Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig, die klagende Partei die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei ist eine am 12. November 1954 in Italien gegründete Vereinigung der Erzeuger der Käsesorte "Parmigiano Reggiano" mit dem Sitz in Reggio Emilia. Mit Erlaß des (italienischen) Ministers für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem (italienischen) Minister für Handel und Industrie vom 17. Juni 1957 wurde der klagenden Partei der Auftrag zur Kontrolle der Herstellung und des Handels mit Käse erteilt, für den die Verwendung der Ursprungsbezeichnung "Parmigiano Reggiano" gestattet ist; in Durchführung dieses Kontrollauftrages trägt die klagende Partei auch für die Anbringung der Kennzeichnungen oder anderer Markierungen dieser Käsesorte Sorge.
Mit Verordnung des Präsidenten der Republik Italien Nr. 1269 vom 30. Oktober 1955 war die Ursprungsbezeichnung "Parmigiano Reggiano" anerkannt worden. Ihre Verwendung ist Käsesorten vorbehalten, welche die besonderen, in der Verordnung festgelegten Erfordernisse für die Verarbeitungsmethoden, Warenmerkmale und Produktionsgebiete aufweisen. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt ua, daß "Parmigiano Reggiano" durch Gerinnung mittels saurer Gärung aus Kuhmilch erzeugt wird, daß dabei die Milch der Abend- und Morgenmelkungen verwendet wird und die Verwendung gärungshindernder Substanzen nicht gestattet ist; weiters wurden darin als "Produktionszone" die Gebiete der Provinzen Bologna auf der linken Seite des Flusses Reno, Mantua auf der rechten Seite des Flusses Po, Modena, Parma und reggio nell' Emilia festgelegt.
Die Beklagte vertreibt in Österreich Hartkäse in Stücken zu 80 g in Plastikverpackung. Auf der Vorderseite der an die Plastiksäckchen angehefteten Etiketten stehen die Worte: "Don Giovanni's", "Parmigiano Reggiano" und "Original ital. Parmesan, 32 % F.i.T."; auf der Rückseite dieser Etiketten findet sich unter der Überschrift "Parmigiano Reggiano 80 g" folgender Text: "Der original italienische Parmesan schmeckt vorzüglich zu allen Teigwaren und Saucen-Spezialitäten von Don Giovanni's. Hergestellt aus Past. Milch und Käsereisalzen in Italien. Vertrieb: Ed. B*** Ges.m.b.H., 1140 Wien, Albert-Schweitzer-G. 7 ......."
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die klagende Partei, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, den von ihr unter den Namen "Don Giovanni's" vertriebenen Käse als "Parmigiano Reggiano" und/oder "Original italienischer Parmesan" zu bezeichnen. Der von der Beklagten vertriebene Käse weise einen Gehalt an freien Aminosäuren und an Ornithin auf, der nicht dem Standard des typischen "Parmigiano Reggiano" entspreche; er sei auch nicht in der durch Verordnung festgelegten Produktionszone hergestellt worden. Auch die Verwendung pasteurisierter Milch bei der Herstellung dieses Käses widerspreche den geltenden italienischen Bestimmungen. Mit den Bezeichnungen "Parmigiano Reggiano" und "Original italienischer Parmesan" mache die Beklagte zur Irreführung geeignete Angaben über den Ursprung, die Beschaffenheit und die Herstellungsart des von ihr vertriebenen Erzeugnisses. Die Bezeichnung "Parmigiano Reggiano" und ihre Übersetzungen in andere Sprachen genieße darüber hinaus auf Grund des am 1. Juni 1951 in Stresa abgeschlossenen, auch von Österreich ratifizierten (BGBl. 1955/135) Internationalen Abkommens über die Anwendung der Ursprungsbezeichnungen und Benennungen für Käse auch in Österreich besonderen Schutz; sie sei ausschließlich Käsesorten vorbehalten, die in den traditionellen Gegenden nach den in Italien erlassenen besonderen Regelungen hergestellt werden. Der auf Grund dieses Abkommens bestellte Ständige Rat habe "Parmigiano Reggiano" gemäß Art. 3 des Abkommens in den Anhang A dieses Abkommens aufgenommen, welcher jene "Ursprungsbezeichnungen" aufzählt, "die Gegenstand einer landesrechtlichen behördlichen Regelung sind, welche deren Anwendung in dem Gebiet eines vertragschließenden Teiles jenen Käsesorten vorbehält, die in den traditionellen Gegenden nach den ortsüblichen loyalen und ständigen Methoden erzeugt oder verwendet werden". Im übrigen sei die Bezeichnung "Parmigiano Reggiano" in Österreich auch für den Fall des Außerkrafttretens des Abkommens von Stresa auf Grund des Abkommens zwischen der