Spruch:
Für die weitere Amtshandlung ist das Landesgericht Linz zuständig.
Text
Begründung
Gegen den am 20.März 1948 geborenen Schausteller Alexander B*** wurden über Antrag der Staatsanwaltschaft Korneuburg ab 26. September 1985 beim Bezirksgericht Hollabrunn zum AZ Z 188/85 (später Z 11/88) Vorerhebungen wegen des Verdachtes nach §§ 83, 84 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB geführt, weil er verdächtig ist, am 18. August 1985 Leopold H*** in Hollabrunn von einer Leiter gestoßen und schwer verletzt zu haben; ferner soll er am 6. September 1985 den Verletzten zur Unterfertigung eines Schriftstückes gezwungen haben, in dem die ursprüngliche Anzeige als Verleumdung dargestellt wurde (ON 2 und 6). Diese Vorerhebungen wurden in Richtung §§ 146, 147 Abs. 2 StGB ausgedehnt, weil auf Grund einer einbezogenen Anzeige Alexander B*** weiters verdächtig ist, am 24.Februar 1987 in Bleiburg (Kärnten) der Edith S*** einen Wohnwagen und einen Lastkraftwagen im Gesamtwert von 89.600 S herausgelockt zu haben (ON 2 in ON 22). In dieses Verfahren wurden in der Folge auch weitere Verfahren, nämlich der der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis angezeigte Betrugsverdacht (Herauslockung eines Zweiachsanhängers mit Kofferaufbau im Wert von 168.000 S, sowie einer Musikanlage im Wert von 38.000 S) und eine der Staatsanwaltschaft Innsbruck angezeigte Tathandlung einbezogen, wonach der Verdächtigte am 12.Februar 1985 in Traun zum Nachteil der dortigen R*** einen Kreditbetrug in der Höhe von 375.000 S verübt haben soll (ON 44, 45). Schließlich wurden auch noch die bei der Staatsanwaltschaft Linz eingegangenen Anzeigen, wonach der Angeklagte im März 1988 in Hörsching einen Tandemanhänger samt Aufbauten und einen Klein-Lastkraftwagen im Gesamtwert von 272.400 S herauslockte und Arbeitsleistungen in der Gesamthöhe von 95.865 S nicht bezahlte (ON 47) und seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommt (ON 48), einbezogen. Im Hinblick auf die - durch die im Sprengel des Landesgerichtes Linz angeblich begangenen Betrügereien mit einer 500.000 S übersteigenden Schadenssumme - überschrittene Verbrechensgrenze (§ 147 Abs. 3 StPO) wurde das Verfahren über Antrag der Staatsanwaltschaft Korneuburg nunmehr an das Landesgericht Linz abgetreten, da die Aburteilung der Taten dem Schöffengericht obliegt (§ 13 Abs. 2 Z 1 StPO). Das Landesgericht Linz trat das Verfahren wieder an das Kreisgericht Korneuburg ab, weil es die Meinung vertrat, daß dieses Gericht zuvorgekommen sei und es nur auf die Gerichtshofzuständigkeit, nicht aber auf die funktionelle Zuständigkeit des Spruchkörpers innerhalb des Gerichtshofes ankomme. Da sich die übergeordneten Gerichtshöfe zweiter Instanz jeweils der Meinung des ihnen unterstellten Gerichtshofes erster Instanz anschlossen, somit eine Einigung der Oberlandesgerichte nicht zustandekam, wurden die Akten dem Obersten Gerichtshof gemäß § 64 Abs. 1 StPO zur Entscheidung vorgelegt.
Die Generalprokuratur beantragte unter Hinweis auf die auch vom Oberlandesgericht Wien zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 2.Oktober 1980, 12 Nds 138/80, die Feststellung, daß das Landesgericht Linz zuständig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof sieht sich aus Anlaß dieses Kompetenzkonfliktes nicht veranlaßt, von seinem in der genannten Vorentscheidung eingenommenen Rechtsstandpunkt abzurücken. Es trifft zwar zu, daß der Fall des Zusammentreffens zweier oder mehrerer Strafsachen, die bei getrennter Führung teils dem Einzelrichter des Gerichtshofes, teils dem Schöffengericht zur Entscheidung zufielen, im Gesetz nicht geregelt ist. Geht man aber davon aus, daß die Zuständigkeiten für die Entscheidung von Strafsachen im Gesetz durch klare, von den Prozeßparteien nicht beeinflußbare Regeln auf das Bezirksgericht (§ 9 StPO), den Einzelrichter des Gerichtshofes, das Schöffengericht (§ 13 Abs. 2 StPO) und das Geschwornengericht (§ 14 Abs. 1 StPO) aufgeteilt sind und aus § 56 Abs. 2 StPO der (allgemeine) Grundsatz abzuleiten ist, daß im Falle des Zusammentreffens jeweils das Gericht mit der größeren Strafbefugnis zuständig sein soll, richtet sich die Zuständigkeit in solchen Fällen unabhängig vom Zuvorkommen eines anderen Gerichtshofes immer nach dem Tatort des (der) Delikte(s), über das (die) das mit höherer Strafbefugnis ausgestattete und mit der größeren Anzahl von Richtern besetzte Gericht zu entscheiden hat (siehe auch Foregger-Serini StPO4 Anm. III zu § 56).
Daraus folgt für den vorliegenden Zuständigkeitsstreit, daß das Landesgericht Linz, in dessen Sprengel - ohne Zusammenrechnung mit den früher angefallenen Fakten (EvBl. 1969/335) - Betrugsfakten begangen worden sein sollen, deren Schadenssumme die Verbrechensgrenze des § 147 Abs. 3 StGB übersteigen (eine entsprechende Anklage vorausgesetzt) als Schöffengericht zu entscheiden haben wird und deshalb für alle gemäß § 56 Abs. 1 StPO gemeinsam abzuurteilenden Fakten zuständig ist.
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