Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben und es werden die Freiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt:
bei den Angeklagten Ernst S*** und Günther S*** auf je 15 (fünfzehn) Monate und beim Angeklagten Oswald S*** auf 18 (achtzehn) Monate.
Gemäß § 43 a Abs 3 StGB wird ein Teil dieser Freiheitsstrafen, nämlich bei den Angeklagten S*** und S*** je 10 (zehn) Monate und beim Angeklagten S*** 12 (zwölf) Monate unter Bestimmung einer Probezeit von jeweils 3 Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurden der am 1.November 1944 geborene Transportunternehmer Ernst S***, der am 10.Mai 1951 geborene Kaufmann Günther S*** und der am 11.September 1949 geborene Offsethelfer Oswald S*** des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 (aF) StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie am 1.Oktober 1988 in Bad Vöslau im einverständlichen Zusammenwirken (die am 12.Juni 1969 geborene jugoslawische Staatsangehörige) Sladjana P*** mit Gewalt gegen ihre Person, nämlich dadurch, daß sie die Genannte aus einem PKW in ein Haus (nämlich das Wohnhaus des Ernst S***) zerrten, an der Flucht hinderten, sie entkleideten, auf ein Bett niederdrückten bzw festhielten, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht.
Rechtliche Beurteilung
Die drei Angeklagten bekämpfen den Schuldspruch mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, wobei Ernst S*** die Gründe nach Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 (inhaltlich nur Z 10) sowie 11, Günther S*** jene nach Z 4, 5 und 10 und Oswald S*** jene nach Z 4 und 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend machen. Den Beschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes (Z 4) erblicken die (drei) Beschwerdeführer in der Abweisung des von ihren Verteidigern in der Hauptverhandlung (gemeinsam) gestellten Antrags (S 369) auf Vornahme eines Augenscheins zur "Feststellung" der Fluchtmöglichkeiten der Sladjana P***, weiters der Entfernung des Parkplatzes (zum Wohnhaus des Angeklagten S***), der Einsichtmöglichkeiten der Angeklagten in das Schlafzimmer, der Entfernung zu dem vis-a-vis gelegenen Haus, des Bestehens anderer im Haus befindlicher Wohnungen und der Möglichkeit, sich durch Klopfen am Küchenfenster bzw an den anderen in der Diele befindlichen Türen bemerkbar zu machen. Das Schöffengericht wies den Antrag mit der - zum Teil erst im Urteil nachgetragenen - Begründung (S 370 iVm US 12 f) ab, daß die vom Angeklagten S*** (selbst) beschriebenen Örtlichkeiten durch die vorgelegten Fotos und den Plan des Hauses hinreichend dokumentiert seien. Dieser zutreffenden Argumentation ist noch hinzuzufügen, daß das Erstgericht - insoweit den Angaben des ortskundigen Angeklagten S*** (S 369, 370) folgend - ohnedies festgestellt hat (US 13), daß der Parkplatz 30 bis 40 m vom Haus dieses Angeklagten entfernt ist, daß sich das dem Hause S*** benachbarte Wohnhaus "über der Straße hinter einem Vorgarten" in rund 30 m Entfernung befindet, daß es sich beim Haus des genannten Angeklagten um ein Mehrfamilienhaus handelt, in welchem auch seine Eltern bzw ein Bruder wohnen, weiters, daß an sich die Möglichkeit für P*** bestanden hätte, an ein in der Diele befindliches Fenster oder an dort befindliche Türen zu klopfen, sowie daß - wie aus dem Plan ersichtlich - von der Bauernstube keine Sicht ins Wohn- und Schlafzimmer besteht.
Durch die von den Angeklagten beantragte Beweisaufnahme konnte demnach - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - keine zusätzliche Aufklärung über die räumlichen Verhältnisse am Tatort erfolgen; der behauptete Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor. Ebensowenig zielführend ist die von den Angeklagten S*** und S*** erhobene Mängelrüge (Z 5).
