OGH 5Ob46/89

OGH5Ob46/8912.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Komm.Rat Rudolf K***, Reisebüroinhaber, Kaiser Franz-Ring 2/2/4, 2500 Baden, vertreten durch Dr.Gernot Gruböck, Rechtsanwalt in Baden, wider die Antragsgegner Ilse M***, Kaiser Franz-Ring 2/2/3, 2500 Baden, vertreten durch Dr.Eva Wagner, Rechtsanwalt in Wr.Neustadt, Josefa P***, Kaiser

Franz-Ring 2/2/37, 2500 Baden, vertreten durch Dr.Thomas Weber, Rechtsanwalt in Baden, Wolf D*** und Erika D***, beide Erzherzog-Rainer-Ring 22, 2500 Baden, beide vertreten durch Dr.Herbert Gartner, Rechtsanwalt in Wien, und die übrigen Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 23 Grundbuch Baden, wegen Genehmigung der Durchführung nützlicher Verbesserungsarbeiten gemäß § 14 Abs 3 WEG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Rekursgericht vom 6. Februar 1989, GZ R 431/88-52, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Baden vom 11.Juli 1988, GZ Msch 12/87-41, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller und die im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnhausanlage auf der Liegenschaft EZ 23 KG Baden, Grundstück Nr.30/1, Baufläche, mit den Anschriften Erzherzog Rainer-Ring 22, Kaiser Franz-Ring 2 und Renngasse 12. Der Antragsteller betreibt dort ua in seinem im Wohnungseigentum stehenden Geschäftslokal das Reiseübro M***. Mit dem am 13.April 1987 beim Erstgericht gegen 27 (namentlich genannte) Miteigentümer der gegenständlichen Wohnungseigentumsanlage, darunter die im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragsgegner, beantragte Komm.Rat Rudolf K*** unter ausdrücklichem Hinweis auf die Bestimmung des § 14 Abs 3 zweiter Satz WEG die Genehmigung des Ausbaues der Arkaden der gegenständlichen Liegenschaft an der Front zum Kaiser Franz-Ring im Sinne der dem Antrag angeschlossenen Unterlagen als nützliche Verbesserungsarbeiten und die Feststellung, daß es der Zustimmung der überstimmten Minderheit der Miteigentümer zu dieser Bauführung nicht bedürfe. Sein Geschäftslokal bedürfe einer dringenden Erweiterung; er habe deswegen den Miteigentümern mit Schreiben vom 2.12.1986 den aussschließlich auf seine Kosten durchzuführenden Ausbau der an der Hausfront zum Kaiser Franz-Ring gelegenen Arkade des Hauses angeboten, um diesen Zubau sodann von der Miteigentümergemeinschaft um einen monatlichen Mietzins von 5.000 S zuzüglich Umsatzsteuer zu mieten. Die überwiegende Mehrheit der Wohnungseigentümer habe seine ausdrückliche Zustimmung zu diesem Vorhaben erklärt, lediglich eine Minderheit von 19,96 % habe die Zustimmung verweigert oder keine Stellungnahme abgegeben. Alle nicht vorbehaltslos zustimmenden Miteigentümer seien als Antragsgegner angeführt. Die überstimmten Miteigentümer würden durch die beabsichtigte Bauführung, die eine nützliche Verbesserungsarbeit darstelle, nicht beeinträchtigt, sodaß ihre Verweigerung der Zustimmung nicht gerechtfertigt sei. Abgesehen vom Vorteil der Mietzinseinnahmen werde das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes durch die geplanten Baumaßnahmen eine wesentliche Verschönerung und Verbesserung erfahren.

Die Antragsgegner Wolf und Erika D***, Herbert Z***, Paula M***, Else M***, Pearl K***-Z***, Josefa P***,

Dr.Susanne von Z***, Ilse M*** und Gertrude J*** sprachen sich gegen den Antrag aus und beantragten dessen Abweisung. Als Gründe dafür machten sie im wesentlichen geltend, daß der geplante Umbau nach der Bauordnung nicht zulässig sei und dem Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Baden widerspräche, das architektonische Konzept des Hauses störe, bloß für den Antragsteller, nicht jedoch die übrigen Miteigentümer eine Verbesserung darstelle, wichtige Interessen der übrigen Miteigentümer beeinträchtige, für den Antragsteller auch nicht notwendig wäre, weil er seinen Raumbedarf durch Erwerb anderer Gassenlokale im Haus hätte befriedigen können und der angebotene Mietzins zu niedrig und keineswegs ortsüblich sei. Demgegenüber erwiderte der Antragsteller, daß das Bauvorhaben sehr wohl der Bauordnung und dem Bebauungsplan entspräche. Das Erstgericht wies den Antrag zur Gänze ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen folgende Feststellungen:

