OGH 14Os112/89

OGH14Os112/894.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Oktober 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Genady S*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Genady S*** gegen das Urteil des Kreisgerichts Wr.Neustadt als Schöffengericht vom 29.November 1988, GZ 11 a Vr 528/86-129, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Genady S*** wurde vom Kreisgericht Wiener Neustadt als Schöffengericht des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil er am 19.Mai 1980 in Bad Vöslau durch die Behauptung, in jenem Haus, in dem er Kunstgegenstände gelagert hatte, wäre ein Wasserrohrbruch aufgetreten, obwohl er die Überflutung der Lagerräume selbst herbeigeführt hatte, von der W*** A*** Versicherungs AG mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz die Auszahlung von 2,500.000 S zu erlisten suchte.

Seine auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde gegen diesen Schuldspruch zeigt (inhaltlich) berechtigt auf, daß für den Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen keine Gründe angegeben sind (Z 5). Der Schuldspruch stützt sich auf die Feststellung, der Beschwerdeführer habe durch absichtliches Herbeiführen eines Gebrechens an den Armaturen der Wasserinstallation in der an die Baufirma E*** aus St.Pölten vermieteten, über den von ihm benützten Lagerräumen gelegenen Wohnung, die wochentags von Bauarbeitern dieses Unternehmens bewohnt wurde, den darunter liegenden Lagerraum überflutet und zahlreiche dort gelagerte Reproduktionen auf diese Weise beschädigt. Zum Betreten dieser Wohnung habe er sich eines Schlüssels bedient, der seiner Gattin als Hausmeisterin zur Verfügung stand.

Rechtliche Beurteilung

Das Schöffengericht hat für seine Annahme, die Gattin des Angeklagten habe über einen Schlüssel zu dieser Wohnung verfügt, den der Beschwerdeführer zum Tatversuch benützte, keine Gründe angeführt und ist über zahlreiche Beweisergebnisse, die die Verantwortung des Angeklagten, seine Frau habe über keinen Schlüssel zu dieser Wohnung verfügt, er habe daher auch gar nicht die Möglichkeit gehabt, sie vor Entdeckung des Wasserschadens zu betreten, mit Stillschweigen hinweggegangen (Zeugenaussagen Ing.Leopold R*** AS 293, 294; Josef T***, AS 296, 386; Janja S***, AS 304, 483; Hubert G*** AS 390; Manfred K***, AS 391; Gottfried

G***, AS 395; Josef L***, AS 397; alle II. Band).

Bei der vom Erstgericht festgestellten Tatversion ist unabdingbar die Möglichkeit des Betretens jener Räume, in denen das Wasserinstallationsgebrechen aufgetreten ist, vorausgesetzt. Das Gericht ist verpflichtet bei seiner Beweiswürdigung das gesamte Beweismaterial zu verwerten und in seiner Begründung anzugeben, warum es die seiner Feststellung einer entscheidenden Tatsache entgegengesetzten Ergebnisse des Verfahrens nicht für überzeugend hält. Im besonderen Maß gilt dies bei der Würdigung von Indizienbeweisen angesichts eines leugenden Angeklagten. Eine Unvollständigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) liegt stets dann vor, wenn die Tatrichter zu Umständen, die gegen die Richtigkeit ihrer Annahme sprechen und bei deren Berücksichtigung eine andere Lösung der Beweisfrage denkbar ist, nicht Stellung nahmen

(vgl Mayerhofer-Rieder StPO2, ENr 57, 61 und 63 zu § 281 Z 5). Die dem angefochtenen Urteil anhaftenden und vom Beschwerdeführer auch zutreffend gerügten Begründungsmängel lassen eine abschließende Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten nicht zu.

Da eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz damit unumgänglich ist, war schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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