OGH 8Ob675/89 (8Ob676/89, 8Ob677/89)

OGH8Ob675/89 (8Ob676/89, 8Ob677/89)14.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Viktor A***, Hauseigentümer, 3400 Klosterneuburg, Hauptstraße 334, vertreten durch Dr.Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Heinrich F***, Karosseriespengler, 1140 Wien, Sturzgasse 1c/7+26, vertreten durch Dr.Johann Werth, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 25.011,37 (4 C 378/87g) und Aufkündigung (4 C 115/87f und 4 C 116/87b) infolge Revision und Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungs- und Rekursgerichtes vom 4.Juli 1989, GZ 41 R 167,172/89-35, womit infolge Berufung und Rekurs der beklagten Partei das Urteil und der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 1. Dezember 1988, GZ 4 C 378/87g-29, abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision und dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die Beantwortung des Revisionsrekurses wird zurückgewiesen. Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit S 3.087,-

(einschließlich S 514,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer des Hauses Sturzgasse 1c im

14. Wiener Gemeindebezirk; der Beklagte ist Mieter der in diesem Haus gelegenen Geschäftslokale top Nr. 7 und 26.

Der Kläger kündigte dem Beklagten wegen eines Mietzinsrückstandes (uzw. der Differenzbeträge aus vereinbarter Wertsicherung für die Zeit von September 1984 bis Jänner 1987) die Geschäftslokale top Nr. 7 (AZ 4 K 25/87 = 4 C 116/87b; Mietzinsrückstand S 6.461,98 s.A.) und top Nr. 26 (AZ 4 K 24/87 = 4 C 115/87f; Mietzinsrückstand S 20.351,76 s.A.) auf und begehrte mit der unter AZ 4 C 378/87g des Erstgerichtes registrierten Klage die Zahlung von S 27.834,13 s.A. (Mietzinsrückstand und kapitalisierte Zinsen).

Der Beklagte wendete ein, die rechnerisch auf Grund des vereinbarten Wertsicherungsmaßstabes (Index der Verbraucherpreise 1966) richtig ermittelten Erhöhungsbeträge könnten von ihm nicht begehrt werden, weil es sich dabei um eine nach § 16 Abs. 6 MRG unzulässige Nachverrechnung für die Vergangenheit handle. Die Mietgegenstände seien vor der Anmietung durch den Beklagten länger als 1 Jahr leer gestanden (AS 75f und 78). Der durch die Wertsicherung erhöhte Mietzins überschreite den nach § 16 Abs. 6 MRG zulässigen Mietzins. Die auf Grund der Schreiben vom 17.4.1984 und 7.8.1984 rückwirkend eingeforderten Erhöhungsbeträge von S 5.390,78 und S 4.896,61 seien in Unkenntnis der Rechtslage vom Beklagten bezahlt worden; sie wurden gegen einen allfälligen Mietzinsrückstand aufrechnungsweise geltend gemacht (4 C 115/87f-3).

Nach Verbindung der drei genannten Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat das Erstgericht

1. in dem die Kündigung betreffenden Verfahren mit Beschluß gemäß § 33 Abs. 2 MRG ausgesprochen, daß der Mietzinsrückstand (insgesamt) S 25.011,37 betrage und

2. in dem das Zahlungsbegehren betreffenden Verfahren die eingeklagte Forderung mit S 26.117,67 die einredeweise geltend gemachte Gegenforderung aber nur mit S 1.106,30 als zu Recht bestehend erkannt und demgemäß den Beklagten zur Zahlung von

S 25.011,37 samt stufenweise berechneter Zinsen und des auf dieses Verfahren entfallenden Kostenteilbetrages von S 31.288,28 verurteilt. Den erstgerichtlichen Entscheidungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte mietete a) im Jahre 1971, unmittelbar nach dem der Vormieter auf seine Mietrechte verzichtet hatte, die Werkstätte top Nr. 26 um den damals angemessenen Hauptmietzins von S 850,- pro Monat und b) im Jahre 1973 den Einzelraum top Nr. 7 als Geschäftslokal innerhalb eines Jahres nach der Räumung durch den Vormieter um einen monatlichen angemessenen Hauptmietzins von S 250,--. Der Mietzins ist bezüglich beider Objekte nach dem Verbraucherpreisindex 1966 wertgesichert, wobei Schwankungen bis 10 % unberücksichtigt zu bleiben haben.

