OGH 1Ob641/89

OGH1Ob641/8915.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred P***, geboren am 22.Juni 1944 in Leoben, Kellner, Oberbüchel 58, Gamprin, Fürstentum Liechtenstein, vertreten durch Dr.Gerold Hirn und Dr.Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Annemarie P***, geborene M***, geboren am 13.Juli 1940 in Guttaring, Raumpflegerin, Bifangstraße 44, 6830 Rankweil, vertreten durch Dr.Anna Jahn, Rechtsanwältin in Feldkirch, wegen Ehescheidung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 6. Juni 1989, GZ 1 a R 198/89-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 23. November 1988, GZ 9 C 1716/87-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.706,20 (darin enthalten S 617,70 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 16.November 1963 vor dem Standesamt Feldkirch zu Nr. 164/1963 die jeweils erste Ehe geschlossen. Ehepakte wurden nicht errichtet. Beide Parteien sind österreichische Staatsangehörige. Ihr letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt war Rankweil. Aus der Ehe entstammen die mittlerweile völljährigen Töchter Liane (auch Leane), geboren am 11.Dezember 1963, Manuela, geboren am 4.Dezember 1965, und Michaela, geboren am 21.März 1968. Die häusliche Gemeischaft der Ehegatten ist seit 27. November 1981 aufgehoben. Damals zog der Kläger aus der Ehewohnung aus und ließ die Beklagte und die drei Töchter allein, ohne zunächst in ausreichender Weise für deren Unterhalt Sorge zu tragen. Die Beklagte hatte dem Kläger für dieses Verhalten keinen berechtigten Anlaß geboten. Der Kläger lebt seit 6.Jänner 1982 zusammen mit Maria B***, die er im Februar 1981 näher kennengelernt hatte. Seine Beziehung zu Maria B*** war auch der wesentliche Grund für den Auszug des Klägers aus der Ehewohnung. Eine Wiederaufnahme der ehelichen und häuslichen Gemeinschaft der Streitteile ist nicht mehr möglich. Die Ehe der Parteien ist endgültig gescheitert.

Mit der vorliegenden, am 26.November 1987 zu Protokoll gegebenen Klage begehrte der Kläger die Ehescheidung gemäß § 55 Abs. 3 EheG, weil die häusliche Gemeinschaft seit 27.November 1981 aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet sei. Auf den Schuldantrag der Beklagten gemäß § 61 Abs. 3 EheG erwiderte er, die Beklagte unterhalte seit längerer Zeit ehewidrige geschlechtliche Beziehungen zu Rosario C***; die Zerrüttung der Ehe sei auf diese ehewidrigen Beziehungen der Beklagten zurückzuführen.

Die Beklagte beantragte, das Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe gemäß § 61 Abs. 3 EheG auszusprechen, weil der Grund für den Auszug des Klägers aus der Ehewohnung ausschließlich in dessen ehebrecherischem Verhältnis zu Maria B*** gelegen und dadurch die Ehe der Streitteile zerstört worden sei. Das Erstgericht schied die Ehe gemäß § 55 Abs. 3 EheG, wies jedoch den von der Beklagten gestellten Schuldantrag ab, weil es ein gleichteiliges Verschulden der Streitteile an der Zerrüttung der Ehe annahm.

Das Gericht zweiter Instanz sprach in Stattgebung der Berufung der Beklagten nach Beweiswiederholung - mit Zustimmung der Parteien durch Verlesung aller Beweisaufnahmen gemäß § 281 a ZPO - aus, daß der Kläger die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet hat. Dem Kläger sei der Beweis für seine Gegenbehauptung, die Beklagte treffe das Zerrüttungsverschulden, weil sie ehewidrige geschlechtliche Beziehungen zu Rosario C*** unterhalten habe, nicht gelungen. Die vom Kläger gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Wie in der Revisionsbeantwortung zutreffend dargelegt wird, gehört die Beurteilung des Berufungsgerichtes, ob eine verläßliche Überprüfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung nur auf Grund des unmittelbaren Eindruckes der Zeugen und Parteien oder auf Grund einer Beweisaufnahme gemäß § 281 a ZPO möglich ist, dem Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung an (SZ 58/8; EvBl 1985/70; 3 Ob 166/88 uva). Nur im Falle der ausdrücklichen Antragstellung einer der Parteien auf unmittelbare Beweisaufnahme käme ein Verfahrensmangel aus der gerügten Vorgangsweise des Berufungsgerichtes in Betracht (SZ 58/8; EvBl 1985/70; 6 Ob 553/89 uva); hier liegt jedoch eine ausdrückliche Zustimmung der Parteien zur Verlesung der erstgerichtlichen Beweisaufnahmen vor. Der neue § 488 Abs. 4 ZPO gilt erst, wenn das Datum der Entscheidung nach dem 31.Dezember 1989 liegt (Art. XLI Z 5 WGN 1989, BGBl 1989/393). Wie die Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof ergibt, liegt auch keine weitere, vom Kläger gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Die Rechtsrüge der Revision muß unbeachtlich und daher erfolglos sein, soweit sie nicht von dem vom Berufungsgericht nach Beweiswiederholung, sondern von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ausgeht. Im Gegensatz zum Erstgericht ging das Berufungsgericht bei seinen Feststellungen über die Ursachen und Zuordnung der Zerrüttung der Ehe der Streitteile im wesentlichen vom - eingangs dargestellten knappen - Parteienvorbringen und nicht etwa von überschießenden Beweisergebnissen aus. Dabei sind vom Berufungsgericht Feststellungsmängel als Folgen etwaiger rechtlicher Fehlbeurteilung nicht unterlaufen. Die dargelegten Feststellungen lassen aber eine andere als die vorgenommene rechtliche Beurteilung des Zerrüttungsverschuldens schon deshalb nicht zu, weil der Kläger mit seinen gegen die Beklagte erhobenen Zerrüttungsschuldvorwürfen erfolglos blieb, während die dem Verschuldensantrag der Beklagten gemäß § 61 Abs. 3 EheG unterstellten Behauptungen sich im Beweisverfahren als zutreffend erwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers bleibt daher ohne Erfolg.

Die Revisionskostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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