OGH 2Ob76/89

OGH2Ob76/8931.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emil A***, Pensionist, Goldbacherstraße 6, 4400 Steyr, vertreten durch Dr.Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagten Parteien 1) Leopold Z***, Pensionist, Ipfbachstraße 1, 4481 Asten, vertreten durch Dr.Eduard Saxinger und Dr.Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, und

2) A*** Versicherungs-AG, per Adresse Schottenring 13, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Manfred Mayndt, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 417.813,42 s.A. (Revisionsstreitwert S 281.239,24), infolge Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15.Februar 1989, GZ 2 R 262/88-62, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 16. Mai 1988, GZ 3 Cg 48/86-52, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.125,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 1.854,30, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 13.November 1976 verschuldete der Erstbeklagte als Lenker eines bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW einen Verkehrsunfall, bei dem der Kläger verletzt wurde. Mit Teilanerkenntnisurteil vom 9.Februar 1979 wurde im Verfahren vor dem Kreisgericht Steyr zu 3 Cg 154/78 rechtskräftig festgestellt, daß die Beklagten dem Kläger für alle künftigen Schäden aus diesem Unfall schadenersatzpflichtig sind, wobei die Haftung der Zweitbeklagten auf die Haftpflichtversicherungssumme beschränkt ist. Im vorliegenden Rechtsstreit, der sich bereits im zweiten Rechtsgang befindet, ist noch ein Schadenersatzanspruch des Klägers aus dem Rechtsgrund des Verdienstentgangs Verfahrensgegenstand. Der Kläger hatte ursprünglich aus dem Titel des Verdienstentgangs für die Zeit von März 1981 bis Februar 1982 S 121.355,77 sowie ab 1.März 1982 bis 9.Juli 1990 eine monatliche Rente von S 8.271,52 gefordert. Sein Rentenbegehren für die Zeit vom 10.Juli 1985 bis 9.Juli 1990 wurde bereits mit Urteil des Erstgerichts vom 5.Juli 1984 (ON 30) zur Gänze rechtskräftig abgewiesen. Die Abweisung monatlicher Rentenbeträge von S 774,58 vom 1.März bis 31.Dezember 1982, von S 938,17 vom 1.Jänner bis 31.Dezember 1983 und von S 976,08 vom 1. Jänner 1984 bis 9.Juli 1985 mit Urteil des Berufungsgerichts vom 3. April 1985 (ON 36) ist ebenfalls in Rechtskraft erwachsen. Im Umfang des restlichen Verdienstentgangsbegehrens wurde die Rechtssache mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 18. Dezember 1985 (ON 41) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, weil die Feststellungen der Vorinstanzen nicht ausreichten, um die Frage beantworten zu können, ob sich der Kläger eine von ihm seit März 1981 bezogene sogenannte große Werkspension als Vorteil auf seinen Verdienstentgang anrechnen lassen müsse.

Im zweiten Rechtsgang nahm der Kläger in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25.Februar 1988 eine Kapitalisierung seiner Rentenansprüche vor und verlangte nunmehr aus dem Titel des Verdienstentgangs die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 417.813,42 s.A.

Die Beklagten wendeten im zweiten Rechtsgang im wesentlichen ein, der Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen dem Erst- und der Zweitbeklagten sehe für Personenschäden eine Versicherungssumme von 1,2 Millionen Schilling vor. Bisher habe die Zweitbeklagte dem Kläger bereits für Personenschäden anrechenbare Leistungen in der Höhe von S 1,064.169,86 erbracht. Weit mehr als die restliche Versicherungssumme werde von der zufolge Legalzession dazu legitimierten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter noch von ihr gefordert. Da somit die Versicherungssumme erschöpft sei, sei das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Klagebegehren jedenfalls abzuweisen.

