OGH 5Ob528/89

OGH5Ob528/896.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Daniel V***, Student, München 80, Buschingstraße 35, vertreten durch Dr. Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Adolf J***, Hinterthiersee 133, vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer und Dr. Herbert Marschitz, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 505.800 und DM 20.896 je sA sowie Feststellung, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 11.November 1988, GZ 4 R 216, 333/88-86, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 15. April 1988, GZ 6 Cg 53/84-78, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision des Beklagten wird nicht Folge gegeben, wohl aber der Revision des Klägers.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teiles zu lauten hat:

"Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger 305.800 S und 4.920 DM (in österreichischen Schillingen zum Kurs der Wiener Börse, Devise Frankfurt/Main am Fälligkeitstag) samt jeweils 4 % Zinsen seit 9. Februar 1984 und die Kosten des Verfahrens erster Instanz von 124.723,14 S (einschließlich 9.286,50 S Umsatzsteuer und 22.571,64 S sonstige Barauslagen) sowie die Kosten des Berufungsverfahrens von 18.106,24 S (einschließlich 1.647,02 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 200.000 S und 15.976 DM jeweils samt 4 % Zinsen seit 9. Februar 1984 wird abgewiesen. Es wird festgestellt, daß der Beklagte dem Kläger für alle künftigen Schäden aus dem Schiunfall vom 8. Februar 1981 auf der Schattbergabfahrt II in Hinterthiersee, Gemeinde Thiersee, Bezirk Kufstein, in Tirol haftet."

Der Beklagte ist ferner schuldig, dem Kläger auch die mit 19.776 S (einschließlich 3.296 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Eigentümer des Schischleppliftes "Schattberg" in Hinterthiersee. Am 8. Februar 1981 kam der damals 13-jährige Kläger beim Befahren der "Schattbergabfahrt II" mit Schiern im Bereich einer Rechtskurve zu Sturz, geriet über den linken Pistenrand hinaus und prallte gegen einen kantigen, nicht abgesicherten Metallmast, wodurch er schwere Verletzungen erlitt. Der Kläger begehrte die Zahlung von S 505.800 (darin enthalten S 500.000 Schmerzengeld) sowie DM 20.896 je sA und stellte ein mit S 350.000 (vom Erstgericht gemäß § 7 RATG herabgesetzt auf S 150.000) bewertetes Feststellungsbegehren mit der Begründung, der Beklagte habe durch Verletzung der ihm aufgrund des Beförderungsvertrages treffenden Pistensicherungspflicht den Unfall allein verschuldet. Er hätte den unmittelbar neben der Piste im Bereich einer scharfen Rechtskurve befindlichen Antennenmast absichern müssen.

Der Beklagt wendete u.a. - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, er sei zur Sicherung des mindestens 5 m jenseits des markierten Pistenrandes befindlichen, deutlich von weitem als Hindernis erkennbaren Antennenmastes nicht verpflichtet gewesen. Der Kläger sei ausschließlich aus eigenem Verschulden gestürzt, weil er viel zu schnell und nicht kontrolliert gefahren sei. Das Schmerzengeldbegehren sei überhöht.

