Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.367,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der beklagten Partei als Vertragsbediensteter an der Technischen Universität Graz vom 2.April 1962 bis 30.April 1980 und vom 13.Jänner 1981 bis 15.Jänner 1984 beschäftigt. Vom 1.Jänner 1971 bis 30.April 1980 sowie vom 1.April 1981 bis 15. Jänner 1984 war er nach dem Dienstvertrag im Entlohnungsschema I Entlohnungsgruppe c des VBG 1948, vom 13.Jänner bis 31.März 1981 in Entlohnungsgruppe d dieses Schemas eingestuft. Eine Überstellung in die Entlohnungsgruppe b dieses Schemas hat der Kläger während des aufrechten Dienstverhältnisses nicht verlangt. Das Dienstverhältnis endete am 15.Jänner 1984 durch einvernehmliche Auflösung wegen Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension.
Der Kläger bringt vor, daß die von ihm als Vertragsbedienstetem geleisteten Dienste zumindest seit 1979 ein technisches Wissen erfordert hätten, wie es nur durch Absolvierung Höherer Technischer Lehranstalten erworben werden könne. Er habe im dienstlichen Auftrag mehrere Geräte entwickelt und dafür auch Patente erhalten. Hiebei habe er ingenieurmäßige Berechnungen anzustellen gehabt und alle Tätigkeiten im wesentlichen ohne Anleitung durch einen Techniker ausgeführt. Er habe daher insgesamt höherwertige Dienste geleistet, die eine Einstufung und Entlohnung nach Entlohnungsgruppe b des Entlohnungsschemas I gerechtfertigt hätten. Er begehre daher eine Bezugsnachzahlung für die Zeit vom 1.Mai 1981 bis 15.Jänner 1984 in Höhe von S 170.001 brutto und eine Abfertigungsnachzahlung von S 44.055 brutto sowie den Ersatz eines Pensionsschadens von zusammen S 132.530,90 für den Zeitraum 1984 bis 1986. Da er auch künftig einen betraglich nicht absehbaren Pensionsentgang zu erwarten habe, begehre er die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle ihm durch die unrichtige Einstufung entstandenen "Nachteile (Schäden)".
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und wendet - soweit dies im Revisionsverfahren noch relevant ist - ein, die vom Kläger am Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft geleisteten Dienste seien höchstens c-wertig gewesen. Die Entwicklung seiner Erfingung sei nicht im dienstlichen Auftrag erfolgt und außerdem nicht b-wertig gewesen. Nach den vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen hatte der Kläger bereits bevor er ab 13. Jänner 1981 im Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft beschäftigt wurde, die Idee für ein neues Gerät, und zwar einen Flüssigkeitsbelüfter für Abwässer. Er nahm deshalb mit Bediensteten des genannten Institutes Kontakt auf, weil an jenem Institut, in dem er zuvor beschäftigt war, kein Interesse hiefür vorhanden war. Als am Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft im Labor eine Stelle frei wurde, bekam diese der Kläger; es bestand nämlich Interesse für das von ihm geplante Gerät. Am genannten Institut konnte sich jeder Mitarbeiter je nach Fähigkeit mit Forschungsprojekten befassen. Wenn im Labor dringende Arbeiten zu verrichten waren, verrichtete der Kläger diese vorrangig; im übrigen (etwa 80 % seiner Dienstzeit) beschäftigte er sich mit der Entwicklung des von ihm erdachten Flüssigkeitsbelüfters für Abwässer. Er probierte mehrere Versionen des Belüfters aus, arbeitete daran unter Inanspruchnahme von Werkzeug und Materialien des Instituts und wurde von anderen Institutsmitarbeitern dabei beraten und unterstützt; die Institutsingenieure stellten insbesondere hiezu erforderliche Berechnungen an, weil der Kläger nur "über den Daumen" rechnen konnte. Die Änderungen am Belüfter erfolgten jedoch nicht durch Berechnungen, sondern durch empirische Versuche; insbesondere variierte der Kläger die Fließgeschwindigkeit im Fallrohr und änderte den Fallrohrwinkel. Strömungstechnische Berechnungen im Zusammenhang mit der Erfindung wären nicht zielführend gewesen; bei derartigen Erfindungen sind die empirischen Erfahrungen das Wichtigste. Unabhängig von der Idee des Belüfters ist ein guter Facharbeiter in der Lage, rein manuell den Belüfter herzustellen.
