OGH 9ObA317/89 (9ObA318/89)

OGH9ObA317/89 (9ObA318/89)6.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Schrank und Franz Murmann als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien Margarethe S***, Ternitz, Gundackergasse 1/7 und Gertrude S***, Ternitz, Puchbergstraße 28, beide vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Helene R***, Ternitz, Kohlbauernstraße 17, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen je 30.000 S brutto sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Juli 1989, GZ 33 Ra 78/89-11, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. März 1989, GZ 4 Cga 720/88-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerinnen begehren je 30.000 S brutto sA an Abfertigung. Sie seien vom 1. Jänner 1985 bis 31. Dezember 1987 bei der Beklagten als Bedienerinnen beschäftigt gewesen. Ihre Arbeitsverhältnisse seien von der Beklagten zum 31. Dezember 1987 gekündigt worden. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Die Klägerinnen seien bei ihr ab 2. Jänner 1985 bis 31. Dezember 1987 beschäftigt gewesen; ihnen stünde daher keine Abfertigung zu. Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab und stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Gegen Ende des Jahres 1984 führte die Beklagte mit den Klägerinnen Aufnahmegespräche mit dem Ergebnis, daß sie mit Anfang des Jahres 1985 mit der Arbeit beginnen können. Am 2. Jänner 1985 nahmen die Klägerinnen ihre Tätigkeit für die Beklagte im Objekt der Vereinigten Edelstahlwerke in Ternitz - im folgenden kurz VEW Ternitz - auf und wurden mit diesem Tag von der Beklagten bei der Krankenkasse unter der Berufsbezeichnung "Aufräumerinnen" angemeldet. Beiden Klägerinnen wurden vor Beginn ihrer Tätigkeit auch von den VEW-Ternitz schriftliche Urkunden ausgestellt, in welchen der Beginn ihrer Arbeitsverhältnisse mit dem 2. Jänner 1985 angegeben ist. Die Lohnabrechnung für beide Klägerinnen erfolgte monatlich; sie erhielten am Ersten eines jeden Monats Akontozahlungen; die auf den vollen Lohn fehlenden Differenzbeträge wurden am 15. eines jeden Monats ausgezahlt, wobei der Lohn stundenweise berechnet wurde. Die Beklagte hatte mit Werkvertrag die Verpflichtung übernommen, VEW-Ternitz auf Abruf Reinigungskräfte zu stellen. Dieses Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und VEW-Ternitz lief Ende des Jahres 1987 aus. Dies führte zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Klägerinnen durch arbeitgeberseitige Kündigung zum 31. Dezember 1987. Dieser Tag war auch der letzte Arbeitstag.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß den Klägerinnen ein Abfertigungsanspruch nicht zustehe, weil die Arbeitsverhältnisse nicht drei Jahre gedauert hätten. Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Klägerinnen nicht Folge und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die für die Entstehung und Höhe des dienstzeitabhängigen Abfertigungsanspruches maßgebende Dauer des Arbeitsverhältnisses vom Antritt des Dienstes bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu berechnen sei. Es sei weder eine Auf- oder Abrundung bei der Berechnung der für die Abfertigung maßgeblichen Arbeitszeit noch die Berechnung der Anwartschaft von drei Jahren nach möglichen Werktagen im Gesetz vorgesehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerinnen aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Klagebegehren abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberinnen ist der 1. Jänner 1985 nicht in die für die Abfertigung maßgebliche Dauer des Arbeitsverhältnisses einzubeziehen. Die Parteien haben beim Aufnahmegespräch keine ausdrückliche Vereinbarung über den Beginn des Arbeitsverhältnisses getroffen, haben aber als Arbeitsbeginn den 2. Jänner 1985 vereinbart. Im Zusammenhalt mit der Nennung des 2. Jänner 1985 als Beginn des Arbeitsverhältnisses in den Dienstzetteln ist daher davon auszugehen, daß das Arbeitsverhältnis tatsächlich erst an diesem Tag begonnen hat. Das Arbeitsverhältnis erreichte daher insgesamt nicht die in dem gemäß §§ 1 Abs 1 und 2 Abs 1 ArbAbfG auf die gegenständlichen Arbeitsverhältnisse anzuwendenden § 23 Abs 1 AngG für das Entstehen eines Abfertigungsanspruches geforderte Mindestdauer von drei Jahren. Für eine Aufrundung aus Billigkeitserwägungen im Rahmen der Berechnung der Anwartschaftszeit für die Abfertigung bietet das Gesetz, wie Migsch in Abfertigung für Arbeiter und Angestellte, Rz 178 zutreffend hervorhebt, keine Handhabe.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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