Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Y*** O*** (im folgenden kurz: YO), ein Zweigbetrieb des klagenden Verbandes, stellt (ua) aus Äpfeln und Birnen Fruchtgetränke und Fruchtkonzentrate her; dabei fallen Preßrückstände (Naßtrester) als Abfallprodukte an. Zum reibungslosen Ablauf der Produktionstätigkeit ist eine kontinuierliche Beseitigung des Naßtresters erforderlich, weil für ihn keine entsprechenden Pufferlager zur Verfügung stehen. Bis zum Jahre 1983 besorgte die YO die Entsorgung des Tresters selbst; sie verfügte auch über eine Trocknungsanlage. Als die YO für den Transport ihrer Produkte Frächter suchte, kam es zu einem Kontakt zwischen ihrem Geschäftsführer Dr. Hermann F*** und dem Beklagten. In der Folge kamen die Streitteile auf den Gedanken, daß die YO dem Beklagten, der über eine leistungsfähige Rindenverbrennungsanlage verfügte, das Trocknen des Tresters überlassen könnte. Nach mehreren Gesprächen zwischen dem Beklagten und Dr. Hermann F*** wurde am 13.Juli 1983 ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen; seine Textierung hatte Dr. Hans B*** vom V*** L*** G*** in Wien - welcher an den Vertragsgesprächen nicht persönlich teilgenommen hatte, aber von Dr. Hermann F*** über den Inhalt der Gespräche unterrichtet worden war - besorgt. Dieser Vertrag enthält folgende wesentliche Bestimmungen:
"II.
Im Rahmen der Produktion der YO fallen Apfel- und Birnentrester an. Die Firma Josef F*** bezieht von YO diese Apfel- und Birnentrester, wie sie aus der Presse kommen, nach Maßgabe dieses Vertrages.
III.
YO behält sich jedoch vor, bis zu 20 % der anfallenden Apfel- und Birnentrester für nachstehende Zwecke einzubehalten:
- a) Für YO Bio Sacksilage,
- b) für Revier- und Futtersilagen.
In diesem Zusammenhang wird YO das Recht eingeräumt, jene Mengen an Apfeltrockentrester, die sie für YO Bio Wildfutter benötigt, von der Firma Josef F*** um S 1,-- (einen Schilling) pro Kilogramm samt der darauf entfallenden Umsatzsteuer ab Ybbsitz zu kaufen.
YO verpflichtet sich, den von ihr einbehaltenen Naßtrester und den von der Firma F*** zugekauften Trockentrester nicht an die Futtermittelindustrie und an die Pektinindustrie zu verkaufen.
IV.
Die Vertragsparteien vereinbaren als Kaufpreis für den Bezug des Tresters durch die Firma Josef F*** von der YO:
a) Für Apfeltrester 15 Groschen pro Kilogramm,
b) für Birnentrester 5 Groschen pro Kilogramm.
Der Preis versteht sich zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer ab Werk Kröllendorf, wobei die Beladung der Transportfahrzeuge dem Käufer obliegt.
VI.
Das gegenständliche Vertragsverhältnis wird auf die Dauer von fünf Kampagnen, das ist also bis Ende Mai 1988, abgeschlossen. Es kann jedoch vorzeitig von jedem Vertragsteil aufgelöst werden, wenn der andere in grober Weise gegen Bestimmungen dieses Vertrages verstößt.
VII.
Die Firma Josef F*** ist verpflichtet, für eine kontinuierliche, klaglose Übernahme des anfallenden Tresters Sorge zu tragen. Es ist ihr bewußt, daß Verzögerungen bei der Übernahme zu Beeinträchtigungen des Betriebes der YO und damit zu einem Schaden für den Betrieb führen können.
Die Verwiegung des übernommenen Tresters erfolgt unentgeltlich auf der Waage der YO und ist das festgestellte Ergebnis maßgeblich für den dann in Rechnung gestellten Kaufpreis.
Der Kaufpreis für den übernommenen Trester ist jeweils spätestens 14 Tage nach Erhalt der darüber ausgestellten Faktura fällig und zahlbar, bei Verzugszinsen von 10 % p.a. plus Umsatzsteuer.
VIII.
Durch den beschriebenen Verkauf des Trockners hat YO keine Möglichkeit, den anfallenden Trester selbst zu verarbeiten. Aus diesem Grund ist sie auf eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung durch die Firma Josef F*** angewiesen.
Sollte daher die Firma Josef F***, aus welchem Grunde auch immer, nicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung dieses Vertrages in der Lage sein, ist sie jedenfalls unbeschadet gegebener Schadenersatzansprüche verpflichtet, der YO einen Trockner auf eigene Kosten zur Verfügung zu stellen.
Außerdem ist die Firma Josef F*** zur Zahlung einer dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegenden Konventionalstrafe von S 500.000,-- (Schilling fünfhunderttausend/-) an die YO verpflichtet, wenn es während der Kampagne zu störenden Stockungen bei der Abnahme des Tresters kommt oder wenn die Firma Josef F*** - im Falle voraussichtlicher Unfähigkeit, den Vertrag zu erfüllen - dies der YO nicht längstens bis jeweils zum 31.Juli für die dann bevorstehende Kampagne mittels eingeschriebenen Briefes zur Kenntnis gebracht hat."