Das die Bezeichnung "Max Reinhardt-Hof" tragende Gebäude hat vorspringende Gebäudeteile, die auf Säulen ruhen. Unter diesen vorspringenden Gebäudetrakten befinden sich zwischen den Säulen freie Durchgänge (Arkaden). Der Antragsteller beabsichtigt die Errichtung eines weiteren Geschäftslokales ob dieser Liegenschaft entsprechend dem Plan des Architekten Dipl.Ing.Helmut Z*** vom 3.12.1981, und zwar durch Verbauung der unter dem nördlich vorspringenden Gebäudeteil befindlichen freien Durchgänge zwischen den Säulen (Arkaden) an der Front zum Kaiser Franz-Ring. Der Antragsteller ersuchte alle anderen Miteigentümer der Liegenschaft schriftlich um Erteilung ihrer Zustimmung für dieses Bauvorhaben. Dabei bot er den übrigen Wohnungseigentümern an, die Kosten für den Umbau ohne Anspruch auf Rückersatz selbst zu tragen und das neue Geschäftslokal anschließend von der Miteigentumsgemeinschaft um einen wertgesicherten Jahresmietzins von 60.000 S zuzüglich Umsatzsteuer zu mieten. Eine Mehrheit der Miteigentümer von ca.80 % der Miteigentumsanteile stimmte diesem Angebot des Antragstellers bedingungslos zu. Bei den Antragsgegnern handelt es sich um die überstimmte Minderheit, um Wohnungseigentümer, die entweder ihre Zustimmung verweigerten oder die Zustimmung an Bedingungen knüpften. Nach dem derzeit (gemeint: Juli 1988) geltenden, aus dem Jahre 1986 stammenden Bebauungsplan der Stadtgemeinde Baden ist für die Liegenschaft EZ 23 KG Baden eine maximale Gebäudehöhe von 19 m und eine maximale Geschoßflächenzahl von 2,4 zulässig. Durch die Verbauung der Arkaden entsprechend der beabsichtigten Bauführung des Antragstellers würde sich jedoch eine Geschoßflächenzahl von 2,74 ergeben. Die Stadtgemeinde Baden wollte bereits bei der Erlassung des Bebauungsplanes 1986 die Verbauung der freien Durchgänge des Max Reinhardt-Hofes ermöglichen; deswegen wurde die Baufluchtlinie vorverlegt. Auf Grund eines Fehlers des planenden Architekten wurde jedoch verabsäumt, die Geschoßflächenzahl neu festzusetzen. Da die Stadtgemeinde Baden (Stadtbauamt) eine Verbauung der freien Durchgänge ermöglichen will, wurde der Antrag an den Gemeinderat gestellt, den Bebauungsplan neuerlich zu ändern und die Geschoßflächenzahl mit 2,9 neu festzusetzen. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Baden wird diesen Antrag auf Abänderung des Bebauungsplanes 1986 voraussichtlich in der kommenden Gemeinderatssitzung am 28.9.1988 behandeln. Bis zum Ende der Verhandlung in diesem Verfahren (21.6.1988) wurde eine Verordnung der Gemeinde über eine Änderung des Bebauungsplanes 1986 nicht erlassen.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß nach § 14 Abs 3 WEG nützliche Verbesserungsarbeiten, die über die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft hinausgingen, grundsätzlich der Zustimmung aller Miteigentümer der Liegenschaft bedürften. Der Zustimmung der übrigen Miteigentümer bedürfe es jedoch nicht, wenn die Verbesserung von der Mehrheit beschlossen werde, diese allein die Kosten trage und die Überstimmten durch die Verbesserung nicht übermäßig beeinträchtigt würden. Die erste