Bei der Erfindung des Klägers handelt es sich um eine Vorrichtung zur Belüftung von Abwässern, bei der von der an Lamellen oder anderen Flüssigkeiten vorbeiströmenden Flüssigkeit Luft oder ein anderes Gas mitgerissen und aufgenommen wird; das Gerät zählt zu den sogenannten Strömungsmaschinen. Aus den Unterlagen der Erfindung des Klägers, die er im Juni 1981 zum Patent anmeldete, ist zu erkennen, daß die Idee des Klägers im Prinzip auf der Wirkungsweise einer sogenannten "Wasserstrahlpumpe" beruht. Die Wirkungsweise derartiger Wasserstrahlpumpen ist seit Jahrzehnten bekannt; sie beruht auf dem Mitreißen von Gasen durch Flüssigkeiten. Durch die Erfindung des Klägers wurde möglicherweise der Wirkungsgrad des Wasserstrahlpumpenprinzips verbessert.
Unter der Bezeichnung "ingenieurmäßig" werden üblicherweise Tätigkeiten und Fähigkeiten verstanden, die an Höheren Technischen Lehranstalten gelehrt und erlernt werden. Die Bildungs- und Lehraufgabe im Fach "Strömungsmaschinen" an Höheren Technischen Lehranstalten liegt im "Vermitteln eines umfassenden allgemeinen Wissens auf dem Gebiet der hydraulischen und thermischen Strömungsmaschinen hinsichtlich der Bauarten, der Wirkungsweise, des Betriebsverhaltens und der Regelung sowie der Grundlagen für Berechnung und Konstruktion (BGBl. 492/1977).
Es ist davon auszugehen, daß der Kläger das Prinzip und die Wirkungsweise von Wasserstrahlpumpen kannte und dieses Wissen für seine Erfindung verwertete. Hiezu waren jedoch keine ingenieurmäßigen Fähigkeiten zur Berechnung oder Auslegung derartiger Geräte erforderlich, und zwar auch dann nicht, wenn der Kläger bei der Entwicklung systematisch vorgegangen ist. Wie bereits erwähnt, ist die Entwicklung und Optimierung der Erfindung im wesentlichen nur durch empirische Versuche und Erfahrungen möglich. Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im dritten Rechtsgang mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Entlohnungsgruppe b ab.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die erfinderische Leistung des Klägers liege im Einfall, daß bei bestimmter Anordnung bestimmter Metallteile zueinander ein besserer als der bisher bekannte Gaseintrag in Flüssigkeiten erzielt werden könnte. Diesen Einfall habe der Kläger nach der Aktenlage schon vor dem Dienstantritt am 13. Jänner 1981 gehabt. Der Einfall selbst könne daher nicht als Diensterfüllung angesehen werden. Diensterfüllung sei jedoch das gewesen, was der Kläger sodann in Realisierung seiner Idee unternommen habe. Hiezu sei aber nur die handwerkliche Fertigung der benötigten Metallteile und - nach Feststellung einer geringen Effizienz des Gerätes - die schritt- und versuchsweise vorgenommene Veränderung einzelner Teile des Gerätes, also wiederum nur handwerkliche Tätigkeit in Erwartung eines - erst nachträglich feststellbaren - besseren Wirkungsgrades erforderlich. Fähigkeiten, wie sie an Höheren Technischen Lehranstalten erworben würden, seien hiezu nicht notwendig gewesen. Nach der als Richtschnur aufzufassenden Studie über die Arbeitsplatzorganisation an wissenschaftlichen Hochschulen entsprächen die vom Kläger bei der Weiterentwicklung des Belüfters geleisteten Tätigkeiten nicht der Entlohnungsgruppe I/b, sondern nur der I/c.