OGH 2Ob561/89

OGH2Ob561/8930.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Warta als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria U***, Hausfrau, 4222 Luftenberg 197, vertreten durch Dr.Wolfgang Maierhofer, Rechtsanwalt in Mauthausen, wider die beklagte Partei Franz U***, Pensionist, 4291 Lasberg 145, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterhalt infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.Juni 1989, GZ Nc 57/89-37, womit der Antrag der Parteien auf Delegierung des Verfahrens einschließlich des anhängigen Provisorialverfahrens an das Bezirksgericht Mauthausen abgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der wegen eines Unterhaltsanspruches geführte Rechtsstreit zwischen Maria und Franz U***, deren Ehe geschieden wurde, ist seit 19. Juli 1988 beim Bezirksgericht Freistadt anhängig. Die Klägerin hat zugleich mit ihrer Klage auch den Sicherungsantrag gestellt, den Beklagten zur Zahlung eines einstweiligen Unterhaltes zu verpflichten. Am 7.November 1988 fand vor dem Bezirksgericht Freistadt eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung statt, in welcher sowohl in der Hauptsache als auch über den Sicherungsantrag der Klägerin verhandelt wurde. Das Gericht hat im Provisorialverfahren bereits umfangreiche Erhebungen durchgeführt und ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches möglicherweise auch in der Entscheidung über den einstweiligen Unterhalt zu berücksichtigen sein wird. Am 3.Mai 1989 fand in Gegenwart der Parteien eine weitere Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung statt, in welcher zwar die Parteien noch nicht vernommen wurden und auch keine Entscheidung im Provisorialverfahren gefällt wurde, vor deren Ende jedoch der Beklagte den Antrag stellte, aus Zweckmäßigkeitsgründen im Hinblick auf das beim Bezirksgericht Mauthausen anhängige Aufteilungsverfahren gemäß den §§ 81 ff EheG (F 2/88) den Unterhaltsprozeß an das Bezirksgericht Mauthausen zu übertragen. Die Klägerin sprach sich nicht dagegen aus, sondern stellte vielmehr in einem durch das Oberlandesgericht Linz eingeleiteten Verbesserungsverfahren ebenso wie der Beklagte den Antrag, auch das anhängige Provisorialverfahren zum Bezirksgericht Mauthausen zu delegieren.

Das Oberlandesgericht Linz wies den Delegierungsantrag ab und führte aus, zumindest in Ansehung des fast ein Jahr lang beim Bezirksgericht Freistadt anhängigen Provisorialverfahrens könne eine Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung nicht erkannt werden. Unbeschadet des beim Bezirksgericht Mauthausen anhängigen Außerstreitverfahrens über die Aufteilung des ehelichen Vermögens habe das zuständige Bezirksgericht Freistadt die für eine Provisorialentscheidung erforderlichen Erhebungen längst durchgeführt und lediglich die Parteien noch nicht formell vernommen, obwohl dies sowohl in der Tagsatzung vom 7.November 1988 als auch in der Tagsatzung vom 3.Mai 1989 möglich gewesen wäre. Eine Delegierung in diesem Stadium zu einem anderen Gericht, welches sich in der bei ihm bisher nicht anhängigen Unterhaltsfrage wieder erst einarbeiten müßte, würde zu einer weiteren Verzögerung der überfälligen Entscheidung über den einstweiligen Unterhalt führen. Auch im Hinblick auf den Wohnsitz der Klägerin im Sprengel des Bezirksgerichtes Mauthausen ergäben sich keine Bedenken in Ansehung der Zumutbarkeit, zumindest einmal noch zu einer Vernehmung zu dem nicht einmal 30 km entfernten Bezirksgericht Freistadt zureisen zu müssen. Eine Anwesenheit der Parteienvertreter bei einer Vernehmung gemäß § 274 ZPO sei im Gesetz nicht vorgesehen, wenn auch nicht verboten, und dürfte im vorliegenden Fall auch nicht erforderlich sein. Sollten sich nach Abschluß des Provisorialverfahrens zusätzliche Argumente ergeben, das Hauptverfahren doch noch an das Bezirksgericht Mauthausen zu delegieren, so könne und werde die vorliegende Entscheidung nicht negativ präjudiziell gegenüber einem allfälligen neuen Delegierungsantrag sein.

Gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz wendet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Bewilligung der beantragten Delegierung. Der Beklagte führt aus, das Aufteilungsverfahren sei für das Unterhaltsverfahren insofern präjudiziell, als ja nach Scheidung aus dem gleichteiligen Verschulden beider Parteien der Klägerin nur der notdürftige Unterhalt zustehe und dieser natürlich mit einem Monatseinkommen von S 5.000,-- aus dem Aufteilungsanspruch gedeckt sei, falls die Klägerin wirklich nachzuweisen in der Lage sei, daß sie kein anderes Einkommen erzielen könne und auch keine primär unterhaltspflichtigen Angehörigen vorhanden seien.

Es sei also offensichtlich zweckmäßig, wenn derselbe Richter, der darüber zu entscheiden habe, ob die Klägerin im Aufteilungsverfahren eine Ausgleichszahlung von monatlich S 5.000,-- erhalte, auch den Unterhaltsprozeß entscheide und dadurch zumindest in der Frage, ob die Klägerin ein den notdürftigen Unterhalt deckendes eigenes Einkommen habe, eine Parallelität zweier Verfahren beim Bezirksgericht Mauthausen und beim Bezirksgericht Freistadt vermieden werde. Der Eindruck, es wäre nicht zweckmäßig, an ein anderes Gericht zu delegieren, welches sich in der bei ihm bisher nicht anhängigen Unterhaltsfrage wieder erst einarbeiten müßte, was wohl zu einer weiteren Verzögerung der überfälligen Entscheidung über den einstweiligen Unterhalt führen müßte, dürfte deshalb beim Oberlandesgericht Linz entstanden sein, weil in den Streitverhandlungsprotokollen des Bezirksgerichtes Freistadt nicht hinreichend zum Ausdruck komme, daß sich sowohl der Gerichtsvorsteher dieses Gerichtes als auch die beiden Parteienvertreter intensiv und durchaus erfolgversprechend bemüht hätten, zu endgültigen Regelungen der mit der Ehescheidung zusammenhängenden Fragen zu kommen. Mit einer raschen Provisorialentscheidung sei in solchen komplexen Fällen nichts getan, auch den Parteien nicht geholfen. Hingegen wäre es im Interesse beider Parteien gelegen, die drei Fragen, die überhaupt noch zu regeln seien, nämlich Unterhalt, gemeinsame Liegenschaft und Hausrat, einer vergleichsweisen Regelung zuzuführen. Aber schon bei diesen Vergleichsgesprächen habe es sich als nachteilig erwiesen, daß das Unterhaltsverfahren und das Aufteilungsverfahren bei verschiedenen Gerichten anhängig seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 209; JBl 1960, 451 uva.), sachlich aber nicht berechtigt. Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung obliegt dem Oberlandesgericht innerhalb seines Sprengels, außerhalb desselben dem Obersten Gerichtshof. Die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen ist nach § 31 JN dann zu verfügen, wenn die Übertragung der Zuständigkeit zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Verfahrens beitragen kann (Fasching, Lehrbuch Rz 209; EvBl 1968/144). Allerdings soll eine Delegierung immer nur einen Ausnahmefall darstellen und es darf durch großzügige Handhabung der Möglichkeiten zur Delegierung nicht eine faktische Durchlöcherung der Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden.

Wenn auch bei einer von beiden Teilen beantragten Delegierung bei der nach § 31 JN zu treffenden Ermessensentscheidung kein allzustrenger Maßstab anzulegen ist (vgl EvBl 1960/305 ua), können die dargelegten Grundsätze dennoch nicht unberücksichtigt bleiben. Einer Berücksichtigung des Rechtsmittelvorbringens bezüglich der Bemühungen des Verhandlungsrichters beim Bezirksgericht Freistadt um eine vergleichsweise Regelung steht das auch im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot entgegen. Wird aber bedacht, daß in dem bereits seit über einem Jahr beim Bezirksgericht Freistadt anhängigen Verfahren über die Festsetzungen eines einstweiligen Unterhaltes die für eine Entscheidung im Provisorialverfahren nötigen Erhebungen bereits durchgeführt wurden und lediglich die Parteienvernehmung noch aussteht, kann in der Auffassung des Oberlandesgerichtes Linz, daß in diesem Verfahrensstadium die Zweckmäßigkeit einer Delegierung des Haupt-, insbesondere aber des Provisorialverfahrens an ein anderes Gericht nicht bejaht werden könne, keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Eine Kostenentscheidung hatte zu unterbleiben, da Kosten nicht verzeichnet wurden.

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