Der Kläger erwiderte, dieser Einwand könne im zweiten Rechtsgang nicht mehr mit Erfolg erhoben werden, weil die Zweitbeklagte die Erhebung dieses Einwands zunächst unterlassen habe. Das Erstgericht verurteilte im zweiten Rechtsgang die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 165.830,14 s.A. Darüber hinaus verurteilte es den Erstbeklagten zur Zahlung weiterer S 251.239,24 (insgesamt demnach zur Zahlung von S 417.069,38) s.A. Die Mehrbegehren auf Verurteilung der beiden Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines weiteren Betrags von S 744,04 s.A. und der Zweitbeklagten zur Zahlung eines weiteren Betrags von S 251.239,24 s.A. wies es ab.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger war seit 1.Februar 1965 bei der SteyrDaimler-Puch AG beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde mit 28.Februar 1981 beendet, weil der Kläger auf Grund der eingetretenen Unfallsfolgen gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, seinen Beruf auszuüben. Dem Kläger hätte eine Abfertigung in der Höhe von 14 Monatsgehältern gebührt, wovon er jedoch nur die Abfertigung für zwei Monate in Anspruch nahm. Hinsichtlich des restlichen Abfertigungsanspruchs machte er von seinem in der Arbeitsordnung der Steyr-Daimler-Puch AG vorgesehenen Wahlrecht Gebrauch, wonach ihm anstelle der Abfertigung eine sogenannte Firmenpension auf Lebenszeit 13mal jährlich ausbezahlt wird. Diese Firmenpension wird im gleichen Verhältnis wie die ASVG-Pensionen valorisiert und betrug zuletzt S 5.547,-- monatlich. Hätte der Kläger auf die Auszahlung der restlichen Abfertigung nicht verzichtet, dann hätte er ein Jahr nach der Pensionierung (also beginnend mit 1.März 1982) Anspruch auf die sogenannte kleine Firmenpension gehabt, die ebenfalls 13mal jährlich ausbezahlt und wie eine ASVG-Pension valorisiert wird. Diese kleine Firmenpension hätte (monatlich) ab März 1982 S 715,--, 1983 S 866,--, 1984 S 901,-- und 1985 S 932,-- betragen. Die Gewährung des Firmenpensionszuschusses nach der Arbeitsordnung der Steyr-Daimler-Puch AG stellt eine freiwillige Leistung dar, auf die kein Rechtsanspruch erworben werden kann.

Der Verdienstentgang des Klägers für die Zeit von März 1981 bis einschließlich Februar 1982 betrug S 121.355,57. Ab 1.März 1982 betrug er - ohne Anrechnung der Werkspension - S 8.271,52 monatlich. Vom 1.März 1982 bis 9.Juli 1985 hatte der Kläger unter Anrechnung der kleinen Firmenpension einen Verdienstentgang von insgesamt S 417.069,38.

Die Versicherungssumme des Haftpflichtversicherungsvertrags des Erstbeklagten mit der Zweitbeklagten beträgt insgesamt pro Ereignis 3,6 Millionen Schilling, wobei für Personenschäden pro Person eine Versicherungssumme in der Höhe von 1,2 Millionen Schilling besteht. Die Zweitbeklagte erbrachte für den Kläger auf die Versicherungssumme für Personenschäden anrechenbare Leistungen in der Höhe von insgesamt S 1,034.169,86. Die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gab der Zweitbeklagten ihren weiteren Leistungsaufwand für den Kläger für das zweite Halbjahr 1983 mit S 105.021,80, für 1984 mit S 218.071,-- und für 1985 mit S 224.221,20 bekannt.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, das von der Zweitbeklagten im fortgesetzten Verfahren erstattete Vorbringen über das mangelnde Zureichen der Versicherungssumme sei zulässig, zumal es die Frage der Haftung der Zweitbeklagten für den Verdienstentgang des Klägers betreffe. Da die Zweitbeklagte dem Kläger aus dem Unfall vom 13.November 1976 bereits für seinen Personenschaden anrechenbare Leistungen in der Höhe von S 1,034.169,86 erbracht habe, hafte sie nur mehr mit dem Differenzbetrag auf die Versicherungssumme von 1,2 Millionen Schilling, demnach mit S 165.830,14. Die gegenüber der Zweitbeklagten angemeldeten Forderungen der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten seien erst nach hier geltend gemachten Ansprüchen des Klägers aus dem Titel des Verdienstentgangs entstanden und demnach nicht zu berücksichtigen. Die im fortgesetzten Verfahren allein noch offene Frage, ob die dem Kläger zugekommene große Werkspension eine freiwillige und somit nicht als Vorteil anzurechnende Leistung darstelle, habe an Hand der Arbeitsordnung der Steyr-Daimler-Puch AG beantwortet werden können. Daß mittlerweile auch der ASVG-Anpassungsfaktor für das Jahr 1985 vorliege, sei bei der Anrechnung der kleinen Werkspension aus dem Titel der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen gewesen. Da der Kläger seiner Rentenforderung für 1985 noch den Anpassungsfaktor für 1984 zugrundegelegt und daher die kleine Werkspension etwas zu niedrig bemessen habe, sei das Klagebegehren auch hinsichtlich des Erstbeklagten in geringem Umfang abzuweisen gewesen. Diese Entscheidung des Erstgerichts wurde vom Kläger und von beiden Beklagten mit Berufung bekämpft, und zwar vom Kläger bezüglich der Abweisung seines gegen die Zweitbeklagte gerichteten Begehrens auf Zahlung von S 251.239,24 s.A., vom Erstbeklagten bezüglich der Stattgebung des gegen ihn gerichteten Klagebegehrens mit einem Betrag von S 251.239,24 s.A. und der Abweisung des gegen die Zweitbeklagte gerichteten Klagebegehrens mit einem Betrag von S 251.239,24 s.A. und von der Zweitbeklagten hinsichtlich der Stattgebung des gegen sie gerichteten Klagebegehrens mit einem Betrag von S 30.000,-- s.A.