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er macht als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil im Sinn des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die bereits vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RZ 1989, 65 uva). In seiner Rechtsrüge führt der Kläger aus, die Studie über die Arbeitsplatzorganisation an den wissenschaftlichen Hochschulen sei mangels Rechtsquellencharakters dieser Studie auch nicht als "Richtschnur" für die Bewertung seiner Tätigkeit heranzuziehen;
Maßstab sei nur das Gesetz. Danach komme es nur darauf an, was der Kläger geleistet habe; wie er dazu gekommen sei, sei irrelevant;
auch bei rein zufälligen Leistungen sei der Arbeitnehmer nur nach dem Ergebnis seiner Leistung zu beurteilen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestimmt sich die Einstufung eines Vertragsbediensteten nach den tatsächlich geleisteten - und dabei den überwiegenden - Diensten und nicht nach dem Dienstvertrag. Es kommt daher immer darauf an, welche Tätigkeit vom Vertragsbediensteten über Verlangen oder - wie hier - zumindest mit Duldung des Dienstgebers faktisch verrichtet wurde und welche Wertigkeit im Sinn der einzelnen Entlohnungsgruppen der Entlohnungsschemen des Vertragsbedienstetengesetzes der tatsächlich überwiegend verrichteten Tätigkeit des Vertragsbediensteten zugemessen werden kann (Arb. 7.374, 9.233 uva). Für die Einstufung in den gehobenen technischen Dienst im Wissenschafts- und Forschungsbereich (Entlohnungsgruppe I/b) ist zwar im allgemeinen Voraussetzung, daß die verrichtete Tätigkeit ein Wissen erfordert, wie es in der Regel auf Grund einer abgeschlossenen Ausbildung in einer Höheren Technischen Lehranstalt erworben wird. Allerdings kommt es nicht darauf an, ob der Vertragsbedienstete dieses Wissen auf Grund einer abgeschlossenen Ausbildung an einer solchen Lehranstalt oder anderwertig erworben hat (Arb. 8.933 ua; vgl. auch Arb. 9.233). Dazu gehört beim gehobenen technischen Dienst insbesondere auch ein entsprechendes theoretisches Wissen im Rechnen, Auswerten von statischen Daten und Versuchsergebnissen, heutzutage insbesondere auch mit Hilfe der EDV. Dieser Grundsatz gilt aber nur dort, wo der rechtliche Inhalt der im Entlohnungsschema für die einzelnen Entlohnungsgruppen verwendeten Bezeichnungen in der Norm nicht näher bestimmt ist und außerdem Vorschriften über die Einstufungsvoraussetzungen fehlen. Bestehen aber bindende Qualifikationsvorschriften für die Einstufung in eine Verwendungsgruppe (zB. wie für Krankenschwestern eine bestimmte schulmäßige Ausbildung, Arb 8.189), gilt der Grundsatz der bloßen Berücksichtigung der tatsächlich ausgeübten Leistung nicht (Arb. 8.252 uva).
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob und welchen Rechtsquellencharakter die genannte Studie über die Arbeitsplatzorganisation an wissenschaftlichen Hochschulen hat; sie selbst bezeichnet sich nur als (interner) Arbeitsbehelf bei der Arbeitsplatzbeschreibung, die für die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung des Vertragsbediensteten maßgeblich sein soll (S. 6, 14). Die für den Kläger in Betracht kommenden Einstufungen im technischen Dienst verlangen nur eine bestimmte Verwendung, nicht aber eine bestimmte Vorbildung.