Bei Vertragsabschluß war beiden Parteien klar, daß das Trestermaterial jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen ist und durch eine von der YO bei der Verarbeitung eingesetzte Fermentierung verändert werden kann; Einzelheiten hiezu wurden aber nicht besprochen. Da bei der YO das Bedürfnis nach einer reibungslosen Entsorgung im Vordergrund stand, hatte sie kein Interesse an einer Vereinbarung über die Qualität; beiden Parteien war aber auch das Interesse des Beklagten bewußt, daß das von ihm entgeltlich erworbene Produkt grundsätzlich einer Weiterverarbeitung zugänglich sein sollte. Der Vertrag regelt nicht ausdrücklich, auf welchen Zeitraum sich die in Punkt III vorgesehene "80 : 20 - Regelung" jeweils beziehen sollte. Die Möglichkeiten der Mengenaufteilung wurden zwar besprochen, dann aber mangels Einigung bei den Gesprächen offengelassen. Aus der Warte der YO erschien es zweckmäßig, den Prozentschlüssel auf eine Gesamtsaison zu beziehen, zumal die im Vertragspunkt III angeführten Verwendungszwecke (Wildfutter) eine frühzeitige Inanspruchnahme bedingen. Auch dem Beklagten war bewußt, daß Wildfutter im Winter gebraucht wird. Er und seine Berater waren der Meinung, daß die Aufteilung kontinuierlich vor sich gehen sollte, um die jahreszeitlichen Qualitätsschwankungen gleichmäßig zu verteilen; das wäre auch technisch durchaus möglich gewesen. Niemand dachte jedoch daran, den Aufteilungsschlüssel auf die Summe sämtlicher Kampagnen zu beziehen. In den ersten drei Saisonen nach Vertragsschluß wurde die Entsorgung ohne wesentliche Probleme abgewickelt. Immer wieder kam es allerdings zu Erörterungen zwischen Dr. Hermann F*** und dem beklagten, und zwar vor allem über die Frage des Preises und der 80 : 20-Regelung: Dabei beharrt der Beklagte auf seinem Standpunkt, daß diese Regelung kontinuierlich anzuwenden sei. Er forderte auch, daß die Klägerin die Gesamtmenge bekanntgebe, damit er die Richtigkeit des ihm überlassenen Anteils überprüfen könne. Man schob aber die endgültige Bereinigung der strittigen Fragen immer wieder auf. Die Klägerin machte dabei dem Beklagten Hoffnungen auf eine Vertragsverlängerung, vertröstete ihn damit und hielt ihn von einer allzu beharrlichen Haltung ab. Die Naßtrestermengen wurden in den Saisonen 1983/1984, 1984/1985 und 1986/1987 so aufgeteilt, daß der Beklagte - bezogen auf die gesamte Saison und auf die Summe beider Tresterarten - jeweils mehr als 80 % erhielt. In der Saison 1985/1986 erhielt er hingegen nur 76,8 % des Gesamtnaßtresteranfalles, während der Klägerin 23,2 % des Gesamtanfalles verblieben.
Anfang 1987 kam es zu einer rapiden Verschlechterung in der Beziehung zwischen den Streitteilen und in der Folge zu Verarbeitungsproblemen beim Beklagten. Dieser beanstandete den gesamten ab 15.Dezember 1986 gelieferten Naßtrester als nicht vertragskonform, weil nicht verwertbar; er akzeptierte auch die Rechnungen der Klägerin für die laufende Kampagne nicht und sandte sie der Klägerin zurück. Bei einer Besprechung der Streitteile am 21. Jänner 1987 kam es zu keiner Einigung. Mit Schreiben vom 10. Februar 1987 verweigerte der Beklagte die Zahlung der Rechnungen der Klägerin und forderte seinerseits auf Grund der von ihm behaupteten Vertragsverletzungen einen Betrag von S 3,340.000. Am 17. Februar 1987 stellte er die Trestertrocknung ein, weil er technische Probleme hatte und insbesondere eine Trockentresterblasleitung reparieren mußte; er ersuchte die Klägerin, für einige Tage die Naßtrester anderweitig zu verkaufen. Daß diese technischen Probleme mit der Tresterqualität zusammenhingen, steht nicht fest. Am 27.März 1987 stellte der Beklagte das Abholen von Apfeltrester ein, weil die Bezirkshauptmannschaft Amstetten das Einstellen der Trocknung veranlaßt hatte. Mit Schreiben vom 2.April 1987 teilte die Bezirkshauptmannschaft Amstetten der YO mit, daß die Betriebsanlage des Beklagten gesperrt werden müsse; weitere Lieferungen von Rückständen aus der Obstverwertung in diesen Betrieb mögen daher unterbleiben. Das Schreiben der Klägerin vom 7.April 1987, in welchem sie dem Beklagten weitere Vorschläge für eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses machte, ließ dieser unbeantwortet. Im Hinblick auf die von der Behörde angeordnete Betriebssperre ersuchte die Klägerin mit Schreiben vom 7.April 1987 den Beklagten unter Hinweis auf Punkt VIII der Vereinbarung um Mitteilung, ab wann wieder mit einem vertragsmäßigen Abholen des Tresters zu rechnen sei; der Beklagte antwortete auch darauf nicht. Nachdem auch die Behörde der Klägerin auf deren Anfrage keine Hoffnung auf eine baldige Aufhebung der Betriebssperre gemacht hatte, entschloß sich die Klägerin im Frühjahr 1987 zum Ankauf eines geeigneten Grundstücks, um erforderlichenfalls eine eigene Trocknungsanlage errichten zu können. Im Juni oder Juli 1987 erwarb sie tatsächlich eine