Das Berufungsgericht wies mit Beschluß die Berufung des Erstbeklagten, soweit sie sich gegen die Abweisung des gegen die Zweitbeklagte gerichteten Klagebegehrens mit einem Betrag von S 251.239,24 s.A. richtete, als unzulässig zurück. Im übrigen gab es mit dem nunmehr angefochtenen Urteil den Berufungen des Erst- und der Zweitbeklagten keine Folge. Hingegen gab es der Berufung des Klägers Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, daß es die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 417.069,38 an den Kläger verurteilte und sein auf Zahlung eines weiteren Betrags von S 744,04 s.A. gerichtetes Mehrbegehren abwies. Das Berufungsgericht führte rechtlich im wesentlichen aus, den Berufungsausführungen des Erstbeklagten könne nicht entnommen werden, woraus er eine Einschränkung seiner ihm vom Erstgericht auferlegten Verpflichtung, dem Kläger dessen unfallskausalen Verdienstentgang zu ersetzen, herleiten möchte.

Den - zutreffenden - Ausführungen des Erstgerichts, daß die sogenannte große Werkspension zur Vorteilsausgleichung nicht heranzuziehen sei, trete der Erstbeklagte nicht mehr entgegen. Die in der Berufung des Erstbeklagten relevierten Umstände hätten auf seine eigene Ersatzpflicht keinen Bezug.

Das Erstgericht habe das erst im fortgesetzen Verfahren erstattete ergänzende Vorbringen der Zweitbeklagten, die Haftpflichtversicherungssumme sei erschöpft, zu Unrecht für zulässig erachtet. Der Oberste Gerichtshof habe die Rechtssache ausdrücklich deshalb an das Erstgericht zurückverwiesen, weil ausreichende Feststellungen über die Grundlagen für die Zuerkennung der sogenannten großen Werkspension gefehlt hätten, sodaß die Frage, ob die große Werkspension im Weg der Vorteilsausgleichung Beachtung finden müsse, nicht beantwortet habe werden können. Während alle anderen für den Anspruch des Klägers auf Ersatz seines unfallskausalen Verdienstentgangs rechtlich relevanten Umstände völlig geklärt gewesen seien, sei allein noch das Problem einer allfälligen weiteren Vorteilsausgleichung zufolge der großen Werkspension einer abschließenden Beurteilung der Rechtssache entgegengestanden. Es seien damit Stoffsammlungsmängel im Sinne des § 496 Abs. 1 Z 3 ZPO vorgelegen, weil wesentliche Feststellungen auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung unterblieben seien. Die Entscheidungsgrundlage sei allerdings nur hinsichtlich eines klar umgrenzten Teilaspekts, eben der Frage der Grundlagen für die Zuerkennung der großen Werkspension, unvollständig geblieben. Nur in diesem Umfang sei das Verfahren durch die Aufhebung in den Stand vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz zurückgetreten. Nur in diesem Umfang wäre es daher den Parteien gestattet gewesen, neues Vorbringen zu erstatten und Beweise anzubieten. Das Vorbringen der Zweitbeklagten über die Erschöpfung der Haftpflichtversicherungssumme habe aber mit diesem Problem nichts zu tun. Es sei nicht einzusehen, weshalb dieses Vorbringen, das der Zweitbeklagten im ersten Berufungs- und Revisionsverfahren bereits abgeschnitten gewesen sei, nun aus Anlaß einer Verfahrensergänzung, die einen ganz anderen Problemkreis betroffen habe, möglich sein sollte. Dieses ergänzende Vorbringen der Zweitbeklagten stelle daher eine unzulässige Neuerung dar, auf die nicht einzugehen sei. Da die Zweitbeklagte den Einwand, ihre Ersatzpflicht sei zufolge weitgehender Erschöpfung der Haftpflichtversicherungssumme beschränkt, nicht rechtzeitig erhoben habe, könne eine Prüfung dieses Umstands nicht stattfinden und erscheine die Bedachtnahme des Erstgerichts auf bisher von der Zweitbeklagten dem Kläger erbrachte Leistungen rechtsirrig.