österreichischen Bundesregierung und der italienischen Regierung über geographische Herkunftsbezeichnungen und Benennungen bestimmter Erzeugnisse (BGBl. 1954/235) und des Zusatzprotokolles hiezu (BGBl. 1972/348) geschützt. Auch sei die klagende Partei Inhaber mehrerer internationaler Marken "Parmigiano Reggiano" für Käse, deren Schutzbereich sich auch auf Österreich erstrecke; die Beklagte verletze daher auch das Kennzeichenrecht der klagenden Partei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Die internationalen Abkommen, auf die sich die klagende Partei berufe, seien nicht unmittelbar anzuwendendes österreichisches Recht. Die der klagenden Partei durch einen italienischen Erlaß erteilten Befugnisse erstreckten sich nicht auf das Gebiet der Republik Österreich. Die klagende Partei sei daher kein zur Klage berechtigter Verband im Sinne des § 14 UWG. Sie sei in Österreich nur Inhaber von Wort-Bild-Marken. Die Herkunfts- bzw. Gattungsbezeichnung "Parmigiano Reggiano" sei in Österreich absolut schutzunfähig. Im übrigen entspreche der von der Beklagten vertriebene Käse den von der klagenden Parei behaupteten italienischen Vorschriften; die Beklagte habe ihn von einem in Reggio Emilia ansässigen italienischen Unternehmen als "Formaggio Parmigiano Reggiano" bezogen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Zur Frage, ob der von der Beklagten vertriebene Käse den maßgebenden italienischen Vorschriften entspricht, lägen widersprechende Bescheinigungsergebnisse vor; die strittigen Tatfragen könnten daher nur durch ein vom Gericht einzuholendes Sachverständigengutachten geklärt werden. Dabei handle es sich jedoch um kein parates Bescheinigungsmittel. Da der klagenden Partei somit die Bescheinigung ihrer Behauptungen nicht gelungen sei, sei der Sicherungsantrag abzuweisen gewesen.
Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Auf Grund der im Akt erliegenden Urkunden (Sachverständigengutachten) und der Aussagen der vom Erstgericht vernommenen Auskunftspersonen stellte es den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und traf die weitere Feststellung, daß der von der Beklagten in Österreich unter der Bezeichnung "Don Giovanni's" vertriebene Käse nicht nach den mit Verordnung des Präsidenten der Republik Italien Nr. 1269 vom 30. Oktober 1955 festgelegten Verarbeitungsmethoden und nicht in der dort festgelegten Produktionszone erzeugt worden ist. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht folgendes aus:
Die Beklagte habe einen von ihr vertriebenen Käse als "Original italienischen Parmesan" ("Parmigiano Reggiano") bezeichnet, obwohl er nach den dafür maßgebenden italienischen Vorschriften einem "original italienischen Parmesan" nicht entsprochen habe; der von der Beklagten vertriebene Käse weise nicht die Merkmale des original italienischen Parmesans auf und sei auch nicht in den in Italien festgelegten Produktionsgebieten hergestellt worden. Damit habe die Beklagte zur Irreführung geeignete Angaben im Sinne des § 2 UWG gemacht. Damit könne aber die Frage, ob sich der Anspruch auch aus den von der klagenden Partei herangezogenen internationalen Abkommen ableiten läßt, auf sich beruhen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die klagende Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Mit ihren Rechtsmittelausführungen, wonach sich die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse, daß der von der Beklagten in Österreich vertriebene Käse nicht dem Standard des echten "Parmigiano Reggiano" entspreche und auch nicht in den behördlich festgelegten Produktionszonen hergestellt worden sei, nicht aus den von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden ergäben, die im Privatgutachten Beilage J angeführten Untersuchungsmethoden für die vorgenommene Echtheitsprüfung nicht geeignet seien, den von der Beklagten vorgelegten Urkunden vielmehr zu entnehmen sei, daß der von ihr vertriebene Käse ein echter italienischer Parmesan sei, bekämpft die Beklagte in unzulässiger Weise die Feststellungen des Rekursgerichtes. Bei der Entscheidung über einen Revisionsrekurs ist der Oberste Gerichtshof auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz; er hat daher von demjenigen Sachverhalt auszugehen, den das Rekursgericht als bescheinigt angenommen hat. Urkunden können vom Obersten Gerichtshof