OGH 8Ob43/89

OGH8Ob43/897.9.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der beim Landesgericht Feldkirch zur AZ S 23/83 anhängigen Konkurssache über das Vermögen der Firma S***-Möbel Gesellschaft mbH, Groß- und Einzelhandel, 6900 Bregenz, Bregenzer-Straße 65, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters Dr.Wolfgang F***, Buchprüfer und Steuerberater, 6800 Feldkirch, Bahnhofstraße 29, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 16. Juni 1989, GZ 1 R 151/89-140, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 15.Jänner 1989, GZ S 23/83-133, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im vorliegenden Konkursverfahren wurde der Masseverwalter Dr.Ingobert S*** über seinen Antrag mit dem vom Obersten Gerichtshof am 9.9.1986 (siehe ON 113) bestätigten Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 10.2.1986 (siehe ON 95) seines Amtes enthoben und an seiner Stelle Dr.Wolfgang F*** zum Masseverwalter bestellt.

Mit Beschluß ON 133 vom 15.1.1989 versagte das Erstgericht unter Punkt 1. der von Dr.Ingobert S*** gemäß § 121 KO gelegten Rechnung die Genehmigung, trug diesem unter Punkt 2. auf, den Betrag von S 591.137,43 sA binnen 14 Tagen an den nunmehrigen Masseverwalter auf das Massekonto zu überweisen und behielt sich unter Punkt 3. die "Rückforderung weiterer Abgänge und die Geltendmachung weiterer Ansprüche" vor. Es vertrat die Ansicht, die vom Masseverwalter gelegte Rechnung entspreche nicht den im § 121 gestellten Anforderungen, der Masseverwalter habe verschiedentlich Zahlungen an Gläubiger in der unrichtigen Annahme geleistet, es handle sich dabei um Masseforderungen, er habe sich in Ausübung seines Amtes ohne Zustimmung des Konkursgerichtes mehrerer Hilfskräfte bedient und deren Leistungen honoriert und auch sonst Auslagen getätigt, die nicht als zweckmäßig oder notwendig angesehen werden könnten. Insgesamt beliefen sich diese und andere, nicht näher überprüfbare und daher nicht anzuerkennende, aus Massemitteln getätigte Auslagen auf den Betrag von S 591.137,43. Die nicht anzuerkennenden Ausgaben stellten Abgänge dar, welche nicht einzelnen Beteiligten, sondern für das Konkursvermögen insgesamt entstanden seien. Der Masseverwalter müsse daher vom Konkursgericht unter Ausschluß des Klageweges durch vollstreckbaren Beschluß zur Refundierung dieser Beträge an die Masse verhalten werden. Das Rekursgericht bestätigte Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses und hob dessen Punkt 2. im Umfange der Anfechtung, nämlich hinsichtlich des Betrages von S 586.593,83 sA sowie dessen Punkt 3. ersatzlos auf. Es verwies darauf, daß gemäß § 122 Abs 1 KO die Rechnung vom Konkursgericht zu genehmigen sei, wenn nach dem Ergebnis der Prüfung keine Bedenken dagegen obwalteten und Bemängelungen nicht vorgebracht worden seien oder wenn bei der Tagsatzung eine Einigung erzielt worden sei. Andernfalls entscheide das Konkursgericht nach Vornahme der erforderlichen Erhebungen (§ 173 Abs 5 KO) unter Ausschluß des Rechtsweges. Die Zuständigkeit des Konkursgerichtes für die Entscheidung über Ansprüche gegen den Masseverwalter wegen eines durch pflichtwidrige Führung seines Amtes dem gemeinsamen Befriedigungsfonds aller Konkursgläubiger zugefügten Vermögensnachteiles finde jedoch ihre zeitliche Grenze mit der Beendigung des Konkursverfahrens oder mit der rechtskräftigen Enthebung des Masseverwalters. Diese Ansicht habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung EvBl 1965/31 unter Hinweis auf die Gestzesmaterialien und die Lehre mit der Begründung ausgesprochen, es ergebe sich schon aufgrund der sprachlichen Fassung der angeführten Gesetzesstelle, daß über solche Ansprüche nur vor der Beendigung des Konkursverfahrens vom Konkursgericht im Rahmen des Rechnungslegungsverfahrens nach den §§ 121 ff KO zu entscheiden sei. Nach der Beendigung des Konkursverfahrens oder nach der rechtskräftigen Enthebung des Masseverwalters (auch vor der Beendigung des Konkursverfahrens) unterliege der Masseverwalter, dessen Amt bereits sein Ende gefunden habe, nicht mehr der Kognition des Konkursgerichtes. Zur Geltendmachung der gegen ihn gerichteten Ansprüche stehe nur mehr der Rechtsweg offen. Das Rekursgericht finde keine Veranlassung, einen abweichenden Rechtsstandpunkt einzunehmen, zumal gemäß § 178 Abs 1 Z 3 KO idFd IRÄG 1982 für Klagen über Ansprüche aus pflichtwidrigem Verhalten eines Masseverwalters, gleichviel, ob das Konkursverfahren noch anhängig sei oder nicht, ein eigener Wahlgerichtsstand geschaffen worden sei. Nach dieser Kompetenzregelung werde kein Unterschied dahin gemacht, ob es sich um Klagen von Verfahrensbeteiligten gegen den Masseverwalter handle oder um Klagen der Masse gegen ihn. Somit müsse Punkt 2. des erstgerichtlichen Beschlusses im Umfange der Anfechtung ersatzlos aufgehoben und dem pflichtgemäßen Ermessen des Konkursgerichtes anheimgestellt werden, ob es den nunmehrigen Masseverwalter mit der Verfolgung der im einzelnen bezeichneten Ansprüche gegen den früheren Masseverwalter im Klagewege beauftrage. Da sich das Erstgericht die Entscheidung über die Rückforderung weiterer Abgänge und die Geltendmachung weiterer Ansprüche gegen den früheren Masseverwalter selbst vorbehalten habe, sei auch Punkt 3. des Spruches des angefochtenen Beschlusses ersatzlos aufzuheben gewesen. Nicht berechtigt sei der Rekurs, soweit das Erstgericht die Genehmigung der Schlußrechnung versagt habe, zumal im Zusammenhang mit der Rechnungslegung eben noch streitige Umstände abzuklären seien.