entsprechende Liegenschaft, suchte um eine Rodungsbewilligung an und begann nach deren Erteilung im Sommer 1987 mit den Bauarbeiten. Nach rund 2 Monaten Bauzeit war die eigene Trestertrocknungsanlage der Klägerin fertiggestellt; sie konnte im Oktober 1987 zum Beginn der nächsten Kampagne in Betrieb genommen werden. Dabei handelte die Klägerin ausschließlich im Bestreben, einem Ausfall des Beklagten vorzubeugen, nicht aber in der Absicht, dem Beklagten in vertragswidriger Weise die Trestertrocknung und das Trestergeschäft zu entziehen. Der Beklagte wußte schon im April 1987, welche Maßnahmen er ergreifen müßte, um die Betriebssperre abzuwenden; als er aber in der Folge von den Vorbereitungsmaßnahmen der Klägerin zur Errichtung einer eigenen Trocknungsanlage erfuhr, gewann er den Eindruck, daß die Klägerin nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet habe, ihn loszuwerden. In der Annahme, die Klägerin würde seine Leistungen in der nächsten Saison ohnehin nicht mehr in Anspruch nehmen, und überdies von den erfolglos verlaufenen Gesprächen mit der Klägerin frustriert, unterließ es der Beklagte, den Auflagen der Bezirksverwaltungsbehörde derart nachzukommen, daß ihm die Wiederaufnahme des Trocknungsbetriebes in der nächsten Saison möglich gewesen wäre. Die Klägerin teilte ihm nicht mit, daß sie aus dem Vertragsverhältnis aussteigen und ihm die Trocknung entziehen wollte. Der Beklagte erklärte aber auch nicht bis zum 31. Juli 1987 der Klägerin, daß er den Vertrag nicht mehr weiter erfüllen wolle oder könne. Erst mit dem Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 31.August 1987 erklärte er gegenüber der Klägerin die Vertragsauflösung mit sofortiger Wirkung gemäß Vertragspunkt VI; er begründete sie mit verschiedenen Vertragsverstößen der Klägerin, und zwar ua betreffend die Mengenaufteilung. Schon vorher hatte die Klägerin mit Schreiben vom 3.Juli 1987 einen Saldo von S 2,644.617,24 eingemahnt, ohne das Weiterbestehen des Vertragsverhältnisses in Frage zu stellen.
Mit der Behauptung, daß der Beklagte seit Herbst 1986 seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr entsprechend nachkomme, begehrt die Klägerin von ihm S 2,924.854,64 s.A. Aus den Lieferungen stehe ihr eine noch offene Forderung von S 2,666.747,06 zu; infolge der Abnahmeschwierigkeiten des Beklagten im März und April 1987 habe sie - durch Verkauf des Apfelnaßtresters zu einem geringeren Preis und die Notwendigkeit, Trester zu verschenken - einen Schaden von insgesamt S 182.607,51 erlitten; da der Beklagte seine voraussichtliche Unfähigkeit zur Erfüllung des Vertrages nicht bis zum 31.Juli 1987 mitgeteilt habe, schulde er auch die Konventionalstrafe nach Punkt VIII des Vertrages in der Höhe von S 500.000,--. Davon seien Gegenforderungen des Beklagten in der Höhe von S 424.499,93 abzuziehen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die geltend gemachten Klagebeträge würden ausdrücklich bestritten. Die Voraussetzungen für die Konventionalstrafe lägen nicht vor, weil der Beklagte seine vertraglichen Verpfichtungen bis einschließlich der Kampagne 1986/1987 erfüllt habe; zur Erfüllung auch in der Kampagne 1987/1988 sei er aber infolge der am 31.August 1987 ausgesprochenen vorzeitigen Vertragsauflösung nicht mehr verpflichtet gewesen. Da die Klägerin ihrerseits den Vertrag verletzt habe, stünden dem Beklagten Gegenforderungen zu, und zwar insbesondere die - im Revisionsverfahren allein noch erhebliche - Gegenforderung von S 2,372.026,80. Durch die von der Klägerin vereinbarungswidrig vorgenommene Aufteilung der Naßtrestermengen sei ihm ein Schaden in dieser Höhe entstanden. Nach dem Wortlaut und dem Zweck des Vertragspunktes III hätte die 80 : 20-Aufteilung kontinuierlich während der gesamten Kampagne gewährleistet sein müssen (S 306 f). Der Erstrichter erkannte die eingeklagte Forderung mit S 2,739.239,06 s.A. sowie die Gegenforderungen mit S 1,118.893,67 als zu Recht bestehend, die weitere Klageforderung von S 185.615,58 sowie die übrigen Gegenforderungen als nicht zu Recht bestehend; er verurteilte demgemäß den Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens von S 1,304.509,25 s.A. zur Zahlung von S 1,620.345,39 s.A. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte er noch fest:
Aus der Geschäftsbeziehung der Streitteile bestand zum 30.Juni 1986 ein Saldo zu Lasten des Beklagten von S 524.166,07, der auf den von der YO tatsächlich fakturierten Preisen beruht. Im Herbst 1986 lieferte die Klägerin dem Beklagten 7,485.106 kg Apfelnaßtrester und 2,706.350 kg Birnennaßtrester, im Frühjahr 1987 3,017.364 kg Apfelnaßtrester. Die dem Vertrag entsprechenden Indexpreise betragen S 0,166 je kg Apfelnaßtrester und S 0,056 je kg Birnennaßtrester; das ergibt somit einen Betrag von insgesamt S 1,894.965,52 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer = S 2,084.462,07.
