Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre erhöht. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.November 1962 geborene Leopold M*** (I.) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB, (II.) des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und (III.) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er
(zu I) Nachgenannten durch Einbruch fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Gesamtwert mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1. am 31.Dezember 1988 in Griffen dem Josef K*** durch Einsteigen in dessen Gasthof eine Kellnerbrieftasche unbekannten Wertes und mindestens 1.000 S Bargeld;
2. in Unterbergen dem Ing. Hans A*** durch Einsteigen in dessen Hotel und Eindringen in den Büroraum mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug
a/ am 14.Jänner 1989 eine Kellnerbrieftasche unbekannten Wertes sowie 3.500 S und 80 DM Bargeld;
b/ am 30.April 1989 eine Geldtasche unbekannten Wertes sowie 13.000 S, 3.500 DM und 2.500 sfr Bargeld;
3. am 17.Mai 1989 in St. Margarethen im Rosental dem Johann S*** durch Einsteigen in das Gasthaus K*** zwei Brieftaschen unbekannten Wertes und mindestens 3.300 S Bargeld;
4. am 30.Mai 1989 in Hollenburg Verfügungsberechtigten der Firma M*** einen Schraubenzieher unbekannten Wertes und durch Einbruch in eine Werkstätte 120 S Bargeld;
5. am 3.Juni 1989 in Gotschuchen dem Max O*** durch Einsteigen in das Gasthaus B*** eine Brieftasche unbekannten Wertes und 900 S Bargeld;
(zu II) am 31.Dezember 1988 in Griffen ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den Personenkraftwagen des Josef K***, Marke Renault 25, amtliches Kennzeichen K 84.700, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, indem er sich die Gewalt über das Fahrzeug mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel, somit durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen verschaffte;
(zu III) Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, durch Ansichnehmen und Einbehalten sowie nachfolgendes Wegwerfen mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar
1. am 30.April 1989 in Unterbergen die ÖAMTC-Mitgliedskarte der Magda A***;
2. am 17.Mai 1989 in St. Margarethen im Rosental den Bergführerausweis und den Führerschein des Johann S***. Der Sache nach nur den Schuldspruch wegen unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen (Punkt II des Urteilssatzes) und einen Teil des Schuldspruches wegen Urkundenunterdrückung (Punkt III), soweit dieser die Entfremdung einer ÖAMTC-Mitgliedskarte und eines Bergführerausweises betrifft, bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe nach Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Zunächst ist es unzutreffend, daß Abs. 1 und Abs. 2 des § 136 StGB jeweils selbständige und zudem noch einer konkurrierenden Verwirklichung unzugängliche Deliktstatbestände umschreiben sollen. Denn nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut enthalten diese Normen den Grundtatbestand des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen und eine erhöhte Strafdrohung für den Fall bestimmter Begehungsweisen. Das Beschwerdevorbringen, wonach vorliegend die Anwendung dieser strafgesetzlichen Bestimmungen (laut Punkt II des Schuldspruches) eine Verurteilung wegen zweier gesonderter strafbaren Handlungen bedeute, entbehrt demnach jeglicher Grundlage.
Dies gilt gleichermaßen für die Beschwerdebehauptung, der hier aktuelle unbefugte Gebrauch des Fahrzeuges könne keiner qualifizierten Bestrafung nach § 136 Abs. 2 StGB unterliegen, weil die Tatverwirklichung mit Hilfe des für das betroffene Fahrzeug gewidmeten Autoschlüssels von der Qualifikationsbestimmung nicht erfaßt sei und die Erlangung dieses Schlüssels anläßlich eines (nach § 129 Z 1 StGB qualifizierten) Einsteigdiebstahles (Faktum I/1) außer Betracht zu bleiben habe.
Gemäß § 136 Abs. 2 StGB fällt der unbefugte Gebrauch von Fahrzeugen unter eine höhere Strafdrohung, wenn der Täter sich die Gewalt über das Fahrzeug durch eine der in §§ 129 bis 131 StGB geschilderten Handlungen verschafft. Zu diesen im Rahmen von Diebstahlsqualifikationen geschilderten Handlungen zählt die Öffnung eines Sperrmechanismus mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel (§ 129 Z 1 bis 3 StGB), bei dem es sich auch um das speziell zur Betätigung dieser Sperre bestimmte Instrument handeln kann und im Regelfall auch tatsächlich handelt. Daher erfüllt die Verwendung des Originalschlüssels eines unbefugt gebrauchten Kraftfahrzeuges durch den Täter zum Aufschließen einer Fahrzeugtüre oder zur Betätigung des Zündschlosses (SSt. 48/37) die Qualifikation nach § 136 Abs. 2 StGB, sofern dieser Schlüssel zuvor "widerrechtlich erlangt" - also rechtswidrig in Besitz genommen - wurde. Lediglich die Benützung eines bereits im Schloß steckenden oder in dessen unmittelbarer Nähe befindlichen und somit die Wirksamkeit des Sperrverhältnisses von vornherein aufhebenden Schlüssels stellt kein dieser Vorschrift unterliegendes Erlangen des Öffnungsmittels dar (Leukauf-Steininger Komm.2 § 129 RN 19, § 136 RN 13; Kienapfel BT II2 § 129 RN 45 f). Da der Angeklagte den Autoschlüssel des Josef K*** in dessen Haus heimlich und eigenmächtig an sich brachte sowie hernach mit Hilfe dieses Schlüssels den versperrt im Hof abgestellten Personenkraftwagen ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch nahm, geschah die Tat durch Verwendung eines widerrechtlich erlangten Schlüssels und daher durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen; die Tatqualifikation nach § 136 Abs. 2 StGB wurde daher zu Recht angenommen. Hiebei handelt es sich der Beschwerdemeinung zuwider keineswegs um eine abermalige Verwertung der Diebstahlsqualifikation "durch Einsteigen", weil es für die Beurteilung nach § 136 Abs. 2 StGB ohne Bedeutung ist, auf welche Weise sich der Täter den widerrechtlich erlangten Schlüssel verschaffte. Eine der in den §§ 129 bis 131 StGB geschilderten Handlungen wird hiefür nicht gefordert, sodaß die hier gegebene aktionsmäßige Einheit der maßgeblichen Schlüsselwegnahme mit einem ebenfalls zum Nachteil des Josef K*** verübten Einsteigdiebstahl rechtlich unerheblich ist (vgl. hiezu Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr. 64 zu § 136).
Schließlich versagen auch die gegen den Schuldspruch wegen Urkundenunterdrückung gerichteten Argumente, mit denen der Beschwerdeführer der ÖAMTC-Mitgliedskarte der Magda A*** sowie dem Bergführerausweis des Johann S*** entsprechende Beweisfunktionen und damit den rechtlichen Charakter von Urkunden absprechen will.
Gemäß § 74 Z 7 StGB ist eine Urkunde im strafrechtlichen Sinn eine Schrift, die errichtet worden ist, um ein Recht oder ein Rechtsverhältnis zu begründen, abzuändern oder aufzuheben oder eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Da die ÖAMTC-Mitgliedskarte den Urteilsfeststellungen zufolge für den Nachweis der Vereinsmitgliedschaft - somit einer Tatsache von rechtlicher Bedeutung - bestimmt ist, entspricht sie dem bezeichneten Urkundenbegriff. Alle Einwendungen des Beschwerdeführers, wonach dieser Nachweis der Mitgliedschaft auch ohne Mitgliedskarte erbracht werden könne und in der Praxis auch oft erbracht werde, gehen ins Leere, weil es für den bezeichneten Urkundencharakter einer schriftlich abgefaßten Erklärung unwesentlich ist, ob der zugedachte Beweiszweck allenfalls durch andere Mittel ebenso erreicht werden kann.
In Ansehung des Bergführerausweises ist die Behauptung unrichtig, die fachliche Befähigung zur Führung von Personen bei Bergtouren stelle keine Tatsache von rechtlicher Bedeutung dar. Bei dieser Befähigung handelt es sich nämlich entgegen dem Beschwerdestandpunkt nicht (allein) um einen gegebenenfalls dem Ansehen ("Renommee") einer Person zuträglichen Umstand, sondern um eine landesgesetzliche Voraussetzung für die entgeltliche Tätigkeit als Bergführer (Berg- und Schiführergesetz LGBlKrnt 1982/55) und demnach sehr wohl um eine aus der Sicht der Rechtsordnung erhebliche Tatsache.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 129 StGB zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, den außerordentlich raschen Rückfall, die oftmalige Wiederholung der Einbruchsdiebstähle und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen als erschwerend, hingegen das umfassende und reumütige Geständnis sowie den Umstand, daß ein geringer Teil der gestohlenen Sachen sichergestellt werden konnte, als mildernd.
Mit ihren Berufungen streben der Angeklagte eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, die Staatsanwaltschaft hingegen deren Erhöhung an.
Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu. Die vom Angeklagten reklamierten (weiteren) Milderungsgründe liegen nicht vor. Angesichts der oftmaligen Tatwiederholung und des Umstands, daß der Angeklagte bis zu seiner Verhaftung ständig gearbeitet hat - die Aufnahme eines Darlehens diente der Anschaffung eines Personenkraftwagens - kann von einer Tatbegehung weder aus Unbesonnenheit noch auf Grund einer drückenden Notlage die Rede sein. Da sich allein schon die gestohlenen Geldbeträge auf knapp 67.000 S belaufen und damit die Wertqualifikation (25.000 S) nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB erheblich übersteigen, liegt auch ein bloß "geringer Schaden" nicht vor. Soweit der Berufungswerber den besonderen Erschwerungsgrund der Deliktskonkurrenz nach § 33 Z 1 StGB in Frage stellt, geht er nicht vom rechtskräftigen Schuldspruch aus. Der schließlich noch reklamierte Milderungsgrund nach § 34 Z 6 StGB würde eine hier nicht aktuelle bloß untergeordnete Tatbeteiligung an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung voraussetzen.
Demgegenüber weist die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufungsschrift zu Recht darauf hin, daß das Schöffengericht die festgestellten Strafzumessungsgründe nicht richtig gewichtet hat. Es darf vor allem nicht übersehen werden, daß der Angeklagte, der am 14. Dezember 1988 nach Verbüßung einer wegen gleichartiger strafbarer Handlungen (Diebstahl, unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen und Urkundenunterdrückung) verhängten zweijährigen Freiheitsstrafe und dem anschließenden Vollzug einer Verwaltungsstrafe bis 29. Dezember 1988, schon zwei Tage später, nämlich ab 31. Dezember 1988, wieder in gleichartiger Weise strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Nimmt man noch hinzu, daß dem Angeklagten auch die Wiederholung der Urkundenunterdrückung als Erschwerungsgrund zur Last fällt, so erweist sich mit Rücksicht auf die völlige Wirkungslosigkeit der Vollstreckung (auch empfindlicher) einschlägiger Vorstrafen zur Erfassung der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten eine Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe auf die Dauer von zweieinhalb Jahren jedenfalls als erforderlich. Demzufolge war der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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