OGH 12Os104/89

OGH12Os104/8914.9.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.September 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Salat als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martin P*** wegen des Verbrechens des versuchten Beischlafes mit Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Martin P*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 19.September 1988, GZ 15 Vr 2333/87-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Dezember 1934 geborene Martin P*** des Verbrechens des versuchten Beischlafes mit Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs. 1 StGB (I), des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB (II), des Vergehens des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB (III) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (IV) schuldig erkannt. Darnach hat er

I. mit nachstehend angeführten Unmündigen den außerehelichen Beischlaf zu unternehmen versucht,

1. mit der am 23.Mai 1974 geborenen Anneliese H***

  1. a) im Juni 1986 in einem Waldstück bei Klagenfurt
  2. b) im Sommer 1986 in Ebenhof bei Klagenfurt
  3. c) im November 1986 in Viktring;

    2. Anfang Juli 1982 in Ebenhof bei Klagenfurt mit der am 2. Februar 1969 geborenen Michaela K***;

    II. in Metnitz nachstehend angeführte Unmündige zur Unzucht mißbraucht

    1. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 1980 die am 23. Mai 1974 geborene Anneliese H*** dadurch, daß er ihre Scheide betastete, mit dem Mund berührte und sie aufforderte, sein Glied in den Mund zu nehmen,

    2. im Juli 1980 die am 2.Februar 1969 geborene Michaela K*** dadurch, daß er ihren Geschlechtsteil betastete;

    III. durch die unter I. und II. geschilderten Tathandlungen als Lebensgefährte der Mutter der minderjährigen Mädchen unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber den seiner Aufsicht bzw Erziehung unterstellten minderjährigen Kindern diese zur Unzucht mißbraucht;

    IV. bei den unter I 1 geschilderten Tathandlungen Anneliese H*** jeweils durch die Äußerung, wenn sie jemandem etwas erzähle, werde er sie schlagen, sohin durch gefährliche Drohung, zur Unterlassung jedweder Mitteilung an dritte Personen zu nötigen versucht.

    Diese Schuldsprüche ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit einer Berufung "wegen des Ausspruchs über die Schuld" an; den Strafausspruch bekämpft er ebenfalls mit Berufung.

    Unter Zugrundelegung der als glaubwürdig beurteilten Aussagen der minderjährigen Anneliese H*** stellten die Tatrichter zum Faktum I 1 a fest, daß der Angeklagte an einem Freitag im Juni 1986 Anneliese H*** und ihren geistig schwer behinderten Bruder Werner vom Heim in Feldkirchen abholte. Er fuhr mit den beiden Kindern nach Klagenfurt in einen Wald, wo er das Mädchen sexuell mißbrauchte, sein Glied in dessen Scheide einzuführen versuchte und das Kind schließlich einschüchterte, damit es niemandem etwas darüber erzähle (S 119).

    In dieser Urteilsbegründung erblickt der Beschwerdeführer eine "Undeutlichkeit", weil seiner auch von der Kindesmutter Michaela K*** sen. teilweise bestätigten Verantwortung, er habe die Kinder immer nur in deren Gegenwart und nicht allein abgeholt, in keiner Weise Rechnung getragen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist entgegenzuhalten, daß Michaela K*** sen. zufolge der in der Hauptverhandlung verlesenen (S 113) Niederschrift ihrer Angaben vor der Gendarmerie wohl eingangs geschildert hatte, daß der Angeklagte die Kinder grundsätzlich nur mit ihr gemeinsam aus dem Heim abholte (S 51); in der Folge aber hatte sie ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Martin P*** im Juni 1986 Anneliese und Werner ohne ihr Wissen vom Heim in Waiern abgeholt hat. Er sei mit den Kindern auf den Berg gefahren, wo er sich von Anneliese H*** einen "runterblasen" habe lassen, was auch der Sohn Werner gesehen habe (S 55). Mit der zuletzt genannten Aussage decken sich die Angaben des minderjährigen Kindes und es bedurfte daher im Rahmen der nur gedrängten Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) keiner näheren Erörterung, daß der Angeklagte eben nur in Ausnahmefällen die Kinder allein abholte.

Ebenso verhält es sich in dem zu I 1 b abgeurteilten Fall, wo der Angeklagte im Sommer (Mai) 1986 Anneliese H*** wieder vom Heim abholte, mit ihr nach Klagenfurt fuhr und ihr erst dort erzählte, daß die Mutter in die Schweiz gefahren sei. An diesem Abend überredete er das Mädchen, mit ihm in einem Zimmer zu schlafen, wobei es neuerlich zu einem versuchten Beischlaf kam (S 119 unten, S 120).

Es trifft zwar der Beschwerdeeinwand zu, daß mehrere Beweisergebnisse in der Richtung vorliegen, Johann K*** (U***), ein Bekannter des Angeklagten, habe Anneliese H*** vom Heim abgeholt und mit seinem Personenkraftwagen zunächst weggebracht (S 37, 53, 102). Der Angeklagte führte in der Hauptverhandlung aber selbst aus, daß er Johann K*** in der Nähe des Heimes gestellt, Anneliese H*** und ihren Bruder übernommen und in die Wohnung nach Klagenfurt gebracht habe (S 86 unten). Dieser Vorfall hat sohin für den späteren sexuellen Mißbrauch des Kindes in der gemeinsamen Wohnung keine entscheidende Bedeutung und das Gericht konnte auch deshalb von der Erörterung dieses Nebenumstandes absehen, weil die in diesem Zusammenhang vorgebrachte Hypothese, das Kind könne die Täter (K*** und P***) verwechselt haben, auf Grund der eindeutigen Aussagen der Anneliese H*** im Zusammenhalt mit dem psychologischen Gutachten ausgeschlossen wurde (S 121). Schließlich verfängt auch die weitere Beschwerdebehauptung nicht, es liege ein Widerspruch zwischen den zum Faktum I 1 c getroffenen Feststellungen und der unwidersprochenen Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung vor, weil er zum Tatzeitpunkt (Allerheiligen 1986) den ganzen Tag auf dem Friedhof Blumen verkauft habe (S 87).

Dem ist lediglich entgegenzuhalten, daß das Gericht im Einklang mit der hinsichtlich der Zeitangaben eher ungenauen Depositionen des Opfers nur konstatiert hat, daß sich dies im November 1986 - um Allerheiligen - ereignet hat, als Anneliese H*** sich bei ihrer Großmutter (gemeint: der Mutter des Angeklagten) in Viktring aufgehalten hatte.

Damit zeigt sich, daß sämtliche im Rahmen des angezogenen Nichtigkeitsgrundes vorgetragenen Einwände - soweit sie überhaupt aktengetreu sind - auf Umstände hinweisen, die keine entscheidenden Tatsachen betreffen, deren mangelnde Erörterung sohin auch nicht unter Nichtigkeitssanktion steht.

Die Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld ist im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen (§§ 280, 283 Abs. 1 StPO) und war daher schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen. Selbst wenn die Einwände gegen die Beweiswürdigung im Rahmen einer Tatsachenrüge (Z 5 a) erhoben worden wären - wofür allerdings die Diktion der Rechtsmittelausführung keinerlei Hinweis bietet - wären sie jedenfalls nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den einzelnen Schuldsprüchen zugrunde gelegten Tatsachen zu erwecken.

Es waren daher die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 StPO und die Schuldberufung zurückzuweisen und die Entscheidung über die gegen den Strafausspruch erhobene Berufung dem örtlich zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zu überlassen (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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