OGH 4Ob90/89

OGH4Ob90/8926.9.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "DAS K*** B***" V*** Z*** V*** mbH & Co. KG, Dornbirn,

Schwefel 81, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagten Parteien 1) V*** G*** A*** Eugen R*** & Co., 2) Eugen A. R***, Geschäftsführer,

3) Sophie K***-R***, Geschäftsfrau, 4) KommRat Eugen R***, Geschäftsmann, sämtliche in Bregenz, Kirchstraße 35, sämtliche vertreten durch Dr. Fritz Schuler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsinteresse: 116.666,67 S), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 30. März 1989, GZ 1 R 102/89-18, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. Dezember 1988, GZ 8 Cg 290/88-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß in seinem Punkt 1 (Unterlassungsgebot) die Worte "zur ungeteilten Hand" zu entfallen haben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 7.406,64 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.234,44 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin, Medieninhaberin und Verlegerin der seit mehr als drei Jahren wöchentlich an jedem Donnerstag erscheinenden Gratiszeitung "DAS K*** B***", welche an die meisten Haushalte im Bundesland Vorarlberg verteilt wird; die Kosten der Herstellung und des Vertriebes dieser Zeitung werden aus dem Inseratenaufkommen gedeckt. "DAS K*** B***" versteht sich als Heimat- und Konsumentenzeitung, deren redaktioneller Teil einen Vorarlberg-Bezug aufweist.

Die erstbeklagte OHG ist Eigentümerin, Medieninhaberin und Verlegerin der Tageszeitung "Vorarlberger Nachrichten"; sie ist auch Herausgeberin der von ihr vertriebenen Gratis-Wochenzeitung "Wann & Wo". Die Zweit- bis Viertbeklagten sind persönlich haftende Gesellschafter der Erstbeklagten.

Nach der vom F*** & GFK I*** für den Erhebungszeitraum Juni 1987 bis Mai 1988 durchgeführten Mediaanalyse "O*** 87/88" haben die genannten Zeitungen unter den Lesern über 14 Jahre im Bundesland Vorarlberg folgende Reichweiten:

"Vorarlberger Nachrichten" 67 %

"Wann & Wo" 57,6 %

"DAS K*** B***" 50,6 %

Daneben scheint in der "O*** 87/88" unter den wöchentlichen Zeitschriften u.a. auch "Mein TV-Programm"-Ring mit einer Reichweite von 19,9 % auf. Weiters werden die Reichweiten nachstehender Tageszeitungen wie folgt angegeben: "Neue Vorarlberger Tageszeitung" (33,6 %), "Kurier" (5,7 %), "Neue Kronenzeitung" (1,4 %), "Die Presse" (0,5 %), "Tiroler Tageszeitung" (0,4 %), "Arbeiterzeitung" (0,3 %), "Volksstimme" (0,3 %), "Salzburger Nachrichten" (0,2 %), "Salzburger Tagblatt" (0,2 %) und "Wiener Zeitung" (0,2 %). Sowohl die "Vorarlberger Nachrichten" als auch "DAS K*** B***" bemühen sich hinsichtlich der Inseratenaufträge um denselben Kundenkreis.

Die Erstbeklagte veröffentlichte in den "Vorarlberger Nachrichten" zwischen Mai und September 1988 mehrfach - so in den Ausgaben vom 2. Mai, 7. Juli, 23. August, 24. August und 6. September 1988 - den nachstehenden, durch die Farbgestaltung Grün (Grundfarbe) - Gelb (Fläche des Bundeslandes Vorarlberg) - Rot (Schriftbalken links oben und beide Schriftbalken unten; Prozentbalken und Schriftbalken für die Zeitungsangaben "VN" und "WANN & WO") augenfälligen "Media-Datenservice" in der Größe von knapp einer Viertelseite:

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, einen "Media-Datenservice" in Form einer Graphik, gestützt auf die vom F*** & GFK I*** für Marktforschung herausgegebene "O***"-Medienanalyse als Quelle, mit der Behauptung, daß darin die "Zeitungsleser im Ländle" erfaßt würden, und unter graphischer Darstellung der Verbreitung in Form von Balken und Angabe des Prozentsatzes der Verbreitung der Zeitungen "Vorarlberger Nachrichten", "Wann & Wo", "Neue Vorarlberger Tageszeitung", "Kurier" und "Krone", zu unterlassen, soweit in diesen "Media-Datenservice" und in die graphische Darstellung nicht auch "DAS K*** B***" aufgenommen wird, und zwar in Form eines Balkens in entsprechender Größe der Reichweite und unter Angabe der von der "O***" ermittelten Reichweite in Prozenten des "K*** B***"; außerdem begehrt sie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung, und zwar zweimal jeweils in einer Samstagausgabe der Zeitschriften "Kurier", Ausgabe für Vorarlberg, "Neue Kronenzeitung", Ausgabe für Vorarlberg, "Neue Vorarlberger Tageszeitung", "Wann & Wo" und "Vorarlberger Nachrichten" sowie zweimal in aufeinanderfolgenden Ausgaben der Zeitschrift "DAS K*** B***". Die Erstbeklagte habe mit der Gestaltung ihres "Media-Datenservice" den unrichtigen Eindruck erweckt, daß dieses nicht nur sämtliche Zeitungsleser in Vorarlberg, sondern auch sämtliche dort landesweit erscheinende Zeitungen umfasse, und zwar auch Gratiszeitungen, habe sie doch u.a. auch die von ihr herausgegebene und vertriebene Wochenzeitung "Wann & Wo" angeführt. Dabei habe die Erstbeklagte durch das bewußte Verschweigen der erheblichen Reichweite der Zeitung der Klägerin gegenüber den Anzeigekunden den Anschein erweckt, daß ihren beiden Zeitungen eine überragende Stellung als Werbeträger in Vorarlberg zukomme. Durch das Verschweigen der Existenz und des Verbreitungsgrades der Zeitung der Klägerin habe die Erstbeklagte gegen § 2 UWG verstoßen; weil sie in Wahrheit eine zur Irreführung geeignete Alleinstellungswerbung betrieben habe, sei ihr Verhalten auch nach § 1 UWG wettbewerbswidrig.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die "Vorarlberger Nachrichten" stünden mit der Gratiszeitung der Klägerin in bezug auf Inseratenkunden in keinem "harten" Wettbewerb. Die beanstandete "Eigenwerbung" der Erstbeklagten sei nicht wettbewerbswidrig, weil darin gar nicht zum Ausdruck gebracht werde, daß es sich um alle Zeitungsleser in Vorarlberg handle; auch sei für jeden Leser klar erkennbar, daß vom gesamten in Vorarlberg bekannten Zeitungsmarkt nur 5 Zeitungen herausgegriffen und die diesbezüglichen "O***-Werte" veröffentlicht wurden. Zur Darstellung des gesamten Zeitungsmarktes in Vorarlberg sei die Erstbeklagte nicht verpflichtet. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, daß ihre Gratiszeitung in eine "Eigenwerbung" der Erstbeklagten aufgenommen werde. Das Klagebegehren sei schon wegen der Unzulässigkeit eines Reichweitenvergleiches zwischen entgeltlich vertriebenen Tageszeitungen und einem unentgeltlich vertriebenen Wochenblatt nicht gerechtfertigt; es sei auch zu weit gefaßt, weil die Beklagten danach auch dann zur Aufnahme der Zeitung der Klägerin in einen Reichweitenvergleich verhalten wären, wenn sich deren Reichweite künftig wesentlich ändern sollte. Bestenfalls könne daher lediglich die Unterlassung eines auf die "O*** 87/88" gestützten "Media-Datenservice" begehrt werden.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren mit der Einschränkung Folge, daß den Beklagten die Unterlassung eines "auf die O***-Medien-Analyse 1987/1988 als Quelle gestützten Media-Datenservice" geboten wurde; im übrigen gab es sowohl dem Unterlassungs- als auch dem Veröffentlichungsbegehren zur Gänze statt. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, daß sich aus den prozentuellen Reichweiten der "Vorarlberger Nachrichten", und der Zeitung "DAS K*** B***" zwangsläufig eine Überschneidung ihres Leserkreises ergebe; auch der Werbeteil der Druckschriften richte sich damit an dasselbe Publikum. Zwischen den Zeitungen der Klägerin und der Erstbeklagten bestehe daher sehr wohl ein Wettbewerbsverhältnis hinsichtlich der Inserenten, weil diese ein unmittelbares Interesse daran hätten, daß ihre Inserate von einer möglichst großen Leserzahl zur Kenntnis genommen werden. Bei einer "graphischen Darstellung mit Blickfangwirkung der Zeitungsleser im Ländle" und der Anführung von fünf Zeitungen, unter denen die Tageszeitung "Vorarlberger Nachrichten" sowie die Gratis-Wochenzeitung "Wann & Wo" kräftig hervorgehoben worden seien, entstehe der unrichtige Eindruck einer vollständigen Auflistung der in Vorarlberg meistverbreiteten Zeitungen. Dieser Eindruck beziehe sich - unabhängig von derer entgeltlicher oder unentgeltlicher Abgabe - sowohl auf Tages- als auch auf Wochenzeitungen. Dieser Eindruck sei aber unvollständig und daher falsch: Ein Vergleich, der seinem Anschein nach alle Zeitungen umfasse, denen eine nennenswerte Verbreitung in einem Bundesland zukomme, müsse auch vollständig sein. Durch die unvollständige Auflistung, nämlich die Nichtaufnahme der Zeitung der Klägerin mit einer Leserreichweite von 50,6 % habe die Erstbeklagte die umworbenen Verkehrskreise getäuscht und auf diese Weise Mitbewerber wettbewerbswidrig behindert; sie habe damit gegen § 2 UWG verstoßen. Infolge Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht dem Unterlassungsbegehren zur Gänze Folge. In teilweiser Stattgebung der Berufung der Beklagten beschränkte es die Ermächtigung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung auf die Zeitschriften "Neue Vorarlberger Tageszeitung", "Wann & Wo", "Vorarlberger Nachrichten" und "DAS K*** B***"; das Mehrbegehren auf Urteilsveröffentlichung auch in den Zeitschriften "Kurier" (Ausgabe für Vorarlberg) und "Neue Kronenzeitung" (Ausgabe für Vorarlberg) wurde - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes im bestätigenden Teil jeweils 60.000 S, im abändernden Teil 15.000 S, insgesamt aber nicht 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Die Erstbeklagte habe mit ihren Inseraten keinen Vergleich über die Reichweite entgeltlich zu beziehender Tageszeitungen vorgenommen, sondern durch die Einbeziehung auch ihrer eigenen Gratis-Wochenzeitung "Wann & Wo" den Eindruck hervorgerufen, alle Tages- und Wochenzeitungen (einschließlich der Gratiszeitungen) mit für das Bundesland Vorarlberg maßgeblicher Leserzahl zu erfassen; gerade dieser Eindruck sei aber unrichtig, so daß der Leitsatz der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 19. Mai 1987, 4 Ob 354/87 ÖBl 1988, 19 = MR 1987, 144, auf den hier vorliegenden, wesentlich anders liegenden Sachverhalt nicht anwendbar sei. Wenngleich der Wettbewerbsverstoß durch eine unrichtige oder unvollständige Wiedergabe der Media-Analyse "O*** 87/88" begangen worden sei, resultiere daraus doch ein allgemeiner nicht nur die in der Klage beanstandete konkrete Einzelerscheinungsform des Wettbewerbsverstoßes, sondern alle dem Unterlassungsgebot generell widersprechenden Handlungen umfassender Unterlassungsanspruch der Klägerin. Das Unterlassungsbegehren dürfe nicht so eng formuliert werden, daß schon ein geringfügig davon abweichender Verstoß nicht mehr davon gedeckt wäre, das wäre aber durch die vom Erstgericht vorgenommene Einschränkung des Unterlassungsgebotes die auf die "O***-Medienanalyse 1987/1988" gestützten Veröffentlichungen der Fall. Solange die Reichweite der Zeitung der Klägerin auf dem Vorarlberger Zeitungsmarkt so erheblich verbleibe, daß sie inmitten der Reichweite der anderen in einer vergleichenden Werbung angeführten Zeitungen liege, sei das Unterlassungsbegehren der Klägerin gerechtfertigt, weil es einen neuerlichen Verstoß gegen die Wahrheit bzw Vollständigkeit eines solchen Vergleiches der Erstbeklagten unterbinde.