Bei der vom Angeklagten S*** behaupteten Divergenz zwischen Urteilsspruch und Urteilsgründen in bezug auf das die Widerstandsunfähigkeit der Sladjana P*** bewirkende Tatverhalten der Angeklagten verkennt die Beschwerde zum einen das Wesen der Mittäterschaft; zum anderen übergeht sie, daß das Schöffengericht in den Entscheidungsgründen, gestützt auf die für glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin P*** (US 13 f) - die zur Tatzeit in Leobersdorf in der Discothek "A***" als Kellnerin gearbeitet hat - ohnedies mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck brachte, daß der (ca 100 kg schwere) Angeklagte S*** Sladjana P***, die im PKW sitzen bleiben wollte, in Ausführung des gemeinsam beschlossenen Tatplans aus dem Wagen zerrte, auf dem Weg zum Wohnhaus des Angeklagten S*** am Arm festhielt, nach einem - durch Vortäuschen, das Klosett aufsuchen zu müssen - geplanten, (zufolge der versperrten Hauseingangstür) jedoch gescheiterten Fluchtversuch zunächst an der Hand packte und in das im 1.Stockwerk gelegene Wohnzimmer zerrte. Dort wurde der schließlich weinend am Boden liegenden P*** vom Angeklagten S*** im Beisein des bereits völlig entkleideten Angeklagten S*** "das Gewand ausgezogen", sie von dort ins Schlafzimmer gebracht und auf das Bett gestoßen, wo zunächst S*** einen Geschlechtsverkehr durchführte und sich dabei nach der Ankündigung der Sladjana P***, sie werde das der Polizei mitteilen, fester auf ihren Körper legte, sodaß sie "nun Angst hatte, nicht mehr lebend davonzukommen" (US 9 f).
Die Feststellung hinwieder, daß auch der Angeklagte S*** Sladjana P*** zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht hat, findet gleichfalls in der vom Schöffengericht (auch insoweit) für glaubwürdig befundenen Zeugenaussage des Tatopfers (US 14) eine ausreichende Stütze; hiedurch erachteten die Tatrichter die den Vollzug eines Geschlechtsverkehrs in Abrede stellende Verantwortung des Angeklagten, der in der Hauptverhandlung allerdings die Möglichkeit einräumte (S 328), es könnte sein, daß er "es probiert habe", für widerlegt.
Zu dem vom Angeklagten S*** in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand, das Erstgericht lasse bei der ihm für die Tatzeit - übrigens in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S*** - zugebilligten (bloß) mittelstarken Alkoholisierung die weiteren Ausführungen des genannten Sachverständigen unberücksichtigt, wonach bei ihm die tataktuelle "Blutalkoholkonzentration in der Zeit von etwa 4,30 Uhr bis 7,30 Uhr zwischen 2,55 und 2,20 Promille betragen haben kann, bei der ohne weiteres Einschränkungen der Wahrnehmungsfähigkeit, Erinnerungslücken und auch erhöhte Schläfrigkeit zu bemerken" seien, genügt der Hinweis auf seine eigene Verantwortung, insbesondere vor dem Untersuchungsrichter (S 101 ff), wo er lediglich die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs bestritt, im übrigen aber den Ablauf der Ereignisse in allen Details schildern konnte, zudem eine Volltrunkenheit ausdrücklich ausschloß und auch keinen Zweifel daran ließ, daß er sich des fehlenden Einverständnisses der Sladjana P*** und ihres hilflosen Zustands bei dem von den Mitangeklagten vorgenommenen Gechlechtsverkehr bewußt gewesen ist. Daß aber die Zeugin P*** im Gegensatz zu den drei
