OGH 6Ob645/89

OGH6Ob645/8916.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Katharina O***, Landwirtin, Rottendorf 4, 9555 Glanegg, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Peter N***, Kaufmann, Grinzinger Allee 50/2, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Alfred Fürst, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 28.April 1989, GZ 3 R 131/89-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 5.Jänner 1989, GZ 4 C 1433/88x-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß der Beklagte in den mit der Klägerin als Pächterin und Ernst und Elfriede O*** als Verpächter am 8.August 1984 abgeschlossenen Pachtvertrag eingetreten ist, wobei der Pachtvertrag nachstehenden Inhalt aufweist:

P A C H T V E R T R A G

abgeschlossen zwischen Herrn Ernst O*** und Frau Elfriede O***, wohnhaft vulgo N***, Rottendorf Nr.4, 9560 Feldkirchen, als Verpächter einerseits, und Frau Katharina O*** (Schwiegertochter), geb. am 28.10.1954, wohnhaft Rottendorf Nr.4, 9555 Glanegg, als Pächterin andererseits wie folgt:

I.

Den Pachtgegenstand bildet die Liegenschaft vulgo Marienhof, EZ 19 KG Launsdorf, EZ 560 KG Launsdorf, EZ 76 KG St.Martin/M. und EZ 339 KG Launsdorf, samt den sich darauf befindlichen Gebäuden im unverbürgten Ausmaß laut

a.) Einheitswertbescheid des Finanzamtes St.Veit a.d.Glan vom 8.9.1977, AZ.: 23 I511 von 110,24 ha EW S 611.000,--/75 Wald, 17,45 ha, EW S 118.000,-- Zukauf aus 1976,

b.) die zur Liegenschaft gehörenden Baulichkeiten bestehend aus Wirtschaftsgebäude und Wohnhaus, gelten als verpachtet.

II.

Der Pächter nimmt das auf der Liegenschaft befindliche lebende und tote Inventar in Pacht. Diese Gegenstände (einschließlich Stalldünger und Ansaat sowie Art und Zahl der übernommenen Obstbäume) sind in das einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildende und von beiden Vertragsteilen zu unterfertigende Inventarverzeichnis aufzunehmen.

Nach Ablauf der Pachtzeit ist der Pächter zur wertmäßigen Rückstellung der übernommenen Inventargegenstände verpflichtet. Hiebei ist die natürliche, sich in normalen Grenzen haltende Abnützung zu berücksichtigen. Lebendes Inventar ist in einem nach Anzahl, Gewicht, Rasse und Alter entsprechenden Viehbestand zu übergeben. Allfällige unvermeidbare Differenzen sind durch einen Geldbetrag auszugleichen. Der Pächter trägt die Gefahr, der das Vieh während der Pachtdauer ausgesetzt ist. Sofern Vieh zufolge außergewöhnlicher Zufälle umkommt, ohne daß der Pächter das zur Abwendung Mögliche und Zumutbare versäumt hat, trägt der Verpächter den Schaden.

III.

Der Pachtvertrag wird auf -----Jahre - unbestimmte Zeit - , das ist vom 1.September 1984 bis ---- abgeschlossen.

Das Pachtjahr läuft vom 1.September bis 31.August eines jeden Jahres.

Eine Aufkündigung ist bei Verträgen auf unbestimmte Zeit unter Einhaltung einer 6-monatigen Frist für das Ende eines Pachtjahres mittels eingeschriebenen Briefes auszusprechen.

Der Tod eines Vertragsteiles bewirkt keine Beendigung des Vertragsverhältnisses. Die Rechtsnachfolger des Verstorbenen wie der überlebende Teil können den Vertrag jedoch unter Einhaltung der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist lösen.

IV.