In den Monaten März und April 1987 mußte die Klägerin, als die ersten ernsten Abnahmeschwierigkeiten durch den Beklagten auftraten,
244.373 kg Apfelnaßtrester um S 0,10 und 162.874 kg Apfelnaßtrester um nur S 0,09 je kg verkaufen und 799.240 kg Apfelnaßtrester verschenken. Ihr Mindererlös beträgt demnach unter Einschluß der 10 %igen Umsatzsteuer insgesamt S 177.298,97.
Rechtlich meinte der Erstrichter, daß neben diesen Forderungen im Gesamtbetrag von S 2,785.927,11 für die von der Klägerin gelieferten Trestermengen und den Ersatz des vom Beklagten verschuldeten Mindererlöses auch die eingeklagte Konventionalstrafe von S 500.000,-- nach Vertragspunkt VIII berechtigt sei. Da die Klägerin dem Beklagten gegenüber nicht erklärt habe, daß sie den Vertrag nicht weiter erfüllen wolle, hätte der Beklagte davon ausgehen müssen, daß seine Verpflichtung zum Trocknen des Tresters in der folgenden Kampagne aufrecht bleibe; er hätte daher die entsprechenden Behördenauflagen erfüllen müssen, selbst wenn ihm das im Hinblick auf den in einem Jahr bevorstehenden Ablauf des Vertragsverhältnisses als unwirtschaftlich erschienen wäre, falle doch das Funktionieren seiner Betriebsanlage in seinen Risikobereich. Jedenfalls hätte er seinen mangelnden Willen zur Erfüllung der Auflagen und damit seine voraussichtliche Unfähigkeit zur Vertragserfüllung der Klägerin bis 31.Juli 1987 mitteilen müssen, wozu er zweifellos auch in der Lage gewesen wäre. Überdies zeige sein Kündigungsschreiben vom 31.August 1987, daß er auf Grund der verschiedenen Streitpunkte mit der Klägerin zu einer Vertragsfortsetzung nicht mehr gewillt gewesen sei. Diese Auflösungserklärung hätte er jedoch im Sinne des Punktes VIII des Vertrages gleichfalls bis zum 31.Juli 1987 abgeben müssen, weil der mangelnde Wille zur Vertragserfüllung insoweit der Unfähigkeit zur Vertragserfüllung gleichzuhalten sei und Vertragsauflösungsgründe nach ständiger Rechtsprechung unverzüglich wahrzunehmen seien. Die Gegenforderungen des Beklagten seien teilweise berechtigt.
Da über die maßgebliche Zeitkomponente zur 80 : 20-Regelung keine ausdrücklichen Vereinbarungen bestünden, müsse der schriftliche Vertrag im Lichte der Parteiengespräche ausgelegt werden. Die Schlußfolgerung des Beklagten, das Wort "anfallend" in Punkt III des Vertrages weise auf eine kontinuierliche Aufteilung hin, sei nicht überzeugend, weil "Anfall" nur "Produktion" bedeute und keine zeitliche Komponente ausdrücke. Im ersten Satz des Punktes VII hätten die Parteien ausdrücklich das Wort "kontinuierlich" verwendet, dabei also das Zeitproblem erkannt und ausdrücklich geregelt. Hätten sie in Punkt III die Aufteilung ebenfalls kontinuierlich gestalten wollen, dann hätten sie wohl diesen Ausdruck im Text verwendet. In Wahrheit liege kein fixer "Aufteilungsschlüssel" vor, weil die produzierten Mengen nicht im Verhältnis 4 : 1 aufzuteilen gewesen seien; im Vordergrund stehe nämlich die Verpflichtung des Beklagten zur ständigen Entsorgung laut Punkt VII. Nach Punkt III habe die Klägerin nur ein besonderes Recht zur Einbehaltung, das sie ausüben könne, aber nicht müsse. Nähme man eine kontinuierliche Aufteilung vor, so würde man der YO dauernd das Einbehalten bestimmter Mengen aufzwingen und damit die ihr überlassene Ausübung ihres Rechtes in unzulässiger Weise beeinflussen. Zutreffend habe die Klägerin auch hervorgehoben, daß dieses Recht zweckgebunden eingeräumt wurde, nämlich für YO Bio-Sacksilage und für Revier- und Futtersilagen; sie müsse daher auch über die Entnahme so frei disponieren können, daß sie diesem Zweck gerecht werden könne. Da die genannten Produkte vor allem im Winter benötigt würden, habe die Entnahme des Naßtresters und die anschließende Produktion schwerpunktmäßig im Herbst stattzufinden. Die angegebenen Zwecke indizierten also gerade eine auf einen bestehenden Zeitraum konzetrierte Entnahme und widersprächen der vom Beklagten begehrten kontinuierlichen Aufteilung. Der Vertrag enthalte auch an mehreren Stellen einen wesentlichen Bezugszeitraum, nämlich die Kampagne (Punkte VI und VIII) sowie das Jahr (Punkt IX). Dieser Zeitraum sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auch für die 80 : 20-Regelung heranzuziehen. Dadurch habe die Klägerin freilich das Risiko einer Mengenüberschreitung, dh der Einhaltung der 20 %-Grenze, getragen. Erwähnt sei noch, daß