OGH 8Ob680/88

OGH8Ob680/881.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Schalich und Dr.Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf K***, Beamter, 6971 Hard, Pfründgasse 1, vertreten durch Dr.Ernst Hagen, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1.) Firma Rudolf L***, Baugeschäft Gesellschaft m. b.H., 6971 Hard, Am Sägenkanal 2, vertreten durch Dr.Otmar Simma, Rechtsanwalt in Dornbirn, 2.) Verlassenschaft nach Prof.Mag.Arch.Markus R***, 6805 FeldkirchGisingen, Hörmannweg 2, vertreten durch Dr.Norbert Kohler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 192.541,50 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Februar 1988, GZ 4 R 323/87-85, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 31. Dezember 1986, GZ 4 Cg 2084/83-71, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 7.360,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 669,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger beauftragte anläßlich der geplanten Errichtung seines Wohnhauses in Hard den - inzwischen verstorbenen (ON 51, 57) - Zweitbeklagten, mit den einschlägigen Büroarbeiten und der Erstellung aller noch erforderlichen Entwürfe und Ausführungspläne sowie mit der örtlichen Bauaufsicht und Bauleitung. Der Zweitbeklagte hatte ihm schon vorher mitgeteilt, daß sein Angestellter Franz K*** an Ort und Stelle die Bauleitung ausführen sowie das Zeichnen der Pläne vornehmen würde. K*** verfaßte dann mehrere Vorentwürfe, Polier-, Schnitt-, Ansichts- und Detailpläne sowie die Eingabepläne. Auch die Bauleitung und örtliche Bauaufsicht nahm er wahr. Der Kläger legte von Anfang an ausdrücklich besonderen Wert auf einen trockenen Keller, nachdem er von Nachbarn darüber in Kenntnis gesetzt worden war, daß wegen der Nähe zum Bodensee bei Hochwasser mit Wassereinbrüchen in den Keller gerechnet werden müsse. Anfang März 1979 übermittelte Franz K*** an die erstbeklagte Partei die Ausschreibungsunterlagen zur Erstellung eines Anbotes für die Erd- und Baumeisterarbeiten. Rudolf L***, der Geschäftsführer der erstbeklagten Partei, unterfertigte nach Einsetzen der Preise dieses Angebot und nach der Auftragserteilung am 10.Juli 1979 noch eine Zusatzvereinbarung, nach welcher u.a. bei verspäteter Fertigstellung des Baues ein Pönale von täglich

S 5.000,-- zu leisten war. Mit der erstbeklagten Partei wurden folgende Fristen vereinbart: Arbeitsbeginn 20.August 1979, Baufortschritt zur Aufbringung des Dachstuhles 5.Oktober 1979, Fertigstellung der Innenputzarbeiten 10.November 1979 und Fassadenputzarbeiten Februar/März 1980. Am 22.Februar 1980 drohte der Kläger der erstbeklagten Partei die Geltendmachung des vereinbarten Pönales an. Mit Schreiben vom 7.März 1980 verwies Franz K*** gegenüber der erstbeklagten Partei auf die festgesetzten Termine und den schleppenden Arbeitsfortgang, setzte im Namen des Klägers eine allerletzte Frist für den Abschluß der Arbeiten bis zum 20. März 1980, widrigenfalls alle Restarbeiten durch ein anderes Unternehmen durchgeführt würden und die Sanktionen wegen Nichteinhaltung der vereinbarten Termine zur Anwendung gelangten. Am 18. März 1980 wies der Kläger die erstbeklagte Partei neuerlich auf die Verzugsfolgen hin. Vom 31.März bis 2.April 1980 führte die Firma B*** als Subunternehmerin der erstbeklagten Partei die Außenverputzarbeiten durch. Die erstbeklagte Partei war erst wieder am 11. und 12.April 1980 auf der Baustelle und führte sodann trotz Urgenzen ab 14.April 1980 keine Bauarbeiten mehr durch. Eine Bauabnahme mit ihr ist bisher nicht erfolgt. Anfang Mai 1980 stellte der Kläger Wasserflecken im Keller fest. Mit Schreiben vom 14.Mai 1980 an die erstbeklagte Partei verwies Franz K*** im Namen und Auftrag des Klägers auf die Verzögerungen, weshalb sich die Bauherrschaft und Bauleitung gezwungen gesehen habe, vom Vertrag zurückzutreten bzw. die erstbeklagte Partei unwiderruflich aus ihren Verpflichtungen mit 8.Mai 1980 zu entlassen. Auf Grund ihres Gesamtverhaltens würden alle vertraglich vereinbarten Konventionalstrafen zur Anwendung gebracht und es würden alle Baumängel durch eine fachlich anerkannte Firma auf Kosten der Erstbeklagten behoben. Nach der von Franz K*** am 9.Mai 1980 im Auftrag des Klägers mündlich ausgesprochenen Beendigung des Vertragsverhältnisses stellte die erstbeklagte Partei eine Endabrechnung über einen auf S 883.602,-- korrigierten Betrag, sodaß unter Berücksichtigung der vom Kläger geleisteten Zahlungen von

