OGH 2Ob506/90

OGH2Ob506/9031.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Theresia H***, Raumpflegerin, 4060 Leonding, Harterfeldstraße 9, vertreten durch Dr.Heinz Buchmayr, Rechtsanwalt in Linz, wider den Gegner der gefährdeten Partei Rupert H***, Schichtarbeiter, 4470 Enns, Reinthalgasse 52, vertreten durch Dr.Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wegen einstweiligen Unterhaltes infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 10. November 1989, GZ 18 R 662/89-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 1.August 1989, GZ 6 C 18/89f-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Gegners der gefährdeten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Gegner der gefährdeten Partei beantragte im Verfahren 6 C 18/89 des Erstgerichtes die Scheidung der Ehe mit der gefährdeten Partei aus deren Alleinverschulden. Die gefährdete Partei begehrte in der dagegen zu 6 C 20/89 erhobenen Widerklage die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden ihres Antragsgegners. Im Rahmen dieses Verfahrens beantragte die gefährdete Partei die Zuerkennung eines einstweiligen Unterhaltes von S 3.400,-- ab 1. August 1989. Sie sei auf die Unterhaltsleistung ihres Antragsgegners dringend angewiesen. Dieser habe am 26.Februar 1989 die Ehewohnung verlassen und seither keinen Unterhalt bezahlt. Er arbeite in der V***lpine AG als Schichtarbeiter und verdiene monatlich rund S 16.300,-- netto; sie selber verdiene hingegen lediglich S 3.700,-- bis S 4.000,-- im Monat.

Der Gegner der gefährdeten Partei beantragte die Abweisung dieses Antrages. Die gefährdete Partei habe nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft ausdrücklich erklärt, keinen Unterhalt zu verlangen. Im übrigen bezahle er weiterhin den Mietzins für die eheliche Wohnung von S 4.144,--.

Das Erstgericht gab dem Antrag der gefährdeten Partei statt. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Am 26.Februar 1989 verließ der Antragsgegner die eheliche Wohnung in Leonding. Er wollte vermeiden, daß es zu weiteren Familienstreitigkeiten kommt. Seither wohnt er in Enns. Wenn er Frühschicht hat, hält er sich auch in der Wohnung seiner Mutter in Enns auf. Er bezahlt nach wie vor die Kosten der von der gefährdeten Partei und den ehelichen Kindern bewohnten ehelichen Wohnung von S 4.144,-- monatlich. Für Strom, Telefon und dergleichen kommt die gefährdete Partei auf. Sonstige Unterhaltsleistungen erbringt der Antragsgegner nicht.

Im Hinblick darauf, daß der Gegner der gefährdeten Partei für die Wohnungskosten zur Gänze aufkam, nahm die gefährdete Partei bisher von der Geltendmachung weiterer Unterhaltsansprüche Abstand. Sie erklärte anläßlich eines Telefongespräches Anfang Juni 1989, daß der Antragsgegner so lange keinen Unterhalt bezahlen müsse, als er für die Kosten der Ehewohnung aufkäme. Nunmehr gelangte die gefährdete Partei jedoch zur Überzeugung, daß die Festsetzung eines Unterhaltsbetrages im beantragten Ausmaß zweckmäßiger sei; sie würde ab der Zuerkennung zur Gänze für die eheliche Wohnung allein aufkommen. Wegen der ständigen familiären Streitigkeiten war nämlich der gefährdeten Partei von der Vermieterin mitgeteilt worden, daß sie bis spätestens 1.August 1989 die eheliche Wohnung zu räumen habe. Sie dürfe nur noch solange in der Ehewohnung bleiben, bis ihr eine entsprechende Ersatzwohnung zur Verfügung gestellt werden könne. Das Durchschnittseinkommen der gefährdeten Partei beträgt S 3.977,--, jenes des Antragsgegners S 17.107,65.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die gefährdete Partei grundsätzlich anstelle des "Naturalunterhaltes" in der Form der Bezahlung der Wohnungskosten eine Geldrente verlangen könne, weshalb es dem Antrag der gefährdeten Partei stattgab. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei Folge und wies in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses den Antrag der gefährdeten Partei ab. Es erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Die Gewährung von Naturalunterhalt anstelle des Geldunterhaltes sei mit Zustimmung des Unterhaltsberechtigten möglich. Deshalb sei die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung, wonach der Antragsgegner für die Wohnungskosten der gefährdeten Partei aufzukommen und keinen Geldunterhalt zu leisten hat, wirksam. Die jeder Unterhaltsvereinbarung innewohnende Umstandsklausel komme nur bei einer erheblichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung wesentlichen Umstände zum Tragen. Dies sei hier nicht der Fall, weil die gefährdete Partei nach wie vor in der bisherigen ehelichen Wohnung wohne.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei. Sie beantragt die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses und die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes. Der Gegner der gefährdeten Partei beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs behandelt zwar keine Fragen der Unterhaltsbemessung; er hat die Wirksamkeit einer zwischen den Parteien getroffenen Unterhaltsvereinbarung zum Gegenstand. Die Beurteilung dieser Frage steht nach Punkt IV des Jud. 60 neu dem Obersten Gerichtshof offen. Der Revisionsrekurs ist aber dennoch unzulässig, weil der hier zu beurteilenden Frage der Änderung der für die Unterhaltsvereinbarung maßgeblichen Umstände entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes keine Erheblichkeit im Sinne der §§ 528 Abs. 2, 502 Abs. 4 Z 1 ZPO, §§ 402 Abs. 2, 78 EO zukommt:

Das Rekursgericht hat unter Heranziehung der ständigen Judikatur zutreffend erkannt, daß ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarungen über die Gestaltung der Lebensverhältnisse und über die von den Ehegatten jeweils dem anderen Teil zu erbringenden Leistungen wie Unterhaltsverträge an sich der Umstandsklausel unterliegen (vgl. EvBl. 1982/127 ua). Eine Änderung der Umstände rechtfertigt grundsätzlich ein Abgehen von solchen Vereinbarungen, aber nur aus wichtigen Gründen und in eingeschränktem Maße (SZ 60/34 ua). Von dieser Rechtsprechung ausgehend vertrat das Rekursgericht die Auffassung, daß sich die Umstände bisher nicht dergestalt verändert hätten, daß die gefährdete Partei von der mit dem Antragsgegner getroffenen Vereinbarung, wonach er von weiteren Unterhaltspflichten solange befreit bleibt, als er ihre Wohnungskosten bezahle, abgehen könne. Es verwies darauf, daß die gefährdete Partei nach dem Bescheinigungsergebnis erster Instanz immer noch in der Wohnung sei und daß die bloße Möglichkeit einer zukünftigen Änderung dieses Umstandes noch nicht mit einer tatsächlich eingetretenen Änderung der Verhältnisse im Sinne der dargestellten Judikatur gleichgesetzt werden könne. Die Klarstellung dieser einerseits die Umstände des Falles berücksichtigenden und andererseits die logische Konsequenz aus den dargelegten Grundsätzen bildenden Erkenntnis gegenüber den Parteien ist aber keine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne der oben zitierten Gesetzesstellen. Sie beruht vielmehr auf der richtigen Anwendung ausjudizierter Grundsätze.

Den Ausführungen der gefährdeten Partei zu den dargestellten Fragen kann daher nicht nahegetreten werden. Ihr Revisionsrekurs war vielmehr im Sinne der dargestellten Erwägungen zurückzuweisen. Dem Gegner der gefährdeten Partei waren für die Revisionsrekursbeantwortung keine Kosten zuzuerkennen, weil er auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen hat.

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