Voraussetzung dafür, daß eine beabsichtigte Baumaßnahme als nützliche Verbesserungsarbeit qualifiziert werden könne, bestehe wohl darin, daß die geplante Baumaßnahme überhaupt baurechtlich zulässig sei und eine Baubewilligung erteilt werden könne. Wenn eine beabsichtigte Bauführung in Widerspruch zu baurechtlichen Vorschriften stehe und ein Antrag auf Erteilung der Baubewilligung abgewiesen werden müßte, erübrige sich wohl jede weitere Prüfung, ob es sich um eine nützliche Verbesserungsarbeit handle. Die vom Antragsteller geplante Verbauung der Arkaden widerspreche dem geltenden Bebauungsplan, da nur eine maximale Geschoßflächenzahl von 2,4 zulässig sei. Die Geschoßflächenzahl sei nach § 5 Abs 2 Z 4 NÖ Bauordnung das Verhältnis der Summe der Flächen aller über dem Gelände liegende Geschoße zur Fläche des Bauplatzes. Der zugezogene Sachverständige habe diesen Begriff richtig ausgelegt, eine Geschoßflächenzahl bei Verwirklichung des Bauvorhabens von 2,74 errechnet und den zutreffenden Schluß gezogen, daß für diese Verbauung eine Baubewilligung nicht erteilt werden könnte. Auch das Stadtamt Baden habe die Ansicht vertreten, daß der derzeit geltende Bebauungsplan eine Verbauung der Arkade nicht zulasse und eine Anhebung der Geschoßflächenzahl auf 2,9 erforderlich sei. Die bis zuletzt aufrecht erhaltene Behauptung des Antragstellers, daß kein Widerspruch zu Bauvorschriften bestehe und daß bereits eine Verordnung über die Höhe der Geschoßflächenzahl erlassen sei, sei bis zum Zeitpunkt der Beschlußfassung (11.7.1988) nicht den Tatsachen entsprechend. Maßgeblich sei die Rechtslage zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung, beabsichtigte künftige Gesetze oder Verordnungen könnten nicht berücksichtigt werden und sei auch die künftige politische Willensbildung der gesetzgebenden Körperschaften und Verordnungen erlassener Kollegialorgane nicht vorhersehbar. Da die beabsichtigte Bauführung im Widerspruch zum derzeit geltenden Bebauungsplan stehe, sei der Antrag abzuweisen und erübrige sich eine Erörterung darüber, ob die übrigen Voraussetzungen einer nützlichen Verbesserungsarbeit vorlägen. Im Falle Änderung der baurechtlichen Voraussetzungen stehe es dem Antragsteller frei, einen neuen Antrag einzubringen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem vom Antragsteller gegen diesen Sachbeschluß erhobenen Rekurs nicht Folge, ließ jedoch den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Es verneinte das Vorliegen eines Verfahrensmangels und nahm auf der Grundlage der Feststellungen des Erstgerichtes zu der im Rahmen der Rechtsrüge vorgenommenen Bekämpfung der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens, insbesondere über die hier geltende Geschoßflächenzahl und dem in einem weiteren Schriftsatz erstatteten Vorbringen, in der Sitzung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Baden vom 28.9.1988 sei eine Änderung des Bebauungsplanes 1986 und eine Abänderung der Geschoßflächenzahl auf 1,3 beschlossen worden, mit dem Ersuchen um Berücksichtigung bei der Rekursentscheidung, im wesentlichen wie folgt Stellung:

Abgesehen davon, daß es unzulässig sei, mit der Erledigung einer Rechtssache so lange zuzuwarten, bis sich die rechtliche Zulässigkeit des Begehrens - hier durch eine Änderung der Rechtslage - ergeben könnte, bedürfe die sich in diesem Zusammenhang aufdrängende Frage, welche Bedeutung Rechtsänderungen während des Rechtsmittelverfahrens hätten, keiner Beantwortung. Denn abgesehen davon, daß sich die Wirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 28.9.1988 nicht aus dem (in dem ergänzenden Schriftsatz) vorgelegten Auszug aus der Verhandlungsschrift des Gemeinderates ergäbe, weil es sich ja um eine generelle Norm (Verordnung) handle, die einer Kundmachung bedürfe, käme dieser Verordnung nur im Zusammenhang mit einer zulässig erhobenen Tatsachenbehauptung Bedeutung zu, daß nämlich auf Grund der neuen Rechtslage das vom Antragsteller geplante konkrete Bauprojekt dem Bebauungsplan nicht widerstreiten würde. Ob dies zutreffe, hänge ja nicht nur von der geänderten Baurechtsnorm, sondern auch von äußeren Gegebenheiten des Projektes ab. Tatsachenbehauptungen in dieser Richtung könnten aber im Rechtsmittelverfahren nach dem WEG nicht aufgestellt werden, da gemäß § 26 Abs 2 WEG im Sinne des § 37 Abs 3 Z 16 MRG das Neuerungsverbot der ZPO gilt. Es sei daher von der vom Erstgericht festgestellten Tatsachengrundlage auszugehen und nicht zu prüfen, ob durch eine beschlossene Änderung des Bebauungsplanes nach erstinstanzlicher Beschlußfassung das Bauvorhaben des Antragstellers dem abgeänderten Bebauungsplan entsprechen würde. Zuzustimmen sei dem Erstgericht darin, daß eine für den Antragsteller positive Entscheidung nicht in Betracht käme, wenn sein Vorhaben zu den Bauvorschriften im Widerspruch stünde. Dies sei auch gar nicht streitig. Ebenso nicht der Umstand, daß das vom Erstgericht eingeholte Gutachten und die darauf aufbauenden Feststellungen richtig seien, wenn man die vom Sachverständigen seinem Gutachten zugrunde gelegte Auslegung des Begriffes Geschoßflächenzahl teile. Die Bebauungsweise regle die Anordnung der Gebäude zu den Grenzen der Bauplätze. Bei freier Anordnung der Gebäude werde die Bebauungsweise durch die Geschoßflächenzahl und die höchstzulässige Höhe der Gebäude festgelegt. Die Geschoßflächenzahl sei das Verhältnis der Summe der Flächen aller über dem Gebäude liegenden Geschoße zur Fläche des Bauplatzes. Unter Geschoß verstehe man (laut Brockhaus) die Gesamtheit der in einer Ebene liegenden Gebäude. Daß die Bauordnung unter Geschoß die Summe geschlossener Räume verstehe, ließe sich aus § 3 Z 12 (Definition des Dachgeschoßes; "umschlossen") und § 3 Z 28 (Definition des Vollgeschoßes; alle hier aufgezählten Räume seien geschlossene Räume) entnehmen. Im § 36 Bauordnung sei zwischen Geschoßen (Abs 1) und "freien Räumen" (zB Arkaden) unterschieden. Würde das gesamte Gebäude auf Säulen ruhen, könnte doch nicht davon ausgegangen werden, daß es sich dabei um ein "Erdgeschoß" handle. Die Geschoßfläche sei die Fläche jener Räume, die ein "Geschoß" im Sinne eines umschlossenen Raumes ausmachten, also nicht freie Durchgänge oder Arkaden oder wie man sie sonst bezeichnen wollte. Diesen Standpunkt habe ja in erster Instanz auch die Baubehörde eingenommen. Das Bauvorhaben des Antragstellers hätte daher eine normwidrige Veränderung der Geschoßflächenzahl zur Folge, die noch mehr der vorgeschriebenen Geschoßflächenzahl widerspräche als der bestehende Bauzustand. Mit einer Baubewilligung wäre daher bei erstinstanzlicher Beschlußfassung nicht zu rechnen gewesen. Das Erstgericht hätte somit schon aus diesem Grund zu Recht den Antrag abgewiesen.