die Parteien in den Punkten IV und IX die Tresterpreise für jeweils eine Saison trotz der bekannten Qualitätsschwankungen während einer Saison gleichbleibend geregelt und damit das Trestermaterial einer Saison als gleichartig behandelt hätten. Der Beklagte habe bei seiner Berechnung keine verläßliche Alternative (Stunden, Tage, Wochen, Monate) aufzeigen können. Aus dem Text gehe auch nicht hervor, daß sich die 20 % je auf Apfel- und Birnentrester zu beziehen hätten; der Prozentsatz sei vielmehr auf den Gesamtanfall bezogen. Da der Beklagte in den Saisonen 1983/1984, 1984/1985 und 1986/1987 jeweils mehr als 80 % des Gesamttresters erhalten habe, liege insoweit kein Vertragsverstoß der Klägerin vor. Anders sei dies in der Saison 1985/1986: Hier habe der Beklagte um 854,04 Tonnen Apfelnaßtrester zu wenig bezogen; daraus hätten rund
284.680 kg Apfeltrockentrester erzeugt werden können. Das ergebe einen Schaden des Beklagten in der Höhe von S 254.109,84. Da der Beklagte die Vertragsauflösung verspätet und daher unberechtigt erklärt habe, stehe ihm kein Schadenersatz für Verdienstentgang in der Saison 1987/1988 zu.
Darüber hinaus seien auch noch einige weitere - für das Revisionsverfahren unerhebliche - Gegenforderungen berechtigt. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil. Es übernahm die Feststellungen des Ersturteils als das Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und eines mängelfreien Verfahrens und billigte auch die rechtliche Beurteilung des Erstrichters. Da dem Beklagten bekannt gewesen sei, daß Wildfutter im wesentlichen nur im Winter benötigt werde, habe er nicht davon ausgehen können, daß die 80 : 20-Regelung kontinuierlich - also ohne Rücksicht auf die Jahreszeit - anzuwenden sei. Daß der Naßtrester im Verlauf der Saison insofern unterschiedliche Güte und damit Werte aufweise, als der zu Beginn der Saison (Ende August/Anfang September) anfallende Trester einen besonders hohen Pektingehalt aufweise und deshalb für den Verkauf an die Pektinindustrie besonders geeignet sei und mehr Verkaufserlös erbringe, und die in einer Saison anfallende Trestermenge großen Schwankungen (durch unterschiedliche Ernteergebnisse und Obstimporte aus dem Ausland) unterliege, spreche unter dem Blickwinkel der Ausgewogenheit der Vertragsauslegung für den Standpunkt des Beklagten; damit würden aber die übrigen gegen den Beklagten sprechenden Argumente, wie sie der Erstrichter berücksichtigt habe, nicht zunichte gemacht. Auch für das Berufungsgericht sei daher bei Abwägung aller Umstände des vorliegenden Falles und auch angesichts der Tatsache, daß die wirtschaftlichen Gewichte durchaus nicht gleich verteilt seien, an der vom Erstgericht vorgenommenen Vertragsauslegung nichts zu ändern. § 915 ABGB sei hier nicht anzuwenden, weil schon die Auslegungsregeln des § 914 ABGB zum Ziel führten.
Was die Höhe der eingeklagten Forderung angehe, so habe sie der Beklagte zunächst nur unsubstantiiert bestritten. Der Erstrichter habe sich bei seinen Feststellungen auf die von der Klägerin vorgelegten Urkunden und das Sachverständigengutachten gestützt und im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung schlüssig begründet, wie er die Höhe des zugunsten der Klägerin aushaftenden Saldos ermittelt habe. Die Klägerin sei demnach ihrer Beweispflicht nachgekommen.
Stichtag für eine Kündigung sei der 31.Juli gewesen; das entsprechende Schreiben des Beklagten, das nach seinem Standpunkt eine vorzeitige Vertragsauflösung enthalte, stamme jedoch vom 30. August. Wäre der Beklagte tatsächlich der Ansicht gewesen, die Klägerin habe aus den verschiedensten Gründen kein Interesse an einer Vertragsfortsetzung mehr, dann sei nicht recht einzusehen, warum er sein Schreiben nicht schon früher abgesendet habe. Ein stichhaltiger Grund für eine vorzeitige Vertragsauflösung durch den Beklagten sei nicht vorgelegen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die Klageforderung zur Gänze als nicht zu Recht bestehend erkannt und das gesamte Klagebegehren als unbegründet abgewiesen werde, oder - für den Fall, daß die eingeklagte Forderung zum Teil als zu Recht bestehend erkannt werden sollte - die vom Beklagten eingewendeten Gegenforderungen in der Höhe der als berechtigt erkannten Klageforderung als zu Recht bestehend zu erkennen und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).