Das Erstgericht gab - unter Verneinung eines Mitverschuldens des Klägers - dem Leistungsbegehren mit S 255.800 sA (darin S 250.000 Schmerzengeld) und DM 4.920 sA sowie dem Feststellungsbegehren statt. Es stellte folgenden, im Revisionsverfahren noch entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Kläger, der damals bereits ein guter Schifahrer war, hatte am 8. Februar 1981 eine Halbtagskarte für den Schilift des Beklagten gelöst. Nachdem er zwei- bis dreimal abgefahren und ihm daher bekannt war, daß er vor einer Rechtskurve abbremsen müsse, löste sich beim nächsten Abfahren, als er mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h in die Kurve einfahren wollte, aus ungeklärter Ursache die Bindung eines Schis. Der Kläger kam dadurch zu Sturz und rutschte mit erheblicher Geschwindigkeit in der Fallinie talwärts über den aufgewölbten Pistenrand und dann über den kurzen steilen Abhang, sodaß er mit dem Kopf gegen den 2,60 m vom Pistenrand entfernt neben einem Stadl stehenden Antennenmast aus Metall stieß. Die Piste war präpariert. Die Schnee- und Pistenverhältnisse waren weder gut noch schlecht. Es war weder besonders kalt noch besonders warm. In der Nacht vorher hatte es nicht geschneit. Oberhalb der Unfallstelle wies die Piste als größte Neigung 21,3 % auf. Die relativ scharfe Rechtskurve, der Stadl sowie der Antennenmast waren auf ca. 100 m einwandfrei zu erkennen. Dennoch hatte sie der Kläger nicht wahrgenommen. Die Pistenbreite von 20 m, die Verflachung der Strecke und der durch die Schwungbewegung der Schifahrer an den Rand geschobene Schnee, welcher eine Überhöhung des Pistenrandes bewirkte, entschärften die Unfallkurve weitgehend. Infolge Entwicklung des Schigerätes häufen sich immer mehr die Unfälle, die durch das Verlieren der Schi und das anschließende Hinausrutschen über den Pistenrand verursacht werden. Fehlauslösungen der Schibindungen erfolgen des öfteren auch an harmlosesten Stellen einer Piste, wobei durch die momentane Richtungsänderung oder wegen der verursachten Unsicherheit des Schifahrers ein Anprall an ein in der Nähe befindliches Hindernis erfolgt. Die Möglichkeit, den Stadl und den Mast abzusichern, wäre ohne allzugroße Kosten möglich gewesen. Diese Sicherung hätte mit Schaumgummimatratzen, mit Strohsäcken oder Netzen erfolgen können. Durch ein Netz in einer Höhe von 1,50 m wäre jedes Risiko ausgeschaltet worden. Es ist nicht erwiesen, daß der Kläger mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr. Der Kläger erlitt beim Unfall eine linkshirnige Contusio cerebri und eine linksparietale Schädelfraktur, einen Orbitabodenbruch und Siebbeinbruch rechts, einen Bruch der rechten Stirnhöhle, einen Nasenbeinbruch, eine Augapfelprellung rechts mit Monokelhämatom, ein Peitschenschlagtrauma der Halswirbelsäule und perforierende Rißquetschwunden an der Oberlippe und der Nase. Er wurde in das Krankenhaus Kufstein und von dort in das Landeskrankenhaus Innsbruck gebracht, wo er vom Unfalltag bis zum 3. März 1981 stationär verblieb und dann in weitere ambulante Nachsorge nach Hause entlassen wurde.

Das Gesichtsschädeltrauma hatte eine deutlich kosmetisch störende Sattelnase mit Verlegung der Lufteinströmwege hinterlassen. Hiezu hat eine operative Korrektur in Berlin bei Prof. K*** stattgefunden, wozu der Kläger vom 1. bis 5. Oktober 1984 stationär aufgenommen war. Dennoch besteht nach wie vor eine deformierende und kosmetisch störende bzw. entstellende Sattelnase; der Zustand ist also weiterhin korrekturbedürftig. Bei der wechselnden Behinderung der Nasenatmung sind zeitweilige auftretende Ohrkatarrhe nicht auszuschließen. Die Behinderung der Nasenatmung ist beidseits als leicht- bis mittelgradig anzunehmen, wobei die empfohlene weitere Nasenoperation noch eine Besserung bringen könnte. Eine Neigung zu gehäuften Infektionen der oberen Luftwege ist dadurch gegeben, auch ist die Möglichkeit einer nasalen Liquorrhoe und damit das Risiko einer Meningitis noch nach Jahren nicht auszuschließen. Mit den vorgenannten Behinderungen ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % anzunehmen. Hingegen liegt aus neurologischer Sicht keine bleibende Invalidität vor und ist auch das Auftreten allfälliger unfallkausaler Spätschäden in hohem Maße unwahrscheinlich. Es sind auch keine unfallsbedingten psychischen Störungen mehr objektivierbar. Die jetzt vom Kläger darüber hinaus noch angegebenen Schmerzzustände und Beschwerden können nicht mehr diesem Unfall zugeordnet werden.