Bis einschließlich Jänner 1987 schrieb der Kläger dem Beklagten nur einen monatlichen Hauptmietzins von S 850,-- bzw. S 250,-- sowohl in den Zinslisten als auch als Bestandteil des Betrages (Hauptmietzins + Betriebskosten etc) vor, der in den jeweils am Jahresanfang zur Verfügung gestellten zwölf Zahlscheinen enthalten war. Die Zahlung der Wertsicherungsbeträge verlangte der Kläger immer im nachhinein. Der Beklagte leistete die begehrten Zahlungen auch noch nach dem Inkraftreten des MRG. Die Bezahlung der auf die Zeit von September 1984 bis Jänner 1987 entfallenden Wertsicherungsbeträge (= Differenz zwischen dem vereinbarten Hauptmietzins von S 850,- bzw. S 250,- und den sich auf Grund der vereinbarten Wertsicherung ergebenden Beträgen), geltend gemachten mit den Schreiben vom 2.5.1985 (für die Zeit Juli bis Dezember 1984), 9.10.1985 (für Jänner bis Juni 1985), 18.8.1986 (für Juli bis Dezember 1985 und Jänner bis Juni 1986) und 8.1.1987 (für Juli 1986 bis Jänner 1987) unter abermaliger Einforderung ua auch der der in den vorgenannten Schreiben genannten Beträge, lehnte der Beklagte ab. In den genannten Schreiben wurde vor dem Begehren auf Zahlung ziffernmäßig bestimmter Wertsicherungsbeträge für jeweils in der Vergangenheit liegende Zeiträume einleitend dargelegt, ab welchem Monat der Mietzins auf Grund der Wertsicherungsberechnung auf den der geltend gemachten Differenz zugrunde liegenden höheren Betrag angestiegen sei. Diese Vorgangsweise hielt der Vermieter bis Jänner 1987 auch dann noch ein, als der Beklagte bereits im Jahre 1985 die Zahlung der auf diese Art geltend gemachten Erhöhungsbeträge durch Zurücksendung der Forderungsbriefe des Klägers unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich abgelehnt hatte.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß dem Beklagten mit den oben genannten Schreiben vom Vermieter bekanntgegeben worden sei, auf welchen Betrag der Mietzins sich durch die Wertsicherung erhöht hätte, und daß der Beklagte daher ab einem 14 Tage später liegenden Zinstermin zur Zahlung des so erhöhten Mietzinses verpflichtet gewesen sei, auch wenn dessen tatsächliche Einhebung immer wieder erst später erfolgt wäre. Das Erstgericht stellte daher den nach diesen Grundsätzen ermittelten Mietzinsrückstand gemäß § 33 Abs. 2 MRG beschlußmäßig in dem die Aufkündigungen betreffenden Verfahren (unter Abzug einer Gegenforderung) fest und legte diesen Betrag auch dem das Zahlungsbegehren betreffenden Urteil zugrunde. Das Gericht zweiter Instanz hob den den Mietzinsrückstand betreffenden Beschluß ersatzlos auf und wies in Abänderung des erstgerichtlichen Urteils das Klagebegehren ab. Es vertrat im wesentlichen die Rechtsansicht, das Erhöhungsbegehren könne nur in einer Aufforderung zur Bezahlung des erhöhten Mietzinses bzw. des Erhöhungsbetrages liegen. Die bloße Bekanntgabe einer Wertsicherungsberechnung im Rahmen einer nachträglichen Geltendmachung von Wertsicherungsbeträgen ersetze nicht die Geltendmachung für die Zukunft. Da demnach kein Mietzinsrückstand bestehe, bedürfe es auch keines Beschlusses nach § 33 Abs. 2 MRG über die Höhe eines solchen. Das Zahlungsbegehren sei abzuweisen. Das Rechtsmittelgericht sprach in seinem Beschluß aus, der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige in jedem der beiden Kündigungsverfahren S 15.000,-, nicht aber S 300.000,-. Der Rekurs sei in beiden Verfahren ebenso zulässig wie die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes. Die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO lägen vor, weil die Frage, ob die Bekanntgabe einer einst eingetretenen Erhöhung des Hauptmietzinses ein aufdessen Bezahlung gerichtetes Begehren ersetze und damit ein Erhöhungsbegehren im Sinne des § 16 Abs. 6 MRG darstelle, von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Gegen die Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz erhob der Kläger Revisionsrekurs und Revision mit den Anträgen, die Entscheidungen des Erstgerichtes wieder herzustellen. Der Beklagte begehrt in der Beantwortung der Revision und des Revisionsrekurses, die Entscheidungen der zweiten Instanz zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel des Klägers sind aus den von der zweiten Instanz genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zur Revisionsrekursbeantwortung:

Rekurse gegen Beschlüsse nach § 33 Abs. 2 MRG über die Höhe des Mietzinsrückstandes gehören nicht zu den § 521 a Abs. 1 ZPO aufgezählten Fällen, in denen das Rekursverfahren zweiseitig ist. Die dennoch erstattete Revisionsrekursbeantwortung war daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Zum Mietzinsrückstand:

