OGH 3Ob126/89

OGH3Ob126/8913.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr.jur.Eberhard S***, Rechtsanwalt und Notar, Westenfeldstraße 1, D-4630 Bochum 6 - Wattenscheid, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Gerhard Zanier, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die verpflichtete Partei Gangolf B***, Kaufmann, Mariahilfer Straße 27/14, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Herbert Duma, Rechtsanwalt in Wien, wegen DM 28.556,60 sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21. September 1989, GZ 16 R 153, 154/89-12, womit unter anderem der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 31. Jänner 1989, GZ 32 Nc 101/89-1, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der in der Bundesrepublik Deutschland ansässige betreibende Notar bestätigte am 1. März 1988 auf der vollstreckbaren Ausfertigung seiner an den Verpflichteten gerichteten Kostenrechnung vom 26. Jänner 1988 über DM 28.123,80, daß er sich diese Ausfertigung zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteile, und beantragte auf Grund dieser notariellen Urkunde zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderungen die Bewilligung der Fahrnisexekution gegen den nach Österreich verzogenen Schuldner. Das Erstgericht bewilligte die Exekution durch Pfändung und Verkauf der beweglichen Sachen des Verpflichteten.

Das Rekursgericht wies lediglich den Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung von Kosten von DM 432,80 wegen Fehlens eines Titels ab, bestätigte sonst die Exekutionsbewilligung und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Vollstreckbarkeit einer deutschen Notarkostenrechnung im Inland fehle. Der Titel sei nach dem Vollstreckungsvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland in Österreich vollstreckbar, weil es sich um eine mit der Vollstreckbarkeitsbestätigung versehene Urkunde eines deutschen Notars innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form handle, die nach deutschem Recht einen Vollstreckungstitel bilde. Nach Art. 13 Abs 1 des Vertrages vom 6. Juni 1959 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckbarkeit von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen würden unter anderem notarielle Urkunden, die in einem Staat errichtet und dort vollstreckbar sind, in dem anderen Staat wie rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen vollstreckt. Die Kosten des Notars würden nach § 155 dKostO auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel des Notars versehenen Ausfertigung der Kostenberechnung nach den Vorschriften der dZPO beigetrieben. Der Notar dürfe Kosten, die ihm selbst zufließen, nur auf Grund einer dem Zahlungspflichtigen mitgeteilten, vom Notar unterschriebenen Berechnung der Gebühren und Auslagen einfordern, in der Berechnung seien der Geschäftswert, die Gebührenvorschriften und die Beträge der angesetzten Gebühren und Auslagen anzugeben (§ 154 dKostO). Einwendungen gegen diese Kostenberechnung seien einschließlich solcher gegen die Zahlungspflicht und gegen die Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung bei dem Landgericht, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat, im Wege der Beschwerde nach den Vorschriften der dZPO geltend zu machen (§ 156 dKostO). Die mit dem Exekutionsantrag vorgelegte vollstreckbare Kostenrechnung entspreche diesen Anforderungen, sie weise die Vollstreckbarkeitsklausel des einfordernden Notars auf und bilde daher nach § 155 dKostO einen tauglichen Exekutionstitel unabhängig davon, ob sie dem Schuldner zugestellt wurde, weil die Frist für die Beschwerde erst nach Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung an den Zahlungspflichtigen zu laufen beginne.