Der Kläger erlitt im Zusammenhang mit diesem Unfall insgesamt sieben Tage schwere Schmerzen, 24 Tage mittlere Schmerzen und 118 Tage leichte Schmerzen. Darin sind nicht solche Schmerzen enthalten, die mit heute noch nicht bekannten Spätfolgen in Verbindung stehen könnten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß dem Beklagten die in § 1319 a ABGB geforderte grobe Fahrlässigkeit anzulasten sei, weil er den nahe am Pistenrand stehenden Mast nicht abgesichert habe, obgleich dies mit wenig Aufwand möglich gewesen wäre und obgleich er damit rechnen mußte, daß Schifahrer - sei es wegen eines Fahrfehlers oder der Fehlauslösung der Bindung - in der Kurve zu Sturz kommen und dann gegen diesen Mast geschleudert würden. Schmerzengeld sei - auch unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Geldwertverdünnung - mit S 250.000 angemessen.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge, sodaß - ausgehend von einer Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 3 zu Lasten des Beklagten sowie einem (noch nicht um die Mitverschuldensquote gekürzten) Gesamtschmerzengeld von S 300.000 und unter Einbeziehung der unangefochten gebliebenen Teile des erstgerichtlichen Urteiles - dem Leistungsbegehren mit S 229.350 sowie DM 3.690 je sA stattgegeben und die Haftung des Beklagten für 3/4 aller zukünftigen Schäden des Klägers aus diesem Schiunfall festgestellt wurde.

Das Berufungsgericht stellte nach Wiederholung des Beweisverfahrens über die vom Kläger durch unfallsbedingte Verletzungen erlittenen Schmerzen fest, daß er 19 Tage schwere, 46 Tage mittlere und 148 Tage leichte Schmerzen erlitt. Auch darin sind Schmerzen des Klägers im Zusammenhang mit erst künftig erfolgenden Operationen oder die mit heute noch nicht bekannten Spätfolgen verbunden sein werden, nicht enthalten. Im übrigen übernahm es die erstgerichtlichen Feststellungen.

Zu den im Revisionsverfahren noch relevanten Bereichen der Verschuldensteilung und der Schmerzengeldhöhe führte das Berufungsgericht - unter ausführlicher Behandlung von Lehre und Rechtsprechung - im wesentlichen aus:

Nach der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre beziehe sich die Pistensicherungspflicht auch noch auf den unmittelbaren Nahbereich des Pistenrandes. Der Pistenrand sei nämlich im allgemeinen keine klar erkennbare eindeutig festzustellende Linie, sodaß der Pistenhalter auch grundsätzlich noch mit Stürzen von Schifahrern in diesem Bereich rechnen müsse. Dieser Randbereich erstrecke sich etwa über eine Schilänge, das sind ca. 2 m. In dem hier zu beurteilenden Fall sei zwar der Antennenmast geringfügig außerhalb dieses Zwei-Meter-Bereiches gestanden. Es müsse aber berücksichtigt werden, daß es sich dabei um ein gefährliches, künstlich geschaffenes atypisches Hindernis handle, daß zwar schon aus größerer Entfernung wahrnehmbar gewesen, dem aber kein besonders hoher Auffälligkeitswert zugekommen wäre. Der Beklagte hätte mit stürzenden Schifahrern in diesem Bereich der Rechtskurve rechnen müssen. Er sei daher schadenersatzpflichtig, weil er den ihm nach § 1298 ABGB obliegenden Entlastungsbeweis nicht habe erbringen können. Die vom Kläger eingehaltene Geschwindigkeit sei aber als überhöht zu qualifizieren. Dies ergäbe sich daraus, daß er mit erheblicher Wucht gegen den 2,6 m außerhalb des Pistenrandes befindlichen Mast gestoßen sei. Er hätte eine dermaßen kontrollierte Fahrweise wählen müssen, daß ein "Hinausfliegen" über den Pistenrand hintangehalten worden wäre. Die festgestellte Geschwindigkeit von 50 km/h sei für das Befahren einer scharfen Kurve, an deren Außenrand sich in der festgestellten Entfernung ein gefährliches, weithin erkennbares Hindernis befindet, jedenfalls als überhöht anzusehen. Die vom Erstgericht im Rahmen der Feststellung vorgenommene Aussage, eine überhöhte Geschwindigkeit könne nicht festgestellt werden, gehöre in den Bereich der rechtlichen Beurteilung der ziffernmäßig ohnedies festgestellten Geschwindigkeit. Berücksichtige man, daß das Verschulden des im Unfallszeitpunkt noch unmündigen minderjährigen Klägers geringer zu veranschlagen sei, so sei eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 3 zu Lasten des Beklagten vorzunehmen.