Der Pachtschilling beträgt jährlich S 40.000,-- einschließlich MWSt (i.W. Schilling vierzigtausend 00/100) zuzüglich ...% Mehrwertsteuer und ist bis ....zahlbar in 2 Raten je S 20.000,-- jeweils am 1.Juni und 1.Dezember des laufenden Pachtjahres im vorhinein zu entrichten. Dieser Betrag ist wertgesichert nach dem vom Statistischen Zentralamt verlautbarten Verbraucherpreisindex 1976. Schwankungen der Indexzahl nach oben oder unten bis einschließlich 5 % bleiben unberücksichtigt. Dieser Spielraum ist bei jedem Überschreiten nach oben oder unten neu zu berechnen, wobei die erste außerhalb des jeweils geltenden Spielraumes gelegene Indexzahl die Grundlage für die Neufestsetzung des Pachtschillings als auch für die Berechnung des neuen Spielraumes zu bilden hat. Als Stichtag gilt die am Tage der Vertragsunterfertigung verlautbarte Indexziffer.

Der Pächter hat im weiteren zu leisten:

a.) an Naturalien: -------

b.) an Arbeitsleistungen: -------

V.

Die auf dem Pachtgrundstück ruhende Grundsteuer sowie die Grundsteuerzuschläge (landwirtschaftliche Unfallversicherung, Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds und Kammerumlage) trägt der Verpächter. Der Verpächter ist ferner verpflichtet, die Baulichkeiten einschließlich des Inventars laut Verzeichnis wertentsprechend gegen Feuerschäden zu versichern.

VI.

Der Pächter ist zur ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung bzw. Bewirtschaftung der Liegenschaft, zur entsprechenden Erhaltung der Baulichkeiten und Inventargegenstände verpflichtet.

VII.

Der Verpächter oder dessen Bevollmächtigter ist befugt, die Liegenschaft bzw. Flächen zu besichtigen, um sich von der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung zu überzeugen. Dieses Recht darf nicht schikanös, insbesondere nicht in einer die Wirtschaftsführung beeinträchtigenden Weise, ausgeübt werden.

VIII.

Gebäude und Einrichtungen sind in dem zur Zeit der Pachtübernahme gegebenen Zustand zu erhalten. Die laufende Unterhaltung und die gewöhnlichen Ausbesserungen der Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Wege und Gräben sowie Einfriedungen obliegen dem Pächter auf seine Kosten. Alle über das gewöhnliche Ausmaß hinausgehenden Instandsetzungen hat der Verpächter in Auftrag zu geben und die Kosten derselben zu tragen, sofern dies nicht durch Verschulden oder durch grobe Fahrlässigkeit des Pächters veranlaßt wurden.

IX.

Eine unentgeltliche oder entgeltliche Unterverpachtung der gesamten oder von Teilen der in Bestand genommenen Flächen ist grundsätzlich untersagt. Dem Pächter ist es ferner nicht gestattet, zur Pachtliegenschaft gehörende Räumlichkeiten entgeltlich oder unentgeltlich zur Benützung zu überlassen.

X.

Für Mängel, die dem Pächter vor Pachtabschluß nicht mitgeteilt werden, haftet der Verpächter. In diesem Fall muß Minderung des Pachtschillings zuerkannt werden. Mängel, die im Laufe der Zeit hervorkommen, hat der Pächter dem Verpächter zeitgerecht zur Kenntnis zu bringen.

Bei Anmaßung von Rechten dritter Personen betreffend die Pachtliegenschaft ist dem Verpächter unverzüglich Mitteilung zu machen.

XI.

Die mit der Errichtung und Vergebührung dieses Vertrages verbundenen Kosten hat der Verpächter zu tragen.

Der Pächter ist zur Anmeldung dieses Vertrages binnen einem Monat beim zuständigen Finanzamt sowie zur Einholung der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission innerhalb von 4 Wochen verpflichtet.

XII.

Änderungen oder Ergänzungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform. Mündliche Nebenabreden haben keine Gültigkeit.

wird abgewiesen.