Der gegen die rekursgerichtliche ersatzlose Aufhebung des Punktes 2. des erstgerichtlichen Beschlusses gerichtete Revisionrekurs des Masseverwalters Dr.Wolfgang F*** ist zulässig, weil insoweit eine abändernde Entscheidung vorliegt; er ist aber nicht gerechtfertigt.

Der Rekurswerber bringt vor, Schadenersatzansprüche gegen den Masseverwalter seien gemäß § 122 KO nur dann im Klageweg geltend zu machen, wenn dessen Rechnungslegung vom Konkursgericht bereits genehmigt worden sei. Eine bereits vorher erfolgte Enthebung des Masseverwalters ändere dagegen nichts an der Rückforderungspflicht des Konkursgerichtes im Rechnungslegungsverfahren. Der Rechtsweg sei in diesem Falle ausgeschlossen. Der Masseverwalter Rechtsanwalt Dr.S*** sei hier noch vor der Entscheidung über seine Rechnungslegung des Amtes enthoben worden. Er habe seine Pflicht, Masseforderungen nach Maßgabe der vorhandenen Masse zu befriedigen, verletzt und sei daher im Sinne der Entscheidung 5 Ob 304/87 vom Konkursgericht im Rechnungslegungsverfahren nach den §§ 121 ff KO zum Ersatz des zugefügten Vermögensnachteiles, der hier ausschließlich in Kassenabgängen bestehe, an die Masse zu verhalten. Eine klageweise Geltendmachung dieses Anspruches gegen den früheren Masseverwalter sei mangels einer für den Prozeßführungsaufwand hinreichenden Masse nicht möglich. Da das Rekursgericht Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses über die Versagung der Genehmigung der gelegten Rechnung bestätigt habe, hätte es aussprechen müssen, welche Beträge der frühere Masseverwalter aufgrund der Rechnungsprüfung der Konkursmasse schulde.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die bereits in den Entscheidungen SZ 18/144 und EvBl 1965/31 ausgesprochene Rechtsansicht, der Masseverwalter könne nach Beendigung seines Amtes nur noch im Klagewege zum Schadenersatz wegen der den Gläubigern zugefügten Vermögensnachteile verhalten werden, weil er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr der Aufsicht des Konkursgerichtes unterliege, widerspricht weder der vom Rechtsmittelwerber zitierten Entscheidung 5 Ob 304/87 noch sonstiger jüngerer Rechtsprechung und steht auch mit der Lehre im Einklang. Im Falle der vorgenannten Entscheidung handelte es sich um ein laufendes Konkursverfahren und der Masseverwalter war weiterhin im Amte. Der Oberste Gerichtshof verwies damals auch nur ganz allgemein darauf, daß der Masseverwalter im Rechnungslegungsverfahren nach den §§ 121 ff KO zum Ersatze von zugefügten Vermögensnachteilen verhalten werden könne. Gleiches gilt für die Entscheidung 5 Ob 304/86, in welcher ausgeführt wurde, daß auf die behaupteten Schadenersatzansprüche gegen den im Amt befindlichen Masseverwalter noch bei Prüfung seiner Schlußrechnung einzugehen sein werde. Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers wurde in keinem Falle lediglich darauf abgestellt, ob bereits eine genehmigte Rechnung vorliege oder nicht. Auch Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 96, verweist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung ausdrücklich darauf, daß Ansprüche gegen den Masseverwalter nach dessen rechtskräftiger Amtsenthebung auf den Klageweg gehörten. Welser in NZ 1984, 96 und 99, zitiert die oben genannte Entscheidung EvBl 1965/31 ohne Kritik, bezweifelt also offenbar nicht, daß Ersatzansprüche nach der rechtskräftigen Enthebung des Masseverwalters im Prozeßweg geltend zu machen sind, sondern verweist vielmehr auf die Möglichkeit, einen neuen Masseverwalter zu bestellen, der dann "den Schadenersatzanspruch gegen den früheren Verwalter im Klageweg durchzusetzen hat". Bartsch-Pollak (vgl I 405 f, 563 ff) und Petschek-Reimer-Schiemer 516, gehen auf die gegenständliche spezielle Frage nicht ein.

Auch im Sinne der allgemeinen Anordnungen des § 84 Abs 1 und 2 KO besteht aber kein Zweifel, daß das Rekursgericht nur einem im Amt befindlichen Masseverwalter Weisungen und Aufträge, so auch zum Ersatz von Kassenabgängen, erteilen kann. Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist also frei von Rechtsirrtum. Die Aufhebung des Punktes 2. steht aus den dargelegten Gründen der Bestätigung des Punktes 1. des erstgerichtlichen Beschlusses über die Versagung der Genehmigung der Rechnungslegung des (seinerzeitigen) Masseverwalters nicht entgegen. Die Frage, ob und in welcher Weise gegen den früheren Masseverwalter im Klagewege vorzugehen sein wird, ist vom Konkursgericht zu beurteilen.

Der Rekurs mußte demnach erfolglos bleiben.

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