OGH 3Ob123/89

OGH3Ob123/8913.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Erwin H***, Tapezierermeister, Linz, Rudolfstraße 48, vertreten durch Dr.Robert Plaß, Rechtsanwalt in Leoben, wider die verpflichtete Partei Architekt Dipl. Ing.Fritz M***, Ziviltechniker, Rottenmann, Boder 54, vertreten durch Dr. Maria Schmegner, Rechtsanwalt in Rottenmann, wegen 240.984,20 S sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 7.September 1989, GZ 3 R 161/89-57, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 26.Juni 1989, GZ 8 Cg 461/76-52, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz die Entscheidung über den Rekurs der verpflichteten Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Rekurskosten in dritter Instanz sind wie weitere Kosten des Rekursverfahrens zweiter Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Das Kreisgericht Leoben als Titelgericht bewilligte zur Hereinbringung von 240.984,20 S samt Anhang die Fahrnisexekution. Der Exekutionsbewilligungsbeschluß wurde dem Verpflichteten beim Vollzug am 4.Juli 1989 zugestellt. Er brachte beim Exekutionsgericht (Bezirksgericht seines Wohnsitzes) einen Rekurs gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß zu gerichtlichem Protokoll, in dem er auf ein anhängig gewesenes Ausgleichsverfahren und eine angeordnete Sachwalterschaft zur Überwachung der Ausgleichserfüllung hinwies. Am 19. Juli 1989 ordnete das Exekutionsgericht die Übermittlung dieses Rekurses an das Titelgericht an, wo der Rekurs am 20.Juli 1989 einlangte. Das Kreisgericht Leoben trug dem Verpflichteten die Verbesserung des Rekurses durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes binnen acht Tagen auf, welchem Auftrag der Verpflichtete fristgerecht nachkam.

Das Gericht zweiter Instanz wies nur den Rekurs des Verpflichteten als verspätet zurück und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteigt, unterließ jedoch einen Ausspruch, ob der Rekurs zulässig sei oder nicht.

Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, daß ein Protokollarrekurs nur gegen einen bezirksgerichtlichen Beschluß, nicht aber gegen einen Beschluß des Gerichtshofes erster Instanz zulässig sei. Im Falle eines unzulässigen Protokollarrekurses sei kein Verbesserungsverfahren statthaft. Das vom Erstgericht durchgeführte Verbesserungsverfahren sei überdies deshalb unzulässig, weil der Rekurs beim Kreisgericht Leoben erst nach Ablauf der Rekursfrist eingelangt und somit verspätet gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der verpflichteten Partei ist zulässig und berechtigt. Verfehlt ist der Ausspruch der zweiten Instanz, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige 300.000 S. Zinsen und Kosten sind gemäß § 54 Abs 2 JN bei Ermittlung der Wertgrenze von 300.000 S im Sinne der §§ 500 Abs 2, 526 Abs 3 ZPO idF vor der WGN 1989 nicht zu berücksichtigen, was gemäß § 78 EO auch für das Exekutionsverfahren gilt. Nötig wäre hingegen der Ausspruch gewesen, ob der Rekurs zulässig ist oder nicht. Die Erteilung eines Ergänzungsauftrages kann aber im vorliegenden Fall unterbleiben, weil klar ist, daß wegen der hier nicht ganz einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes vorliegt. Es wäre daher nur ein unnötiger Formalismus, zuerst einen Ausspruch der zweiten Instanz zu erwirken und für den Fall der unrichtigen Nichtzulassung des Rekurses eine Verbesserung der Rekursschrift durch ausdrückliche Bekämpfung eines solchen Ausspruches zu veranlassen, um erst dann zu sagen, daß eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO idF vor der WGN 1989 vorliegt.

In der Sache selbst ist es zwar richtig, daß die Bestimmung des § 520 Abs 1 ZPO über die Möglichkeit, den Rekurs mündlich zu Protokoll anzubringen, nur "bei Bezirksgerichten" gilt. Darunter wird ein bezirksgerichtliches Verfahren verstanden, mag es sich um die Entscheidung erster oder zweiter Instanz handeln (RZ 1989/29). Wenn daher die Exekutionsbewilligung vom Gerichtshof erster Instanz als Titelgericht erteilt wurde, mag auch im übrigen nur ein bezirksgerichtliches Verfahren stattfinden, gilt die Bestimmung des § 520 Abs 1 ZPO nicht.

Wenn jedoch ein Bezirksgericht den Rekurs unter Verletzung der Bestimmung des § 520 Abs 1 ZPO dennoch zu Protokoll nimmt, liegt kein unzulässiges oder unwirksames Rechtsmittel vor. Die Entscheidung SZ 39/148 geht zwar im Fall eines über Wunsch des Rekurswerbers zu Protokoll genommenen Rechtsmittels von einer solchen Unzulässigkeit aus. Der erkennende Senat schließt sich jedoch der Ansicht an, die in Entscheidungen wie JBl 1953, 187 (für eine entgegen der Bestimmung des § 465 Abs 2 ZPO zu Protokoll genommene Berufung; ebenso Fasching IV 55) oder 5 Ob 318, 319/86 (für einen entgegen der Bestimmung des § 520 Abs 1 ZPO zu Protokoll genommenen Rekurs) vertreten wurde. Eine solche unrichtige Aufnahme zu Protokoll ist ein Gerichtsfehler, der umso weniger zu Lasten der Partei gehen kann, wenn diese wie hier durch Unterlassung der richtigen Rechtsbelehrung um die Möglichkeit der rechtzeitigen Erhebung eines gesetzmäßig überreichten Rechtsmittels gebracht wird. Die Rechtzeitigkeit eines Protokollarrekurses richtet sich nach dem Tag des Protokolls und nicht nach dem Tag der Übersendung an das Gericht, an das das Rechtsmittel gerichtet ist, oder dem Tag des Einlangens bei demselben (ÖAV 1986, 113). Der Schutz der betroffenen Partei erfordert es, daß dies auch für einen Rekurs gilt, der entgegen der Vorschrift des § 520 Abs 1 ZPO zu Protokoll genommen wurde.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78 EO und 52 Abs 1 ZPO.

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