OGH 9ObA178/89

OGH9ObA178/8930.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fellner und Dr. Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Renate P***, Stubenmädchen, Klagenfurt, Völkermarkter Straße 16/2, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Albert P***, Gastwirt, Klagenfurt, Karfreitstraße 20, vertreten durch Dr. Dieter Huainigg, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 55.541,49 S sA brutto abzüglich 1.000 S netto (Streitwert im Revisionsverfahren 15.921,60 S sA brutto abzüglich 1.000 S netto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. März 1989, GZ. 7 Ra 104/88-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 29. August 1988, GZ. 32 Cga 38/88-11, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

  1. 1) Die Eingabe des Klägers vom 27. Juli 1989 wird zurückgewiesen.
  2. 2) Der Revision wird nicht Folge gegeben.

    Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.554,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 439,-- S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Durch die Erhebung der Revision war das Rechtsmittelrecht der beklagten Partei verbraucht. Die in der Folge vom Kläger persönlich überreichte Eingabe verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels und war daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen, womit sich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens erübrigte.

Strittig ist im Revisionsverfahren lediglich der klagestattgebende Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung. Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes diesbezüglich zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Früher wurde die Meinung vertreten, daß das Gericht den Ablauf von Präklusivfristen von Amts wegen zu beachten habe, was bei Verjährungsfristen vom Gesetz ausgeschlossen wird. Nach der jüngeren Lehre ist für jede Fallfrist besonders zu prüfen, ob die Anwendung dieses Grundsatzes dem Zweck der Fristsetzung und damit dem Willen des Gesetzes entspricht (Klang VI, 566). In seiner Entscheidung vom 20. Oktober 1920 (SZ 2/114) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß keine amtswegige Wahrnehmung der Frist des § 34 AngG zu erfolgen hat, der Arbeitgeber also eine Einwendung erheben muß, soll die Klage des Arbeitnehmers aus diesem Grund abgewiesen werden. Dieser Auffassung folgt auch die neuere Judikatur (Arb. 8900, 10.097 ua.). Es muß in jedem Einzelfall nach dem Zweck der Fristsetzung und damit dem Willen des Normsetzers geprüft werden, ob auf den Ablauf einer Fallfrist von Amts wegen Bedacht genommen werden muß (Martinek-Schwarz, AngG6, 685;

Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 279). Die zeitliche Beschränkung der Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche durch eine im Kollektivvertrag vereinbarte Verfallklausel soll jene Beweisschwierigkeiten vermeiden, wie sie sich erfahrungsgemäß gerade in diesem Bereich schon nach relativ kurzer Zeit für beide Teile ergeben; sie zwingt den Arbeitnehmer, allfällige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis möglichst bald und daher zu einer Zeit geltend zu machen, in der nicht nur ihm selbst, sondern auch dem Arbeitgeber die zur Klarstellung des rechtserheblichen Sachverhaltes notwendigen Beweismittel in aller Regel noch zur Verfügung stehen (Arb. 10.475). Eine ähnliche Zielsetzung liegt den Bestimmungen über die Verjährung zugrunde (vgl. Koziol-Welser8 I 176). Der Normzweck der Kollektivvertragsbestimmungen über die Verfallsfristen gebietet daher keineswegs die amtswegige Wahrnehmung des Ablaufes solcher Ausschlußfristen. Die nahe Verwandtschaft des Zweckes dieser Normen mit den Bestimmungen üoer die Verjährung läßt vielmehr eine analoge Anwendung des § 1501 ABGB geboten erscheinen. Der Ablauf von Verfallsfristen ist daher nicht von Amts wegen, sondern nur über Einwendung wahrzunehmen. Da eine entsprechende Einwendung von der beklagten Partei im Verfahren erster Instanz nicht erstattet wurde - da die beklagte Partei im Verfahren vor dem Erstgericht qualifiziert vertreten war, durften in der Berufung Neuerungen nicht vorgebracht werden - hat ein allfälliger Rechtsverlust durch Verstreichen der kollektivvertraglichen Verfallsfrist außer Betracht zu bleiben.

Soweit in der Revision der Umfang der von der Beklagten geleisteten Überstunden bzw. des hiefür gewährten Zeitausgleiches in Frage gestellt wird, wird in unzulässiger Weise die Tatsachengrundlage bekämpft. Auf diese Ausführungen einzugehen ist dem Revisionsgericht verwehrt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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