OGH 13Os122/89

OGH13Os122/8928.9.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.September 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Toth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kurt S*** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 302 Abs. 1 und 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Kurt S*** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichts Korneuburg als Schöffengerichts vom 27. Juni 1989, GZ. 11 e Vr 230/89-7, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO hat über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.

Text

Gründe:

Der am 24.Dezember 1944 geborene beschäftigungslose Kurt S*** wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Mißbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 302 Abs. 1 und 15 StGB sowie des damit in Tateinheit begangenen Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs.2, 38 Abs. 1 lit. a und 13 FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er den gesondert verfolgten Leiter des Zollamts Drasenhofen Peter W***-L*** dazu angestiftet, mit unrichtigen, einen zu geringen Kaufpreis ausweisenden Rechnungen über den Ankauf von Personenkraftwagen älterer Baujahre (Oldtimern) in der Tschechoslowakei

1. durch wissentlichen Befugnismißbrauch zu geringe Einfuhrabgaben festzusetzen und einzuheben, und dadurch zugleich

2. in der (eigene Fahrzeuge betreffenden) Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Eingangsabgaben vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht zu hinterziehen.

Der Mißbrauch der Amtsgewalt sowie die damit verbundene Abgabenhinterziehung konnten in zwei Fällen nicht vollendet werden, weil die Tat vor der Gebührenbestimmung aufgedeckt wurde. Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs. 1 Z. 3, 5, 9 (lit. a) StPO geltend.

Die vom Staatsanwalt am Beginn der Hauptverhandlung vorgenommene "Ausdehnung" der Anklage durch die zusätzliche, in der Anklageschrift noch nicht enthaltene Qualifizierung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten strafbaren Handlung auch als Finanzvergehen kann keinen Verstoß gegen § 221 Abs. 1 StPO begründen (Z. 3). Die im § 221 Abs. 1 StPO dem Angeklagten zugestandene Vorbereitungsfrist gilt nämlich nicht einmal für eine formelle Ausdehnung der Anklage nach § 263 StPO, nämlich der in der Hauptverhandlung erhobenen Beschuldigung, der Angeklagte habe noch eine andere Tat begangen (RiZ. 1978/141); sie gilt daher umsoweniger bei einer bloß geänderten oder erweiterten rechtlichen Beurteilung der ohnehin der schriftlichen Anklage zugrundeliegenden Tatsachen (vgl. § 262 StPO).

Der Angeklagte hat sich der Anstiftung des Zollamtsleiters zum Amtsmißbrauch schuldig bekannt (S. 154). Damit stand seine Einlassung vor den Tatrichtern mit der für glaubwürdig befundenen Aussage des W***-L*** im Einklang und nicht, wie die Beschwerde behauptet (Z. 5) im Widerspruch. Es ist außerdem nicht richtig, daß die Bestimmungstäterschaft des Angeklagten aus seiner bloßen Kenntnis abgeleitet wurde, daß W***-L*** unterfakturierte Rechnungen akzeptiert, wonach auch der Angeklagte (wegen des hohen Zolls auf solche Importwaren) "besser wegzukommen" versucht hat. Vielmehr waren es die konkreten Fahrzeugimporte des Nichtigkeitswerbers und die diese begleitende Übergabe von Rechnungsfalsifikaten an W***-L***, welche die Annahme der Bestimmungstäterschaft des Beschwerdeführers begründet haben (S. 170).

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge bestreitet die Zuständigkeit des Gerichts zur Aburteilung des Finanzvergehens, indem sie die Annahme der Gewerbsmäßigkeit in Zweifel zieht. Der Beschwerdeführer streicht in seinen Ausführungen das Vorhaben, seine Sammlung von Oldtimerfahrzeugen zu vergrößern, heraus und negiert dabei die Urteilsfeststellung, daß es ihm darauf ankam, sich durch wiederkehrende Hinterziehung von Eingangsabgaben eine fortlaufende Einnahme (durch beträchtliche Zollersparnis) zu verschaffen (S. 168). Die Rechtsrüge entfernt sich somit unzulässig von den Konstatierungen des Erstgerichts. Sonach betraf die Absicht, sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, gar nicht etwaige Veräußerungsgewinne der Oldtimer, sondern die laufenden Ersparnisse von Eingangsabgaben.

Tätige Reue ist weder beim Amtsmißbrauch noch bei der Eingangsabgabenhinterziehung ein Strafaufhebungsgrund. Die Straffreiheit durch Selbstanzeige eines Finanzvergehens (§ 29 Abs. 1 FinStrG) tritt nicht ein, wenn im Zeitpunkt der Erstattung der Anzeige Verfolgungshandlungen gegen den Anzeiger oder gegen andere an der Tat Beteiligte gesetzt waren oder wenn im Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war oder wenn die Entdeckung einer Tat, durch die Zollvorschriften verletzt wurden, unmittelbar bevorstand und dies dem Anzeiger bekannt war (§ 29 Abs. 3 lit. a und b FinStrG). Dazu vernachlässigt die im übrigen unsubstantiierte Beschwerde die ausdrücklichen Konstatierungen, daß W***-L*** schon am 16.November 1988 bei seiner Einvernahme vor der Gendarmerie den Angeklagten als Mittäter bezeichnet hat, daß der Angeklagte am 10. Februar 1989 dazu als Verdächtiger abgehört wurde und daß er erst hernach seine Selbstanzeige am 16.Februar 1989 erstattet hat (S. 168).

Damit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weshalb sie bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war (§ 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO iVm. § 285 a Z. 2 StPO, § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO).

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