Da die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, daß die Klägerin den zu ihren Gunsten aushaftenden Saldo bewiesen hat, ist der Vorwurf des Beklagten, sie hätten die Beweislastregeln verkannt, nicht berechtigt.
Ob der Klägerin auch die Konventionalstrafe von S 500.000,-- zusteht, kann auf Grund der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Nach Punkt VIII Abs.2 der Vereinbarung vom 13.Juli 1983 ist der Beklagte zur Zahlung einer Konventionalstrafe von S 500.000,-- an die YO (ua) dann verpflichtet, wenn er im Fall voraussichtlicher Unfähigkeit, den Vertrag zu erfüllen, dies der YO nicht längstens bis zum 31.Juli für die dann bevorstehende Kampagne mit eingeschriebenem Brief zur Kenntnis gebracht hat. Damit haben die Parteien eine besondere Informationspflicht des Beklagten vereinbart. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vertragsbestimmung war der Beklagte - entgegen der von ihm in der Revision vertretenen Auffassung - zur entsprechenden Mitteilung an die Klägerin nicht erst dann verpflichtet, wenn er seine Unfähigkeit, den Vertrag zu erfüllen, mit Sicherheit voraussehen konnte, sondern schon im Fall voraussichtlicher Unfähigkeit. "Voraussichtlich" heißt aber soviel wie vermutlich, wahrscheinlich, also "soweit man auf Grund bestimmter Anhaltspunkte vermuten, voraussehen kann" (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, Band 6, 2809, rechte Spalte). Diese Regelung wurde offenbar im Hinblick darauf getroffen, daß ein plötzlicher unvermuteter Ausfall des Beklagten die Klägerin in größte Schwierigkeiten bringen konnte, weil Ersatz nicht so ohne weiteres in Kürze beschafft werden kann. Diese Vertragsbestimmung kann zwar gewiß nicht dahin ausgelegt werden, daß der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, jedes mögliche Hindernis einer künftigen Vertragserfüllung anzuzeigen, solange er noch reale Chancen sah, den Vertrag doch noch zu erfüllen. Mußte er aber nach den Umständen damit rechnen, daß er zur Abnahme des Tresters nicht in der Lage sein werde, dann war er zur Benachrichtigung der Klägerin verpflichtet.
Nun trifft es zwar zu, daß Punkt VIII Abs.2 der Vereinbarung nicht auf den Mangel des Willens, sondern auf
die - objektive - Unfähigkeit zur Vertragserfüllung abstellt; dennoch kann der Wille des Beklagten nicht völlig außer Betracht bleiben, hing doch die Unfähigkeit zu einem guten Teil von seinem Willen ab. War der Beklagte etwa fest entschlossen, den Vertrag unter allen Umständen zu erfüllen, dann wäre er - vor allem durch Heranziehung von Subunternehmern - eher in der Lage gewesen, sich als zur Vertragserfüllung fähig zu erweisen, als wenn er - aus welchen Gründen immer - gar nicht mehr für die Klägerin tätig sein wollte. Sollte der Beklagte etwa angesichts der Schwierigkeiten mit seiner Trocknungsanlage zu der festen Überzeugung gekommen sein, daß
er aus diesem Grund nicht gewillt sein werde, seine - mit dem Funktionieren der eigenen Trocknungsanlage nicht notwendigerweise
verbundene - Pflicht, den Trester abzuführen, zu erfüllen, dann war der "Fall voraussichtlicher Unfähigkeit, den Vertrag zu erfüllen" gegeben.
Ob diese Voraussetzung aber vor dem 31.Juli 1987 wirkllich eingetreten ist, kann auf Grund der Feststellungen der Vorinstanzen nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Diesen Feststellungen ist zwar zu entnehmen, daß der Beklagte ab April 1987 untätig geblieben war, obwohl er die Maßnahmen kannte, durch die er die Betriebssperre hätte abwenden können. Wann er aber den Entschluß faßte, nicht nur die Trocknungsanlage nicht zu sanieren, sondern auch den bei der Klägerin anfallenden Trester nicht mehr abzuholen, steht nicht fest. Nur dann, wenn es für den Beklagten schon vor dem 31.Juli 1987 wahrscheinlich gewesen sein sollte, daß er in der Saison 1987/1988 den Trester der Klägerin nicht mehr wegführen werde, um ihn in der eigenen oder in einer fremden Anlage zu trocknen, hätte er seine Verpflichtung nach Punkt VIII Abs.2 der Vereinbarung verletzt. Soweit der Beklagte meint, eine Verletzung der vertraglichen Anzeigepflicht könne ihm auch deshalb nicht zum Nachteil gereichen, weil die Klägerin von seinen Schwierigkeiten mit der Trocknungsanlage und damit von all dem, was er ihr allenfalls hätte mitteilen können, ohnehin Kenntnis gehabt habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Wie er nämlich selbst in anderem Zusammenhang zutreffend hervorhebt, war er zu dem - bei einem Ausfall seiner Anlage erschwerten oder verhinderten - Trocknen und Verarbeiten des Naßtresters vertraglich nicht verpflichtet; trotz der behördlich angeordneten Sperre seiner Anlage hätte er daher den Trester der Klägerin abtransportieren können. Diese konnte es daher für möglich halten, daß der Beklagte den Vertrag erfüllen werde. Hätte ihr aber der Beklagte gegebenenfalls unter Hinweis auf die Betriebssperre seine voraussichtliche Unfähigkeit zur Vertragserfüllung angezeigt, dann hätte sie mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit den Ausfall des Beklagten in Rechnung stellen können.
