OGH 3Ob127/89 (3Ob128/89, 3Ob129/89, 3Ob130/89, 3Ob131/89, 3Ob132/89, 3Ob133/89)

OGH3Ob127/89 (3Ob128/89, 3Ob129/89, 3Ob130/89, 3Ob131/89, 3Ob132/89, 3Ob133/89)29.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) Firma Alfred F***, Kraftfahrzeugmechanikerwerkstätte, Graz, Josef-Krainerstraße 46, vertreten durch Dr.Hellfried Muhri, Rechtsanwalt in Graz,

2.) R*** G***-St.P*** reg. Genossenschaft mbH,

GrazSt.Peter, Hauptstraße 55, vertreten durch Dr.Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, und anderer betreibender Parteien, wider die verpflichtete Partei Klaus S***, Kaufmann, zuletzt Graz, Kasernstraße 79/2/9, wegen S 91.094,--, S 290.678,47 je sA ua Forderungen, infolge Revisionsrekurses der Hypothekargläubiger

1.) Dipl.-Ing.Alfred I***, Angestellter, und 2.) Emma I***, Hausfrau, beide Wien 7, Neubaugasse 64, beide vertreten durch Dr.Peter Semlitsch und Dr.Wolfgang Klobassa, Rechtsanwälte in Voitsberg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 29.August 1989, GZ 4 R 418-424/89-48, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5.Juli 1989, GZ 9 E 51/88-43, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Erstgerichtes, der in der Zuweisung von S 95.578,70 an die betreibende Partei R*** G***-St.P*** reg. Genossenschaft mbH (A 1), von S 10.731,12 und S 7.258,04 an die betreibende Partei Dr.Bernhard S*** (A 2 und 3) und von S 37.798,97 an die betreibende Partei S***

G*** (A 4) sowie im Kostenpunkt infolge Rechtskraft unberührt bleibt, wird im übrigen ebenso wie der Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Rechtsmittelwerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mehrere betreibende Parteien, darunter die R***

G***-St.P*** reg. Genossenschaft mbH, die im folgenden als "betreibende Partei" bezeichnet wird, führen Exekution durch Zwangsversteigerung eines Liegenschaftsanteils des Verpflichteten. Der betreibenden Partei wurde die Exekution zur Hereinbringung der Forderung von S 290.678,47 sA bewilligt und zugleich die Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens im laufenden Rang angeordnet und vollzogen. Sie trat durch die Exekutionsbewilligung dem bereits eingeleiteten Versteigerungsverfahren bei. Auf dem den Gegenstand der Exekution bildenden Liegenschaftsanteil ist für sie im ersten Rang auf Grund der Pfandurkunde vom 7.Mai 1980 das Pfandrecht für einen Höchstbetrag von S 500.000,-- eingetragen. In den folgenden Rängen sind Pfandrechte für andere betreibende Parteien eingetragen, die am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt sind, ferner ein weiteres Pfandrecht für die betreibende Partei bis zu einem Höchstbetrag von S 140.000,-- und schließlich ein Pfandrecht für die Forderung der Revisionsrekurswerber in der Höhe von S 500.000,-- sA.

Der Liegenschaftsanteil des Verpflichteten wurde am 22.März 1989 dem Meistbietenden um das Meistbot von S 680.000,-- zugeschlagen. Am 26. April 1989 langte beim Erstgericht ein Schriftsatz der betreibenden Partei ein, in dem auf der ersten Seite als Gegenstand "Forderungsanmeldung" und als Betrag S 95.578,70 sA angegeben wird und der im Akt mit anderen Forderungsanmeldungen unter der Ordnungsnummer 35 eingelegt wurde. Die betreibende Partei weist in dem Schriftsatz zunächst darauf hin, daß der Verpflichtete ihr auf Grund zweier Kreditverträge "gewisse Beträge" schulde, zu deren Hereinbringung ihr die Exekution durch Zwangsversteigerung des Liegenschaftsanteils bewilligt worden sei, und daß zugunsten ihrer Forderungen auf dem Liegenschaftsanteil ein Höchstbetragspfandrecht für S 500.000,-- hafte. Im Anschluß daran wird ausgeführt, daß der Verpflichtete (außerdem) als Bürge für eine Kreditforderung von S 95.578,70 einzustehen habe, die überdies durch das angeführte Höchstbetragspfandrecht sichergestellt sei. Die betreibende Partei legte mit dem Schriftsatz zwei unbeglaubigte Ablichtungen von die zweite Kreditforderung betreffenden Urkunden und einen Kontoauszug hierüber vor und stellte abschließend den Antrag, ihr "die angemeldete Forderung in der bücherlichen Rangordnung aus dem Meistbot zuzuweisen".

An der Tagsatzung zur Meistbotsverteilung am 5.Juli 1989 beteiligten sich zwar die Revisionsrekurswerber, nicht aber die betreibende Partei. Im Protokoll über die Tagsatzung wird zunächst festgehalten, daß die Forderungsanmeldungen ON 6, ON 22 und ON 35 verlesen werden. Sodann heißt es, daß die betreibende Partei in der bücherlichen Rangordnung "auf Grund" des für sie bis zum Höchstbetrag von S 500.000,-- einverleibten Pfandrechts in Verbindung mit der Pfandbestellungsurkunde vom 5.Juli (gemeint wohl: 7. Mai) 1980 insgesamt S 95.578,70 "zur vollständigen Befriedigung durch Barzahlung" angemeldet habe. Gegen diese Anmeldung wurde kein Widerspruch erhoben.