Unter diesen Umständen müsse auch die Argumentation der Zweitbeklagten, daß ein weiterer Betrag von S 30.000,-- auf die Haftpflichtversicherungssumme für Personenschäden anzurechnen sei und ihre Ersatzpflicht mindere, ins Leere gehen.

Es sei daher der Berufung des Kläges Folge zu geben, nicht aber den Berufungen der beiden Beklagten.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Zweitbeklagten. Sie bekämpft es aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Zweitbeklagte nur schuldig erkannt werde, zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeklagten dem Kläger einen Betrag von S 135.830,14, allenfalls von S 165.830,14, zu bezahlen; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, die Revision der Zweitbeklagten zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Gemäß § 502 Abs 4 Z 2 ZPO ist die Revision, soferne nicht die im § 502 Abs 2 und Abs 3 ZPO normierten Rechtsmittelbeschränkungen vorliegen, zulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert S 300.000,-- übersteigt. Für die Beurteilung des Streitgegenstands im Sinne dieser Gesetzesstelle kommt es nicht auf den Beschwerdegegenstand an, sondern darauf, über welchen Streitwert das Berufungsgericht insgesamt meritorisch entschieden hat, sei es bestätigend, abändernd oder aufhebend. Der Zweck dieser Vorschrift liegt darin, dann, wenn das Berufungsgericht über einen S 300.000,-- übersteigenden Streitwert entschieden hat, den besonderen Schutz der Einzelfallgerechtigkeit in den Vordergrund zu stellen (Petrasch in ÖJZ 1983, 175 f; siehe dazu auch Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1880). Gewiß kann durch eine unzulässige Berufung, die vom Berufungsgericht zurückgewiesen wurde, eine Revisionsmöglichkeit im Sinne des § 502 Abs 4 Z 2 ZPO nicht begründet werden; der Streitgegenstand einer die Berufung zurückweisenden Entscheidung ist nicht die sachliche Richtigkeit des Urteils des Erstgerichts, sondern die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Im übrigen aber kann es bei der Beurteilung des Streitgegenstands im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht darauf ankommen, welche Partei durch eine zulässige Berufung die Sachentscheidung des Berufungsgerichts herbeiführte. So ist es etwa für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision eines Beklagten nach dieser Gesetzesstelle ohne Belang, daß die Entscheidung des Berufungsgerichts über einen S 300.000,-- übersteigenden Streitwert nicht durch seine Berufung bzw durch seine Berufung allein, sondern auch oder nur durch ein Rechtsmittel des Klägers herbeigeführt wurde. Entscheidend ist hier vielmehr nur, ob der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt oder nicht. Nichts anderes kann aber für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision eines materiellen Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 1 ZPO auf der Beklagtenseite nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO gelten. Auch hier kann es nicht darauf ankommen, auf Grund welcher Rechtsmittel das Berufungsgericht über einen S 300.000,-- übersteigenden Streitgegenstand entschieden hat, sondern nur darauf, ob dies tatsächlich der Fall war. Überstieg der Streitgegenstand im Berufungsverfahren in einem solchen Fall S 300.000,--, dann steht jeder Partei die Vollrevision im Sinne des § 502 Abs 4 Z 2 ZPO offen, soweit sie nicht die Entscheidung des Erstgerichts in Rechtskraft erwachsen ließ oder die im § 502 Abs 2 und Abs 3 ZPO normierten Rechtsmittelbeschränkungen der Zulässigkeit ihres Rechtsmittels entgegenstehen.