Für den Beklagten ist aber auch daraus nichts zu gewinnen, daß die Klägerin auch ohne entsprechende Mitteilung des Beklagten im Sommer 1987 eine Trestertrockenanlage errichtet und bei Beginn der nächsten Kampagne in Betrieb genommen hat. Daraus, daß die Klägerin aus Gründen der Vorsicht diese Investition (früher als vielleicht nach ihrem Wissenstand notwendig) gemacht hat, kann der Beklagte keine Vorteile ziehen. Daß die Klägerin aus diesem Grund durch die Verletzung seiner vertraglichen Informationspflicht keinen Schaden erlitten hat, ist unerheblich, weil der Verfall der Konventionalstrafe nach herrschender Auffassung und ständiger Rechtsprechung von einem Schadenseintritt nicht abhängt; sie verfällt also auch dann, wenn aus der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung überhaupt kein Schaden enstanden ist (SpR 145; SZ 54/46; SZ 56/75 uva; Mayrhofer, Schuldrecht I 215; Koziol-Welser8 I 200).
Ob die Konventionalstrafenvereinbarung sittenwidrig (§ 879 ABGB) ist, muß nicht untersucht werden, weil der Beklagte in erster Instanz den Einwand der Sittenwidrigkeit nicht erhoben hat, die Nichtigkeit einer Vereinbarung nach § 879 Abs.1 ABGB aber nur auf Einwendung wahrzunehmen ist (EvBl.1973/277; SZ 60/52 uva). In der Rechtsprechung wurde zwar des öfteren ausgesprochen, daß zur Geltendmachung der Ungültigkeit einer Vereinbarung die aus welchem Grunde immer erfolgte Bekämpfung eines aus dieser Vereinbarung abgeleiteten Anspruches genüge (EvBl.1973/277; MietSlg.34.122 ua); das ist aber nur so zu verstehen, daß sich die Partei nicht ausdrücklich auf § 879 ABGB berufen muß; sie muß aber neben der Erstattung des erforderlichen Sachvorbringens jedenfalls auch auf die (vermeintliche) Gesetz- oder Sittenwidrigkeit, also den Rechtsmißbrauch hinweisen (SZ 46/69; MietSlg 34.122; 4 Ob 166/82 ua). Das hat der Beklagte in erster Instanz nicht getan; er hat vielmehr nur das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den Verfall der Konventionalstrafe in Abrede gestellt, ohne dabei die Gültigkeit der Konventionalstrafenvereinbarung auch nur mit einem Wort in Zweifel zu ziehen.
Die Frage der Vertragsauflösung nach Punkt VI der Vereinbarung ist von der Frage der Konventionalstrafe zu trennen. Mit Recht beanstandet der Beklagte die Vermengung beider Vertragsbestimmungen durch die Vorinstanzen. Ihm kann aber darin nicht gefolgt werden, daß dann, wenn er zur Erklärung der vorzeitigen Vertragsauflösung berechtigt gewesen sein sollte, die Konventionalstrafe nicht zu zahlen wäre. Da diese Strafe nur die Nichterfüllung einer bestimmten Vertragsverpflichtung, nämlich der Informationspflicht, sanktionieren sollte, steht der Anspruch auf Konventionalstrafe nicht im Zusammenhang mit der Frage, ob der Beklagte berechtigt war, am 30.August 1987 den Vertrag für aufgelöst zu erklären.
Da die Entscheidung über den Konventionalstrafenanspruch noch nicht spruchreif ist, muß auf die Frage des Mäßigungsrechtes nicht eingegangen werden.