Gehe man von den vom Berufungsgericht festgestellten, mit den Verletzungen verbundenen Schmerzen aus und berücksichtige man neben der Kaufkraftminderung auch die festgestellten Dauerfolgen und die damit verbundene Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % sowie die mit der unfallbedingten Verunstaltung verbundenen Unlustgefühle, so sei ein noch um die Mitverschuldensquote zu kürzendes Gesamtschmerzengeld von S 300.000 angemessen.

Von den Revisionen beider Parteien, die nur noch die Verschuldensteilung (jede Partei behauptet weiterhin Alleinverschulden des Prozeßgegners) und Schmerzengeldhöhe (der Beklagte erachtet ein Schmerzengeld von - ungekürzt - S 200.000 für angemessen) zum Gegenstand haben, ist nur die des Klägers berechtigt. Der vom Kläger geltend gemachte Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit, nach den Revisionsausführungen gelegen in der rechtlichen Beurteilung einer ziffernmäßig festgestellten Geschwindigkeit als überhöht, ist nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

1./ Zur Verschuldensteilung:

Zutreffend legte schon das Berufungsgericht dar, daß die Ansprüche des Klägers, eines Staatsbürgers der Bundesrepublik Deutschland, der sich auf die Verletzung einer vertraglichen Pistensicherungspflicht berief, als Ansprüche aus einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Beförderungsvertrag gemäß § 36 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen sind.

Die Pistensicherungspflicht ist eine Nebenpflicht aus dem Beförderungsvertrag, den der Schifahrer mit dem Liftunternehmer abschließt (Pichler-Holzer, Handbuch des österreichischen Schirechts, 23 mwN). Dies führt hinsichtlich des Verschuldens zur Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB, so daß der Liftunternehmer dafür beweispflichtig ist, daß sowohl er als auch seine Erfüllungsgehilfen der Nebenpflicht aus dem Beförderungsvertrag in vollem Umfang nachgekommen sind. Die in § 1319 a ABGB vorgesehene Einschränkung der Haftung nur auf Fälle grober Fahrlässigkeit gilt bei Verletzung vertraglich übernommener Verpflichtungen nicht (ZVR 1986/134). Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht ist das Gesamtverhältnis zwischen Größe und Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihre Abwendbarkeit durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewußten Benützers der Piste einerseits und durch den Pistenerhalter mit den nach der Verkehrsanschauung adäquaten Mitteln andererseits maßgebend (ZVR 1989/132). Dieser Grundsatz erfordert die Prüfung, wie weit die Pistensicherungspflicht sich auch auf den Pistenrand und das anschließende Gelände bezieht, und welche Maßnahmen bejahendenfalls zu treffen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung, die von einem Teil der Lehre gebilligt wird, reicht die Verpflichtung zur Pistensicherung insofern über den Bereich der gewidmeten und markierten Piste, also den Pistenrand, hinaus, als knapp neben dem Pistenrand befindliche Hindernisse entfernt oder Gefahrenstellen entsprechend abgesichert werden müssen. Dabei ist der Pistenrand nicht als eine Linie im mathematischen Sinn, sondern als Bereich, etwa einer Schilänge = ca. 2 m entsprechend, zu verstehen, der grundsätzlich noch zur Piste gehört und wie diese zu sichern ist (ZVR 1989/132 mit ausführlicher Erörterung von Literatur und Judikatur). Wie weit im Einzelfall dieser als Pistenrand zu wertender Grundstreifen reicht, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Auch dabei kommt es nicht auf ein mathematisch exaktes Maß an, sondern auf die Ergreifung der nach der Verkehrsauffassung erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen (JBl. 1973, 620), wonach sich ganz allgemein die Pistensicherungspflicht des Schiliftunternehmers zu richten hat. So hat die bisherige Rechtsprechung die Sicherung gegen Gefahren innerhalb eines Bereiches von 2 m ab Pistenbegrenzung (7 Ob 577/88) oder kanpp daneben (ZVR 1989/132) für verpflichtend erachtet, hingegen nicht mehr, wenn sich das Hindernis schon 5 m außerhalb der Piste befindet (EvBl. 1981/169; ZVR 1988/72).

