OGH 6Ob626/88

OGH6Ob626/8816.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*** & CO OHG Beton- und Fertigteilwerk, Baustoffhandel & Stahlbau, Seyring, An der Brünner Straße 136, vertreten durch Dr.Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Mag.Heinz Dieter S***, Musikschuldirektor, und 2. Dorothea S***, Lehrerin, beide wohnhaft in Graz, St.Peter, Hauptstraße 33 c/2, beide vertreten durch Dr.Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, wegen 117.600 S samt Nebenforderungen, infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12. April 1988, GZ 5 R 50/88-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Januar 1988, GZ 10 Cg 44/86-34, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Sowohl die Revision der Klägerin als auch jene der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 3.737,09 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung, ON 43, (darin enthalten an Umsatzsteuer 339,74 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Antrag der Beklagten auf Zuspruch von Kosten für ihre Revisionsbeantwortung, ON 42, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagten suchten im Herbst 1983 als Ersatz für ihren zum Jahresende 1984 verkaufsweise zu räumenden Besitz nach einem Eigenheim, informierten sich im November 1983 auf einer Fertighaus-Ausstellung und fanden Gefallen an zwei von der Klägerin angebotenen Haustypen. Sie entschlossen sich zur Errichtung eines Fertighauses auf ihrem, in einer steiermärkischen Stadtgemeinde gelegenen Grund. Ein angestellter Kundenberater der Klägerin arbeitete den Entwurf für ein Fertighaus aus.

Am 2.Februar 1984 unterfertigten die Beklagten nach einem mehrstündigen Gespräch, bei dem vornehmlich bautechnische und wirtschaftliche Fragen, nicht aber die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (AGB) enthaltenen Regelungen und insbesondere nicht die Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines eventuellen Vertragsrücktrittes der Auftraggeber mit dem Kundenberater der Klägerin erörtert worden waren, eine als Bauvertrag überschriebene Urkunde, eine Ausfertigung der AGB und eine Vollmacht, ohne daß die Beklagten diese Urkunden näher durchgelesen hätten.

Die Bauvertragsurkunde wurde unter Verwendung eines drei Seiten umfassenden Formulars errichtet. Nach ihrem Inhalt erteilten die Beklagten als Bauherren der Klägerin als Herstellerin und Generalunternehmerin den Auftrag zur Herstellung, Lieferung und Montage eines näher bezeichneten Fertighauses. Als "integrierende Bestandteile" des Vertrages sollten unter anderem die AGB der Klägerin und deren Leistungsbeschreibung, aber auch der "Einreichplan, von der Baubehörde bewilligt und in Rechtskraft erwachsen, bzw Auswechslungsplan" gelten. Das als garantierter Fixpreis auf 12 Monate bezeichnete Entgelt einschließlich 20 % Umsatzsteuer wurde mit 2,337.000 S ausgewiesen, davon der "Minimalbetrag" im Sinne der AGB mit 15.000 S. Von den insgesamt neun Vertragspunkten lautete der fünfte wörtlich:

"Liefertermin: nach dem Datum des in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligungsbescheides wird ein Fertigungstermin im Werk von 8 Wochen vereinbart, und für den Transport, die Aufstellung bzw. Fertigstellung des Fertighauses zur und an der Baustelle weitere 14 Wochen, insgesamt somit 22 Wochen. Es ist daher der Fertigungstermin im Werk im Monat JUNI 84 und die Fertigstellung bis 31. Okt 84 gegeben. Die effektiven Termine werden mit dem Bauherrn abgestimmt unter gleichzeitiger Beachtung der behördlichen Termine."

Die AGB sind in sechs, jeweils mit Schlagwörtern überschriebene, teils in sich unterteilte Punkte gegliedert. Der gesamte Text umfaßt sechs Seiten. Der dritte Punkt ist mit den Wörtern "Lieferzeit/Lieferbedingungen" überschrieben. Der erste Satz dieser Regelungen lautet:

"Der im Bauvertrag angegebene Liefertermin ist verbindlich und werden uns Abweichungen davon bis zu vier Wochen zugestanden."

Der erste Absatz der unter Punkt 6 aufgenommenen "Schlußbestimmungen" hat folgenden Wortlaut:

"6.1. Stornogebühr:

bei evt. Vertragsrücktritt durch den Bauherrn beträgt diese fünf Prozent von der gesamten oder restlichen Bauvertragssumme samt Zusätzen inkl. Mehrwertsteuer. Unberührt davon bleibt die Abgeltung der bisher aufgelaufenen Kosten sowie die Einhaltung der eingegangenen Zahlungsvereinbarungen aufgrund unserer erbrachten Leistungen."

(Der im Bauvertrag erwähnte "Minimalbetrag" wird im Punkt 2.1. der AGB dahin erläutert, daß er die Kosten für die Erstellung des Einreichplanes, der baubehördlichen Einreichung und der Anwesenheit bei der Bauverhandlung decken soll, vom Bauherrn gleich nach Vertragsabschluß zu bezahlen sei und bei einem Unterbleiben der Bauausführung "aus irgendwelchen Gründen" zugunsten der von der Klägerin "erbrachten und vorerwähnten Leistungen" "verfalle".)

Nach dem Inhalt der Vollmachtsurkunde ermächtigten die Beklagten die Klägerin, sämtliche im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben notwendigen Behördenwege zu erledigen.

Dies hatte der Kundenbetreuer der Klägerin als deren "besondere Serviceleistung" bezeichnet.

Am 7.März 1984 langte das von den Beklagten unterfertigte Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung bei der zuständigen Baubehörde ein. Tags darauf forderte diese die Baubewerber schriftlich zur Vorlage eines Grundbuchsauszuges sowie des Zulassungsnachweises der Steiermärkischen Landesregierung gültig für die Jahre 1984/85 für das im Plan dargestellte Fertigteilwohnhaus auf. Dieser Aufforderung fügte die Baubehörde die Erklärung bei, daß das Bauverfahren erst nach Einlangen der fehlenden Unterlagen "eingeleitet werden" könne.

Die Beklagten unterrichteten den Kundenbetreuer der Klägerin am 9. März 1984 von dieser behördlichen Aufforderung.

Anläßlich einer persönlichen Vorsprache der Beklagten, bei der sie auch der Kundenbetreuer der Klägerin begleitete, wiederholte der Stadtbaudirektor, daß ohne Vorlage einer Zulassungsbescheinigung der Landesregierung keine positive Erledigung des Bauansuchens durch die Baubehörde erster Instanz möglich wäre. Die Prüfung des von der Klägerin vorgesehenen Bausystems im Rahmen einer Einzelgenehmigung lehnte der Stadtbaudirektor mit der Begründung ab, daß auch hiefür die Landesregierung zuständig wäre. Er erklärte sich lediglich zur Weiterleitung eines entsprechenden Ansuchens an die Landesregierung bereit, fügte dem aber bei, daß erfahrungsgemäß die Erledigung einer solchen Genehmigung mehrere Monate in Anspruch nähme. Am 30.März 1984 langte bei der Baubehörde ein mit 29.März 1984 datiertes Ansuchen der von der Klägerin als Bauführerin beigezogenen Baugesellschaft um Erteilung einer Einzelgenehmigung zur Errichtung eines in der angeschlossenen Beschreibung dargestellten Fertigteilhauses für das Bauvorhaben der Beklagten ein. Die Beklagten richteten an die Klägerin ein mit 7.April 1984 datiertes Schreiben. Darin drückten sie ihr Befremden darüber aus, daß sie durch die Stellungnahme der Baubehörde vom Nicht-Vorliegen einer Zulassungsbescheinigung für das vorgesehene Bausystem hätten erfahren müssen, und daß die Klägerin ihnen verschwiegen habe, eine derartige Typengenehmigung sei erforderlich, aber noch nicht erteilt. Dazu erklärten die Beklagten wörtlich:

"Da wir von Ihnen durch das Verschweigen von für uns entscheidenden Umständen zur Unterzeichnung des o.a. Bauvertrages bewogen wurden, fühlen wir uns an ihn nicht gebunden und ersuchen um Rücküberweisung der geleisteten Anzahlung von S 15.000,-- ....., auf die Sie trotz der Bestimmungen des Abs. 2.1., letzter Satz, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ..... - Fertighäuser nach den vorliegenden Umständen keinen Anspruch haben."

Die Eingabe der Bauführerin leitete der Bürgermeister am 5. April 1984 "zuständigkeitshalber" an das Amt der Landesregierung weiter. Die Landesregierung stellte jedoch die ihr übersandten Unterlagen am 12.April 1984 dem Stadtbauamt mit der Erklärung zurück, daß ein konkreter Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses und kein solcher auf Ausstellung einer Zulassungsbescheinigung gemäß § 17 Stmk BO vorliege. Dazu merkte das Amt der Landesregierung ausdrücklich an, "daß die Vorlage einer Zulassungsbescheinigung für einen Baustoff, einen Bauteil oder eine Bauweise keine zwingende Voraussetzung für die Durchführung eines Bauverfahrens darstellt".

Die Klägerin richtete am 18.April 1984 ein Schreiben an den Bürgermeister, in dem sie Argumente für die von der Beklagten angestrebte Baubewilligung darlegte (positive Prüfung in einem anderen Bundesland; Einzelgenehmigung in anderen steiermärkischen Gemeinden; Beschäftigungspolitik).

Die Beklagten teilten der Baubehörde in einer mit 26.April 1984 datierten Eingabe mit, daß sie sich aus rechtlichen Gründen an den mit der Klägerin geschlossenen Bauvertrag vom 2.Februar 1984 nicht gebunden fühlten und der Bauführerin jedwede Bautätigkeit auf ihrem Grund ausdrücklich untersagt hätten.

Die Klägerin wies in ihrem Schreiben vom 8.Mai 1984 die Beklagten - in Erwiderung eines (im anhängigen Rechtsstreit nicht vorgelegten) Schreibens vom 26.April 1984 darauf hin, daß die Ausstellung einer Zulassungsbescheinigung durch die Landesregierung keine Voraussetzung für die beantragte Baubewilligung sei. Die Klägerin drückte ihre Ansicht aus, daß die Beklagten nach wie vor an den am 2.Februar 1984 geschlossenen Bauvertrag gebunden wären, sie einen Rücktritt schriftlich erklären müßten und im Falle eines Vertragsrücktrittes ihrerseits die im Sinne des Punktes 6.1. der AGB vereinbarte Stornogebühr in der Höhe von 5 % der Bauvertragssumme zuzüglich Kostenersatz zu bezahlen hätten. (Abschließend bemerkte die Klägerin, daß sie sich weiter bemühe, so rasch wie möglich die Baugenehmigung zu erwirken.)

Gleichzeitig urgierte die Klägerin beim Bürgermeister die Erledigung des Bauansuchens.

Bereits am 11.Februar 1984 hatte die Klägerin an den Magistrat der Landeshauptstadt ein Ansuchen um Ausstellung einer Zulassungsbescheinigung für das nach dem mit den Beklagten abgeschlossenen Bauvertrag vorgesehene Verfahren gerichtet. Die Beklagten ließen das Schreiben der Klägerin vom 8.Mai 1984 durch einen anwaltlichen Vertreter beantworten. Dieser legte in seinem Schreiben vom 14.Mai 1984 die Rechtsansicht dar, daß der Bauvertrag wegen Unmöglichkeit der Leistung, Irreführung der Beklagten durch die Klägerin, Dissens und Verletzung eines gesetzlichen Verbotes "null und nichtig" sei. Damit verband er die Aufforderung, die Klägerin möge binnen Wochenfrist dies anerkennen und den Beklagten den von ihnen bezahlten Betrag von 15.000 S zurückzahlen.

Diesem Standpunkt der nunmehr anwaltlich beratenen Beklagten hielt die Klägerin im Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 23. Mai 1984 entgegen, daß nach dem Bauvertrag die achtwöchige Fertigungsfrist für die Klägerin nach dem Datum der in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligung zu laufen beginne, die Bauführung durchaus möglich und die Klägerin erfüllungsbereit sei, wobei eine Verzögerung allenfalls auf eine Untätigkeit der Baubehörde erster Instanz zurückzuführen sei, von der allein die Entscheidung über das ihr vorgelegte Baugesuch abhinge.

Während die Vertreter der Parteien im Schriftwechsel ihre Rechtsstandpunkte ausführten, ersuchte die Baubehörde die Beklagten mit Schreiben vom 18.Juni 1984 um die Erklärung, ob deren Eingabe vom 26.April 1984 als Rückziehung des Baubewilligungsansuchens zu verstehen wäre, und kündigte für den entgegengesetzten Fall die Anordnung der Bauverhandlung für den 3.Juli 1984 an. Die Beklagten gaben im Bauverfahren keine eindeutige Erklärung ab, die Baubehörde ordnete die Bauverhandlung an.

Mit der Eingabe vom 27.Juni 1984 (an welchem Tag ihnen die Ladung für die Bauverhandlung zugestellt worden war) erklärten die Beklagten gegenüber der Baubehörde, daß das Bauvorhaben nicht durchgeführt werden könne, und ersuchten um Abberaumung des Bauverhandlungstermines. Dies nahm die Baubehörde als Rückziehung des Bauansuchens zur Kenntnis.

Dazu führte das Berufungsgericht nach Beweisergänzung aus, es ist nicht erwiesen, daß das von den Beklagten bestellte Haus bis 28. November 1984 auch dann nicht hätte fertiggestellt werden können, wenn die Beklagten ihr Bauansuchen aufrechterhalten und nicht schon im April 1984 ihr Abstehen vom Vertrag erklärt und letztlich das Bauansuchen zurückgezogen hätten.

In seinem Schreiben vom 12.Juli 1984 brachte der anwaltliche Vertreter der Klägerin gegenüber dem Vertreter der Beklagten zum Ausdruck, daß es ausschließlich die Beklagten zu vertreten hätten, wenn durch Rückziehung des Bauansuchens die Bauausführung verzögert werde oder infolge Unterbleibens einer Wiederanbringung des Baugesuches die Bauausführung überhaupt unterbleiben müsse. Die Landesregierung erteilte durch ihre Landesbaudirektion am 28. Juli 1984 die von der Klägerin beantragte Zulassungsbescheinigung. Die Beklagten erfuhren davon erst im Zuge des anhängigen Rechtsstreites. Sie hätten sich aber auch bei unverzüglicher Kenntnisnahme von dieser behördlichen Erledigung nicht zu einer Wiederholung ihres Bauansuchens bereit gefunden. Im Schreiben vom 11.September 1984 kündigte der Vertreter der Klägerin an, daß diese nach fruchtlosem Ablauf der vereinbarten Lieferfrist vom Vertrag zurücktreten und alle ihr danach zustehenden Ansprüche geltend machen werde.

Mit der Rechnung vom 27.September 1984 schlüsselte die Klägerin

ihre Forderung im folgenden Sinne auf:

Pauschalbetrag für bereits aufgelaufene

Kosten einschließlich Umsatzsteuer 15.000,-- S

Aufwandersatz für Gebühren 750,-- S

Stornogebühr (5 % von 1,947.500 S

zuzüglich 20 % Umsatzsteuer) 116.850,-- S

abzüglich der Zahlung von - 15.000,-- S

117.600,-- S.

Mit der am 5.November 1984 angebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der beiden Beklagten zur Zahlung dieses Betrages. Das Zinsenbegehren war dabei nach einer Modifikation durch die Klägerin auf Zahlung von 12 % Zinsen (einschließlich Umsatzsteuer von den Zinsen) aus 95.725 S und 4 % aus 21.975 S, jeweils ab 6.Oktober 1984 gerichtet.

Die Beklagten wendeten ein, daß der Bauvertrag nicht wirksam zustandegekommen sei; die Einhaltung der vertraglich festgelegten Fertigungstermine sei für sie entscheidend gewesen und auch als wesentlich bezeichnet worden. Zur rechtzeitigen Bauführung wäre das Vorliegen einer Zulassungsbescheinigung der Landesregierung unerlässlich gewesen. Wegen Fehlens dieser Bescheinigung sei geradezu Unmögliches Vertragsgegenstand geworden. Durch das Verschweigen des Mangels der Bescheinigung habe der Kundenberater der Klägerin die Beklagten über die Ausführbarkeit des Baues in Irrtum geführt. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätten sich die Beklagten nicht zum Abschluß des Bauvertrages verstanden. Die zum Vertragsinhalt erhobene Bauweise liefe mangels Zulassungsbescheinigung gesetzlichen Verboten zuwider. Die von der Klägerin aufgestellten AGB seien in ihrer Gesamtheit, vor allem aber in Ansehung der sogenannten Stornogebührregelung nicht Vertragsinhalt geworden. Mangels Verschuldens der Beklagten stünde der Klägerin im übrigen kein Anspruch auf die als Konventionalstrafe zu qualifizierende Leistung zu. Ausdrücklich begehrten die Beklagten die richterliche Mäßigung der eingeklagten "Stornogebühr", weil nicht einzusehen sei, daß die Klägerin, "ohne einen Finger zu rühren", nahezu 100.000 S erhalten sollte.

Das Prozeßgericht erster Instanz hatte das Klagebegehren im ersten Rechtsgang abgewiesen. Nach einer Verfahrensergänzung im Sinne eines berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses wies es das Klagebegehren im zweiten Rechtsgang abermals zur Gänze ab. Das Berufungsgericht bestätigte die Klagsabweisung in Ansehung eines Teilbegehrens auf Zahlung von 58.287 S samt 12 % Zinsen (einschließlich Umsatzsteuer von den Zinsen) seit 6. Oktober 1984 sowie das 4 % übersteigende Zinsenbegehren aus

37.438 S, änderte aber das erstinstanzliche Urteil in Ansehung des Teilbegehrens auf Zahlung von 59.313 S samt 4,8 % Zinsen (einschließlich Umsatzsteuer von den Zinsen) seit 6.Oktober 1984 im klagsstattgebenden Sinne ab. Es sprach aus, daß die Revisionszulässigkeit im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorliege.

Das Berufungsgericht erachtete das Begehren auf Ersatz der

Barauslagen von 750 S sowie den Entgeltanspruch für die tatsächlich

erbrachten Leistungen (12.500 S + 20 % Umsatzsteuer) im Betrag von

15.000 S abzüglich der hierauf bereits geleisteten Zahlung in

derselben Höhe als berechtigt, anerkannte auch den geltend gemachten

Anspruch auf Zahlung der sogenannten Stornogebühr dem Grunde nach,

mäßigte ihn aber von 5 % auf 2 1/2 % (= 48.687,50) zuzüglich 20 %

Umsatzsteuer (= 9.737,50). Bei der Berechnung der Umsatzsteuer

unterlief allerdings ein Fehler, so daß anstatt 58.425 S + 750 S = 59.175 S um 138 S mehr zugesprochen wurden.

In rechtlicher Beurteilung hatte das Berufungsgericht bereits in seinem Aufhebungsbeschluß im wesentlichen gefolgert:

Nach den Regelungen der Steiermärkischen Bauordnung sei es Sache der Baubehörde, die Tauglichkeit von Baustoffen, Bauteilen oder bautechnischen Mitteln zu prüfen. Eine von der Landesregierung über die Tauglichkeit eines Baustoffes, eines Bauteiles oder eines bautechnischen Mittels ausgestellte Zulassungsbescheinigung im Sinne des § 17 erleichtere nur die Aufgaben der Baubehörde. Ein Rechtsanspruch auf Ausstellung einer Zulassungsbescheinigung bestehe nicht, es sei auch niemand verpflichtet, um eine solche Bescheinigung anzusuchen.

Der Klägerin sei es nicht als Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten anzulasten, daß sie den Beklagten das Nichtvorhandensein einer Zulassungsbescheinigung der Landesregierung nicht mitgeteilt habe. Ein nach § 871 ABGB erheblicher Irrtum der Beklagten liege nicht vor, ebensowenig der von den Beklagten eingewendete Dissens. Der Bauvertrag vom 2.Februar 1984 sei zufolge übereinstimmender Willenserklärungen ohne Willensmängel über einen zulässigen Inhalt ein wirksam zustande gekommenes Rechtsgeschäft. Die für die Entscheidung des Rechtsstreites erheblichen Regelungen in den von der Klägerin aufgestellten AGB seien weder nach ihrem Inhalt ungewöhnlich, noch nach dem äußeren Urkundenerscheinungsbild in einer Weise eingeordnet, formuliert und wiedergegeben, daß ein Leser mit ihnen nicht zu rechnen gebraucht hätte. Weder das Fehlen einer Zulässigkeitsbescheinigung gemäß § 17 Stmk BO noch die sich aus einer rechtsirrigen Haltung der Baubehörde erster Instanz abzeichnende Verzögerung des Baubewilligungsverfahrens hätten es gerechtfertigt, daß die Beklagten das Verfahren über ihr Bauansuchen nicht gehörig betrieben oder ihr Gesuch zurückgezogen hätten. Mangels anderslautender Vereinbarung sei die Erwirkung der Baubewilligung Sache der Beklagten als der Bauwerber gewesen. Das Risiko einer Verzögerung des Bauverfahrens aus Umständen, die nicht der Sphäre der Klägerin zuzurechnen seien, insbesondere wegen einer verfehlten Rechtsansicht der Baubehörde, ginge zu Lasten der Beklagten. Der vertraglich festgelegte Fertigstellungstermin habe den Bauvertrag nicht zu einem Fixgeschäft gemacht.

Im angefochtenen Berufungsurteil ergänzte das Berufungsgericht seine rechtlichen Ausführungen und hob dabei noch hervor:

Es ergäbe sich weder aus der Vertragsurkunde, noch könne ohne weiteres angenommen werden, daß der vertraglich festgelegte Fertigstellungstermin ausdrücklich zur Bedingung gemacht worden und Geschäftsgrundlage gewesen wäre. Selbst in einem solchen Falle müßten es sich die Beklagten aber zurechnen lassen, daß sie durch die Rückziehung ihres Bauansuchens die für die Vertragserfüllung notwendige Baubewilligung vereitelt hätten, zumal ihnen der Beweis mißlungen sei, daß die Baulichkeit auch bei einem vertragsgemäßen Verhalten ihrerseits bis Ende November 1984 nicht hätte fertiggestellt werden können. Die von den Beklagten unterfertigten AGB seien unabhängig davon, ob die Beklagten diese Regelungen durchgelesen oder ungelesen unterschrieben hätten, zum Vertragsinhalt geworden. Die unter der Bezeichnung "Stornogebühr" formulierten Regelungen der AGB stellten der Sache nach die Festlegung eines Anspruches auf Konventionalstrafe dar. Eine solche sei mangels gegenteiliger Abrede nur bei einem schuldhaften Verhalten zu entrichten. Die Beklagten hätten ihrer Verpflichtung, alle in ihrer Macht gelegenen Voraussetzungen zur Vertragserfüllung zu schaffen, durch die Rückziehung ihres Bauansuchens zuwidergehandelt. Die von der zuständigen Baubehörde vertretene Rechtsansicht (hätten die Beklagten zwar nicht kritiklos hinnehmen dürfen,) ließe das Verschulden der unter einem Zeitdruck gestandenen Beklagten allerdings als nur gering erscheinen. Deshalb erachtete das Berufungsgericht bei der verhältnismäßig hohen Bausumme einen Vergütungsbetrag in der Höhe von 2,5 % als angemessen und machte in diesem Ausmaß vom richterlichen Mäßigungsrecht Gebrauch. Die von der Klägerin gegen den bestätigenden Teil des Berufungsurteiles erhobene Revision ist nach der (gemäß Art XLI Z 5 WGN 1989 anzuwendenden) Regelung des § 502 Abs. 3 ZPO in der Fassung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 unzulässig, da der Wert des von der Bestätigung betroffenen Streitgegenstandes 60.000 S nicht übersteigt.

Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen. Die Beklagten haben zwar die Unzulässigkeit der Revision wegen Nichtvorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO geltend gemacht, in ihrer Revisionsbeantwortung aber nicht auf die Unzulässigkeit gemäß § 502 Abs. 3 ZPO hingewiesen. Die Revisionsbeantwortung der Beklagten kann daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig erkannt werden. Aus dieser Erwägung steht den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu.

Die Zulässigkeit der von den Beklagten gegen den abändernden Teil des Berufungsurteiles erhobenen Revision ist, soweit nicht eine selbständige Bekämpfung des Berufungsurteiles im Kostenpunkt jedenfalls unzulässig ist, unter dem Gesichtspunkt des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zu beurteilen.

Im Sinne der genannten Gesetzesstelle erhebliche Rechtsfragen waren weder Teil der tragenden Begründung des angefochtenen Urteiles noch Inhalt der in der Revision ausgeführten Anfechtungsgründe. Grundlage der Anspruchsableitung ist ein Bauvertrag mit vertraglicher Festlegung von Fertigstellungsterminen sowie mit der Regelung, daß die Bauherren im Falle ihres (zu ergänzen: ungerechtfertigten) Rücktrittes vom Vertrag nicht nur die bis dahin erbrachten Bauvertragsleistungen der Generalunternehmerin voll zu entlohnen, sondern darüber hinaus vom restlichen Entgelt für die unausgeführt gebliebenen Leistungen 5 % als sogenannte "Stornogebühr" zu bezahlen hätten.

Zur Geltung der von der Klägerin aufgestellten AGB steht außer Streit, daß die Beklagten im Zusammenhang mit der Unterfertigung der Bauvertragsurkunde, die ausdrücklich auf die AGB verweist, auch eine Ausfertigung dieser AGB unterfertigt haben. Die in der Revision zitierten Ausführungen des Erstrichters zur Geltung der AGB als Vertragsinhalt stellen eine rechtliche Wertung und keine Tatsachenfeststellung dar. Das Berufungsgericht hat seiner, von der Ansicht der ersten Instanz abweichenden rechtlichen Beurteilung, die mit der ständigen Rechtsprechung übereinstimmende Ansicht zugrunde gelegt, daß ein Rechtsgeschäftspartner eine von ihm unterfertigte Rechtsgeschäftserklärung grundsätzlich auch dann gegen sich gelten lassen müsse, wenn er sie (trotz möglicher und zumutbarer inhaltlichen Kenntnisnahme) tatsächlich nicht gelesen hätte. Die Rüge, das Berufungsgericht hätte eine unbekämpft gebliebene Tatsachenfeststellung nicht in ihr inhaltliches Gegenteil verkehren dürfen, verkennt das Wesen von Tatsachenfeststellungen und rechtlicher Beurteilung eines zugrundezulegenden Sachverhaltes.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat der Rechtsansicht der Beklagten, die in den AGB enthaltene Regelung über die sogenannte "Stornogebühr" wäre aus dem Grunde des § 864 a ABGB nicht Vertragsinhalt geworden, entgegengesetzt, daß Vereinbarungen dieses Inhaltes in Bauverträgen nicht ungewöhnlich seien und ein verständiger Leser nicht hätte voraussetzen dürfen, daß eine derartige Regelung nicht vorhanden wäre. Die Rüge, daß die Regelung über die sogenannte "Stornogebühr" als eine "überraschende Klausel" anzusehen gewesen wäre, setzt sich über die Tatsache hinweg, daß die AGB in der Bauvertragsurkunde als Vertragsbestandteil ausdrücklich erwähnt wurden und die Beklagten als Auftragnehmer die AGB unterschrieben, ohne behauptet und erwiesen zu haben, daß ihnen die Möglichkeit gefehlt hätte, den Inhalt der Regelungen zu erfassen. Daß die Beklagten aber eine genaue Durchsicht des von ihnen unterschriebenen Schriftstückes unterließen, hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung als unerheblich erkannt. Aus welchen konkreten Umständen die Regelung über die sogenannte "Stornogebühr" für die Beklagten als überraschende Klausel zu werten gewesen wäre, führen sie in ihrer Revision sonst in keiner Weise aus. Die im Bauvertrag festgelegten Fertigungstermine wurden nirgends mit dem Ausdruck "Fixtermin" bezeichnet. Nach dem Inhalt der AGB sollten sie in der dort näher umschriebenen Weise "verbindlich" sein, sich nach dem Wortlaut des Bauvertrages aber in erster Linie nach Fristen bestimmen, die vom "Datum des in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligungsbescheides" zu berechnen waren. Die Beklagten unterstellen in ihren Revisionsausführungen, daß die Klägerin ihnen gegenüber eine Garantie für die Erteilung der Baubewilligung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt übernommen oder das Risiko der Nichterteilung der Baubewilligung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sich genommen hätten, ohne aufzuzeigen, nach welcher Vertragserklärung der Klägerin die Beklagten eine solche Garantie oder Risikoübernahme hätten annehmen dürfen. Das Berufungsgericht hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung dargelegt, daß mangels anderweitiger Vereinbarung die Bauwerber das Risiko einer von der Baubehörde zu vertretenden Verzögerung des Bauverfahrens zu tragen hätten, jedenfalls aber für die Folgen verantwortlich seien, die sich aus einer (ungerechtfertigten) Rücknahme ihres Bauansuchens ergäben. Der Schluß der Revisionswerber, daß aus dem festgestellten Verhalten der Klägerin im Bauverfahren und im Verfahren um Ausstellung einer Zulassungsbescheinigung auch die Rechtspflicht der Klägerin zu derartigen behördlichen Schritten zu folgern wäre, ist mit den Grundsätzen der Logik nicht vereinbar. Daß die Klägerin zur Beförderung der Vertragsinteressen behördliche Interventionen unternommen habe, rechtfertigt in keiner Weise die Annahme, daß die Klägerin dazu vertraglich verpflichtet gewesen wäre oder das Risiko einer Verzögerung der Baubewilligung zu tragen gehabt hätte. Selbst wenn die Klägerin die Besorgung der mit dem Bauansuchen verbundenen Geschäfte für die Beklagte übernommen haben sollte, hätte sie als Parteienvertreterin nicht für Fehler der Behörde einzustehen. Daß die Bauverfahrensverzögerung auf einer irrigen Rechtsansicht der Baubehörde beruhte, haben beide Vorinstanzen einwandfrei aus dem Wesen der Zulassungsbescheinigung nach § 17 Stmk BO in Übereinstimmung mit dem aktenkundigen Hinweis der Landesregierung an die Baubehörde in der Note vom 12.April 1984 dargelegt. Soweit die Beklagten der Zulassungsbescheinigung nach wie vor einen anderen Sinn beizulegen versuchen, setzen sie sich über den klaren Wortlaut des § 17 Stmk BO hinweg.

Im Versuch, die Kausalität der Rückziehung ihres Bauansuchens für die Vereitelung der Einhaltung des bauvertraglich vorgesehenen Zeitplanes in Frage zu stellen, bemängeln die Beklagten, das Berufungsgericht hätte eine unbekämpft gebliebene erstrichterliche Feststellung in ihr Gegenteil verkehrt. Diese Rüge beruht im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin zu Punkt 2 ihrer Berufung ON 35 (AS 219 f) auf einer groben Aktenwidrigkeit.

Durften die Beklagten aber nach dem vorauszusehenden Lauf der Dinge nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit von einer Vereitelung des bauvertraglichen Zeitplanes ausgehen, dann verstießen ihre Erklärungen, sich an den Bauvertrag nicht gebunden zu erachten und das Bauansuchen zurückzuziehen, gegen ihre bauvertraglichen Verpflichtungen. Dazu vertreten die Beklagten die Ansicht, das Berufungsgericht habe ihnen in Anwendung des § 1298 ABGB zu Unrecht die Beweislast für ihre Schuldlosigkeit auferlegt. Die kritiklose Unterwerfung unter eine unrichtige Rechtsauffassung der Behörde, auch nachdem eine Aufsichtsbehörde bereits die Unrichtigkeit aktenkundig gemacht und der Vertragspartner bereits auf die richtige Rechtsansicht hingewiesen hatte, kann entgegen der von den Beklagten vertretenen Ansicht nicht entschuldigen. Das Berufungsgericht hat mit Rücksicht auf die konkreten Umstände des zugrundezulegenden Sachverhaltes einen den Beklagten oblegenen Schuldlosigkeitsbeweis als nicht erbracht angesehen. Darin liegt wegen der Charakteristik des Falles durch seine besonderen Umstände keine Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO.

Das Berufungsgericht ist von der Rechtsansicht ausgegangen, daß mangels anders lautender Absprache eine vereinbarte Konventionalstrafe nur bei Verschulden an der Nicht- oder Schlechterfüllung bzw. am Verzug mit der versprochenen Leistung bezahlt werden müsse. Die Beklagten wollen dies nach ihren Rechtsmittelausführungen auf den Fall böser Absicht oder auffallender Sorglosigkeit eingeschränkt wissen und berufen sich dabei auf § 1324 ABGB. Ausgleich für Gewinnentgang aus einem abgeschlossenen Rechtsgeschäft ist eigentliche Schadloshaltung. Abgesehen davon haben sich die Beklagten zur Leistung eines als Werklohn zu wertenden Entgeltes verpflichtet, so daß der Klägerin im Falle der Ausführungsvereitelung nicht Schadenersatz sondern Entgelt im Sinne des § 1168 ABGB zusteht. Die Vereinbarung der sogenannten "Stornogebühr" im Werkvertrag könnte daher als Pauschalierung der gebotenen Anrechnung aufgefaßt werden, wobei Grundsätze des Schadenersatzrechtes überhaupt zurücktreten.

Schon aus diesem Grunde kann auch in der von den Beklagten als zu wenig umfangreich gerügten Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes kein Rechtsirrtum gelegen sein. Der oben erwähnte Rechenfehler ist nicht zum Gegenstand der Revisionsausführungen gemacht worden.

In den wenig gegliederten und sachlich geordneten Revisionsausführungen kann insgesamt keine Rüge der unrichtigen Lösung einer nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zu qualifizierenden Frage erkannt werden. Die Revision ist aus diesem Grunde unzulässig. Darauf hat die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend hingewiesen. Ihr gebührt daher Ersatz für die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung.

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