Desgleichen wird das Eventualbegehren, der Beklagte sei in den Pachtvertrag eingetreten, wobei dieser Vertrag per 30.November 1988 aufgekündigt worden sei, abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 24.153,70 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten S 100,- Barauslagen und S 2.186,70 Umsatzsteuer) und die mit S 18.143,80 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 4.000,- Barauslagen und S 2.357,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.629,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 5.000,- Barauslagen und S 771,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dem Beklagten wurden im Zwangsversteigerungsverfahren E 48/86 des Erstgerichtes am 16.Dezember 1987 die insgesamt rund 123 ha großen land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften EZ 19, 339 und 560 je KG Launsdorf sowie EZ 76 KG St.Martin/Mannsdorf um das Meistbot von S 24,050.000 zugeschlagen. Der Zuschlag ist in Rechtskraft erwachsen. Der Beklagte, welcher sogleich zum einstweiligen Verwalter bestellt worden ist, bewirtschaftet diese Liegenschaften seit Beginn des Jahres 1988.

Die Klägerin, die die Schwiegertochter der früheren Eigentümer Ernst und Elfriede O*** ist, begehrte zuletzt die Feststellung, daß der Ersteher in den von ihr hinsichtlich der Liegenschaften mit ihren Schwiegereltern am 8.August 1984 abgeschlossenen (im Urteilsbegehren in vollem Wortlaut wiedergegebenen) Pachtvertrag eingetreten ist.

Der Beklagte wendete ein, er habe vom Pachtvertrag, von dem in den Versteigerungsbedingungen keine Rede gewesen sei, erst drei Monate nach Erteilung des Zuschlages erfahren. Der Pachtvertrag sei ein Scheinvertrag. Er sei gegen einen geringen Pachtzins nur zur Erlangung einer Pension für die Voreigentümer geschlossen worden, an der Bewirtschaftung als Familienbetrieb habe sich dadurch nichts geändert. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten im Zwangsversteigerungsverfahren auf Ansprüche aus einem allfälligen Pachtvertrag verzichtet. Der Pachtvertrag sei auch mangels grundverkehrsbehördlicher Genehmigung nicht wirksam. Der schriftliche Pachtvertrag sei äußerst flüchtig, habe einen anderen Inhalt als nun behauptet, zum Teil seien sogar andere Einlagezahlen angeführt. Überdies sei eine Feststellungsklage wegen der Möglichkeit einer Leistungsklage unzulässig. Im Schriftsatz vom 24. Mai 1988, bei Gericht eingelangt am 25.Mai 1988 und der Klägerin zugestellt am 27.Mai 1988, führte der Beklagte aus, er könne jedenfalls gemäß § 1121 ABGB das Bestandverhältnis aufkündigen, von welcher Möglichkeit er "hiermit vorbeugend Gebrauch mache."

