausgelassen. Ich bin dann nach vor gelaufen." (AS 151) und "Er hat auf einmal Ruhe gegeben, er hat sich weggedreht, ich stand auf und rannte davon. Ich weiß nicht, warum er aufgestanden ist, ich weiß es nicht" (AS 154). Diese Darstellung stimmt auch mit der Verantwortung des Angeklagten insoweit überein, als dieser - wenn auch gewaltsames Vorgehen in Abrede stellend - zu seiner Absicht, mit Alexandra K*** geschlechtlich zu verkehren, vorbrachte, die Handlung selbst aufgegeben zu haben, als er im Gesicht gekratzt wurde (AS 147).

Gemäß dem § 16 Abs. 1 StGB wird der Täter wegen des Versuches nicht bestraft, wenn er freiwillig die Ausführung aufgibt. Die zitierten Verfahrensergebnisse hätten das Erstgericht veranlassen müssen, sich mit der Frage eines solchen freiwilligen Rücktrittes des Angeklagten vom (unbeendeten) Versuch einer gewaltsamen Nötigung der Alexandra K*** zur Duldung des Beischlafes auseinanderzusetzen. Die Urteilspassage: "Als Alexandra K*** in der Folge laut schrie, drehte sich der Angeklagte kurz von ihr weg, was sie benützte aufzustehen und davonzulaufen" (AS 167), bietet dafür kein ausreichendes Substrat, weil damit nur der zeitliche Zusammenhang zwischen einer Lautäußerung des Opfers und dem Ablassen des Täters von weiterer Tatausführung, nichts aber über dessen innere Bewußtseinslage und Motivation für die Aufgabe seines verbrecherischen Vorhabens (siehe dazu auch Foregger-Serini StGB4 Erl. III; Leukauf-Steininger, Komm. z. StGB2 Rz 2, jeweils zu § 16) zum Ausdruck gebracht wird.

Dieser Feststellungsmangel steht einer abschließenden rechtlichen Beurteilung des inkriminierten Verhaltens entgegen. Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO in nichtöffentlicher Sitzung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen, wobei auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden brauchte. Mit seinen übrigen, durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Rechtsmitteln war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Sollte das Schöffengericht im erneuerten Verfahren zu Feststellungen gelangen, die eine Anwendung des § 16 Abs. 1 StGB rechtfertigen, wird bei sonst unveränderten Sachverhaltsannahmen - im Hinblick auf die gelungene Betastung des Opfers am Geschlechtsteil - die Möglichkeit einer Subsumtion der Tat unter den § 202 StGB zu prüfen sein.

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