OGH 9ObA241/89 (9ObA242/89)

OGH9ObA241/89 (9ObA242/89)8.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Dkfm. Dr. Hans H***, Angestellter, Graz, Gritzenkogel 10, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte und widerklagende Partei A*** A*** G. B*** AG, Zeltweg-Spielberg,

G.Bauknechtstraße 1, vertreten durch Dr. Haimo Puschner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 412.929,15 brutto sA (Klage und Streitwert im Revisionsverfahren) und S 215.424,37 sA (Widerklage), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Mai 1989, GZ 7 Ra 30, 31/89-35, womit infolge Berufung beider Parteien das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Dezember 1988, GZ 31 Cga 1205/87-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei S 1.238,40 (darin S 206,40 Umsatzsteuer) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kläger und Widerbeklagten (kurz Kläger) geltend gemachte Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Abgesehen davon, daß in der Übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit des angefochtenen Urteils liegen kann, ist dem Kläger entgegenzuhalten, daß er mit diesem Revisionsgrund lediglich in unzulässiger Weise die eingehende und umfassende Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft. Ebenso ist der von der Beklagten und Widerbeklagten (kurz Beklagte) geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, mit dem ebenfalls in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft wird, nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die entscheidungswesentlichen Fragen der Ansprüche des Klägers auf Prämien und Urlaubsentschädigung zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen, daß weder der Kläger noch die Beklagte in ihren Rechtsrügen vom maßgeblichen Sachverhalt ausgehen.

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen wurde

dem Kläger eine Prämienzahlung nicht "fix zugesichert", sondern ihm

nur in Aussicht gestellt, daß er "unter Umständen" bis zu zwei

Monatsgehältern jährlich als Prämie erhalten könne. Erst nach

Dienstantritt des Klägers kam es darüber zu Verhandlungen, von

welchen Voraussetzungen die Gewährung einer Prämie abhängen und wie

hoch diese sein solle. Auch wenn es über den Vorschlag der Beklagten

("bei positivem Erfolg kann das Präsidium des Aufsichtsrates (eine

Prämie) bis zu zwei zusätzlichen Gehältern genehmigen") zu keiner

Einigung gekommen sein sollte, wie der Kläger meint, bleibt die

Tatsache, daß der Aufsichtsrat der Beklagten dem Kläger lediglich am

26. April 1984 und am 5. Juni 1985 eine Erfolgsprämie bewilligte,

wobei es im Schreiben vom 8. Juli 1984 (wohl 1985) dazu erläuternd

hieß: "Wie in den Dienstverträgen vorgesehen ...... kann das

Präsidium des Aufsichtsrates ...... im Falle von positiver Gestion

der Gesellschaft den beiden Geschäftsführern eine Prämie ...... von

maximal zwei Monatsbezügen genehmigen".

Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein konkludenter Vertragsabschluß durch regelmäßige Gewährung einer Leistung durch den Arbeitgeber und deren Entgegennahme durch den Arbeitnehmer aber nur dann vor, wenn der Arbeitgeber es unterließ, dem Arbeitnehmer in irgendeiner, jedoch deutlichen Form zu erkennen zu geben, daß er sich mit der Leistungserbringung nicht für die Zukunft verpflichten wolle (9 Ob A 76/88 ua). Dies ist durch die Beklagte dadurch geschehen, daß sie die Zahlung der Prämie nicht allein auf die positive Gestion abstellte, sondern sich durch das Wort "kann" in einer für den Empfängerhorizont des Klägers erkennbaren Weise einen Ermessensspielraum vorbehielt. Sie hat sich dadurch nicht ihrer Dispositionsfreiheit begeben. Die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 14 Ob A 54-61/87 (= DRdA 1989/2 mit Besprechung von W.Schwarz) betrifft einen ganz anders gelagerten Sachverhalt. Da die Beklagte in Ausübung ihres Ermessens keine weiteren Prämien mehr bewilligte, kann es dahingestellt bleiben, ob der Kläger trotz des einschränkenden Vorbehalts zufolge regelmäßiger Weiterzahlung der Prämien den von ihm behaupteten Anspruch in der Folge hätte erwerben können (vgl. Arb. 10.493 uva).

Voraussetzung für den Anspruch auf (volle) Urlaubsentschädigung nach § 9 Abs. 1 Z 5 UrlG ist nur, daß im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein offener Urlaubsanspruch besteht und bereits mehr als die Hälfte des Urlaubsjahres verstrichen ist. Die Frage der Möglichkeit oder Zumutbarkeit des Urlaubsverbrauches ist bei den hier geregelten Arten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu prüfen (Cerny, Urlaubsrecht4, UrlG § 9 Erl. 10, S. 123; Arb. 9.872, 10.217 ua). Die von der Beklagten in ihrer Revision zitierten Entscheidungen betreffen andere Sachverhalte und eine andere Rechtslage.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet. Beide Revisionen blieben erfolglos. Der Beklagten steht die Differenz der Kosten der Revisionsbeantwortungen zu.

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