Die Klägerin stellte für den Fall der Gültigkeit dieser Aufkündigung das Eventualbegehren auf Feststellung des Eintrittes des Beklagten in den Pachtvertrag, wobei dieser Vertrag per 30. November 1988 aufgekündigt worden sei.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Hauptbegehrens der Klägerin. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Nachdem zunächst Elfriede O*** die Landwirtschaft gepachtet hatte, verpachteten die Ehegatten Ernst O*** und Elfriede O*** mit Pachtvertrag vom 8.August 1984 sämtliche Grundstücke, die zum Gut Marienhof gehörten, an die Klägerin. Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragspartner handelte es sich um die Liegenschaften EZ 19, 339 und 560 KG Launsdorf sowie EZ 76 KG St.Martin/Mannsdorf. Es wurden sämtliche Liegenschaften aus dem Eigentum der Ehegatten O*** samt darauf befindlichen Baulichkeiten und samt Inventar verpachtet. Da Pächterin die Schwiegertochter war, wurde das Pachtvertragsformular nur oberflächlich ausgefüllt und wurden Textteile nicht durchgestrichen, die nicht Inhalt des Vertrages werden sollten. So wurden Veränderungen, die dadurch entstanden waren, daß die Eigentümer zusätzliche Grundstücke erworben hatten und neue Einlagezahlen gebildet worden waren, nicht berücksichtigt. Im schriftlichen Pachtvertrag sind daher die "alten" Einlagezahlen 30 KG St.Martin/Mannsdorf und 61 KG Launsdorf mit dem hiezu erlassenen Einheitswertbescheid, in welchem die "alten" Ausmaße und Einheitswerte der Liegenschaften aufschienen, angeführt. Obwohl sämtliche Gebäude (Wirtschaftsgebäude und Wohnhaus) mitverpachtet wurden, ist im schriftlichen Vertrag das in Klammer gesetzte Wort "nicht" nicht durchgestrichen. Die Vertragsbestimmungen über das lebende Inventar sind gegenstandslos, weil solches nicht vorhanden war. Obwohl ein einen integrierenden Vertragsbestandteil bildendes Inventar vorgesehen war, wurde keines errichtet. Der Pachtvertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Pachtzins beträgt wertgesichert jährlich S 40.000. Er wurde deshalb derart niedrig festgesetzt, weil die Liegenschaften "ohnedies in der Familie blieben". Die Klägerin verpflichtete sich, innerhalb von vier Wochen die Genehmigung der Grundverkehrsbehörde einzuholen, hat dies aber nicht getan. Nach Abschluß des Pachtvertrages war nur die Klägerin tätig. Sie nahm sämtliche Arbeiten, die der Betrieb erforderte, entweder selbst oder mit Hilfe des Maschinenringes vor. Teilweise wurde sie von ihrem Ehegatten unterstützt, ab und zu auch von den Verpächtern, die aber keinen Einfluß auf die Wirtschaftsführung nahmen. Der Klägerin standen sämtliche Einnahmen zu, sie deckte auch alle Ausgaben. Sie erzielte aus dem Betrieb einen jährlichen Reingewinn von ca. S 500.000. Den Pachtzins bezahlte sie pünktlich. Die Klägerin beteiligte sich am Zwangsversteigerungsverfahren gegen ihre Schwiegereltern nicht. Sie war überdies der Meinung, durch den Zuschlag erlösche ihr Pachtvertrag. Aus diesem Grunde ließ sie auch im Herbst 1987 die Äcker unbearbeitet. Sie hatte aber nicht die Absicht, überhaupt mit der Bewirtschaftung aufzuhören, sondern suchte im Jänner oder Februar 1988 den Klagevertreter auf und erkundigte sich, ob tatsächlich "Kauf Miete bricht". Da ihr mitgeteilt wurde, daß der Ersteher aufrechte Bestandverträge übernehmen müsse und lediglich kündigen könne, wollte sie im Frühjahr 1988 den Anbau vornehmen, mußte aber feststellen, daß bereits Leute des Erstehers dort arbeiteten. Daraufhin entschloß sie sich zur Einbringung der Klage. Am Abend vor dem Versteigerungstermin vom 16.Dezember 1987 hatte eine Besprechung in einem Gasthaus in Klagenfurt stattgefunden, an der die Ehegatten O*** sen., der Beklagte, sein Verwalter Ing. Arnold N*** und Rechtsanwalt Dr. Ulrich S*** teilnahmen. Es ging ausschließlich darum, einen freihändigen Verkauf der in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaften zu ermöglichen. Dieser Versuch scheiterte aber aus Zeitmangel. Bei diesem Gespräch war von einer Verpachtung überhaupt keine Rede. Ing. Arnold N*** hatte bereits zuvor gemeinsam mit Ernst O*** sämtliche Liegenschaften, die zum Gut Marienhof gehören, besichtigt, wobei die Tatsache, daß die Klägerin Pächterin sein soll, nicht erwähnt wurde. Nach dem Zuschlag forderte Ing. Arnold N*** Ernst O*** auf, die Schlüssel zu den Gebäuden herauszugeben, worauf er auch alle Schlüssel ausgehändigt bekam. Auch dabei wurde nichts davon erwähnt, daß irgendwelche Schlüssel im Besitz der Klägerin als Pächterin sein sollten. Der Beklagte erhielt vom Bestehen des Pachtvertrages erst Kenntnis durch das Schreiben des Klagevertreters vom 21.März 1988. Der Pachtgegenstand besteht aus ca. 30 ha Ackerfläche, beim Rest handelt es sich um Wald. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die unrichtige Bezeichnung der Liegenschaften im Vertragsformblatt könne nichts daran ändern, daß sich alle Vertragspartner darüber im klaren gewesen seien, welche Liegenschaften vom Vertrag hätten umfaßt sein sollen. Um eine Genehmigung durch die Grundverkehrskommission sei nicht angesucht worden. Das Gericht habe die Vorfrage zu prüfen, ob eine derartige Genehmigung erforderlich gewesen wäre. Dies sei gemäß § 2 lit.g Kärntner Grundverkehrsgesetz nicht der Fall, weil das Rechtsgeschäft zwischen Verschwägerten in gerader Linie abgeschlossen worden sei. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin sei gegeben. § 1121 ABGB dehne die Vorschrift des § 1120 ABGB auf den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren aus. Der Ersteher trete (außer hinsichtlich Kündigung) auch in den unverbücherten Bestandvertrag ein. Daß der Beklagte vom Bestandvertrag keine Kenntnis gehabt habe, vermöge daran nichts zu ändern. Der Vertrag sei in einen solchen auf unbestimmte Zeit mit gesetzlichen Kündigungsfristen und Terminen umgewandelt worden. Eine Kündigung hätte gemäß § 560 Abs.1 Z 2 lit.a ZPO nur zum 30.November unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist erfolgen können. Die im vorbereiteten Schriftsatz des Beklagten enthaltene Aufkündigung sei wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist als unzulässig anzusehen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Das Gericht zweiter Instanz nahm eine Beweiswiederholung vor und kam "im wesentlichen zum gleichen Ergebnis" wie das Erstgericht. Auch das Berufungsgericht nahm an, daß die Verpächter bei Abschluß des Pachtvertrages an alle vom späteren Zwangsversteigerungsverfahren erfaßten Liegenschaften dachten und der Vordruck nur oberflächlich ausgefüllt wurde, weil der Gesamtbesitz im Familienverband verblieb. Das Berufungsgericht führte weiters aus, nicht in dieser Eindeutigkeit übernommen könne die Feststellung werden, daß sich die Klägerin am Zwangsversteigerungsverfahren überhaupt nicht beteiligt habe. Wegen des konträren Inhaltes des Zwangsversteigerungsaktes könne diesen Feststellungen nur soweit gefolgt werden, daß die Klägerin im Zwangsversteigerungsverfahren keine besonderen Aktivitäten gesetzt habe. Zu berücksichtigen sei auf Grund des Zwangsversteigerungsaktes nämlich, daß die Klägerin anläßlich der Beschreibung und Schätzung der Liegenschaft am 19.Juni 1986 in Gegenwart des Gerichtsbeauftragten, des Sachverständigen Ing. Hermann K***, des Vertreters der betreibenden Partei und der zweitverpflichteten Partei anwesend gewesen sei und dabei ausdrücklich angegeben habe, daß "sämtliche Liegenschaften an sie verpachtet sind". Anläßlich einer am 28.April 1987 stattgefundenen Tagsatzung habe der Sachverständige Josef S*** zu dem von den verpflichteten Parteien als Beilage A zum Exekutionsakt gegebenen Pachtvertrag vom 8. August 1984 ausgeführt: "Sollte der Pachtvertrag.... tatsächlich