Angeklagten damals nicht alkoholisiert war, hat das Schöffengericht auf ihre eigene Aussage gestützt. Dabei ließ es die in Richtung einer Alkoholbeeinträchtigung der Genannten weisenden Aussagen der Zeugen Dieter L*** (des damaligen Dienstgebers der P***) und des Taxilenkers Kurt K*** keineswegs unerörtert (US 15), erkannte jedoch diesen Beweisergebnissen unter Hinweis auf ein bestehendes Bekanntschaftsverhältnis zu den Angeklagten keinen Beweiswert zu. Mit dem Einwand des Angeklagten S***, die Urteilsannahmen über (ungenützt gebliebene theoretische) Fluchtmöglichkeiten des Tatopfers (US 8) stünden im Widerspruch zu den von Sladjana P*** in der Hauptverhandlung gemachten Angaben (S 351), wird kein innerer Widerspruch - der nur im Fall einer denkgesetzwidrigen Unvereinbarkeit einzelner Teile der Urteilsbegründung vorläge - im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5) aufgezeigt, sondern lediglich in unzulässiger Weise Kritik an der Beweiswürdigung des Schöffensenats geübt, der gemäß § 258 Abs 2 StPO zur Überzeugung gelangte, daß P***, als sie die Haustür versperrt vorfand, keine weiteren Bewohner in dem in Rede stehenden Haus vermutete, deshalb nicht auf die Idee kam, an einer der in der (ebenerdig gelegenen) Diele befindlichen weiteren Türen oder einem Fenster zu klopfen und auch nicht daran dachte, "zu versuchen, durch ein Fenster zu flüchten".
Soweit der Angeklagte S*** unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit rügt, das Schöffengericht habe die Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Dr. S*** im Gutachten mit Stillschweigen übergangen, wonach der Gynäkologe Dr. W*** bei P*** weder sichtbare Verletzungen am Körper noch Auffälligkeiten im Genitalbereich nachweisen konnte, und auch die in der Ambulanzkarte der Unfallsabteilung des AÖ Krankenhauses Wiener Neustadt festgehaltenen Verletzungen bei fehlender Möglichkeit einer objektiven Überprüfung allein auf den subjektiven Angaben der Zeugin P*** beruhen, ist der Beschwerde zunächst zu erwidern, daß die Feststellung der von P*** bei dem Vorfall vom 1.Oktober 1988 erlittenen Verletzungen, nämlich eine Zerrung der Halswirbelsäule und eine Prellung der Lendenregion (vgl US 11, 12 iVm S 173), in der aus der bezeichneten Ambulanzkarte hervorgehenden Diagnose und den Angaben der Zeugin P*** eine ausreichende Stütze findet. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß bei der Genannten äußerlich sichtbare Verletzungsspuren nicht festgestellt werden konnten; dies umsoweniger, als die Tatrichter zum Ergebnis gelangten, daß P*** auf Grund des gewaltsamen Vorgehens insbesondere des Angklagten S*** schließlich jede weitere Widerstandsleistung aussichtslos erschien (US 18). Im Interesse einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) bedurften daher die bezüglichen Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen ebensowenig einer gesonderten Erörterung wie die dem Gutachten zu entnehmende rein theoretische Darlegung, daß die Feststellung einer Blutunterlaufung bei einem dunkelhäutigen Menschen nicht ganz so einfach sei und daß "bei heftigen Abwehrbewegungen der Zeugin und entsprechenden Aggressionshandlungen der Beschuldigten sicherlich die eine oder andere Verletzung zu erwarten gewesen wäre" (S 368). Der weitere Einwand des Angeklagten S*** hinwieder, das Erstgericht habe das Vorliegen einer Widerstandsunfähigkeit bei Sladjana P*** lediglich mit dem Mißverhältnis ihres Körpergewichts (von 40 kg) zu jenem des Angeklagten S*** (von 100 kg) begründet, übergeht, daß das Vorliegen dieses Tatbestandserfordernisses aus einer Gesamtbeurteilung aller konkreten Umstände zur Tatzeit am Tatort, insbesondere aus der Übermacht der drei Angeklagten, aus dem gewaltsamen Verbringen des Opfers (gegen 4,30 Uhr früh) von einem unbeleuchteten Parkplatz in ein (beim Betreten gleichfalls unbeleuchtetes) Haus, wo P*** auf Grund von Äußerungen der Angeklagten, daß schreien nichts nütze, keine weiteren (Mit-)Bewohner vermutete, abgeleitet wurde (S 8, 9 f, 17 f).