Die genannte Studie (S 140f) bestätigt jedoch die oben wiedergegebenen allgemeinen Kriterien für eine Einstufung in den gehobenen technischen Dienst. Ein solcher liegt ua. vor, wenn der Vertragsbedienstete organisatorische Ist-Zustände analysiert, wissenschaftliche Zeichnungen anfertigt, Versuchsergebnisse rechnerisch auswertet usw.
In die Entlohnungsgruppe I/c ist jedoch einzuordnen, wer ua. Versuchseinrichtungen zur Anwendung in Forschung und Lehre aufbaut, Detailkonstruktionen für Laborgeräte macht und einfache Analysen im Laborbetrieb durchführt oder Dauerversuche zur Anwendung in Forschung und Lehre einrichtet (technischer Fachdienst). Weiters ist in Entlohnungsgruppe I/c (oder p 1/p 2) auch derjenige einzuordnen, der zur Anwendung in Forschung und Lehre wissenschaftliche und technische Geräte adaptiert, technische Zeichnungen anfertigt, elektronische Schaltungen aufbaut, elektrische oder elektronische Meßgeräte und Schaltungen entwirft oder beim Aufbau von Versuchsreihen und bei der Konstruktion von Präzisionsapparaten mitarbeitet (besonders qualifizierter handwerklich-technischer Dienst).
Nach den getroffenen Feststellungen bestand die hauptsächliche Tätigkeit des Klägers im Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft in der Entwicklung und Optimierung eines technischen Gerätes zum Belüften von Abwässern, das nach dem System einer Wasserstrahlpumpe arbeitete. Durch die Weiterentwicklung eines vorhandenen Prototyps in Richtung auf einen besseren Wirkungsgrad sollte durch Veränderung der Form und Lage der Metallteile zueinander, insbesondere auch durch eine schrittweise Veränderung der Fließgeschwindigkeit im Fallrohr und die Veränderung des Fallrohrwinkels ein möglichst optimales Ergebnis erzielt werden. Hiebei ging der Kläger zwar offenbar systematisch, aber ausschließlich empirisch vor, einerseits weil ihm das ingenieurmäßige Wissen zu einem planmäßigen rechnerischen Vorausberechnen und Auswerten von Versuchsergebnissen fehlte und andererseits hiedurch eine Optimierung der Wirkungsweise derartiger Geräte nicht zu erwarten ist. Solche Geräte können nämlich nur durch praktische Versuche optimiert werden. Zu diesen Versuchen ist aber kein ingenieurmäßiges Wissen und keine praktische Anwendung eines derartigen Wissens notwendig. Wer eine solche Tätigkeit ausübt, benötigt die Fähigkeit zu ingenieurmäßiger Messung, Berechnung oder sonstiger Konstruktion nicht. Auch wenn ein Akademiker oder ein HTL-Ingenieur die Arbeit des Klägers verrichtet hätte, wozu er allerdings auch über die nötige Fähigkeit zur handwerklichen Metallbearbeitung, nämlich über Schlosserkenntnisse, hätte verfügen müssen, hätte er nur eine Tätigkeit ausgeübt, die dem technischen Fachdienst (oder gegebenenfalls dem besonders qualifizierten handwerklichen Dienst, ebenfalls Entlohnungsgruppe I/c oder auch p 1/p 2) zuzuordnen wäre.
Die Einordnung des Klägers in die Entlohnungsgruppe I/c war daher zutreffend, weil die von ihm erbrachten Leistungen auch unter Berücksichtigung des Erfolges und seiner übrigen Tätigkeiten nicht b-wertig waren. Daran ändert auch das vom Kläger erwirkte Patent nichts; ein solches Gerät hätte - bei entsprechender "Idee" - auch jeder andere entsprechend ausgebildete gute Facharbeiter entwickeln und seine Wirkungsweise durch entsprechend empirische Versuche verbessern können.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)