Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger ab 1. Juli 1987 eine Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen, ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der am 19. Februar 1938 geborene Kläger war während der letzten 15 Jahre vor Antragstellung als Lagerangestellter beschäftigt. Lagerangestellte sind in der Beschäftigungsgruppe 2 des Kollektivvertrages tätig. Der Kläger ist aufgrund seines - im einzelnen aus "interner Sicht" und "örthopädischer Sicht" beschriebenen - körperlichen und geistigen Zustands für alle leichten und mittelschweren Arbeiten in jeder Lage bei den normalen Arbeitszeiten und den üblichen Unterbrechungen geeignet. Die Wegstrecken zur Erreichung des Arbeitsplatzes sind weder unter städtischen noch unter ländlichen Verhältnissen begrenzt. Er kann nur eine bis höchstens eineinhalb Stunden sitzen und muß sodann einen Haltungswechsel durchführen, etwa durch Gehen oder Stehen über eine halbe Stunde. Umgekehrt muß er eine halbe Stunde sitzen, nachdem er eine oder eineinhalb Stunden gegangen oder gestanden ist. Er kann sich in einer Stunde zwei- bis dreimal bücken und kann keine Haltung einnehmen, bei der er nach vorne geneigt ist. Seinem Leistungskalkül entspricht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Tätigkeit einer Kanzleihilfskraft oder einer Hilfskraft in einer Posteinlauf- oder -auslaufstelle. Dabei ist auch der erforderliche Haltungswechsel gewährleistet.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger nicht gemäß § 273 (Abs 1) ASVG berufsunfähig sei, weil ihm weiterhin einfache Büroarbeiten zugemutet werden könnten. Damit sei kein sozialer Abstieg verbunden und es sei dabei auch der medizinisch erforderliche Haltungswechsel möglich.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, den der Kläger darin erblickte, daß das Erstgericht kein die Gutachten der ärztlichen Sachverständigen zusammenfassendes Gutachten einholte, liege nicht vor. Der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache sei zwar bezeichnet, aber nicht ausgeführt, weil mit den entsprechenden Ausführungen der Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung geltend gemacht werde.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinn der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern oder sie allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Kläger macht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend, daß das Erstgericht kein zusammenfassendes Gutachten eingeholt habe. Es ist zunächst zu prüfen, ob er damit eine Mängelrüge erhebt. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 10 Ob S 77/89 nämlich ausgesprochen, daß die Berufungsausführungen, mit denen die Unterlassung der Einholung eines zusammenfassenden ärztlichen Gutachtens bemängelt wird, inhaltlich eine Rechtsrüge seien, weil damit die Unvollständigkeit der Entscheidungsgrundlage und somit ein Feststellungsmangel geltend gemacht werde. Nach Ansicht des erkennenden Senates trifft dies allerdings nur dann zu, wenn das Urteil bloß Feststellungen über das für die einzelnen medizinischen Fachgebiete gültige Leistungskalkül enthält. Wird darin aber, wie hier, ein allgemeines Leistungskalkül festgestellt, so ist die Entscheidungsgrundlage vollständig. Gründen sich die Feststellungen nicht auf ein zusammenfassendes ärztliches Gutachten, so bildet dies allenfalls einen Stoffsammlungsmangel (vgl. hiezu Fasching, ZPR Rz 1764) oder eine unrichtige Beweiswürdigung, nicht aber einen Feststellungsmangel (vgl. hiezu Fasching aaO Rz 1774), weil die Entscheidung alle notwendigen Feststellungen enthält. Im Urteil des Erstgerichtes finden sich alle für die rechtliche Beurteilung der Sache erforderlichen Feststellungen. Die Berufungsausführungen zur Frage, ob die aufgenommenen Beweise hiefür ausreichten, fallen daher, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, in den Bereich der Mängel- und Beweisrüge. Dasselbe gilt für die entsprechenden Revisionsausführungen. Das Berufungsgericht kam zu dem Ergebnis, daß ein zusammenfassendes ärztliches Gutachten nicht eingeholt werden mußte. Es verneinte somit das Vorliegen des in der Berufung behaupteten Mangels des Verfahrens erster Instanz. Erachtet das Berufungsgericht einen solchen Mangel nicht als gegeben, so kann er nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch in Sozialrechtssachen nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden (SSV-NF 1/32 ua). An dieser Ansicht hat der Oberste Gerichtshof trotz der Kritik von Kuderna (Der Untersuchungsgrundsatz im Verfahren in Sozialrechtssachen, FS 100 Jahre österreichische Sozialversicherung 341) festgehalten (10 Ob S 236/89).
Geht man von diesen Überlegungen aus, so enthält auch die Revision keine dem Gesetz gemäß ausgeführte Rechtsrüge. Bei den in diesem Zusammenhang erstatteten Ausführungen geht der Kläger nicht von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt aus, sondern bekämpft dessen Richtigkeit. Dasselbe trifft, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, auf die in der Berufung zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung enthaltenen Ausführungen zu. Entgegen der in der Revision vertretenen Aufassung wurde weder behauptet noch aufgezeigt, daß die in den Tatsachenbereich fallenden Schlußfolgerungen des Erstgerichtes den Denkgesetzen widersprechen. Es wurde nur ein Widerspruch der Feststellungen zum Gutachten des Sachverständigen für Berufskunde geltend gemacht, der nicht denkmöglich ist. Hiedurch werden die Grenzen der freien Beweiswürdigung nicht überschritten. Die strittigen Feststellungen können daher mit einer Rechtsrüge nicht bekämpft werden. Dies ist nämlich nur möglich, wenn eine Tatsachenfeststellung auf einer Schlußfolgerung beruht, die mit den Denkgesetzen unvereinbar ist (Fasching, Kommentar IV 329; SZ 57/198). Da somit schon die Berufung keine dem Gesetz gemäß ausgeführte Rechtsrüge enthielt, konnte in der Revision der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache auch gar nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 1/28 ua). Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher weder veranlaßt noch in der Lage, auf die im Urteil des Erstgerichtes enthaltene rechtliche Beurteilung einzugehen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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