Der von den Angeklagten S*** und S*** schließlich der Sache nach erhobene Einwand, daß die im Urteil gezogenen Schlüsse nicht zwingend seien und daß aus den vom Erstgericht erörterten Umständen für die genannten Angeklagten auch günstigere Konklusionen denkbar wären, stellt eine im schöffengerichtlichen Verfahren - nach wie vor - unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar; ein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des angezogenen Nichtigkeitsgrundes (Z 5) wird damit jedenfalls nicht dargetan. Aber auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) des Angeklagten S*** ist unbegründet. Das Schöffengericht hat, wie bereits dargelegt, seine Feststellungen zum Tathergang im wesentlichen auf die insgesamt als glaubwürdig beurteilten Bekundungen der Zeugin P*** gegründet (vgl US 13 f), wobei es gewisse Divergenzen in den Angaben der Genannten bei Würdigung der Beweiskraft der in Rede stehenden Zeugenaussage ebenso berücksichtigt hat wie den Umstand, daß sie einige Monate vorher in Wien im Lokal "O***-H***" als Kellnerin und offenbar auch als Animiermädchen gearbeitet hatte (US 6). Daß es diesen Divergenzen nicht jene Bedeutung beigemessen hat, die dieser Beschwerdeführer ihnen beimißt, ist nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die bezüglichen Urteilskonstatierungen zu erwecken. Das Vorbringen hiezu vermag jedenfalls die durch die Gesamtheit der Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage nicht in einem Maß zugunsten des Beschwerdeführers zu ändern, daß die Beweiswürdigungserwägungen des Schöffensenats unvertretbar erscheinen und die Annahme entscheidungswesentlicher Tatsachen ernstlich in Frage stellen würden.
Mit den Rechtsrügen (Z 10) streben alle drei Angeklagten eine Tatbeurteilung (bloß) als Verbrechen der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB (aF) mit dem Hinweis an, der im Urteil festgestellte Sachverhalt decke nicht die für den Tatbestand des Verbrechens der Notzucht erforderliche Widerstandsunfähigkeit des Tatopfers. Die Beschwerdeführer übergehen jedoch dabei jene Urteilsfeststellungen, denenzufolge sie im gemeinsamen Zusammenwirken den (Widerstands-)Willen des Opfers nicht bloß gebeugt, sondern völlig ausgeschaltet und solcherart dessen Widerstandsunfähigkeit bewirkt hatten (vgl insbesondere US 12, 16 f). Geht man aber davon aus, daß das den drei Angeklagten weit unterlegene Tatopfer zur Nachtzeit in ein fremdes Haus gebracht, dort gegen seinen Willen entkleidet, auf ein Bett niedergedrückt und festgehalten wurde, dann kann an einer für die Annahme der Widerstandsunfähigkeit erforderlichen Lage extremer Hilflosigkeit nicht gezweifelt werden. Die dadurch bewirkte Handlungsunfähigkeit der Sladjana P***, derzufolge sie außerstande war, einen geeigneten Fluchtweg zu finden und einen Widerstandswillen zu aktivieren, begründete - auch in rechtlicher Hinsicht - ihre psychische Widerstandsunfähigkeit. Eine solche psychische Widerstandsunfähigkeit im Sinn des § 201 Abs 1 StGB setzt im übrigen gar nicht voraus, daß das Tatopfer zu einer rationalen oder sogar zu einer bewußten Willensbetätigung außerstande ist. Genug daran, daß sich die betroffene Frau in einer Lage extremer Hilflosigkeit befindet, in der ihr die Möglichkeit eines erfolgreichen Widerstands gegen die ihr vom Täter zum Erzwingen des Beischlafs wider ihren Willen angetane Gewalt oder gegen die ihr von ihm angedrohte unmittelbare Gefährdung an Leib oder Leben als ausgeschlossen erscheint. Auch in einem solchen Fall ist sie subjektiv außerstande, ihm Widerstand zu leisten und demgemäß psychisch "widerstandsunfähig" im Sinn der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung (EvBl 1986/147, 1975/270 ua). Für Sladjana P*** war bei dem vom Erstgericht festgestellten Tathergang eine derartige Situation jedenfalls gegeben.