Im Hinblick auf die mehrfache Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes in den "Vorarlberger Nachrichten" sei zwar die zweifache Urteilsveröffentlichung in den beantragten Vorarlberger Zeitschriften gerechtfertigt, nicht aber auch in den Ausgaben für Vorarlberg des "Kurier" und der "Neuen Kronenzeitung", die in diesem Bundesland nur eine geringe Leserzahl hätten. Insoweit strebe die Klägerin eher eine finanzielle Strafsanktion an, was aber nicht Zweck einer Urteilsveröffentlichung sei.

Gegen dieses Urteil, soweit damit dem Klagebegehren stattgegeben wurde, richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf dessen Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung.

Die Klägerin stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber wenden sich nach wie vor gegen die übereinstimmende Annahme der Vorinstanzen, wonach der als "Eigenwerbung" der Erstbeklagten bezeichnete Reichweitenvergleich gegen § 2 UWG verstoßen habe; dieser Vergleich sei

vielmehr - gestützt auf die "O*** 87/88" - in bezug auf die in Vorarlberg entgeltlich vertriebenen Tageszeitungen richtig und vollständig gewesen. Durch den Hinweis darauf, daß es sich bei der Wochenzeitung "Wann & Wo" um eine Gratiszeitung handle, sei auch klargestellt worden, daß sich der Vergleich nur auf die angeführten Tageszeitungen beziehe. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ÖBl 1988, 19 sei ein Reichweitenvergleich zwischen entgeltlichen Tageszeitungen und Gratis-Wochenzeitungen unzulässig; das ausgesprochene Unterlassungsgebot würde aber die Beklagten nunmehr gerade zu einem solchen unzulässigen Reichweitenvergleich zwingen. Durch die Abänderung des Unterlassungsgebotes im Sinne des von der Klägerin gestellten Begehrens sei dieses zu weit gefaßt, weil sich die Inserate der Erstbeklagten ausschließlich auf die O*** 87/88 gestützt hätten; nach dem Spruch des Berufungsurteils müßten aber die Beklagten bei künftigen Reichweitenvergleichen auf Grund einer solchen Media-Analyse der Folgejahre die Gratiszeitung der Klägerin auch dann mitberücksichtigen, wenn deren Reichweite beispielsweise eine wesentliche Änderung erfahren hätte. Diesen Argumenten ist folgendes entgegenzuhalten:

Abgesehen davon, daß die Erstbeklagte in ihren mehrmals wiederholten Reichweitenvergleich nicht nur die eigene Gratis-Wochenzeitung, sondern auch eine in Vorarlberg "teilweise gratis erscheinende" Tageszeitung aufgenommen hat, ist ein derartiger Vergleich zwischen den prozentuellen Leserzahlen von Kaufzeitungen und Gratiszeitungen in bezug auf den Anzeigenteil und damit auf die Werbewirksamkeit von Inseraten zur Irreführung nicht geeignet und daher zulässig (MR 1988, 134). Das Berufungsgericht hat auch zutreffend erkannt, daß die von den Beklagten herangezogene Entscheidung ÖBl 1988, 19 nicht im Widerspruch zu dieser Auffassung steht, hatte doch dort die Beklagte die Behauptung aufgestellt, ihre Zeitung sei die "Lieblingszeitung der Wiener", weil sie auch im redaktionellen Teil ("Seite für Seite, Artikel für Artikel ...") am meisten am intensivsten gelesen werde.

Den Vorinstanzen ist aber auch dahin beizustimmen, daß die Erstbeklagte durch die Gesamtgestaltung ihres mehrfach wiederholten "Media-Datenservice" beim flüchtigen Leser

den - unzutreffenden - Eindruck erweckt hat, ihr Reichweitenvergleich umfasse alle Kauf- und Gratiszeitungen des Bundeslandes Vorarlberg mit einer zumindest erheblichen Reichweite bei den "Zeitungslesern im Ländle". Damit hat sie für ihre beiden Zeitungen aber eine Spitzenstellung in Anspruch genommen, die ihr in dieser Form schon deshalb nicht zukommt, weil auch die Reichweite der Wochenzeitung der Klägerin nach der als Quelle angegebenen Media-Analyse knapp über 50 % liegt. Wenn auch nach herrschender Lehre und Rechtsprechung keine allgemeine Pflicht zur Vollständigkeit von Werbeaussagen besteht, weil der Werbende grundsätzlich nicht auf die Nachteile seiner eigenen Ware hinzuweisen braucht, ist doch eine solche Aufklärungspflicht im Einzelfall dann gegeben, wenn eine entsprechende Information des Geschäftsverkehrs nach den Umständen zu erwarten war. Das wird vor allem überall dort zutreffen, wo einer bestimmten Tatsache nach der Verkehrsauffassung eine solche Bedeutung zukommt, daß die Nichterwähnung dieses Umstandes geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen, so insbesondere dann, wenn - wie hier - durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 23; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1082 ff Rz 48 ff zu § 3 dUWG; ÖBl 1982, 126; ÖBl 1985, 71 und 101 u.a.). Den Angaben der Erstbeklagten in ihrem "Media-Datenservice" war daher trotz sachlicher Richtigkeit etwas Unwahres zu entnehmen, so daß sie im Sinne des § 2 UWG zur Irreführung geeignet waren. Für diesen Wettbewerbsverstoß der Erstbeklagten haften die Zweit- bis Viertbeklagten als deren offene Gesellschafter gemäß § 18 UWG, § 128 HGB auch dann, wenn sie daran nicht beteiligt waren (ständige Rechtsprechung; ÖBl 1978, 154; ÖBl 1981, 51; zuletzt unter ausdrücklicher Ablehnung der gegenteiligen Ansicht Koppensteiners !Wettbewerbsrecht2, 287 und in Straube, HGB, Rz 13 zu § 128 :