Das Erstgericht wies der betreibenden Partei im Rang des ersten Höchstbetragspfandrechts S 95.578,70, den Zwischenberechtigten insgesamt S 55.788,13 und schließlich den Revisionsrekurswerbern S 528.633,17 aus dem Meistbot zu.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes infolge Rekurses der betreibenden Partei dahin ab, daß dieser im Rang des ersten Höchstbetragspfandrechts S 420.800,92 und den Revisionsrekurswerbern S 203.410,95 zugewiesen werden. Der betreibenden Partei seien auf Grund der Exekutionsbewilligung noch S 325.222,22 (darin S 290.678,47 an Kapital) zuzuweisen. Da der abändernde Teil auch unter Vernachlässigung der Kostenbeträge S 300.000,-- übersteige, sei ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof nicht notwendig.

Rechtliche Beurteilung

Der von den durch die Abänderung betroffenen Pfandgläubigern gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Das Rekursgericht hätte entgegen seiner Meinung gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs. 3 und § 500 Abs. 3 ZPO jeweils idF vor der WGN 1989 aussprechen müssen, ob der Rekurs gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Bei der Ermittlung des Wertes des Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, haben nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht nur die Kosten, sondern auch alle anderen Nebengebühren außer Betracht zu bleiben (RZ 1986/41 ua, zuletzt 3 Ob 97-100/89). Hier übersteigt aber der Betrag des Kapitals, über den das Rekursgericht entschieden hat, S 300.000,-- nicht.

Dem Rekursgericht muß jedoch nicht aufgetragen werden, seine Entscheidung durch den fehlenden Ausspruch zu ergänzen, weil die Revisionsrekurswerber in ihrem Revisionsrekurs einen Grund anführen, aus dem sich die Zulässigkeit ihres Revisionsrekurses gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO ergibt. Damit wird nämlich dargetan, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht.

Nicht beigepflichtet werden kann den Revisionsrekurswerbern darin, daß die betreibende Partei die vom Rekursgericht berücksichtigte Forderung nicht dem Gesetz gemäß angemeldet habe. Zwar muß auch derjenige, der die Befriedigung einer Forderung, zu deren Hereinbringung die Exekution durch Zwangsversteigerung bewilligt wurde, im Rang eines Höchstbetragspfandrechts begehrt, nicht nur gemäß § 211 Abs. 1 EO den Betrag angeben, mit dem die Befriedigung beansprucht wird, sondern auch gemäß § 210 EO durch Urkunden nachweisen, daß das Höchstbetragspfandrecht für die betriebene Forderung haftet. Die betreibende Partei hat aber in ihrem am 26.April 1989 beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz ohnedies vorgebracht, daß für die betriebene Forderung das für den Höchstbetrag von S 500.000,-- eingetragene Pfandrecht hafte, und es war aus dem Schriftsatz noch erkennbar, daß sie die gesamte Forderung im Rang dieses Höchstbetragspfandrechts anmelde. Sie mußte zum Nachweis dafür, daß das Höchstbetragspfandrecht hiefür haftet, auch keine Urkunden vorlegen. Dies ist nämlich gemäß § 210 EO dann nicht erforderlich, wenn sich die Urkunden schon bei Gericht befinden. Hier geht aber aus dem in den Exekutionsakten einliegenden, den Exekutionstitel für die betriebene Forderung bildenden Versäumungsurteil hervor, daß der Verpflichtete die Schuld "insbesondere" bei Exekution in die von der Zwangsversteigerung betroffene Liegenschaft zu bezahlen hat. Eine solche Formulierung wird nach der Gerichtsübung verwendet, um die dingliche Haftung einer bestimmten Sache des Schuldners zum Ausdruck zu bringen. Die betreibende Partei hat daher auch nachgewiesen, daß der versteigerte Liegenschaftsanteil für die betriebene Forderung als Pfand haftet. Das Rekursgericht übersah aber, daß über die betriebene Forderung in der Tagsatzung zur Meistbotsverteilung nicht verhandelt wurde. Die Forderungsanmeldung wurde nach dem Inhalt des Protokolls zwar verlesen, die Erörterung der betriebenen Forderung und damit die Verhandlung hierüber im Sinn des § 212 Abs. 1 EO unterblieb aber. Der Oberste Gerichtshof hat zum vergleichbaren § 128 EO schon ausgesprochen, (SZ 54/53), daß es nicht genügt, wenn in der Verteilungstagsatzung lediglich die Anmeldungen protokolliert werden. Den anwesenden Personen ist vielmehr bekanntzugeben, mit welchem Betrag an Kapital, Zinsen und Kosten die einzelnen Forderungen bei der Verteilung berücksichtigt werden sollen. Da das Rekursgericht die betriebene Forderung berücksichtigt hat, ohne daß hierüber in der aufgezeigten Art verhandelt wurde, weicht seine Entscheidung von der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ab. Die Revisionsrekurswerber weisen mit Recht darauf hin, daß ihnen durch das Unterbleiben der Verhandlung die Möglichkeit des Widerspruchs genommen wurde.

Das Verfahren erster Instanz leidet daher an einem wesentlichen Verfahrensmangel, den die Revisionsrekurswerber erst mit ihrem Revisionsrekurs geltend machen konnten. Wegen dieses Verfahrensmangels mußten die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben werden, soweit dem nicht die Rechtskraft entgegensteht. Das Erstgericht wird über die Verteilung des Meistbots im Umfang der Aufhebung neu zu entscheiden haben, nachdem es die Verhandlung in der dargestellten Richtung ergänzt hat.

Die Rechtsmittelwerber haben keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die mit dem Einschreiten im Meistbotsverteilungsverfahren verbunden sind (JB 201).

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