Soweit der Angeklagte S*** aber in seiner Rechtsrüge unter Hinweis auf die - seit 1.Juli 1989 in Kraft
befindliche - Strafgesetznovelle 1989 (auch) eine Tatbeurteilung "unter Bedachtnahme auf die neue Fassung der §§ 201 (Vergewaltigung) und 202 (geschlechtliche Nötigung) StGB" anstrebt, genügt der Hinweis, daß die Rechtsrichtigkeit eines bekämpften Urteils grundsätzlich an der im Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz - vorliegend am 3.April 1989 - geltenden Rechtslage zu messen ist und eine (erst) während des Rechtsmittelverfahrens - hier am 1.Juli 1989 - eingetretene Gesetzesänderung außer Betracht zu bleiben hat. Die Rückwirkung einer neuen - gegenüber dem früheren Recht für den Täter günstigeren - Rechtslage kann nur im Fall eines iudicium novum Platz greifen (EvBl 1986/109; Leukauf-Steininger Komm2 § 61 RN 9). Die vom Angeklagten S*** in diesem Zusammenhang mit Beziehung auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO außerdem gerügte Nichtanwendung der seit der Strafgesetznovelle 1989 in Kraft stehenden (neuen) Strafbestimmungen stellt keine gesetzmäßige Ausführung des relevierten Nichtigkeitsgrundes dar, weil eine Prüfung der Rechtsrichtigkeit der Strafbemessung nur anhand des dem jeweiligen konkreten Schuldspruch zugeordneten Strafsatz vorgenommen werden kann. Die daran anknüpfende allgemeine Polemik des Angeklagten S*** in Richtung einer seiner Meinung nach nicht auszuschließenden "psychischen Mitwirkung" des der Hauptverhandlung beiwohnenden "Publikums" ("etwa 10-15 Journalistinnen und etwa 50 Frauen ... nach ihrem Äußeren durchwegs Feministinnen") schließlich läßt überhaupt die erforderliche Substantiierung vermissen und ist demzufolge einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte die drei Angeklagten nach § 201 Abs 1 StGB zu Freiheitsstrafen, die es bei den Angeklagten S*** und S*** mit je achtzehn Monaten und beim Angeklagten S*** mit vierundzwanzig Monaten festsetzte. Bei allen Angeklagten wurde gemäß § 43 a Abs 3 StGB ein Teil dieser Strafen, nämlich bei S*** und S*** zwölf Monate und bei S*** sechzehn Monate unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachgesehen.
Bei der Strafbemessung wurde bei allen drei Angeklagten der qualvolle Zustand des Opfers über einen längeren Zeitraum (mehrere Stunden), bei S*** und S*** außerdem noch der intensive bzw besonders intensive Täterwille und bei S*** auch noch eine einschlägige Vorstrafe als erschwerend gewertet; demgegenüber wurde den Angeklagten das Geständnis, S*** und S*** außerdem noch der bisher ordentliche Lebenswandel als mildernd zugebilligt. Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen und deren bedingte Nachsicht (zur Gänze) gemäß § 43 Abs 1 StGB an.
Den Berufungen kommt teilweise, nämlich soweit sie auf Strafherabsetzung gerichtet sind, Berechtigung zu.