zu Recht bestehen, so würde dies auf den Schätzwert.... einen Einfluß haben." Im Beschluß vom 12.Juli 1987 über die endgültige Bestimmung des Schätzwertes habe sich das Exekutionsgericht ausdrücklich auf den Pachtvertrag bezogen, dazu aber angeführt, daß dieser mangels Verbücherung nicht berücksichtigungswürdig sei. Eine weitere Erwähnung allfälliger Bestandrechte der Klägerin sei dem Zwangsversteigerungsakt bis einschließlich der Versteigerungstagsatzung nicht zu entnehmen, auch nicht den Versteigerungsbedingungen. Als unbedenklich hat das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen, daß die Klägerin der Meinung war, der Pachtvertrag erlösche durch den Zuschlag, und sie deshalb im Herbst 1987 die Äcker nicht bearbeitete. Die Feststellung allerdings, daß die Klägerin "nicht die Absicht hatte, mit der Bewirtschaftung überhaupt aufzuhören", übernahm das Berufungsgericht im Hinblick auf ihre Aussage vor dem Erstgericht, "ich war der Ansicht, daß mein Pachtvertrag jetzt hinfällig sei", sowie, daß sie zu Beginn des Jahres 1988 die landwirtschaftlichen Geräte aus Weindorf wegbrachte und schon im Herbst 1987 keine landwirtschaftlichen Ackerarbeiten mehr durchführte, mit der Einschränkung, daß die Klägerin bis in die ersten Monate des Jahres 1988 keine klaren Vorstellungen über das rechtliche Schicksal des Pachtvertrages hatte und mit einer Fortsetzung des Pachtvertrages nach der Versteigerung nicht rechnete. Daß ihre Schwiegereltern und sie selbst sich beim Herannahen der Versteigerung nicht mehr in Richtung einer Fortsetzung des Pachtvertrages geäußert hätten, sei nach Ansicht des Berufungsgerichtes "in der damaligen Schutzüberlegung zu begründen", wonach eine solche Fortdauer des Pachtvertrages den Schätzwert der Liegenschaft und damit den voraussichtlichen Versteigerungserlös schmälern könnte. Erst nach der stattgefundenen Versteigerung habe sich dann die Behauptung eines Pachtvertrages zugunsten der Klägerin wieder zum Vorteil der Familie O*** erwiesen. Auf Grund einer Beweisergänzung traf das Berufungsgericht noch folgende wesentliche Feststellungen:

Die Klägerin und ihre Schwiegereltern leben schon seit vielen Jahren im gemeinsamen Familienverband in Rottendorf Nr.4. Die Verpachtung des Anwesens Marienhof in Weindorf bei Launsdorf und Rottendorf an die Klägerin im Jahre 1984 erfolgte aus dem Grunde, daß Ernst O*** seinen Anspruch auf die Bauernpension aufrechterhielt, nachdem die Mitbesitzerin und Teilpächterin (1979 bis 1984) Elfriede O*** arbeitsunfähig wurde. Das familiäre Verhältnis war immer sehr gut. Der zeitweise im Ausland beschäftigte Ehegatte der Klägerin war als Hofübernehmer vorgesehen. An einen Verkauf bzw. eine Versteigerung der Liegenschaften war bei Abschluß des Pachtvertrages nicht gedacht. Der Reinertrag dieser Liegenschaften belief sich während der Pachtdauer jährlich auf rund S 500.000, dies bereits nach Abzug der Arbeitsentlohnung usw. Der Pachtschilling von jährlich S 40.000 stand wirtschaftlich jedenfalls in keinem Verhältnis zu einem tatsächlich erzielbaren Pachtschilling, welcher zweifellos einen ganz beträchtlichen Anteil des jährlichen Reinertrages von rund einer halben Million Schilling betragen würde, nach Ansicht des Berufungsgerichtes (§ 273 ZPO) jedenfalls einen Betrag von S 100.000 oder sogar ein Mehrfaches davon. Die Klägerin hat in den Jahren 1984 bis 1987 die Einkommensteuer und die Sozialversicherung bezahlt, die Verpächter (bzw. Ernst O***) haben die Grundsteuer und die Versicherungsprämien bezahlt. Die Klägerin hat den Verpächtern, welche sich in zunehmenden finanziellen Schwierigkeiten befanden (Schulden allein bei der im Zwangsversteigerungsverfahren aufgetretenen betreibenden Gläubigerin über dreißig Millionen Schilling), in den Jahren 1984 bis 1987 nicht nur den Pachtzins bezahlt, sondern auch Beträge von insgesamt rund S 700.000 gegeben; eine eventuelle Rückzahlung wurde nicht besprochen. Bei Abschluß des weitgehend vorgedruckten schriftlichen Pachtvertrages haben die Parteien folgende Regelung getroffen: "Der Pachtvertrag wird auf unbestimmte Zeit, das ist vom 1.September 1984 bis ...abgeschlossen. Das Pachtjahr läuft vom 1.September bis 31.August eines jeden Jahres. Eine Aufkündigung ist bei Verträgen auf unbestimmte Zeit unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist für das Ende eines Pachtjahres mittels eingeschriebenen Briefes auszusprechen...". Eine genaue Besprechung dieses oder anderer Vertragspunkte hat nicht stattgefunden. Auch im Hinblick auf den äußerst geringen Pachtzins haben die Vertragspartner ein allfällig zweckmäßig oder notwendig werdendes vorzeitiges bzw. einseitiges Abgehen vom Pachtvertrag nicht erörtert, sie haben an eine solche Möglichkeit nicht gedacht. Nach dem insbesondere vor dem Berufungsgericht hervorgekommenen Verhalten der Vertragspartner war die Meinungsbildung derselben weitestgehend eine übereinstimmende, die Klägerin war wirtschaftlichen Argumenten ihrer Schwiegereltern im Interesse der Gesamtfamilie zugänglich.

Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht den vom Erstgericht übernommenen sowie den ergänzend festgestellten Sachverhalt dahin, gemäß § 1121 ABGB habe der Bestandnehmer bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung der Sache (sofern das Bestandrecht wie im vorliegenden Fall nicht in öffentliche Bücher eingetreten sei) dem Ersteher erst nach gehöriger Aufkündigung zu weichen. Von der Rechtsprechung werde diese gesetzliche Anordnung - wie auch die des § 1120 ABGB - dahin verstanden, daß der Ersteher unabhängig von seiner Kenntnis und von der Anführung in den Versteigerungsbedingungen, in alle Bestimmungen eines bestehenden Bestandvertrages eintrete, mit Ausnahme jener über die Dauer des Bestandverhältnisses und über längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen. Daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Versteigerung den Bestandgegenstand nicht mehr innegehabt hätte und sohin die Bestimmungen der §§ 1120 und 1121 ABGB nicht zur Anwendung zu kommen hätten, könne nach den Verfahrensergebnissen nicht angenommen werden. In diesem Zusammenhang werde hiemit noch die Feststellung getroffen, daß zum Zeitpunkt der Versteigerung der Liegenschaften (16.Dezember 1987) verschiedene Geräte und Maschinen auf dem Anwesen Marienhof lagerten. Für den Ersteher sei allerdings die Innehabung der Gerätschaften durch die Klägerin ohne eine entsprechende Rückfrage - welche nicht efolgt sei - nicht erkennbar gewesen. Eine normale Bewirtschaftung der Liegenschaften Marienhof habe im Dezember 1987 nicht stattgefunden, das Anwesen sei - ausgenommen den Wohnungsberechtigten Otwin S*** - unbewohnt gewesen. Von den früheren Erwähnungen des Bestandrechtes im Zwangsversteigerungsverfahren habe der Ersteher bei der Versteigerungstagsatzung keine Kenntnis gehabt. Im übrigen hätten diese behaupteten Bestandrechte im Verlaufe des Zwangsversteigerungsverfahrens rechtswirksam gekündigt werden können und zwar zum 31.August 1987. Der Ersteher sei daher in den Bestandvertrag mit all seinen Einzelheiten eingetreten. Ihm stehe lediglich das Kündigungsrecht nach den vertraglichen oder günstigeren gesetzlichen Bestimmungen offen. Das Berufungsgericht vertrete dabei den Standpunkt, daß der Eintritt in den Bestandvertrag bereits mit der Einräumung der einstweiligen Verwaltung und der Besitznahme erfolgt sei, zumal auch die Bestandnehmerin zumindest mit der vorliegenden Klage eine solche Rechtsposition des Beklagten als Bestandgeber anerkenne. Ob die vom Beklagten in seinem dem Klagevertreter am 27.Mai 1988 zugestellten Schriftsatz ohne nähere Ausführungen erklärte "vorbeugende Aufkündigung nach § 1121 ABGB" den gesetzlichen Anforderungen entspreche, könne dahingestellt bleiben, da der Kündigungstermin schon wegen der noch nicht abgelaufenen Kündigungsfrist (vertraglich halbjährig zum 31.August bzw. gesetzlich gemäß § 560 Abs.1 Z 2 lit.a ZPO einjährig zum 30.November) noch nicht eingetreten sei. Einer Genehmigung nach dem Kärntner Grundverkehrsgesetz habe der Pachtvertrag nicht bedurft. Diesbezüglich werde zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichtes verwiesen. Durch einen Eintritt des Erstehers in einen Pachtvertrag sei keineswegs ein neues Vertragsverhältnis mit neuen Genehmigungspflichten begründet worden.

Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Auch wenn man der von den Vorinstanzen vertretenen Auffassung folgt, es habe ein auf einem wirksamen Vertrag beruhendes Pachtverhältnis bestanden, in das der Ersteher einzutreten habe, ist das Klagebegehren aus folgenden Gründen nicht berechtigt:

Die Klägerin hat (wegen der bevorstehenden Zwangsversteigerung) die Äcker im Herbst 1987 nicht mehr bewirtschaftet und nach der unbekämpften Feststellung des Berufungsgerichtes nach der Versteigerung (zu Beginn des Jahres 1988) ihre landwirtschaftlichen Geräte weggeschafft. Sie duldete zunächst auch, daß der Beklagte die Landwirtschaft selbst bewirtschaftete und damit ein Verhalten setzte, das mit einem aufrechten Pachtverhältnis unvereinbar gewesen wäre. Dieses Verhalten konnte ein redlicher Erwerber nur so deuten, daß die Klägerin keine Nutzungsrechte an der Landwirtschaft behauptet bzw. auf ihr allenfalls zustehende Rechte verzichtet. Ob die Klägerin die Absicht hatte, durch ihr Verhalten eine Willenserklärung zum Ausdruck zu bringen, ist ohne Bedeutung, denn es kommt nicht primär auf den Willen des Erklärenden, sondern vielmehr auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von der (schlüssigen) Erklärung gewinnen durfte und gewonnen hat (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 863; vgl. auch Rz 7 zur Frage des Fehlens eines Erklärungsbewußtseins). Die Rechtsfolgen treten ein, weil durch die (schlüssige) Erklärung beim Empfänger der Eindruck erweckt wird, daß sie gewollt sind (Rummel, aaO, Rz 3 zu § 863). Ein Erwerber, der von dem zwischen der Klägerin und ihren Schwiegereltern abgeschlossenen Pachtvertrag Kenntnis gehabt hätte, hätte daher jedenfalls aus dem Verhalten der Klägerin schließen müssen, sie verzichte auf ihr allenfalls zustehende Ansprüche. Er hätte durch die Bewirtschaftung der Liegenschaft zum Ausdruck gebracht, daß er dies akzeptiert. Der Beklagte, der vom Pachtvertrag ohne sein Verschulden keine Kenntnis hatte, kann aber nicht schlechter gestellt werden, als ein Erwerber, dem das Pachtverhältnis bekannt war.

Das Pachtverhältnis ist daher aufgelöst worden. Auch wenn der Beklagte durch den Zuschlag in den Pachtvertrag eintrat, fehlt der Klägerin wegen dieser Auflösung ein Feststellungsinteresse. Der Revision war somit Folge zu geben, die Urteile der Vorinstanzen waren dahin abzuändern, daß Haupt- und Eventualbegehren abgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens überdies auf § 50 ZPO. Ein Zuschlag gemäß § 21 Abs 1 RATG war nicht zuzuerkennen.

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