Aber selbst wenn man davon ausginge, daß die nach der erstinstanzlichen Entscheidung eingetretenen Rechtsänderungen im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens von der Rechtsmittelinstanz berücksichtigt werden müßten, müßte dies dann zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen, wenn an Hand der bisher getroffenen Feststellungen nicht geprüft werden könnte, ob die angefochtene Entscheidung auch bei Anwendung der neuen Rechtsnorm der Rechtslage (noch) entspräche. Im vorliegenden Fall könnte zwar davon ausgegangen werden, daß die Geschoßflächenzahl zwischenzeitig für den nördlichen Trakt des Wohnungseigentumsobjektes mit 1,3 festgesetzt worden sei; ob im Falle der Verwirklichung des Bauvorhabens des Antragstellers diese Neugeschoßflächenzahl eingehalten wäre, könnte aber auf Grund der vorliegenden Feststellungen nicht beurteilt werden und wäre insoweit eine Beweisergänzung notwendig. Dieser bedürfe es aber nicht, weil sich die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses aus anderen Überlegungen als notwendig erweise. Das Rekursgericht sei nämlich der Ansicht, daß die Umwidmung allgemeiner Teile der Liegenschaft im Sinne des § 1 Abs 3 WEG zur Sondernutzung durch Dritte, sei es auch einen anderen Wohnungseigentümer, keine Verbesserung im Sinne des § 14 Abs 3 WEG darstelle. Wenn man auch mit Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz 1975, 386, der Meinung wäre, daß auch die anderen Agenden außerordentlicher Verwaltung, die nicht nützliche Verbesserungsarbeiten seien, analog zu § 14 Abs 3 WEG mit ersetzbarer Zustimmung aller Miteigentümer vorgenommen werden könnten, so dürfe doch nicht übersehen werden, daß die Übergabe von Teilen der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienten oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegenstehe, eine Widmungsänderung und damit indirekt einen Eingriff in den Wohnungseigentumsvertrag darstelle. Grundlage jedes Wohnungseigentumsvertrages sei eine Parifizierung, deren Ergebnis auch davon abhänge, welche Teile der Liegenschaft der allgemeinen Nutzung unterlägen und welche vom Wohnungseigentum erfaßt seien. Die - in der Regel vom Wohnungseigentumsorganisator vorgenommene - Widmung der einzelnen Teile der Liegenschaft samt darauf befindlichen Räumlichkeiten sei daher integrierender Bestandteil des Wohnungseigentumsvertrages. Zu einer Änderung dieses Vertrages bedürfe es der Zustimmung aller Wohnungseigentümer; ein die Minderheit bindender Beschluß des Außerstreitrichters komme hier nicht in Betracht. Denn die Umwidmung gemeinsamer Teile der Liegenschaft zur Sondernutzung bedeute eine Einschränkung der Rechte des (einzelnen) Wohnungseigentümers auf Benützung dieser allgemeinen Liegenschaftsteile. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob die Sondernutzung in Form des Wohnungseigentums oder in Form eines Mietvertrages erfolgen solle. Daß die Sondernutzung an allgemeinen Teilen der Liegnschaft in die Nutzungs- und Verfügungsrechte der Wohnungseigentümer eingreife, ergäbe sich aus § 24 Abs 1 Z 1 WEG, wonach Vereinbarungen über eine solche Sondernutzung zugunsten von Wohnungseigentumsorganisatoren rechtsunwirksam seien. Die fehlende Einstimmigkeit könne hier durch Richterspruch nicht ersetzt werden. Aber auch dann, wenn man den Ersatz der Einstimmigkeit durch Richterspruch in Betracht zöge, könnte dem Antrag nicht stattgegeben werden. Es dürfe nämlich nicht außer Acht gelassen werden, daß vorliegendenfalls die Umwidmung gemeinsamer Teile zur Sondernutzung einerseits und der Abschluß eines diese Sondernutzung regelnden Mietvertrages anderseits eine untrennbare Einheit bildeten. Eine Genehmigung bloß der Umwidmung ohne gleichzeitige Sicherstellung des Abschlusses eines Mietvertrages, jedenfalls aber eines solchen, der die Rechte der Minderheit nicht beeinträchtige, komme nicht in Betracht. Die mietrechtliche Regelung der Vergabe eines annähernd 100 m2 großen Geschäftslokales in günstiger Lage könne sich nicht in der Absprache bloß der Höhe des Bestandzinses erschöpfen, vor allem dann, wenn dieses Geschäftslokal erst durch baubewilligungspflichtige Arbeiten geschaffen werden müsse. Die Genehmigung des Ausbaues der Arkaden durch das Gericht setze daher das Vorliegen eines von der Mehrheit bereits akzeptierten, alle wesentlichen Punkte regelnden Mietvertrages voraus, der insbesonders auch zur Tragung der Betriebskosten und Heizkosten (bei gemeinsamer Heizung) Stellung beziehe. Erst dann ließe sich auch verläßlich ermitteln, ob tatsächlich eine Mehrheit der Wohnungseigentümer für die vom Antragsteller gewünschte Änderung sei. Bis dahin seien auch alle Wohnungseigentümer als Antragsgegner zu betrachten. Dem Rekurs sei daher nicht Folge zu geben gewesen.