Die Strafzumessungsgründe bedürfen insofern einer Korrektur, als die vom Schöffengericht als erschwerend angenommene Situation des Opfers im vorliegenden Fall vom Tatbestand des Verbrechens der Notzucht, der extreme Hilflosigkeit des Opfers voraussetzt, bereits erfaßt ist. Wohl aber fällt der Umstand als erschwerend ins Kalkül, daß Sladjana P*** von allen drei Angeklagten, von S*** und S*** sogar wiederholt geschlechtlich mßbraucht wurde. Bei den Angeklagten S*** und S*** kommt eine gewisse alkoholbedingte Enthemmung zur Tatzeit als (weiterer) Milderungsgrund hinzu, zumal Anhaltspunkte, daß am fraglichen Tag eine Zechtour mit dem Vorhaben, sich exzessivem Alkoholgenuß hinzugeben, ebenso fehlen wie ein Hinweis, daß den genannten Angeklagten die enthemmende Wirkung des Alkohols auf sie und eine damit verbundene Neigung in Richtung einer hier aktuellen Delinquenz bekannt war. Entgegen dem bezüglichen Berufungsvorbringen trifft dies allerdings auf den Angeklagten S*** nicht zu. Abgesehen davon, daß er Alkohol konsumiert hat, obwohl ihm das Lenken eines Kraftfahrzeuges bevorstand, war ihm bekannt, daß er im alkoholisierten Zustand in sexueller Hinsicht in außergewöhnlicher Weise enthemmt ist (vgl die im angefochtenen Urteil S 5 geschilderten Vorfälle). Die durch den Rauschzustand bedingte Herabsetzung seiner Zurechnungsfähigkeit wird somit durch den Vorwurf aufgewogen, den der Genuß des berauschenden Mittels im vorliegenden Fall begründet (§ 35 StGB). Allen drei Angeklagten kommt als zusätzlicher Milderungsgrund auch noch die (teilweise) Schadensgutmachung durch Bezahlung eines Geldbetrages von 30.000 S an das Tatopfer, zugute. Beim Angeklagten S*** schließlich hat der Erschwerungsgrund einer einschlägigen Vorstrafe zu entfallen, weil die im Jahr 1984 erfolgte Verurteilung wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB mittlerweile getilgt ist. Wegen des fehlenden guten Leumunds (vgl abermals US 5) bewirkt dies allerdings nicht auch den Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB. Bei den sohin richtiggestellten Strafzumessungsgründen ist nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) der drei Angeklagten eine Herabsetzung der Strafdauer auf das aus dem Spruch ersichtliche Maß gerechtfertigt. Wie schon im Ersturteil war gemäß § 43 a Abs 3 StGB ein Teil dieser Strafen, nämlich jeweils zwei Drittel, unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachzusehen; insoweit war daher den Berufungen (teilweise) stattzugeben.
Unberechtigt sind diese Rechtsmittel hingegen, soweit damit auch die bedingte Nachsicht jeweils der ganzen Strafe nach § 43 Abs 1 StGB angestrebt wird. Sowohl spezial- als auch generalpräventive Gründe erfordern in Fällen wie dem vorliegenden zur Erreichung der Strafzwecke jedenfalls den Vollzug eines Teiles der verhängten Strafen. Daran vermag der bisher ordentliche Lebenswandel der Angeklagten S*** und S*** nichts zu ändern. Denn bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 43 StGB spielt das Vorleben des Rechtsbrechers zwar eine wichtige, nicht immer jedoch die ausschlaggebende Rolle. Ebenso bedeutend ist nämlich neben der Art der strafbaren Handlung vor allem der Grad der Schuld des Täters. Im Hinblick auf die Art der Tat sowie auf die ihr adäquate Größe der Tatschuld der drei Angeklagten stehen diesem Begehren, zumal unter Bedacht auf die berechtigten Interessen der Gesellschaft an einem wirksamen Schutz des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung jedenfalls schwerwiegende Gründe der Generalprävention entgegen. In diese Richtung hin war sonach den Berufungen ein Erfolg zu versagen.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
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