§ 16 Abs. 6 Satz 2 MRG steht einem rückwirkenden Begehren auf Zahlung eines infolge einer Wertsicherungsvereinbarung erhöhten Hauptmietzinses offenkundig entgegen. Schon die am 1.1.1982 in Kraft getretene Fassung dieser Gesetzesbestimmung machte die Verpflichtung zur Entrichtung des infolge einer Wertsicherungsvereinbarung erhöhten Hauptmietzinses davon abhängig, daß der Vermieter dem Hauptmieter spätestens 14 Tage vor dem Termin sein darauf gerichtetes Erhöhungsbegehren bekanntgibt. Diese geltendes Recht gebliebene Formulierung verpflichtet den Vermieter zur Bekanntgabe des sich aus der Wertsicherung ergebenden erhöhten Hauptmietzinses - diesen könnte der davon betroffene Mieter zwar auch selbst errechnen - , und darüberhinaus auch noch zur Bekanntgabe eines darauf, nämlich auf die Entrichtung des erhöhten Hauptmietzinses, gerichteten Erhöhungsbegehrens. Die der Geltendmachung von Hauptmietzinserhöhungen infolge einer Wertsicherungsvereinbarung feindliche Tendenz des Gesetzgebers kommt in verstärkter Art durch die MRG-Novelle BGBl. 1985/559 zum Ausdruck, wonach diese Bekanntgaben bei sonstiger gänzlicher Unwirksamkeit erst nach dem Wirksamwerden einer Indexvereinbarung erfolgen dürfen. Es darf daher die bloße Bekanntgabe, daß der Hauptmietzins ab einem - noch dazu in der Vergangenheit liegenden - Zeitpunkt infolge der vereinbarten Wertsicherung einen bestimmten höheren Betrag ausmache, nicht einem Begehren auf Entrichtung des erhöhten Betrages für die Zukunft gleichgesetzt werden.

Dazu kommt in dem hier zu beurteilenden Fall noch, daß der Kläger selbst zum Ausdruck brachte, er wolle die Differenz zwischen dem seinerzeit vereinbarten Hauptmietzins und der infolge Wertsicherung eingetretenen Erhöhung immer nur im nachhinein bezahlt bekommen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Inhalt der Zinslisten und der dem Beklagten für das ganze Jahr im vorhinein zur Verfügung gestellten Zahlscheine, die als Hauptmietzins nur den seinerzeit hiefür vereinbarten Betrag enthielten, als auch aus dem Inhalt der zitierten Schreiben selbst, in denen immer nur die Zahlung solcher Erhöhungsbeträge begehrt wurde, die sich auf in der Vergangenheit liegende Monate bezogen. Der Einleitungssatz dieser Schreiben, in denen der Eintritt einer Erhöhung des Hauptmietzinses infolge der vereinbarten Wertsicherung behauptet wurde, stellt daher lediglich die Begründung für ein sich auf die Vergangenheit beziehendes Zahlungsbegehren dar, nicht aber ein Begehren auf Zahlung der Erhöhungsbeträge für die Zukunft. Auch nach dem Sachverhalt der in SZ 59/48 veröffentlichten und die Unzulässigkeit rückwirkender Geltendmachung einer Wertsicherung des Hauptmietzinses betreffenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hatte der Vermieter jeweils die Differenz zwischen dem ursprünglich vereinbarten Hauptmietzins und der sich insgesamt durch die Wertsicherung ergebenden Erhöhung jeweils in zwei aufeinanderfolgenden Jahren begehrt. Auch bei Beurteilung jener Rechtssache ging der Oberste Gerichtshof nicht davon aus, daß durch die Geltendmachung der Wertsicherung für 1983 der Mieter jedenfalls zur Entrichtung eines dieser Erhöhung entsprechenden Mietzinses für 1984 verpflichtet wäre. Der Oberste Gerichtshof versagte dort aber dem jeweils nachträglich für ein Jahr geltend gemachten Zahlungsbegehren zur Gänze die Wirksamkeit. Die vom Erstgericht für zulässig erachtete Trennung einer die Hauptmietzinserhöhung bewirkenden bloßen Bekanntgabe des erhöhten Betrages von dem darauf gerichteten Zahlungsbegehren ist durch die oben erläuterte Bestimmung des § 16 Abs. 6 Satz 2 MRG ausgeschlossen: Der Vermieter hat nach dieser Gesetzesbestimmung nur die Möglichkeit, jeweils für die Zukunft die Entrichtung des erhöhten Hauptmietzinses zu begehren oder des sich aus der vereinbarten Wertsicherung ergebenden Erhöhungsbetrages verlustig zu gehen. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen der Vermieter einer nachträglichen Einhebung den Vorzug geben würde. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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