4 Ob 103/88; 4 Ob 6/89).

Entgegen der Meinung der Beklagten ist das vom Berufungsgericht entsprechend dem Begehren der Klägerin formulierte und am konkreten Wettbewerbsverstoß der Erstbeklagten orientierte Unterlassungsgebot keineswegs zu weit gefaßt: Nach ständiger Rechtsprechung ist - vorbeugend - eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes zulässig, um der Gefahr von Wiederholungen zu begegnen und Umgehungen nicht all zu leicht zu machen (ÖBl 1971, 27; ÖBl 1983, 16 und 134 uva); hier spricht schon die Prozeßökonomie dafür, das Begehren so zu fassen (und zuzulassen), daß das entsprechende gerichtliche Unterlassungsgebot auch ähnliche naheliegende Rechtsverletzungen erfaßt und daher nicht neuerlich geklagt werden muß (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 510.1 f). Da die Erstbeklagte den Wettbewerbsverstoß innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten mehrmals begangen hat, war es zulässig, ihr derartige Reichweitenvergleiche nicht nur dann zu untersagen, wenn sich diese - wie konkret in ihren mit Recht beanstandeten Ankündigungen des Jahres 1988 - auf die O*** 87/88 stützen, sondern vorbeugend auch dann, wenn sie als Quelle auf die Media-Analysen der Folgejahre Bezug nehmen. Im übrigen werden die Beklagten auf diese Weise nur dazu verhalten, künftig Ankündigungen der hier in Rede stehenden Art (unter der im Unterlassungsgebot konkret umschriebenen Gesamtaufmachung) zu unterlassen; sie werden damit aber nicht gezwungen, bei

anderen - zulässigen - Reichweitenvergleichen auf die Zeitung der Klägerin Bezug zu nehmen. Da jedoch diese Zeitung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz eine Reichweite von 50,6 % unter den Lesern über 14 Jahren in Vorarlberg hatte, ist das Unterlassungsgebot jedenfalls gerechtfertigt. Gegen spätere wesentliche Änderungen der Reichweiten auf dem Vorarlberger Zeitungsmarkt und insbesondere in Ansehung der Wochenzeitung der Klägerin sind die Beklagten - wie bei jedem Unterlassungstitel, wenn nachträglich den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen eintreten - im Fall einer ungerechtfertigten Exekutionsführung auf das Rechtsmittel der Oppositionsklage verwiesen.

Der Revision war daher in Ansehung des Unterlassungsbegehrens ein Erfolg zu versagen. Da jedoch eine Unterlassungsverpflichtung nach dem UWG mehreren Beklagten nicht zur ungeteilten Hand aufzuerlegen ist, die Beklagten hier vielmehr jeder für sich für eine solche Unterlassung zu haften haben (SZ 51/76; ÖBl 1980, 159; ÖBl 1981, 20 und 51), war die angefochtene Entscheidung mit der Maßgabe zu bestätigen, daß aus dem Unterlassungsgebot die Worte "zur ungeteilten Hand" zu entfallen haben.

Im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat das Berufungsgericht auch die vom Erstgericht ausgesprochene Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in dem noch in Rede stehenden Umfang zu Recht bestätigt. Die Erstbeklagte hat den hier beanstandeten, zur Irreführung geeigneten Reichweitenvergleich in ihrer in Vorarlberg meistgelesenen Tageszeitung oftmals veröffentlicht und dadurch bewirkt, daß er einem großen, nicht übersehbaren Kreis von Lesern dieses Bundeslandes zur Kenntnis gelangte. Ausmaß und Art der damit verbundenen Irreführung des Leserpublikums lassen daher im vorliegenden Fall die zweimalige Urteilsveröffentlichung in je zwei Vorarlberger Tages- und Wochenzeitungen zur Beseitigung der schädlichen Auswirkungen des Wettbewerbsverstoßes durchaus geboten erscheinen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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