Den auf die §§ 26 Abs 1 Z 3, Abs 2 WEG, 37 Abs 3 Z 18 MRG gestützten Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses begründete das Rekursgericht damit, daß die Frage, ob die Zustimmung der Minderheit der Wohnungseigentümer zur Umwidmung allgemeiner Teile der Liegenschaft zur Sondernutzung durch Schaffung wohnungseigentumsfähiger Räumlichkeiten durch den Außerstreitrichter ersetzt werden könne, insbesonders ob es sich dabei um eine Verbesserung im Sinne des § 14 Abs 3 WEG handle und ob die Genehmigung einer von der Mehrheit beschlossenen Vermietung die Vorlage eines von der Mehrheit unterfertigten Mietvertrages oder jedenfalls den Nachweis der Einigung über alle wesentlichen Vertragspunkte voraussetze, von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne der letztgenannten Gesetzesstelle sei.

Gegen diesen Sachbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Antragsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragsgegner beantragten in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt. Bei der im Hinblick auf die gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge vorzunehmenden allseitigen Prüfung der rechtlichen Beurteilung der Rechtssache ist vorerst davon auszugehen, daß der Antragsteller im vorliegenden Verfahren nicht nur die Ermöglichung der Verbauung von nicht im Wohnungseigentum stehenden, vielmehr von allgemeinen Teilen der Liegenschaft anstrebt, sondern auch die Anmietung des durch die Bauführung zu schaffenden Geschäftslokales erreichen möchte. Diese beiden Anliegen beruhen allerdings nicht auf derselben Rechtsgrundlage, ihre Berechtigung ist vielmehr nach verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen zu beurteilen. Das vom Antragsteller hier allein gestellte Begehren auf Genehmigung des Ausbaues der Arkaden bzw Feststellung, daß es der Zustimmung der überstimmten Minderheit der Wohnungseigentümer zu dieser Bauführung nicht bedürfe, gründet sich auf § 14 Abs 2 3.Satz WEG und wurde damit mit Recht gemäß § 26 Abs 1 Z 3 WEG im außerstreitigen Verfahren geltend gemacht (vgl Würth in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 14 WEG). Mit der allfälligen aufrechten Erledigung dieses Begehrens ist aber noch nicht das zweite Anliegen des Antragstellers erledigt. Denn der Abschluß eines Bestandvertrages mit einem Miteigentümer gehört nicht zur ordentlichen Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache im Sinne des § 833 ABGB, sondern stellt eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB dar, die gemäß § 835 ABGB Einstimmigkeit oder die ebenfalls nach § 26 Abs 1 Z 3 WEG im außerstreitigen Verfahren herbeizuführende - Genehmigung des Gerichtes erfordert (vgl SZ 34/79 = MietSlg 8524/23; SZ 53/18 = MietSlg 32.069, MietSlg 34.092, 38.094 ua). Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage, ob die Veränderung ohne Einschränkung, unter Bedingungen (Sicherstellung) bewilligt oder überhaupt abgelehnt wird (vgl Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 835 ABGB). In diesem Verfahren herrscht uneingeschränkt das Antragsprinzip. Das Gericht ist an die von den Parteien gestellten Sachanträge gebunden und darf diese nicht überschreiten (Gamerith, aaO, Rz 15 zu § 835; Dolinar, Allg Teil 137 f; Fasching III 658; EvBl 1977/50; MietSlg 24.067, 25.542, 38.049 ua). Ein solcher auf Genehmigung des vom Antragsteller beabsichtigten Abschlusses eines Mietvertrages hinsichtlich des von ihm erst herzustellenden Bestandgegenstandes - daß dies an sich möglich ist, entspricht der Lehre und Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (Würth in Rummel, ABGB, Rz 13 zu §§ 1092 bis 1094 und Binder in Schwimann, ABGB IV/2, Rz 1 zu § 1093, je samt Rechtsprechungshinweis; JBl 1973, 259 = MietSlg 24.121/10) - gerichteter Antrag wurde von Komm.Rat Rudolf K*** aber gar nicht gestellt. Da das Zustandekommen des vom Antragsteller gewünschten Bestandvertrages aber - wie dessen gesamtem Vorbringen zu entnehmen ist - eine wesentliche Voraussetzung für den beabsichtigten Ausbau der Arkaden darstellt, ist das Rekursgericht mit Recht zu der Ansicht gelangt, daß der hier von Komm.Rat K*** allein gestellte, auf § 14 Abs 2 3.Satz WEG gestützte Antrag und der Abschluß eines Mietvertrages hinsichtlich des durch Umwidmung gemeinsamer Teile der Liegenschaft neu geschaffenen Geschäftslokales eine untrennbare Einheit bildet. Ist aber im vorliegenden Verfahren mangels eines entsprechenden konkreten Antrages eine Entscheidung über den Abschluß des vom Antragsteller angestrebten Mietvertrages nicht zulässig, so ist auch eine aufrechte Erledigung des hier allein gestellten Antrages auf Genehmigung des Ausbaues der Arkaden oder Feststellung, daß es der Zustimmung der überstimmten Minderheit der Wohnungseigentümer zu dieser Bauführung nicht bedürfe, nicht möglich.

Der Revisionsrekurs erweist sich daher im Ergebnis als unbegründet, wobei es sich erübrigt, auf die darin im einzelnen geltend gemachten Rechtsrügen einzugehen.

Dem Revisionsrekurs konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte