OGH 13Os136/89

OGH13Os136/899.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.November 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Edelmann als Schriftführers in der Strafsache gegen Karl Heinz P*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 12.Juli 1989, GZ. 20 p Vr 11066/88-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung hat gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl Heinz P*** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB (II) und der Vergewaltigung nach § 201 StGB (II) schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien (zu I) am 23.November 1988 Christine B*** durch zwei wuchtige Schläge mit einem schweren Aschenbecher gegen deren Hals und Drosselung mit einem Elektrokabel vorsätzlich getötet; (zu II) am 13.Juni 1988 Erika S*** mit schwerer gegen sie gerichteter Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gewalt gegen Leib und Leben zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er ihr den Mund zuhielt, ihr ein Messer unter der Äußerung, wenn sie schreie, dann passiere etwas, am Hals ansetzte, ihr die Beine wegschlug, wodurch sie stürzte, sich mit dem Messer auf sie kniete, ihr den Hals zu Boden drückte und äußerte, "wenn sie sich nicht ausziehe, werde sie ihre Kinder nie wieder sehen", worauf er an ihr eine zweimalige Vaginalpenetration vornahm. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter dem erstangeführten Grund rügt der Beschwerdeführer die Abweisung (S. 286 und S. 293/II) der Beweisanträge auf Durchführung eines Lokalaugenscheins sowie Ladung der Zeugen Ingrid und Wilhelm W*** und Leopold K***, alles zum Nachweis, daß er die Christine B*** nicht getötet habe.

Dies jedoch nicht mit Recht.

In der Hauptverhandlung am 11.Juli 1989 hat der Verteidiger des Angeklagten die Durchführung eines Ortsaugenscheins darüber beantragt, "daß die Tat bezüglich des ersten Angriffs (gegen Christine B***) nicht in der vom Angeklagten geschilderten Weise auf Grund der Räumlichkeitsverhältnisse stattfinden konnte und jedes Läuten an der Türe vor allem nach dem Steigen von fünf Stöcken im Hause deutlich hörbar ist"; damit sollte bewiesen werden, daß der Angeklagte den ihm zur Last gelegten Mord nicht begangen hat (S. 285/II). Weiters wurden Ladung und Einvernahme der Zeugen Ingrid und Wilhelm W*** sowie des Leopold K*** zum Beweis dafür begehrt, "daß kurz vor der Tat Herr W*** geholfen hat, die Wohnung S*** aufzubrechen und daß auch - entgegen der heutigen Aussage des Zeugen S*** - oftmalig wahrgenommen wurde, daß in der Wohnung S***-B*** oft gestritten wurde, zum Beweis dafür, daß nach Ansicht der Verteidigung sich die Tätergruppe nicht nur auf den Angeklagten bezieht, bzw. andere Personen noch nicht von der Tatverdächtigung ausgeschlossen sind" (S. 287/II).

In der Rechtsmittelschrift bringt der Angeklagte dazu vor, daß die beantragten Zeugen als Wohnungsnachbarn über "die Gewohnheiten des Mordopfers und das Zusammenleben mit dem Lebensgefährten" hätten Auskunft geben können, sodaß auf Grund der Aussagen dieser Zeugen sich ein Tatverdacht gegen eine andere Person, insbes. gegen den Lebensgefährten der Getöteten ergeben hätte bzw. ein schon bestehender Verdacht hätte erhärtet werden können. Der beantragte Lokalaugenschein wäre für die Lösung der Frage erforderlich gewesen, ob der Beschwerdeführer "tatsächlich von allen Nachbarn ungesehen und unbemerkt in das Haus und in die Wohnung der Ermordeten hätte gelangen können". Eine "Betrachtung der Örtlichkeit" und des Weges des Angeklagten zu seiner Arbeitsstätte wäre auch für die Lösung der Frage notwendig gewesen, ob der Beschwerdeführer die Tat in der Zeit zwischen dem Weggehen des Lebensgefährten der Ermordeten und dem Erreichen des Arbeitsplatzes durch den Angeklagten überhaupt hätte durchführen können.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, daß diese Anträge vom Beweisthema her gänzlich ungeeignet waren, die Annahme der Täterschaft des Angeklagten zu widerlegen und die Beweislage wesentlich zu verändern, entsprechen die in der Beschwerde relevierten Themen nicht den im abgewiesenen Antrag angegebenen. Formelle Voraussetzung für die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrunds ist aber, daß der abgewiesene Beweisantrag und das diesbezügliche spätere Beschwerdevorbringen auch zum Beweisthema konform sind. Demnach entbehrt die Rüge einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Tatsachenrüge (Z. 10 a) wendet sich im wesentlichen dagegen, daß dem vom Angeklagten vor der Polizei (S. 113 ff./I) und dann auch vor dem Journalrichter (S. 9 ff./I) in allen Einzelheiten abgelegten und zunächst vor der Untersuchungsrichterin aufrechterhaltenen Mordgeständnis, das von ihm später allerdings widerrufen wurde (S. 13, 15 verso/I, Verlesung in der Hauptverhandlung S. 207 f./II), für die Annahme der Täterschaft Beweiswert zukommt. Inwiefern die Geschwornen dadurch gegen ihre Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit in einer Weise verstoßen hätten, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen resultieren müßten, vermag der Beschwerdeführer aber nicht aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß §§ 344, 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach §§ 344, 285 d Abs 1 Z. 1 StPO im Zusammenhalt mit § 285 a Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

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