Einwendungen gegen die inhaltliche Richtigkeit wie gegen die Erteilung der Vollstreckbarkeitsklausel seien nach § 156 Abs 1 dKostO bei dem zuständigen Landgericht in der Bundesrepublik Deutschland einzubringen. Die Wartefrist nach § 798 dZPO sei als verfahrensrechtliche Vorschrift nach Art. 6 des Vollstreckungsvertrages in Österreich nicht zu berücksichtigen. Das inländische Gericht habe sich bei der Entscheidung über den Antrag darauf zu beschränken, ob ein Versagungsgrund vorliege. Dies sei nicht der Fall. Es liege auch kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor, weil der deutsche Notar als öffentliche Urkundsperson strenger disziplinärer Kontrolle unterliege und dadurch rechtswidrige Vollstreckbarerklärungen von Kostenberechnungen weitgehend verhindert würden. Überdies unterliege der Notar der Kontrolle durch das Gericht, das mit Einwendungen gegen die Kostenberechnung angerufen und befaßt werden könne. Daß dem österreichischen Recht das Institut der vollstreckbaren Ausfertigung einer Notarkostenberechnung fremd sei, ergebe noch keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist nicht berechtigt. Das Rekursgericht hat sich eingehend mit den auch im Rechtsmittel aufgeworfenen Rechtsfragen befaßt und diese zutreffend gelöst. Das Vorbringen, der Vollstreckungstitel sei dem Verpflichteten bisher nicht zugestellt worden, ist als Neuerung nicht zu beachten. Durch die Vollstreckbarkeitsklausel ist zunächst urkundlich dargetan, daß allen Erfordernissen nach den deutschen Gesetzen entsprochen wurde und die öffentliche Urkunde im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einen Vollstreckungstitel abgibt. Nach Art. 13 Abs 1 des österreichisch-deutschen Vollstreckungsvertrages BGBl. 1960/105 wird die Urkunde dann aber auch in Österreich wie eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vollstreckt, sofern kein Grund zur Versagung der Anerkennung vorliegt (Art. 2 bis 4 des Vollstreckungsvertrages). Sollte die vom Notar unterschriebene Berechnung der Gebühren (Kosten) dem Zahlungspflichtigen nicht mitgeteilt worden sein (§ 154 Abs 1 dKostO), läge nur ein Anlaß vor, beim zuständigen Landgericht in der Bundesrepublik Deutschland Einwendungen gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu erheben (§ 156 Abs 1 dKostO). Die Vorschrift des Art. 7 Abs 2 des Vollstreckungsvertrages ist auf den Vollstreckungstitel der notariellen Kostenberechnung nicht anwendbar, weil es sich nicht um ein Säumnisverfahren, sondern um einen Titel besonderer Art, den inländischen vollstreckbaren Rückstandsausweisen (§ 1 Z 13 EO) am ehesten vergleichbar, handelt, bei dem eine Einlassung in das Verfahren nicht vorgesehen ist, weil die Schaffung des Titels erst der nachträglichen Überprüfung durch das mit Einwendungen angerufene Landgericht unterliegt.

Zutreffend hat das Rekursgericht auch einen Verstoß gegen die inländische öffentliche Ordnung verneint (Art. 2 Z 1 des Vollstreckungsvertrages), weil die rechtsstaatliche Kontrolle im Errichtungsstaat der notariellen und daher öffentlichen Urkunde durch das Verfahren nach § 156 dKostO gewährleistet ist und es nicht schadet, daß dem inländischen Recht die Einforderung der Notarskosten durch eine vom Notar geschaffene Urkunde fremd ist. Eine Vollstreckung ist nur zu versagen, wenn dem Exekutionstitel mit der inländischen Rechtsordnung vollkommen unvereinbare ausländische Rechtsgedanken zugrunde liegen und daher die Vollstreckbarkeit des Titels gegen das inländische Rechtsgefüge verstoßen würde (Heller-Berger-Stix 782; Scheucher ZfRV 1960, 15, 21; Herz, JBl 1954, 213; EvBl 1961/27; JBl 1983, 206; RdW 1986, 114 ua). Immerhin gibt es im Inland vollstreckbare Rückstandsausweise. Die Rechtslage, daß mit der Vollstreckungsklausel versehene Kostenberechnungen eines Notars einen in der Bundesrepublik anerkannten Schuldtitel bilden, aus dem die Vollstreckung stattfindet (Münzberg in Stein-Jonas, dZPO20, Rz 100 Z 19 zu § 794 VIII), widerspricht wegen der gesicherten gerichtlichen Überprüfung, mag diese auch im Entstehungsstaat des Titels stattfinden müssen, nicht der öffentlichen inländischen Ordnung.

Daß die Wartefrist des § 798 dZPO als Vorschrift des Verfahrensrechtes nicht gilt, weil nach Art. 6 des Vollstreckungsvertrages hier österreichisches Verfahrensrecht anzuwenden ist, hat das Rekursgericht ebenfalls im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erkannt (SZ 48/25 ua). Die Exekutionsbewilligung wurde daher gesetzmäßig erteilt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO und auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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