Da im vorliegenden Fall der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, infolge der Berufungen des Klägers und der beiden Beklagten (der des Erstbeklagten nur insoweit, als sie nicht zurückgewiesen wurde) S 300.000,-- übersteigt, ist die vorliegende Revision der Zweitbeklagten gemäß § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässig, ohne daß es dafür von Bedeutung wäre, daß die Zweitbeklagte die Entscheidung des Erstgerichts nur im Umfang der Stattgebung des gegen sie gerichteten Klagebegehrens mit einem Betrag von S 30.000,-- s.A. mit Berufung bekämpfte. Entgegen den Ausführungen des Klägers in seiner Revisionsbeantwortung ist der Mangel einer Anfechtungserklärung im Rechtsmittel der Zweitbeklagten für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ohne Bedeutung, weil sich der Umfang der Anfechtung eindeutig aus den gestellten Revisionsanträgen ergibt (2 Ob 32/82; 2 Ob 141/83 uva).

Sachlich kommt der Revision der Zweitbeklagten aber keine Berechtigung zu.

Die Zweitbeklagte versucht in ihrem Rechtsmittel darzutun, daß entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht auf ihren im zweiten Rechtsgang erhobenen Einwand, daß infolge Erschöpfung der mit dem Erstbeklagten vereinbarten Haftpflichtversicherungssumme das gegen sie gerichtete Klagebegehren abzuweisen sei, meritorisch einzugehen sei.

Dem ist nicht zu folgen.

Die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen über den vom Kläger geltend gemachten Verdienstentgangsanspruch mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 18.Dezember 1985 (ON 41) erfolgte deshalb, weil die Feststellungen der Vorinstanzen nicht ausreichten, um über die Frage der Anrechnung der vom Kläger bezogenen sogenannten großen Werkspension auf seinen Verdienstentgangsanspruch erschöpfend abzusprechen. Es handelte sich nicht um eine Aufhebung wegen eines bestimmten Verfahrensmangels, sondern um eine solche wegen eines ausschließlich dem Gebiet der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden Feststellungsmangels im Sinne der §§ 496 Abs 1 Z 3, 513 ZPO.

Durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO tritt das Verfahren in den Stand vor Schluß der mündlichen Verhandlung zurück; die Parteien haben danach alle Befugnisse, die ihnen im erstinstanzlichen Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt zukommen. Es ist daher den Parteien in einem solchen Fall grundsätzlich nicht verwehrt, zu den von der Aufhebung betroffenen Teilen des Verfahrens neues Vorbringen zu erstatten. Eine Beschränkung besteht jedoch insoweit, als die aufhebende Instanz eine bestimmte Frage auf Grund des gegebenen Sachverhalts bereits abschließend beurteilt hat; dann darf die Beantwortung dieser Frage auch auf Grund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder neu aufgerollt werden (SZ 28/96; SZ 46/16; JBl 1983, 441; 3 Ob 589/84; 7 Ob 652/84 ua). Auch bei der Aufhebung wegen Vorliegens eines Feststellungsmangels nur zu einem ganz bestimmten vom Feststellungsmangel betroffenen Teil des erstinstanzlichen Verfahrens und Urteils ist daher das Verfahren im zweiten Rechtsgang auf diesen von der Aufhebung ausdrücklich betroffenen Teil des Verfahrens und Urteils zu beschränken (3 Ob 589/84; 7 Ob 652/84). Im vorliegenden Fall erfolgte die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen durch den Obersten Gerichtshof im ersten Rechtsgang nur aus einem einzigen Grund, um nämlich den Vorinstanzen die Schaffung der für die Beurteilung der Frage der Anrechnung der vom Kläger bezogenen sogenannten großen Werkspension auf seinen Schadenersatzanspruch wegen Verdienstentgangs erforderlichen Tatsachengrundlage aufzutragen. Nur diese Frage konnte im ersten Rechtsgang wegen vorliegender Feststellungsmängel nicht erschöpfend beurteilt werden, während über alle übrigen von den Beklagten im ersten Rechtsgang gegen den geltend gemachten Schadenersatzanspruch erhobenen Einwendungen, darunter auch die (allerdings erst in der Berufung der Beklagten ON 31 sinngemäß erhobene) Einwendung der Erschöpfung der Haftpflichtversicherungssumme, abschließend abgesprochen wurde. Unter diesen Umständen kam das Berufungsgericht im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, von der abzugehen kein Anlaß besteht, zutreffend zu dem Ergebnis, daß auf den von den Beklagten im zweiten Rechtsgang (neuerlich) erhobenen Einwand der Erschöpfung der im Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen dem Erst- und der Zweitbeklagten vereinbarten Haftpflichtversicherungssumme nicht mehr einzugehen ist.

Der Revision der Zweitbeklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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