nur insoweit anders beurteilt werden, als ihre Auslegung in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung fällt (ÖBl. 1981, 157). Das Rekursgericht hingegen durfte im Provisorialverfahren, in welchem der Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht gilt, die Bescheinigungsmittel anders würdigen als das Erstgericht und auch andere Feststellungen treffen (ÖBl. 1980, 41). Die von ihm aus den Privatgutachten der Universität Mailand (Beilage J) gezogene Schlußfolgerung, daß der hohe Anteil an freien Aminosäuren im Käse der Beklagten nicht dem Standardgehalt eines echten Parmesans desselben Alters entspricht und diese Proben deshalb außerhalb der von der klagenden Partei kontrollierten Produktionszone hergestellt wurden, ist nicht das Ergebnis einer Urkundenauslegung, sondern einer - im Revisionsrekursverfahren unanfechtbaren - Beweiswürdigung. Das Vorliegen einander widersprechender Privatgutachten schließt entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht aus, daß das Gericht einen bestimmten Sachverhalt als bescheinigt annimmt (ÖBl. 1982, 10); treffen die Tatsacheninstanzen in einem solchen Fall konkrete Feststellungen, dann ist der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz daran gebunden. Auch mit seinen Ausführungen, die Urkunde Beilage II sei - entgegen der Annahme des Rekursgerichtes - das Gutachten einer Behörde, bekämpft der Revisionsrekurs abermals in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der zweiten Instanz.
Mit ihren weiteren Ausführungen im Revisionsrekurs wendet sich die Beklagte gegen die vom Rekursgericht im Rahmen der Beweiswürdigung vertretene Auffassung, die Beklagte habe erstmals im Rekursverfahren behauptet, daß die Verordnung Nr. 1269 des Präsidenten der Republik Italien (Beilage C) nicht geltendes Recht sei, so daß sich die Ermittlung ausländischen Rechts von Amts wegen erübrige; richtigerweise hätte das Gericht die geltenden gesetzlichen Bestimmungen und die zu ihrer Auslegung notwendige Lehre und Rechtsprechung - insbesondere zur Klärung der Begriffe "Produktionszone" und "gärungshindernde Substanzen" - ermitteln müssen. Dazu war folgendes zu erwägen:
Im vorliegenden Fall ist der durch den Verkauf italienischen Käses in Österreich bewirkte Wettbewerbsverstoß gemäß § 48 Abs 2 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen; eine Ermittlung ausländischen Rechts kommt daher nicht in Betracht. Die für einen Verstoß gegen § 2 UWG entscheidungswesentliche Frage, ob der von der Beklagten in Österreich als "original italienischer Parmesan" vertriebene Käse die Bezeichnung "Parmigiano Reggiano" rechtfertigt, ist nach den in Italien geltenden Vorschriften und Richtlinien zu beurteilen, weil entsprechende Vorschriften in Österreich nicht bestehen.
Die von der Verordnung des Präsidenten der Republik Italien Nr. 1269 hiefür normierten Erfordernisse hat die Antragstellerin durch Vorlage einer beglaubigten Kopie dieser Vorschrift ausreichend bescheinigt. Auf die von der Beklagten - erstmals im Rechtsmittelverfahren - gegen die Fortgeltung dieser Verordnung erhobenen Bedenken ist aber schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil die Beklagte jedes konkrete Vorbringen darüber schuldig geblieben ist, ob und welche Vorschriften an die Stelle der genannten Verordnung getreten seien. Die zutreffende Ansicht des Rekursgerichtes, daß die Bezeichnung eines Käses als "original italienischer Parmesan" oder als "Parmigiano Reggiano" in Österreich zur Irreführung geeignet ist, wenn dieser Käse in Italien nicht den für "Parmigiano Reggiano" bestehenden Vorschriften entspricht, bekämpft die Beklagte in ihrem Revisionsrekurs nicht. Da sich somit der geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon aus § 2 UWG ergibt, muß auch nicht beurteilt werden, ob die von der klagenden Partei herangezogenen internationalen Abkommen unmittelbar anzuwendendes österreichisches Recht sind.
Die Aktivlegitimation der klagenden Partei ist in dritter Instanz nicht mehr strittig.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Provisorialverfahrens gründet sich, soweit sie die Kosten der klagenden Partei betrifft, auf § 393 Abs 1 EO, soweit sie die Kosten der Beklagten betrifft, auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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