Mit Recht wendet sich der Beklagte auch gegen die zur (überwiegenden) Verneinung seiner Gegenforderung von S 2,372.026,80 (S.306) führende Auslegung des Punktes III Abs.1 der Vereinbarung vom 13.Juli 1983 durch die Vorinstanzen. Danach behielt sich die YO vor, "bis zu 20 % der anfallenden Apfel- und Birnentrester" für YO Bio-Sacksilage und für Revier- und Futtersilagen einzubehalten. Ob sich die 20 % auf die jeweils oder auf die in einem längeren Zeitraum - etwa während der gesamten Vertragsdauer von 5 Kampagnen (Punkt VI des Vertrages) oder in einer Saison - anfallenden Rückstände beziehen sollten, ist dem Wortlaut des Vertrages nicht eindeutig zu entnehmen. Die am Anfang jeder Vertragsauslegung stehende wörtliche Auslegung (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 914; Koziol-Welser8 I 87; SZ 49/59 uva) führt somit nicht zum Ziel. Nach den Feststellungen haben die Vertragsteile die Frage der Mengenaufteilung zwar besprochen, mangels Einigung aber bewußt offengelassen. Hätten sie diese Problematik beim Vertragsschluß nicht erkannt, dann müßte eine Ergänzung des Vertrages um dasjenige stattfinden, was für den eingetretenen (nicht vorhergesehenen) Fall zwischen den Parteien rechtens sein soll (Rummel aaO Rz 9; Koziol-Welser aaO 88; JBl.1987, 248; WBl.1987, 240 uva). Der Richter kann aber im Hinblick auf den gemeinsamen Geschäftszweck einen übereinstimmenden Willen auch dann feststellen, wenn in einem bestimmten Punkt jede Partei etwas anderes gewollt hat, ja sogar dann, wenn sich die Parteien bewußt auf eine zweideutige Fassung geeinigt haben, weil jede von ihnen erwartete, der Richter werde die Bestimmung in ihrem Sinn auslegen; auch in einem solchen Fall wird die Auslegung zur Ergänzung des Vertrages (Ehrenzweig2 I/1 261). Prüft man aber unter Bedachtnahme auf den hier von den Streitteilen mit dem Vertrag verfolgten Zweck sowie unter Heranziehung der Vekehrssitte, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten, dann kann der Ansicht der Vorinstanzen nicht gefolgt werden, wonach es im Belieben der Klägerin gestanden sei, in einem Abschnitt der Kampagne mehr als 20 % des anfallenden Tresters, ja sogar den gesamten Trester zu behalten und dafür in anderen Abschnitten - um einen Ausgleich für die gesamte Kampagne zu erreichen - entsprechend weniger für eigene Zwecke zu verwenden. Eine solche Auslegung verbietet sich vor allem deshalb, weil es auch nach Ansicht der Vorinstanzen - wenngleich dazu eindeutige Feststellungen fehlen - "jahreszeitliche Qualitätsschwankungen" (S.367) und damit Unterschiede im Wert des Tresters gibt. Könnte die Klägerin nach ihren eigenen Interessen frei bestimmen, zu welcher Zeit sie den Trester in einem Umfang von (bis zu) 20 % des (zu erwartenden) Gesamtanfalls einer Kampagne einbehält, dann wäre sie gegenüber dem Beklagten, dessen wirtschaftliches Interesse bei der Geschäftsbeziehung zur Klägerin in der Verwertung des Tresters gelegen ist, begünstigt. Demgegenüber kann das Interesse der Klägerin, Preßrückstände für YO Bio-Sacksilage sowie für Revier- und Futtersilagen zu verwenden, nicht überwiegen.
Der Hinweis des Erstrichters darauf, daß eine solche Auslegung im Widerspruch dazu stünde, daß die Parteien im Unterschied zu Punkt III in Punkt VII des Vertrages den Ausdruck "kontinuierlich" verwendet haben, ist deshalb nicht überzeugend, weil eine definitive Einigung über die umstrittene Frage eben nicht zustande gekommen ist, die Klägerin demnach einer Aufnahme des Wortes "kontinuierlich" nicht zugestimmt hat, wenngleich der Beklagte weiterhin darauf bestanden hatte.
Sollte man Zweifel an der Richtigkeit dieser Auslegung hegen, dann müßte, die - subsidiäre (Rummel aaO Rz 1 zu § 915; Koziol-Welser aaO 89; SZ 40/57 uva) - Auslegungsregel des § 915 ABGB herangezogen werden. Danach wird bei zweiseitig verbindlichen Verträgen eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen erklärt, der sich ihrer bedient hat. Die hier umstrittene Vertragsbedingung wurde nicht von beiden Parteien gemeinsam, geschweige denn allein vom Beklagten formuliert; vielmehr stammt der Text von Dr. Hans B*** vom V*** L*** G*** in Wien, den der Geschäftsführer der Klägerin unterrichtet (und damit beigezogen) hatte; die Formulierung ist somit der Klägerin zuzuordnen. Im Zweifel kann sie daher nur zum Nachteil der Klägerin, nicht aber - wie es die Vorinstanzen getan haben - zum Nachteil des Beklagten ausgelegt werden.
Der Beklagte hat die hier behandelte Gegenforderung in erster Instanz nur unzureichend begründet; er hat sich darauf beschränkt, der Klägerin eine vereinbarungswidrige "Berechnung" (S.11) bzw. "Aufteilung" (S.306) vorzuwerfen und einen daraus entstandenen Schaden zu behaupten. Worin jedoch sein Schaden gelegen sei und wie er sich im einzelnen zusammensetze, hat er nicht vorgebracht, obwohl er dazu in seiner Parteiaussage Angaben gemacht (S.320 f, 323 f, 325 f) und auch eine "Schadensaufstellung" vorgelegt hat (Beilage 5). Auf Grund ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht haben es die Vorinstanzen unterlassen, darauf hinzuwirken, daß der Beklagte seine ungenügenden Angaben zur Begründung seiner Gegenforderung vervollständige (§ 182 Abs.1 ZPO); auch wurden keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung zuließen, ob und in welchem Umfang der Beklagte durch die Vorgangsweise der Klägerin einen Schaden erlitten hat. Da es zur Behebung der aufgezeigten Feststellungsmängel offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, waren in Stattgebung der Revision die Urteile beider Vorinstanzen aufzuheben und die Streitsache an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 510 Abs.1 ZPO). Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien (§ 182 ZPO) allenfalls ergänzend Beweise aufzunehmen und die erforderlichen Feststellungen sowohl zur Konventionalstrafe als auch zur hier behandelten Gegenforderung des Beklagten zu treffen haben. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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