S 630.000,-- eine Restforderung von S 253.602,-- offen verblieb. Auf Grund von Zahlungserinnerungen der erstbeklagten Partei wies der Kläger diese in seinem Schreiben vom 3.Oktober 1980 darauf hin, daß er im Hinblick auf die mutwilligen Terminverzögerungen und schlampigen Bauausführungen und die dadurch bedingten Sanierungsmaßnahmen nicht umhin könne, der erstbeklagten Partei diese Kosten anzulasten und das ausbedungene Pönale zu beanspruchen. Eine ziffernmäßige Bestimmung einer Pönaleforderung erfolgte in diesem Schreiben nicht. In einem Forderungsschreiben vom 12. Juli 1982 an die erstbeklagte Partei hat der Klagevertreter verschiedene Baumängel angeführt und dargelegt, daß durch die von der erstbeklagten Partei verschuldete Verzögerung des Baufortschrittes auch die im Privatgutachten des Ing.Ulrich E*** errechnete Konventionalstrafe in Höhe von S 155.000,-- fällig wäre. In der vorliegenden, am 3.November 1982 eingebrachten Klage begehrt der Kläger von den beiden Beklagten aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes die Zahlung von zuletzt

S 682.818,80 sA (Sanierungskosten S 464.758,80 und S 12.060,--, Wertminderung S 200.000,--, sonstige Mängel S 6.800,--) sowie die Feststellung ihrer Haftung für künftige Schäden aus der unsachgemäßen Herstellung des Kellertraktes seines Hauses, insbesondere zufolge dessen Wasserdurchlässigkeit. Von der erstbeklagten Partei begehrt er weiters S 70.000,-- aus einem ihm behauptetermaßen in der Höhe von S 155.000,-- zustehenden Anspruch auf Konventionalstrafe. Zur Begründung verweist er auf die Auftragserteilung an den Zweitbeklagten und durch diesen als seinen Vertreter an die erstbeklagte Partei sowie auf die eingetretenen Bauverzögerungen und im einzelnen auf die mehrfachen Baumängel. Die Endabrechnung der erstbeklagten Partei laute auf S 895.237,43, gerechtfertigt sei jedoch nur ein Betrag von S 616.299,68, welcher durch Akontozahlungen von S 630.000,-- abgedeckt sei. Mangels Bauabnahme sei eine allfällige Forderung der erstbeklagten Partei noch nicht fällig. Die Sanierungsarbeiten durch die erstbeklagte Partei würden zufolge Vertrauensverlustes nicht gestattet. Gegenforderungen der beklagten Parteien seien mangels gehöriger Vertragserfüllung nicht fällig und daher nicht kompensabel. Am 18. Juni 1986 konkretisierte der Kläger seine Pönaleforderung dahin, daß ihm wegen verspäteter Fertigstellung der Maurerarbeiten für

31. Kalendertage a S 5.000,-- ein Betrag von S 155.000,-- und aus der verspäteten Fertigstellung der Innenputzarbeiten für 181 Tage a S 5.000,-- ein Betrag von S 905.000,-- gebühre, welche Forderung unter Abzug des eingeklagten Betrages von S 70.000,-- mit allfälligen Forderungen der erstbeklagten Partei kompensiert werde. Auf Grund einer weiteren Pönalevereinbarung vom 3.April 1980 stehe dem Kläger für 38 Tage a S 30.000,-- ein weiterer Pönalebetrag von

