OGH 12Os141/89 (12Os142/89)

OGH12Os141/89 (12Os142/89)9.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.November 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Salat als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef M*** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Güssing vom 12. April 1989, GZ U 17/89-5, und gegen weitere damit zusammenhängende Verfügungen dieses Gerichtes, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes Güssing vom 12. April 1989, GZ U 17/89-5, verletzt, soweit es Josef M*** auch für die Zeit vom 11.Februar 1989 bis 1.April 1989 des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkennt, die Bestimmung des § 459 StPO.

Der gemeinsam mit dem Abwesenheitsurteil gefaßte Beschluß des Bezirksgerichtes Güssing, die bedingte Nachsicht der mit Urteil vom 7. September 1988, GZ U 100/88-4, über Josef M*** ausgesprochene Freiheitsstrafe zu widerrufen, verletzt die Bestimmung des § 494 a Abs. 3 StPO.

Die anläßlich der Ladung des Josef M*** zur Hauptverhandlung am 14.Juni 1989 unterlassene Belehrung über die Folgen seines (neuerlichen) Ausbleibens von der Hauptverhandlung und die dessen ungeachtet getroffene Feststellung des Bezirksgerichtes Güssing vom 14. Juni 1989, daß das Abwesenheitsurteil gemäß § 478 Abs. 3 StPO als rechtskräftig anzusehen ist, verletzen die angeführte Bestimmung in Verbindung mit § 3 StPO.

Das Abwesenheitsurteil und der Widerrufsbeschluß werden aufgehoben und dem Bezirksgericht Güssing wird die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit dem gemäß § 459 StPO in Abwesenheit des Beschuldigten gefällten Urteil des Bezirksgerichtes Güssing vom 12.April 1989, GZ U 17/89-5, wurde Josef M*** des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Der diesem Schuldspruch zugrundeliegende Bestrafungsantrag umfaßte ursprünglich nur einen Deliktszeitraum vom September 1989 bis 10. Februar 1989; in der Hauptverhandlung vom 12.April 1989 wurde der Strafantrag jedoch bis 1.April 1989 ausgedehnt und ein entsprechender Schuldspruch gefällt.

Rechtliche Beurteilung

Da in Ansehung dieser Anklageausdehnung keine im Sinn des § 459 StPO ordnungsgemäße Ladung des Beschuldigten vorlag - er war am 10.Februar 1989 lediglich zum Verdacht einer bis dahin begangenen Verletzung der Unterhaltspflicht vernommen worden -, wurde durch seinen den Ausdehnungszeitraum (11.Februar bis 1.April 1989) umfassenden Schuldspuch das Gesetz in der Bestimmung des § 459 StPO verletzt (Mayerhofer-Rieder2 ENr. 16 ff zu § 427 StPO sowie 3 und 4 zu § 459 StPO; Foregger-Serini4 vorl. Satz zur Erl. I zu § 459 StPO). Eine weitere Gesetzesverletzung ist darin gelegen, daß in der Hauptverhandlung am 12.April 1989 gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO in Ansehung einer dem Josef M*** im Jahre 1988 gewährten bedingten Strafnachsicht ohne die im Gesetz (§ 494 a Abs. 3 StPO) vorgesehene Anhörung des Beschuldigten widerrufen wurde.

Schließlich ordnete das Bezirksgericht Güssing - nachdem es dem Einspruch des Josef M*** gegen das fragliche Abwesenheitsurteil Folge gegeben hatte - die Hauptverhandlung für den 14.Juni 1989 an, ohne den Beschuldigten über die Folgen eines neuerlichen Ausbleibens im Sinne des § 478 Abs. 3, letzter Satz, StPO zu belehren und stellte es, nachdem Josef M*** auch dieser Hauptverhandlung ferngeblieben war, die eingetretene Rechtskraft des Abwesenheitsurteils fest.

Durch die Unterlassung einer Belehrung über die in § 478 Abs. 3, letzter Satz, StPO normierten schwerwiegenden Abwesenheitsfolgen wurde das Gesetz (auch) in der Bestimmung des § 3 StPO verletzt (Mayerhofer-Rieder2 ENr. 14 zu § 478 StPO).

Da sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Beschuldigten auswirken, war in Stattgebung der vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Beschwerde spruchgemäß zu erkennen.

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