In dem hier zu beurteilenden Fall handelt es sich um ein 2,6 m außerhalb der Piste gelegenes gefährliches Hindernis, wobei noch zu bedenken ist, daß die Piste eine Kurve mit Gefälle aufweist und auch der Randbereich abfallend ist. Für den Fall eines Sturzes, der auch - gerade wie beim Kläger - durch ein Aufgehen der zum Schutz vor Knochenbrüchen des Schifahrers sensibel eingestellten Bindung ausgelöst werden kann, muß daher Vorsorge getroffen werden, daß der Schiläufer nicht durch die von ihm nicht mehr beeinflußbare Fortsetzung der Bewegung in der Fallinie gegen ein im Nahbereich einer solchen Kurve befindliches Hindernis prallt. Dies gilt umsomehr, wenn die Sicherung durch die von den Vorinstanzen angeführten Maßnahmen leicht und ohne große Kosten bewerkstellig werden kann. Von einem Schiliftbetreiber, der seine aus dem Beförderungsvertrag sich ergebenden Schutzpflichten getreulich erfüllt, kann daher verlangt werden, daß er bei einem solchen Pistenverlauf auch noch ein 2,6 m außerhalb der Pistenbegrenzung liegendes gefährliches Hindernis absichert. Da der Kläger dies unterließ und ihm der Entlastungsbeweis nach § 1298 ABGB nicht gelang, steht zunächst das Verschulden des Klägers an diesem Unfall fest.

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes bezüglich eines Mitverschuldens des Klägers kann jedoch nicht beigetreten werden. Es ist zwar richtig, daß der Schifahrer eine Geschwindigkeit und eine kontrollierte Fahrweise derart wählen muß, daß ein "Hinausfliegen" über den Pistenrand hintangehalten wird (ZVR 1988/72 ua). Die Fahrweise des Schifahrers ist von diesem also einerseits den objektiven Pistenverhältnissen und andererseits dem eigenen Können anzupassen. Sie muß so eingerichtet werden, daß hiedurch Kollisionen vermieden werden.

