Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen wurden die Geschwister Hermine U*** und Gottfried U*** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie in Knittelfeld den knapp zweijährigen außerehelichen Sohn der Hermine U***, Mario U***, vorsätzlich getötet, indem
1. Gottfried U*** am 24.Dezember 1988 dem Kind mehrere feste Schläge mit der Hand gegen dessen Kopf versetzte, und es zu Boden, gegen die Zimmerdecke und ins Gitterbett schleuderte;
2. Gottfried U*** und Hermine U*** "im bewußten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter" am 25. Dezember 1988 es unterließen (§ 2 StGB) für das lebensgefährlich verletzte Kind ärztliche Hilfe herbeizuholen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diesen Schuldspruch vom Angeklagten Gottfried U*** aus dem Grunde der Z 10 a, von Hermine U*** aus jenem der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind unberechtigt.
Der Angeklagte Gottfried U*** hat in der Hauptverhandlung zugegeben, daß er dem Kleinkind zunächst einen Fußtritt versetzte, sodaß es ungefähr eineinhalb Meter zur Seite stürzte, hernach gab er ihm drei oder vier Ohrfeigen, wodurch das Kind mitsamt dem Kindertischchen, auf dem es saß, gegen ein Bett fiel und aus dem Mund zu bluten begann. Anschließend warf es der Angeklagte so wuchtig gegen das Gitterbett, daß eine Sprosse brach. In weiterer Folge schleuderte er es mit dem Kopf nach unten zu Boden, wonach es regungslos liegenblieb. Sodann warf er das Kind noch mehrmals gegen den (abgeschrägten) Küchenplafond, wobei es auch einmal zu Boden fiel (S 254, 258, 264/II). Am nächsten Tag erkannte der Angeklagte den lebensbedrohlichen Zustand des Kindes, verständigte jedoch aus Angst vor seiner Verhaftung keinen Arzt. Nachdem der Bub seiner Meinung nach den erlittenen Verletzungen erlegen war, warf der Angeklagte den Kindeskörper in die Mur (S 261/II). Nach dem Gutachten des gerichtsärztlichen Sachverständigen trat allerdings erst dadurch der Tod (durch Ertrinken) ein, weil das Kind trotz einer schweren Subduralblutung - die ohne operativen, aber durchaus erfolgversprechenden (S 281/II), Eingriff jedenfalls zum Tode geführt hätte - noch gelebt hatte, was nach der Art der Verletzung für den Sachverständigen höchst erstaunlich war (S 279, 280/II). Angesichts dieser brutalen Gewaltanwendung gegen ein Kleinkind vermag der Angeklagte Gottfried U*** mit dem bloßen Hinweis auf seine Verantwortung in der Hauptverhandlung, wonach er das Kind nur mißhandeln, allenfalls verletzen wollte (S 255, 258, 262, 265/II), gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsache seines Tötungsvorsatzes keine erheblichen Bedenken (Z 10 a) zu erwecken, zumal seine Angaben im Vorverfahren (S 31 ff, 67, 70/I) auf das Eingeständnis eines mit bedingtem Vorsatz begangenen Mordes hinauslaufen.
Die Angeklagte Hermine U*** bestreitet ihrerseits, es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden zu haben, daß die Unterlassung der Herbeiholung ärztlicher Hilfe für ihr Kind, dessen lebensgefährliche Verletzung sie erkannt hatte, dessen Tod bewirken könnte. Ihrer Auffassung nach hätten die Geschwornen die auf Mord gerichtete Hauptfrage I/2 verneinen und die Eventualfrage II bejahen müssen. Sie hätte demgemäß nur des Verbrechens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs. 2 und Abs. 3 zweiter Fall StGB für schuldig erkannt werden dürfen.
Mit diesem Vorbringen wird die Subsumtionsrüge (Z 12) der Angeklagten Hermine U*** nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht, weil die Richtigkeit der Gesetzesanwendung vom Obersten Gerichtshof nur auf der Grundlage der im Verdikt festgestellten Tatsachen zu überprüfen ist. Auf angebliche Ergebnisse des Beweisverfahrens, die in den Wahrspruch nicht aufgenommen worden sind, kann der geltend gemachte materielle Nichtigkeitsgrund daher nicht gestützt werden (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 8 zu § 345 Abs. 1 Z 12).
Schon bei einer nichtöffentlichen Beratung war somit die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gottfried U*** als offenbar unbegründet (§§ 285 d Abs. 1 Z 2, 344 StPO), jene der Angeklagten Hermine U*** als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 a Z 2, 285 d Abs. 1 Z 1, 344 StPO) sofort zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die mit den Nichtigkeitsbeschwerden verbundenen Berufungen der beiden Angeklagten folgt (§§ 285 i, 344 StPO).
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