OGH 12Os174/89

OGH12Os174/891.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Februar 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter T*** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 3 (§ 81 Z 2) StGB über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Gmünd vom 5. Oktober 1989, GZ U 59/89-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Gmünd vom 5.Oktober 1989, GZ U 59/89-10, verletzt durch den Ausspruch einer teilbedingten zweimonatigen Freiheitsstrafe, "wobei mit Ausnahme einer Woche der Vollzug der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen" wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 43 a Abs. 3 StGB.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß §§ 292, 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Walter T*** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch zur Last liegende Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 3 (§ 81 Z 2) StGB nach § 88 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, die mit 6.Oktober 1989 zu laufen begann, bedingt nachgesehen.

Text

Gründe:

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen, in Rechtskraft erwachsenen Urteil wurde der am 11.Oktober 1956 geborene, zum Unfallszeitpunkt als Soldat des Österreichischen UN-Bataillons auf Zypern stationierte Walter T*** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 3 (§ 81 Z 2) StGB schuldig erkannt und nach § 88 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, "wobei mit Ausnahme einer Woche der Vollzug der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen" wurde. Unter Zugrundelegung des gemäß § 458 Abs. 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigten Urteils und der mit der detaillierten Antragstellung des Bezirksanwaltes (S 1 b) übereinstimmenden rechtlichen Subsumtion liegt Walter T*** zur Last, am 8.Jänner 1989 in der Nähe von Famagusta als Lenker eines Personenkraftwagens durch Einhalten einer für die Fahrbahnverhältnisse (Kreisverkehr, regennasse Fahrbahn) überhöhten Geschwindigkeit, Abkommen von der Fahrbahn und Fahren gegen eine Mauer fahrlässig drei Mitfahrer leicht verletzt zu haben, wobei er sich vor der Tat fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hatte, obwohl er vorausgesehen hatte, daß ihm die Lenkung eines Fahrzeuges bevorstand.

Rechtliche Beurteilung

Der Ausspruch über die teilbedingte Strafnachsicht steht - wie die Generalprokuratur richtig aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß § 43 a Abs. 3 StGB können nur Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten (§ 88 Abs. 3 StGB droht überhaupt nur eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten an !) teilweise bedingt nachgesehen werden, wobei der nicht bedingt nachgesehene Teil mindestens einen Monat betragen muß und nicht mehr als ein Drittel der Strafe ausmachen darf.

Die teilbedingte Nachsicht der über Walter T*** verhängten Freiheitsstrafe von nur zwei Monaten war sohin absolut unzulässig; abgesehen davon, daß auch der unbedingte Strafteil von (nur) einer Woche ebenfalls dem klaren Gesetzeswortlaut widerspricht. Diese unter Nichtigkeitssanktion stehende Gesetzesverletzung (§§ 468 Abs. 1 Z 4, 281 Abs. 1 Z 11 StPO) wirkte auch zum Nachteil des Verurteilten, weil das Gericht dann, wenn es nur eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder weniger für tat- und tätergerecht hält, grundsätzlich die Verhängung einer Geldstrafe oder einer zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe ins Auge zu fassen hat (EvBl 1989/43), wenn es nicht aus general- oder spezialpräventiven Erwägungen im Einzelfall den Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe für erforderlich hält, wovon das Bezirksgericht Gmünd aber ersichtlich nicht ausging. Es war daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde unter Anwendung des § 292 StPO der nichtige Strafausspruch aufzuheben und in der Sache selbst zu erkennen (EvBl 1989/16).

Bei der nach § 88 Abs. 3 StGB (Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen) vorzunehmenden Strafneubemessung waren der hohe Grad der Alkoholisierung (ca 2 Promille) und die erhebliche, teilweise an der Grenze zur schweren Verletzung liegende körperliche Beschädigung von drei Personen erschwerend, mildernd hingegen, daß der Beschuldigte bisher unbescholten ist, ein reumütiges Geständnis abgelegt hat, die Verletzten mit ihm gemeinsam gezecht hatten und Walter T*** selbst schwer verletzt wurde.

Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe vermeint der Oberste Gerichtshof, daß die als schuldangemessen erkannte Freiheitsstrafe von zwei Monaten zur Gänze gemäß § 43 Abs. 1 StPO bedingt nachgesehen werden kann. Die zum Vorteil des Verurteilten erhobene Beschwerde und das damit wirksam werdende Verbot der reformatio in pejus bewirken bei wertender Betrachtung insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß das Ersturteil auch einen unbedingten Strafausspruch von einer Woche beinhaltet, daß die Probezeit vom Tag der Rechtskraft des teilweise aufgehobenen Urteiles zu berechnen ist (Mayerhofer-Rieder2 E 70 zu § 292 StPO und E 50, 51 zu § 293 StPO). Der Lauf der Probezeit beginnt demnach (nach wie vor) mit dem 6. Oktober 1989 (§§ 49, 68 StGB).

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