Im vorliegenden Fall steht jedoch fest, daß nicht die Fahrweise des Klägers, sondern ein Aufgehen der Schibindung aus einem nicht feststellbaren Grund Ursache für den Sturz war. Das Aufgehen der Schibindung kann auf verschiedene Umstände zurückzuführen sein, von denen die Wahl einer überhöhter Geschwindigkeit bei weitem nicht die einzige und wahrscheinlichste ist. Aus diesem Grunde kann, falls die Ursache für das Aufgehen der Schibindung nicht festzustellen ist, aus ihm nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, daß das Verhalten des Schifahrers die Ursache dafür war. Es kann also daraus ein Verschulden des Schifahrers, das in seinem Verhalten bei der Abfahrt gelegen sein soll, nicht abgeleitet werden. Das Berufungsgericht vertritt nun die Ansicht, man müsse auch mit einem Aufgehen der Schibindung rechnen und sein Verhalten darauf abstellen, daß auch in einem solchen Fall kein schwerer Unfall passiert. Dem kann nicht gefolgt werden. Die von der Judikatur unter Hinweis auf Veröffentlichungen (vgl. Pichler in ZVR 1985, 257) entwickelten Grundsätze für die an einen Schifahrer zu stellenden Anforderungen bei Abfahrten haben immer nur die konkreten Umstände der örtlichen Gegebenheiten und der persönlichen Voraussetzungen des Schifahrers zum Gegenstand. Dagegen kann vom Schifahrer nicht verlangt werden, daß er sein Fahrverhalten auf außergewöhnliche Umstände, wie für ihn nicht vorhersehbares Materialverhalten abstellt. Wie bereits dargelegt wurde, kann aus dem bloßen Aufgehen der Schibindung nicht zwingend der Schluß gezogen werden, daß ein unrichtiges Fahrverhalten des Schifahrers für dieses Aufgehen kausal war. Der Schifahrer ist nur verpflichtet, sich auf die allgemein zu erwartenden Gefahren einer Abfahrt einzustellen, nicht jedoch darauf, daß ein von ihm nicht zu erwartendes Materialverhalten zu einem außergewöhnlichen Unfall führt.

Aus den dargelegten Gründen ist also ein Mitverschulden des Klägers an dem Unfall zu verneinen, weil nicht erwiesen ist, daß sein Fahrverhalten den Unfall mitverursacht hat.

2./ Zum Schmerzengeld:

Der Beklagte leitet sein Begehren auf Zuspruch eines geringeren Schmerzengeldes ausschließlich davon ab, daß das Berufungsgericht unrichtigerweise längere Schmerzperioden als das Erstgericht festgestellt habe. Die Revision ist demnach in diesem Punkt nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Die Darlegungen des Revisionswerbers über die unrichtigen berufungsgerichtlichen Feststellungen könnten allerdings auch als Geltendmachung des Revisionsgrundes der Aktenwidrigkeit gedeutet werden. Dieser Revisionsgrund liegt aber, wie der Oberste Gerichtshof durch Vergleich der Feststellungen und seiner Begründung mit der Aktenlage prüfte, nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 41 und 43 Abs. 1 und 2 sowie § 50 ZPO.

Der für die Kostenberechnung maßgebende Streitwert

beträgt - unter Berücksichtigung der Herabsetzung der Bewertung des Feststellungsbegehrens durch das Erstgericht gemäß § 7 RATG - S 802.072. Von dem begehrten Schmerzengeld von S 500.000 obsiegte der Kläger mit S 300.000. Mangels offenkundiger Überklagung (§ 43 Abs. 2 ZPO) sind die abgewiesenen S 200.000 vom Gesamtstreitwert abzuziehen. Von dem verbleibenden fiktiven Streitwert von S 602.072 obsiegte der Kläger mit S 490.240, d.s. ca. 80 v.H. Der Kläger hat daher Anspruch auf Ersatz von 60 v.H. der auf der Basis von S 602.072 zu errechnenden Kosten erster Instanz, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (s. dazu die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes). Im Berufungsverfahren unterlag der Beklagte mit seiner Berufung (Streitwert S 440.240) zur Gänze, wogegen der Kläger mit seinem Rechtsmittel (Streitwert S 170.532) mit S 50.000 obsiegte. Dies bedeutet, daß

a) der Beklagte die Kosten seiner Berufung selbst zu tragen und dem Kläger die Kosten der dazu erstatteten Berufungsbeantwortung zu ersetzen hat;

b) der (mit nur 30 v.H. des Streitwertes seiner Berufung obsiegende) Kläger dem Beklagten 40 v.H. der Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen hat, und

c) der Beklagte dem Kläger 60 v.H. der Kosten der Berufungsverhandlung (Streitwert S 610.772) zu ersetzen hat. Im Revisionsverfahren obsiegte der Kläger zur Gänze. Der Beklagte hat ihm daher die Kosten der Revision und der zur Revision des Beklagten erstatteten Revisionsbeantwortung zu ersetzen. Rechnerisch ergibt dies die im Spruch genannten Beträge.

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