OGH 10ObS404/89

OGH10ObS404/895.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl.Kfm.Reinhard Keibl (AG) und Gerald Kopetzky (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz Z***, Schulau 91, 2803 Schwarzenbach, vertreten durch Dr.Ernst Bollenberger, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei P*** DER A***

(Landesstelle Wien), Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18.August 1989, GZ 33 Rs 136/89-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.Jänner 1989, GZ 4 Cgs 712/88-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 31.10.1936 geborene Kläger, der keinen Beruf erlernt hat und bisher immer als Hilfsarbeiter tätig war, befindet sich in einem reduzierten Ernährungszustand, hat Abnützungserscheinungen und leidet an Zeichen eines Alkoholmißbrauchs. Es besteht ein chronischer Alkoholabusus. Ihm sind noch leichte Arbeiten in der normalen Arbeitszeit mit den üblichen Pausen zumutbar; mittelschwere Arbeiten kommen zur Hälfte in Betracht. Arbeiten unter dauerndem besonderen Zeitdruck scheiden ebenso aus wie Arbeiten an erhöht exponierten Stellen oder Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden sind. Die Hebeleistung ist mit 15 kg beschränkt.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Invaliditätspension gerichtete Begehren des Klägers ab. Ausgehend vom festgestellten Leistungskalkül sei der Kläger noch in der Lage, verschiedene Verweisungstätigkeiten wie Bürobote, Saaldiener, Museumaufseher udgl zu verrichten. Die Voraussetzungen des § 255 Abs 3 ASVG seien daher nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur Verfahrensergänzung zurückzuverweisen oder aber, es im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger vertritt den Standpunkt, die Vorinstanzen wären verpflichtet gewesen festzustellen, ob seine Alkoholabhängigkeit einer Anstaltsbehandlung bedürfe, ob also sein Alkoholismus ohne medizinische Betreuung in einer Anstalt beseitigt werden könne. Der damit gerügt Feststellungsmangel liegt jedoch nicht vor. Abgesehen davon, daß nicht feststeht, daß eine Entwöhnungskur überhaupt erforderlich ist, würde auch die Notwendigkeit einer solchen Therapie am Ergebnis nichts ändern. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung SSV-NF 2/33 ausgeführt hat, ist von jedem Versicherten im Interesse der Gemeinschaft zu fordern und ihm auch zumutbar, eine notwendige Krankenbehandlung, die zu einer Heilung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit führen würde, auch durchzuführen, sofern dies nicht mit unzumutbaren Gefahren für den Patienten verbunden ist, sich also unter ärztlicher Leitung beispielsweise einer Alkoholentziehungskur zu unterziehen. Bei einer solchen Vorgangsweise ist auch ein lückenloser Versicherungsschutz gewährleistet, weil zumindest bis zur Dauer von 26 Wochen ein Anspruch auf Krankengeld besteht. Daß aber die Dauer einer solchen Kur einen Zeitraum von 6 Monaten nicht überschreitet, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Selbst wenn also zur Alkoholentwöhnung eine stationäre Behandlung notwendig wäre, wäre dies auf die Frage der Invalidität ohne Einfluß.

Soweit der Kläger geltend macht, daß eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen für Alkoholiker nicht zur Verfügung stehe, ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Da von ihm Maßnahmen gegen die Alkoholabhängigkeit zu verlangen sind, ist der derzeit bestehende Alkoholismus bei der Prüfung der Verweisungsmöglichkeiten außer Betracht zu lassen. Daß aber für nicht alkoholabhängige Personen eine ausreichende Anzahl von für den Kläger in Frage kommenden Arbeitsplätzen zur Verfügung steht, wird in der Revision nicht in Frage gestellt.

Zutreffend haben daher die Vorinstanzen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 255 Abs 3 ASVG verneint.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da der Kläger von einem Verfahrenshelfer vertreten wird, ist er mit Kosten für die Erhebung der Revision nicht belastet. Die Voraussetzungen für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen daher nicht vor (SSV-NF 2/26, 27 ua).

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