S 1,140.000,-- zu. Diese sei ausdrücklich vom Werklohnguthaben der erstbeklagten Partei abzuziehen gewesen, sodaß ihr schon aus diesem Grunde kein Anspruch auf Werklohn zustehe.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die erstbeklagte Partei behauptete einen offenen Rechnungsbetrag aus ihrer Werklohnforderung von restlichen S 243.834,35, der aufrechnungsweise eingewendet werde. Eine Bauverzögerung sei nicht eingetreten, die Pönalevereinbarung vom April 1980 sei außerdem sittenwidrig. Bis zum 18.Juni 1986 habe der Kläger lediglich S 70.000,-- bzw. S 155.000,-- Pönale in Rechnung gestellt und ein darüber hinausgehender Betrag sei somit der Gegenforderung der erstbeklagten Partei nie aufrechnungsweise gegenüber gestanden. Er sei jedenfalls auch verjährt. Das Erstgericht stellte die Klageforderung hinsichtlich der erstbeklagten Partei mit S 285.506,21 sA, hinsichtlich der zweitbeklagten Partei mit S 431.012,42 sA, die Gegenforderung der zweitbeklagten Partei mit S 100.000,-- als zu Recht und die Gegenforderung der erstbeklagten Partei als nicht zu Recht bestehend fest, verurteilte beide beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 285.506,21 sA und den Zweitbeklagten zur Zahlung eines weiteren Betrages von S 45.506,21 sA. Weiters gab es dem Feststellungsbegehren hinsichtlich beider beklagten Parteien statt, beschränkte jedoch die Haftung der erstbeklagten Partei mit 50 % und wies das Mehrbegehren ab. Es hielt den bereits wiedergegebenen Sachverhalt für erwiesen und traf weitere Feststellungen über die durch die Wasserdurchlässigkeit des Kellertraktes eingetretenen Schädigungen des Klägers. Rechtlich vertrat es die Ansicht, beide beklagte Parteien hafteten mangels Bestimmbarkeit ihrer Anteile an der Schadenszufügung aus dem Titel des Schadenersatzes und auch der Gewährleistung dem Kläger solidarisch für den gesamten Schaden. Da der Zweitbeklagte und Franz K*** als seine Erfüllungsgehilfen tätig gewesen seien, müsse sich der Kläger gemäß § 1304 ABGB ihr Mitverschulden anrechnen lassen, wobei eine Verschuldensteilung von 1 : 1 gerechtfertigt erscheine. Unter Berücksichtigung der auf den Werklohn entfallenden Umsatzsteuer und der vom Kläger geleisteten Zahlungen sei ein restlicher Werklohn der erstbeklagten Partei von S 192.541,49 offen. Der Kläger könne dessen Bezahlung wegen mangelnder Fälligkeit nicht verweigern, da er das Vertragsverhältnis mit der erstbeklagten Partei aufgelöst und eine Mängelbehebung durch diese abgelehnt habe. Allerdings sei die restliche Werklohnforderung durch Aufrechnung mit den Ansprüchen des Klägers aus den beiden Pönalevereinbarungen getilgt. Nach den Beweisergebnissen sei eine Pönaleforderung des Klägers von zumindest S 325.000,-- gegenüber der erstbeklagten Partei entstanden, sodaß durch Aufrechnung mit einem Teil dieses Pönaleanspruches ihr restlicher Werklohnanspruch rückwirkend getilgt worden sei. Eine Minderung der Vertragsstrafe sei gemäß § 348 HGB nicht zulässig. Sittenwidrigkeit der zweiten Pönalevereinbarung liege nicht vor, ebenso nicht ein ausdrücklicher oder konkludenter Verzicht auf den im Forderungsschreiben vom 12. Juli 1982 geltend gemachten Pönalebetrag von S 155.000,-- übersteigende Pönaleansprüche. Im Hinblick auf die vom Kläger vorgenommene Aufrechnung sei auch der Einwand einer Verjährung der den Betrag von S 70.000,-- übersteigenden Vertragsstrafe nicht berechtigt. Die Wirkung der Aufrechnungserklärung werde nämlich auf den Zeitpunkt zurückbezogen, in welchem sich die Forderungen zuerst aufrechenbar gegenüber gestanden seien. Die von der erstbeklagten Partei geltend gemachte Gegenforderung bestehe daher nicht zu Recht. Dagegen bestehe die Gegenforderung des Zweitbeklagten mit S 100.000,-- zu Recht. Da sich die Sanierungskosten auf S 331.012,42 und die Wertminderung des Hauses auf S 100.000,-- beliefen, ergebe sich gegenüber der erstbeklagten Partei unter weiterer Berücksichtigung der Pönaleforderung von S 70.000,-- eine gerechtfertigte Klageforderung von S 285.506,21 und gegenüber dem Zweitbeklagten eine solche von S 431.012,42, welcher die Gegenforderung von S 100.000,-- gegenüberstehe. Da weitere künftige Mängel und Folgekosten nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten, bestehe auch das Feststellungsbegehren zu Recht, hinsichtlich der erstbeklagten Partei allerdings nur mit 50 %. Das Berufungsgericht gab der Berufung der zweitbeklagten Partei nicht, dagegen jener des Klägers und der erstbeklagten Partei im Leistungsbegehren teilweise Folge. Es stellte die Klageforderung gegen die erstbeklagte Partei mit S 319.678,90 sA und deren Gegenforderung mit S 192.541,50 als zu Recht bestehend, die Klageforderung gegen die zweitbeklagte Partei mit S 485.757,80 und deren Gegenforderung mit S 100.000,-- fest und erkannte die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger einen Betrag von S 127.137,40 sA zu bezahlen. Den Zweitbeklagten verurteilte es weiters zur Zahlung eines Betrages von S 258.620,40 sA. Beim Leistungszuspruch stellte es erstgerichtliche Berechnungsfehler durch doppelte Anrechnung der Eigenersparnis des Klägers sowie unrichtige Anwendung von Umsatzsteuersätzen fest. Weiters, daß dem Kläger auch bei der Schadensposition Feinputz (S 6.800,--) sowie bei der Pönaleforderung von S 70.000,-- rechtsirrtümlich ein Mitverschulden angelastet worden sei. Zur Rechtsrüge der erstbeklagten Partei betreffend die erstgerichtliche Gegenaufrechnung verwies es auf die Rechtsprechung, wonach die Aufrechnung im Prozeß entweder als Schuldtilgungseinwand, der sich auf eine bereits vollzogene Aufrechnung stütze, oder durch prozessuale Aufrechnungseinrede geltend gemacht werden könne. Die außergerichtliche Aufrechnung werde unbedingt und ohne Rücksicht auf den Bestand der Hauptforderung erklärt, setze also die Anerkennung der Hauptforderung nicht voraus und stelle ihr nur die Gegenbehauptung entgegen, daß sie wegen Schuldtilgung nicht mehr bestehe. Hingegen sei die Aufrechnungseinrede im Prozeß eine bedingte Erklärung, welche erst und nur für den Fall wirksam werde, daß das Gericht den Bestand der Hauptforderung bejahe. Ob eine Aufrechnung außerhalb des Rechtsstreites erklärt worden und eingetreten sei, bilde eine Vorfrage für die Entscheidung über das Klagebegehren und komme im Spruch der Entscheidung nicht zum Ausdruck. Dagegen bilde die Aufrechnungseinrede im Prozeß im Falle des Bestehens der Hauptforderung und der Aufrechenbarkeit der Gegenforderung den Gegenstand der spruchmäßigen Entscheidung des Gerichtes. Schon wegen der verschiedenen Rechtslagen müsse der Beklagte im Prozeß klarstellen, von welcher der gegebenen rechtlichen Möglichkeiten er Gebrauch mache. Wenn er eine außergerichtliche Aufrechnung behaupte, müsse er auch die Aufrechnungshandlung dartun, weil das Gegenüberstehen gleichartiger Forderungen zunächst nur ein Aufrechnungsverhältnis schaffe und erst zur Schuldtilgung führe, wenn die Aufrechnungshandlung hinzutrete. Allerdings wirke eine solche Aufrechnungserklärung dann auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage zurück, also auf jenen Zeitpunkt, in welchem die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüber gestanden seien. Sei eine Gegenforderung im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung bereits verjährt, so stehe dies der Aufrechnung nicht entgegen, wenn sich die beiden Forderungen in einem früheren Zeitpunkt unverjährt aufrechenbar gegenüber gestanden waren. Voraussetzung für das Vorliegen einer Aufrechnungslage sei die Fälligkeit beider Forderungen. Bei wirksamer Aufrechnung erlösche die Gegenforderung und der Aufrechnungsgegner könne daher nicht nachträglich seinerseits mit anderen Forderungen gegen die Gegenforderung aufrechnen (Gegenaufrechnung). Entscheidend sei dabei die Priorität der Aufrechnungserklärung. Bei der prozessualen Aufrechnung werde die Gegenaufrechnung als prozessuales Institut abgelehnt. Eine solche Gegenaufrechnung liege hier vor. Die erstbeklagte Partei habe nämlich schon in ihrer Klagebeantwortung ihre offene Werklohnforderung in der behaupteten Höhe von S 253.602,-- compensando gegen eine allenfalls zu Recht bestehende Klageforderung eingewendet. Eine prozessuale Gegenaufrechnung gegen diese Gegenforderung wäre, da sie in der Prozeßordnung als selbständiges Gegenverteidigungsmittel nicht vorgesehen sei, unzulässig. Der Kläger habe in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 18.Juni 1986 eine außergerichtliche Aufrechnung geltend gemacht, wobei hinsichtlich eines Teiles des Pönales eine bereits vor Klageerhebung vorgenommene Aufrechnungshandlung behauptet worden sei, während hinsichtlich des anderen Teiles die Aufrechnungserklärung in dieser Verhandlung erfolgt sei. Soweit die Aufrechnungserklärung erst am 18.Juni 1986 (Pönale S 1,060.000,-- abzüglich S 70.000,--) vorgenommen worden sei, komme eine Aufrechnung mit der in der Klagebeantwortung eingewendeten Gegenforderung von vornherein nicht mehr in Betracht. Zwar müsse ein solcher Aufrechnungseinwand bei der Sachentscheidung als materiellrechtlich erheblicher Einwand der Tilgung der Gegenforderung beachtet werden; ein solcher Versuch scheitere aber einerseits daran, daß der von der erstbeklagten Partei bereits in der Klagebeantwortung vorgenommenen Aufrechnungserklärung mit der Klageforderung die Priorität zukomme und andererseits auch an der Bestimmung des § 1416 ABGB, weil die eingeklagte Hauptforderung stets als beschwerlichste im Sinne der vorgenannten Norm anzusehen sei. Der erstbeklagten Partei sei es als Schuldnerin gemäß § 1416 ABGB frei gestanden, die ihr zustehende Gegenforderung der ihr am beschwerlichsten fallenden Gläubigerforderung, das sei der Klageforderung, entgegenzusetzen. An diesem Recht der erstbeklagten Partei als Schuldnerin ändere der vom Kläger unternommene Versuch, die seiner Klageforderung entgegengehaltene Gegenforderung mit einer anderen, von ihm nicht eingeklagten, sondern eben nur einredeweise geltend gemachten Forderung, abzuwehren, nichts. Soweit der Kläger allerdings hinsichtlich eines Teiles seiner Pönaleforderung in Höhe von S 1,140.000,-- behaupte, daß dieses Pönale bereits mit dem Anspruch der erstbeklagten Partei auf Werklohn verrechnet worden sei, müsse geprüft werden, ob diese beiden Ansprüche bereits früher aufrechenbar gegenüber gestanden seien und diesbezüglich eine Aufrechnungserklärung erfolgt sei. Eine derartige Aufrechnungserklärung habe der Kläger tatsächlich aber erst am 8. Juni 1986 abgegeben. Zwar sei in der Vereinbarung vom 3.April 1980 festgehalten, der Kläger sei berechtigt, für jeden weiteren Verzögerungstag einen Betrag von S 30.000,-- in Abzug zu bringen, hierin liege aber lediglich die Einräumung eines Aufrechnungsrechtes, aber keine Aufrechnungserklärung. Das gleiche gelte für die Erklärung im Schreiben vom 14.Mai 1980, daß auf Grund des Gesamtverhaltens der erstbeklagten Partei alle vertraglich vereinbarten Konventionalstrafen zur Anwendung gebracht würden. Darin könne höchstens eine Ankündigung einer Aufrechnungserklärung erblickt werden, zumal darin die Höhe einer behaupteten Konventionalstrafenforderung in keiner Weise konkretisiert werde. Dasselbe gelte für die Erklärung im Schreiben vom 3.Oktober 1980, das ausbedungene Pönale zu beanspruchen. Im Forderungsschreiben des Klägers vom 12.Juli 1982 sei zwar ausgeführt worden, daß durch die von der erstbeklagten Partei verschuldete Verzögerung des Baufortschrittes die im Gutachten errechnete Konventionalstrafe in Höhe von S 155.000,--fällig werde. Eine Erklärung, diese Forderung gegenüber einer offenen Werklohnforderung aufzurechnen, sei diesem Schreiben jedoch ebenfalls nicht zu entnehmen, und sei vor dem Erstgericht auch gar nicht behauptet worden. Eine solche Aufrechnungserklärung fehle auch in der Klage, in welcher nur ausgeführt werde, daß der Kläger infolge der Bauverzögerung einen Anspruch auf Konventionalstrafe in Höhe von S 155,000,-- habe, wovon er aber vorläufig lediglich S 70.000,-- verlange. Somit komme der von der erstbeklagten Partei in der Klagebeantwortung erfolgten prozessualen Aufrechnungserklärung die Priorität zu. Deren Werklohnforderung bestehe mit einem Betrag von S 192.541,49 zu Recht. Sie sei spätestens fällig geworden, als der Kläger die Ausführung allfälliger Sanierungsarbeiten mit der Begründung, er habe das Vertrauen zur erstbeklagten Partei verloren, abgelehnt habe. Tatsächlich dürfte die Fälligkeit sogar schon im Zeitpunkt der Erhebung der Aufrechnungseinrede gegeben gewesen sein, da der Kläger schon im Forderungsschreiben vom 12.Juli 1982 nicht Verbesserung, sondern Zahlung der Sanierungskosten verlangt habe. Ein Aufschub der Fälligkeit des Werklohnes trotz Annahme der mangelhaften Erfüllung trete aber nur dann ein, wenn der Besteller Verbesserung verlange. Eine Aufrechnungslage für die am 18.Juni 1986 erstmals bezifferten Pönaleforderungen des Klägers sei erst mit diesem Tage eingetreten, da die im § 1439 ABGB geforderte Fälligkeit des durch die Konventionalstrafe pauschalierten Schadenersatzanspruches erst durch die zahlenmäßige Bestimmung in der Einmahnung eintrete. Eine solche Bezifferung sei dem Kläger ohne weiteres vor der Klageeinbringung im Jahre 1982 möglich gewesen, sodaß sie am 18.Juni 1986 bei der erstmaligen Bezifferung bereits verjährt gewesen sei, zumal die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB zur Anwendung komme. Hinsichtlich der Differenz zwischen der bezifferten Konventionalstrafe von S 155.000,-- und dem eingeklagten Betrag sei eine Aufrechnungserklärung am 18.Juni 1986 erfolgt, hinsichtlich dieser Differenz gehe die prozessuale Aufrechnungseinrede in der Klagebeantwortung vor.

Zusammenfassend ergebe sich somit, daß das Erstgericht tatsächlich zu Unrecht eine Gegenaufrechnung zwischen der S 70.000,-- übersteigenden Pönaleforderung des Klägers und der offenen Werklohnforderung der erstbeklagten Partei vorgenommen habe. Die restliche Werklohnforderung der erstbeklagten Partei habe daher in der im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen Höhe von S 192.541,50 noch aufrecht bestanden.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 3 und 4 aF ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrage, das angefochtene Urteil im Sinne der Verneinung des Zurechtbestehens der Gegenforderung der erstbeklagten Partei von S 192.541,50 abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Hiezu wird ausgeführt, das Berufungsgericht habe bei Feststellung des Zurechtbestehens der Gegenforderung der erstbeklagten Partei die rechtliche Bedeutung des Schreibens des Klägers an Franz K*** vom 14. Mai 1980 übergangen. Auch im Schreiben vom 3.Oktober 1980 an die erstbeklagte Partei habe der Kläger darauf hingewiesen, daß er nicht umhin könne, der erstbeklagten Partei die Kosten der verspäteten Bezugsfertigkeit des Hauses anzulasten und das ausbedungene Pönale zu beanspruchen. Damit habe der Kläger jede weitere Zahlung verweigert, das von der erstbeklagten Partei ohne Mühe selbst zu berechnende Pönale sei allein schon höher gewesen, als die geforderte Werklohnforderung. Noch deutlicher werde dies aus dem Schreiben des Klagevertreters vom 12.Juli 1982, bei dem ausdrücklich das Privatgutachten des Sachverständigen Ing.E*** zugrundegelegt und ua. die Leistung einer Restzahlung aus der Schlußrechnung abgelehnt, sowie die Zahlung eines Pönales von S 155.000,-- begehrt worden sei. Im genannten Gutachten werde die Verrechnung der Werklohnforderung des Klägers vorgenommen, die Konventionalstrafe von S 155.000,-- berücksichtigt und der Anspruch des Klägers letztlich mit S 531.203,58 errechnet. Würde hievon der Werklohn neuerlich abgezogen, so bedeutete dies einen doppelten Abzug. Für eine Aufrechnung müßte es im übrigen genügen, daß eine Partei erkläre, die Forderung des Gegners nicht zu bezahlen, weil ihre Pönaleforderung und die sonstigen Ansprüche höher seien als der Werklohnanspruch. Nach überwiegender Ansicht reiche schon die Erkennbarkeit der Aufrechnung durch konkludente Erklärung hin, z.B. Abzug der Gegenforderungspost, wie sie in den Erklärungen des Klägers im Jahre 1980 und auch in der Saldoberechnung im Jahre 1982 zum Ausdruck komme. Da sich die Forderung und Gegenforderung aufrechenbar gegenüber gestanden seien, komme auch eine Verjährung nicht in Frage. Selbst wenn der Werklohn nicht fällig gewesen sei, habe der Kläger aufrechnen können, denn er sei berechtigt gewesen, vorzeitig zu zahlen. Subsidiär habe der Kläger auch vorgebracht, die Werklohnforderung sei nicht fällig, weil die Rechnung erst mit Bauabnahme fällig und überdies vom Kläger Verbesserung geltend gemacht worden sei. Die erstbeklagte Partei habe keine Verbesserung angeboten, sodaß es dem Kläger "gar nicht möglich war, vom Erstbeklagten Verbesserung zu verlangen", welche schließlich auch nicht mehr zumutbar gewesen sei. Somit habe der Kläger nur die Möglichkeit der Einklagung des Deckungsfonds gehabt. Diese Einklagung sei dem Verlangen nach Verbesserung

gleichzustellen - wenngleich der Kläger mit ON 34 und 43 eine solche Verbesserung abgelehnt habe weil sonst der unredliche vertragsbrüchige Unternehmer seine Forderung fällig stellen und mit den Verbesserungskosten verrechnen könne, was grob unbillig erscheine. Schließlich leide das angefochtene Urteil auch an einer Aktenwidrigkeit, weil aus den Schreiben des Klägers vom 14.Mai 1980 und 3.Oktober 1980 sowie des Klagevertreters vom 12.Juli 1982 und dem diesem angeschlossenen Sachverständigengutachten die Aufrechnung mit den Gegenforderungen der erstbeklagten Partei hervorgehe. Die Revisionsausführungen erweisen sich als nicht stichhältig. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kann nicht davon die Rede sein, daß das Berufungsgericht beim Ausspruch des Zurechtbestehens der Gegenforderung der erstbeklagten Partei von S 192.541,49 die rechtliche Bedeutung des Schreibens des Klägers an Franz K*** vom 14.Mai 1980 übergangen habe. Der Revisionswerber übergeht vielmehr zum einen, daß dieses Schreiben gar nicht an die erstbeklagte Partei, sondern an seinen eigenen Erfüllungsgehilfen gerichtet war, also keine von ihm an die erstbeklagte Partei gerichtete Willenserklärung darstellte. Zum andern erschöpft sich der Inhalt dieses Schreibens in zahlreichen Hinweisen auf Baumängel, auf nicht eingehaltene technische Regeln und Vorschriften sowie auf folgenden Vorwurf des Terminverzuges (Seite 2, erster Absatz):

"Das Bautagebuch ist voll von Vermerken "schönes

Bauwetter - keine Bautätigkeit durch Lerbscher". Den gleichen Eindruck hast Du mir gegenüber auch des öfteren artikuliert. In diesem Zusammenhang scheint es mir wichtig, die in der Bauausschreibung festgelegte Bestimmung des Pönales endlich anzuwenden."

Mit diesen Ausführungen legt also der Kläger seinem Erfüllungsgehilfen Franz K*** die Anwendung der Pönalebestimmung nahe, für eine diesbezügliche Forderungskonkretisierung gegenüber der erstbeklagten Partei oder gar eine Aufrechnungserklärung fehlt im gesamten Schreiben jedoch jeglicher Anhaltspunkt. Im Schreiben des Klägers an die erstbeklagte Partei vom 3. Oktober 1980 wird ebenfalls auf die Mangelhaftigkeit der Arbeiten der erstbeklagten Partei und demgemäß die Notwendigkeit einer Minderung des Entgeltes nach § 932 ABGB usw. verwiesen und erklärt, "daß ich bei dieser Sachlage nicht umhin kann, Ihnen diese Kosten anzulasten und das ausbedungene Pönale zu beanspruchen, dürfte Ihnen wohl längst klar geworden sein. Umsomehr wundert es mich, daß Sie es nicht einmal der Mühe wert finden, mit der Bauleitung über den gesamten anstehenden Fragenkomplex klärende Gespräche zu führen. In diesem Sinne erwarte ich über die Bauleitung endlich Ihre Stellungnahme."

Auch dieses Schreiben enthält keine konkrete Pönaleerrechnung und schon gar nicht eine Aufrechnungserklärung gegenüber der erstbeklagten Partei hinsichtlich einer derartigen Pönaleforderung. Im Schreiben des Klagevertreters an die erstbeklagte Partei vom 12. Juli 1982 schließlich wird

1.) die Leistung der Restzahlung aus der Schlußrechnung der erstbeklagten Partei abgelehnt,

2.) unter Hinweis auf ein angeschlossenes Gutachten des Ing.E*** auf zahlreiche Werkmängel verwiesen, eine Wertminderung von S 200.000,-- geltend gemacht, die Konventionalstrafe mit

S 155.000,-- fällig gestellt, die angeblich richtige Schlußrechnungssumme mit S 616.299,68 laut Punkt 2.5.11 des Gutachtens ermittelt und unter Bedachtnahme auf alle angeblichen Abzugsposten laut Punkt 2.5.16.9 des Gutachtens eine Gesamtüberzahlung von S 604.143,58 festgestellt.

Nach dem Inhalt dieses Schreibens vom 12.Juli 1982 ist die förmliche Inrechnungstellung eines Gesamtpönalebetrages von S 155.000,-- erfolgt.

Der Kläger hat jedoch in der vorliegenden, am 3.November 1982 eingebrachten Klage (Seite 5 = AS 5) ausdrücklich erklärt, daß er an Pönale vorläufig lediglich einen herabgesetzten Betrag von S 70.000,-- begehrt und hat sodann in der folgenden Errechnung des Klagebetrages auch ausdrücklich den Pönalebetrag lediglich mit S 70.000,-- beziffert.

Damit hat er selbst eindeutig klargestellt, daß eine rechtswirksame Aufrechnungserklärung seinerseits hinsichtlich eines über S 70.000,-- hinausgehenden Pönalebetrages bisher nicht erfolgt und daher auch nicht zu berücksichtigen ist. Die gegenteiligen Revisionsausführungen widersprechen somit sowohl dieser Sachlage als auch den von der Rechtsprechung für die Annahme einer rechtswirksamen Aufrechnungserklärung aufgestellten Kriterien. Von der in diesem Zusammenhang behaupteten Aktenwidrigkeit kann nicht die Rede sein. Auch die weiteren Ausführungen des Revisionswerbers, z. B., er habe Verbesserung geltend gemacht, sind feststellungswidrig und daher von vornherein unerheblich.

Die erstbeklagte Partei hat ihrerseits bereits in der Klagebeantwortung vom 31.Dezember 1982 ON 3 ihre restliche Werklohnforderung einer allenfalls zu Recht bestehenden Klageforderung gegenüber ausdrücklich compensando eingewendet. Damit hat sie die prozessuale Aufrechnungseinrede wirksam erhoben (SZ 50/35). In dem vom Berufungsgericht festgestellten Umfang wurde daher das Klagebegehren zufolge dieser prozessualen Aufrechnung zu Recht abgewiesen.

Der Revision des Klägers mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte