Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.317,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 2.886,30, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Wirkung vom 14.April 1987 wurde beim Landesgericht Feldkirch über das Vermögen der Geschäftsfrau Inge H*** das Ausgleichsverfahren eröffnet, dem am 11.Juni 1987 ein Anschlußkonkurs (S 14/87) folgte. Inge H*** war Inhaberin des bei der Beklagten unter Nr 439.013.707 geführten Kontos. Inge H*** begann ihre kaufmännische Tätigkeit im Jahr 1981 mit einem Stoffgeschäft in Feldkirch. 1982 eröffnete sie in Bregenz ein weiteres Stoffgeschäft sowie - an einem anderen Standort - ein Uhren- und Schmuckgeschäft. Als Eigenkapital standen ihr nur Ersparnisse von rund S 80.000,-- zur Verfügung. Die beiden gerade kostendeckenden Stoffgeschäfte wurden 1983 verkauft. Im Herbst 1983 entließ Inge H*** eine ihrer Meinung nach unredliche und von ihr "schwarz" angestellte Verkäuferin, die nach ihrer Entlassung Anzeigen bei der Gebietskrankenkasse und beim Finanzamt erstattete. Daraufhin durchgeführte Prüfungen führten zu hohen Nachzahlungen und Strafen. Es war Inge H*** nicht möglich, diese Belastungen aus den Gewinnen des gerade angelaufenen Uhren- und Schmuckgeschäfts zu bestreiten. Sie mußte daher immer höhere Schulden machen, die wiederum hohe Zinsenzahlungen zur Folge hatten. Schon 1984 wurden gegen Inge H*** einzelne Exekutionen geführt. 1985 häuften sich die Exekutionen. Im Jahr 1986 hatte Inge H*** laufend mit Exekutionen zu kämpfen. Sie versuchte, die steigenden Belastungen durch eine Steigerung des Umsatzes aufzufangen und schaffte deshalb mehr Ware an, was aber wieder höhere Lieferantenverbindlichkeiten verursachte. Die wirtschaftliche Situation verschlimmerte sich bis zur Ausgleichseröffnung am 14.April 1987 laufend. Es gelang Inge H*** aber, durch Absprachen mit einzelnen Gläubigern und Teilzahlungen Pfändungen zu vermeiden; dies vor allem deshalb, weil sie ihren Hauptgläubigern erzählte, sie sei durch die von einer entlassenen Verkäuferin veranlaßten Überprüfungen durch die Gebietskrankenkasse und das Finanzamt in ihr finanzielles Debakel geschlittert, was bei diesen einen "Solidarisierungseffekt" auslöste. Spätestens ab September 1986 war Inge H*** zahlungsunfähig.
Am 5.September 1983 hatte die Beklagte der Inge H*** auf dem eingangs genannten Konto einen unbesicherten Kontokorrentkredit von einer Million Schilling eingeräumt. Im Kreditvertrag war vorgesehen, daß die Kreditnehmerin während der Kreditlaufzeit die Bilanzen sowie die Gewinnund Verlustrechnungen nach Erstellung, spätestens jedoch 6 Monate nach dem Bilanzstichtag, der Beklagten vorzulegen hatte, über Ersuchen auch Zwischenbilanzen erstellen mußte und der Beklagten Bucheinsicht zu gewähren sowie Betriebsbesichtigungen zu gestatten hatte. Inge H*** verpfändete für einen Teil des Kredits ein Sparbuch der Z-Bank mit einer Einlage von S 500.000,--. Über Anraten ihres Steuerberaters wurde das Sparbuch aufgelöst und die Einlage zwecks Verminderung der Zinsenbelastung dem Kreditkonto zugeführt. Aus diesem Grund erfolgte am 30.März 1984 eine Absenkung des Kreditrahmens auf S 500.000,--. Wegen der bereits erfolgten Überziehung wurde durch die Zuführung des Sparbuchs der Kreditsaldo nicht auf S 500.000,--, sondern nur auf S 600.000,-- bis S 650.000,-- abgesenkt. In der Folge wurde der Kreditrahmen wieder auf S 800.000,-- und schließlich auf eine Million Schilling ausgedehnt. Schriftliche Verträge wurden hierüber nicht mehr gemacht. Die tatsächliche Kreditausnützung lag noch über dem Kreditrahmen.
Spätestens ab dem Jahr 1985 war die finanzielle Situation der Inge H*** so beengt, daß sie immer wieder Kreditüberziehungen benötigte, um dringendste Wechselzahlungen oder zumindest Teilzahlungen leisten zu können. Alle paar Monate kam es zu Gesprächen zwischen ihr und dem Leiter der Bregenzer Filiale der Beklagten namens L***. Dieser verlangte und erhielt die Bilanzen und äußerte sich zu Inge H***, daß sie schlecht ausschauten. Er wußte aber auch, daß das finanzielle Dilemma durch die von der Sozialversicherung und der Finanzbehörde durchgeführten Prüfungen entstanden war.
Über das erwähnte Kontokorrentkonto liefen vor allem Wechsel, mit denen Inge H*** ihre Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten bezahlte. Sie war nur selten in der Lage, Wechsel zum Fälligkeitstermin einzulösen. Es kam zu Stundungen, Teilzahlungen und Prolongierungen, was L*** bekannt war. Meistens ließ Inge H*** in der Kasse Geld zusammenkommen und leistete damit zweimal wöchentlich Einzahlungen auf das Konto der Beklagten. Es kam aber auch vor, daß sie bei Fälligkeit eines Wechsels von der Beklagten angerufen wurde. Wenn sie keine Bareinzahlung tätigen konnte, wurden Besprechungen geführt. Soferne Inge H*** hiebei versicherte, daß in zwei bis drei Tagen eine größere Bareinzahlung möglich sei, wurde die Wechselzahlung von der Beklagten vorgenommen. Es ist im Uhrenund Schmuckgeschäft üblich, daß Lieferantenforderungen mit prolongierbaren Wechseln bezahlt werden.
Ab 1985 wußte L*** auch, daß gegen Inge H*** Exekutionen anhängig waren. Als er sie deswegen einmal direkt ansprach, schilderte Inge H*** ihre Situation und erklärte, sie werde von Exekutionen verfolgt. Im einzelnen wurde L*** über die behängenden Exekutionen nicht informiert. Von den Hauptlieferanten M*** und R*** erhielt L*** die Auskunft, sie hätten das Gefühl, daß es mit dem Geschäft aufwärts gehe. Die letzte L*** zur Verfügung stehende Bilanz vom 31.Dezember 1985 wies einen Gewinn von etwa S 300.000,-- aus; der Bilanzgewinn des Vorjahrs war geringer gewesen.
Mit Schreiben vom 21.Mai 1985 forderte die Beklagte Inge H*** auf, die Kredithöhe bis spätestens 1.September 1985 sukzessive auf S 500.000,-- zu reduzieren; Überschreitungen dieses Rahmens könnten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr toleriert werden. Die Beklagte verlangte ferner die Vorlage eines Halbjahresabschlusses per 30. Juni 1985 und eine einwandfreie und ausreichende Besicherung des Kredits bis zum 31.Dezember 1985.
Zu der von der Beklagten geforderten Reduzierung des Debet-Saldos kam es in der Folge nicht.
In einer am 22.Jänner 1986 erstatteten Drittschuldneräußerung gab die Beklagte dem Bezirksgericht Bregenz bekannt, daß kein pfändbares Guthaben der verpflichteten Partei (Inge H***) bestehe. Am 14.Oktober 1986 haftete auf dem Kontokorrentkonto der Inge H*** ein Betrag von S 1,371.298,30 und am 14.April 1987 ein Betrag von S 1,223.600,-- aus. Der höchste Negativsaldo im Zeitraum zwischen 14.Oktober 1986 und 14.April 1987 betrug S 2,258.260,74 (31.Dezember 1986). Die großen Schwankungen ergaben sich auch daraus, daß die Beklagte das Konto bei Wechselfälligkeit unmittelbar belastete, auch wenn die Wechsel später ganz oder teilweise zurückgerufen wurden. Ein eigenes Subkonto für Wechsel wurde nicht geführt.
Zwischen 14.Oktober 1986 und 14.April 1987 erfolgten auf dem Konto infolge von Bareinzahlungen, Scheckgutschriften und Kundenüberweisungen folgende Gutschriften:
15.10.1986 Bareinzahlung S 40.000,--
21.10.1986 Gutschrift S 4.561,68
22.10.1986 Bareinzahlung S 40.000,--
30.10.1986 Bareinzahlung S 14.000,--
31.10.1986 Gutschrift S 26.575,24
05.11.1986 Gutschrift S 70,--
10.11.1986 Bareinzahlung S 40.000,--
12.11.1986 Bareinzahlung S 20.000,--
19.11.1986 Bareinzahlung S 40.000,--
28.11.1986 Bareinzahlung S 30.910,--
02.12.1986 Bareinzahlung S 50.000,--
09.12.1986 Bareinzahlung S 100.070,--
10.12.1986 Gutschrift S 440,--
15.12.1986 Gutschrift S 280,--
15.12.1986 Bareinzahlung S 112.435,--
19.12.1986 Bareinzahlung S 200.000,--
19.12.1986 Gutschrift S 2.770,37
30.12.1986 Bareinzahlung S 100.000,--
02.01.1987 Bareinzahlung S 200.000,--
09.01.1987 Bareinzahlung S 100.000,--
12.01.1987 Gutschrift S 6.600,--
14.01.1987 Gutschrift S 4.236,50
22.01.1987 Bareinzahlung S 50.000,--
22.01.1987 Gutschrift S 12.672,50
26.01.1987 Gutschrift S 918,72
28.01.1987 Bareinzahlung S 41.922,--
03.02.1987 Bareinzahlung S 45.000,--
05.02.1987 Gutschrift S 463,14
13.02.1987 Bareinzahlung S 100.000,--
27.02.1987 Bareinzahlung S 90.000,--
09.03.1987 Gutschrift S 1.750,--
16.03.1987 Bareinzahlung S 70.225,--
19.03.1987 Bareinzahlung S 20.000,--
25.03.1987 Bareinzahlung S 40.000,--
09.04.1987 Gutschrift S 7.200,--
Summe dieser Bewegungen: S 1,613.100,15
Im gleichen Zeitraum wurden vom Konto folgende Auszahlungen und Überweisungen vorgenommen:
14.10.1986 Scheckheft S 14,--
17.10.1986 Wechsel S 50.000,--
17.10.1986 Scheck S 2.000,--
22.10.1986 Wechsel S 16.580,--
23.10.1986 Wechsel S 35.000,--
24.10.1986 Wechsel S 40.000,--
28.10.1986 Scheck S 2.500,--
04.11.1986 Überweisung S 660,--
06.11.1986 Scheck S 10.000,--
10.11.1986 Wechsel S 40.000,--
11.11.1986 Gehalt S 12.267,10
13.11.1986 Überweisung S 394,--
18.11.1986 Überweisung S 1.706,44
18.11.1986 Überweisung S 1.834,52
19.11.1986 Wechsel S 31.435,20
24.11.1986 Wechsel S 35.000,--
28.11.1986 Wechsel S 30.000,--
01.12.1986 Wechselprotestkosten S 1.497,--
02.12.1986 Überweisung S 660,--
04.12.1986 Wechsel S 31.700,--
05.12.1986 Wechsel S 54.230,--
09.12.1986 Wechsel S 42.500,--
10.12.1986 Gehalt S 12.267,10
11.12.1986 Überweisung S 480,--
12.12.1986 Gehalt S 11.663,50
15.12.1986 Wechsel S 67.693,20
16.12.1986 Überweisung S 5.650,--
18.12.1986 Wechsel S 35.000,--
19.12.1986 Wechsel S 53.580,--
19.12.1986 Wechsel S 164.842,20
29.12.1986 Wechsel S 21.578,30
31.12.1986 Zinsen und Spesen S 39.123,90
05.01.1987 Überweisung S 660,--
07.01.1987 Überweisung S 1.188,--
09.01.1987 Überweisung S 200.000,--
12.01.1987 Gehalt S 12.267,10
12.01.1987 Überweisung S 50,--
13.01.1987 Überweisung S 800,--
21.01.1987 Zinsen und Spesen S 125,--
22.01.1987 Überweisung S 2.003,66
22.01.1987 Überweisung S 2.006,87
29.01.1987 Wechsel S 24.000,--
03.02.1987 Wechsel S 50.000,--
03.02.1987 Überweisung S 660,--
05.02.1987 Gebühr S 1,--
10.02.1987 Gehalt S 12.267,10
13.02.1987 Wechsel S 25.000,--
13.02.1987 Wechsel S 31.521,12
20.02.1987 Wechsel S 27.272,12
26.02.1987 Gehalt S 579,90
27.02.1987 Gebühr S 859,--
03.03.1987 Überweisung S 660,--
05.03.1987 Scheck S 1.689,54
05.03.1987 Scheck S 61.935,74
09.03.1987 Scheck S 12.847,--
10.03.1987 Spesen S 1.420,--
10.03.1987 Spesen S 1.500,--
13.03.1987 Wechsel S 25.000,--
16.03.1987 Überweisung S 51.608,--
17.03.1987 Überweisung S 50,--
17.03.1987 Überweisung S 2.640,73
17.03.1987 Überweisung S 2.695,63
20.03.1987 Wechsel S 27.272,12
30.03.1987 Bankzinsen u. Spesen S 24.550,30
02.04.1987 Überweisung S 660,--
14.04.1987 restl. Bankzinsen
und Spesen gesamt S 7.755,46
Summe dieser Bewegungen: S 1,465.401,85
Mit Schreiben vom 9.Februar 1988 forderte der zum Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Inge H*** bestellte Kläger die Beklagte auf, den Betrag von S 1,673.749,65 bis zum 24.Februar 1988 auf das Massekonto zu überweisen.
Im vorliegenden Rechtsstreit (die Klage wurde am 11.April 1988 beim Erstgericht eingebracht) stellte der Kläger zuletzt das Begehren,
a) die oben im einzelnen angeführten auf das Konto 439.013.707 geleisteten Zahlungen in einer Gesamthöhe von S 1,613.100,15 und
b) die ebenfalls bereits bezeichneten Auszahlungen, Überweisungen und Belastungen auf diesem Konto in einem Gesamtausmaß von S 1,465.401,85 den Gläubigern der Inge H*** gegenüber für unwirksam zu erklären sowie
c) die Beklagte zur Zahlung von S 1,613.100,15 s.A. zu verurteilen.
Der Kläger brachte im wesentlichen vor, die Beklagte habe von der sich ständig verschlechternden wirtschaftlichen Situation der Inge H*** Kenntnis gehabt. Die im Zeitraum zwischen 14.Oktober 1986 und 14.April 1987 auf dem Kontokorrentkonto der Inge H*** durchgeführten Gutschriften und Belastungen seien für die Gläubiger der Inge H*** nachteilige Rechtsgeschäfte, die gemäß § 31 KO und insbesondere § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO anfechtbar seien. Da sie zu einer Vermehrung der Konkursmasse führe, sei die Anfechtung befriedigungstauglich. Durch die Gestattung der Wiederausnützung des Kontokorrentkredits nach Eingängen habe die Beklagte Zahlungen an Gläubiger ermöglicht, die zu einer Begünstigung dieser Gläubiger geführt hätten. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, das Konto nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Inge H*** zu kündigen, Zahlungseingänge ab diesem Zeitpunkt der "nachmaligen Masse" zur Verfügung zu stellen und jede weitere Inanspruchnahme des Kontos zu verweigern. Da jede eingegangene Zahlung eine Deckung darstelle, sei die Summe der Einzahlungen als Gesamtdeckung anfechtbar, wobei der tatsächlich gewährte Höchstbetrag von S 2,319.136,84 die obere Schranke bilde. Da die Beklagte den gewährten Kredit jederzeit fälligstellen habe können, liege in der Gestattung der Wiederausnützung und weiteren Überziehung eine für die Gläubiger nachteilige neue Kreditgewährung.
Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, die Zahlungsunfähigkeit der Inge H*** sei ihr bis kurz vor Ausgleichseröffnung unbekannt geblieben und auch nicht erkennbar gewesen. Die auf dem Konto erfolgten Gutschriften unterlägen als Zug-um-Zug-Geschäfte keiner Anfechtung und seien im übrigen für die Gläubiger nicht nachteilig gewesen. Das zur Bezahlung von Wechselforderungen eingezahlte Geld sei auf dem Konto nur ein "Durchgangsposten" gewesen. Es müsse dem Schuldner möglich sein, zumindest jene Rechtsgeschäfte abzuschließen, die im Interesse der Erhaltung der künftigen Masse dringend erforderlich seien. Bei revolvierender Ausnützung eines ungesicherten Kredits sei nur jene Deckung oder jener Eingang anfechtbar, der letztendlich zur Senkung der Kreditausnützung unter die vereinbarte Kreditlinie führe. Vorausgehende Deckungen, auf Grund welcher eine neue Inanspruchnahme des Kredits erfolge, seien die Voraussetzung hiefür. Im übrigen sei die Anfechtung im Umfang der während des Verfahrens erfolgten Klagsausdehnungen gemäß § 43 Abs 2 KO verfristet; dies gelte insbesondere auch für die erst mit Schriftsatz vom 24.Mai 1988 erfolgte Substantiierung des Rechtsgestaltungsbegehrens, die erst mit dem in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. Juni 1988 erfolgten Vortrag prozessual wirksam geworden sei. Das Erstgericht gab dem zu a) angeführten Rechtsgestaltungsbegehren des Klägers statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 135.431,20 s.A. an den Kläger. Das zu
b) angeführte Rechtsgestaltungsbegehren des Klägers und sein auf Zahlung eines weiteren Betrags von S 1,477.668,95 s.A. gerichtetes Leistungsmehrbegehren wies es ab.
Das Erstgericht stellte im wesentlichen den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und beurteilte ihn rechtlich dahin, daß gemäß § 43 Abs 2 KO jede Anfechtung innerhalb der Präklusivfrist von einem Jahr ab Konkurseröffnung (hier 11.Juni 1987) erfolgen müsse. Diese Befristung beziehe sich auch auf eine als Klagsänderung zu beurteilende Ausdehnung des Klagebegehrens, wobei es nicht genüge, diese in einem innerhalb der Frist einlangenden vorbereitenden Schriftsatz anzukündigen; vielmehr müsse die Klagsänderung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vorgetragen werden. Die im vorliegenden Fall erfolgte Ausdehnung des Leistungsbegehrens von zunächst S 135.431,20 s.A. auf S 147.698,30 s.A. und schließlich auf S 1,613.100,15 s.A. sei verfristet. Daran ändere auch das in der Klage noch innerhalb der Frist des § 43 Abs 2 KO gestellte Rechtsgestaltungsbegehren nichts, weil die begehrte Rechtsgestaltung ohne ein entsprechendes Leistungsbegehren sinnlos gewesen sei; zur Herbeiführung des Anfechtungserfolgs habe es auch der Leistung des der Masse angeblich Entgangenen bedurft. In einem solchen Fall könne nur die Erhebung einer Leistungsklage innerhalb der Präklusivfrist die Rechte der Konkursmasse wahren. Zulässig sei allerdings die mit dem Schriftsatz ON 6 erfolgte Präzisierung des Rechtsgestaltungsbegehrens gewesen. Im Umfang des unter a) angeführten Rechtsgestaltungsbegehrens und des in der Klage erhobenen Begehrens auf Zahlung von S 135.431,20 s.A. sei die Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO berechtigt. Die spätestens im September 1986 eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Inge H*** sei für die Beklagte erkennbar gewesen. Bei einem revolvierenden Kontokorrentkredit seien Zahlungseingänge und die sich daraus ergebende Möglichkeit der Wiederausnützung des Kredits aus der Sicht des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO anfechtungsfeste Zug-um-Zug-Geschäfte. Eine Anfechtungsmöglichkeit nach dem zweiten Anwendungsfall dieser Bestimmung bestehe aber insoweit, als es sich um für die Gläubiger nachteilige Rechtsgeschäfte handle. Auf dem Konto einlangende Gutschriften seien solche Rechtsgeschäfte, da diese nicht der Masse, sondern einem Gläubiger - nämlich der Beklagten - zugute gekommen seien. Zumindest ein mittelbarer Nachteil für andere Gläubiger sei für die Beklagte bei den angefochtenen Zahlungseingängen auch erkennbar gewesen. Ob die Beklagte auf Grund der insoweit berechtigten Anfechtung zur Zurückzahlung sämtlicher Eingänge oder nur der Differenz zwischen dem Höchststand der Kreditausnützung innerhalb der kritischen Zeit und dem Stand bei Konkurseröffnung verpflichtet werden könne, bedürfe keiner Erörterung, weil bis auf das bereits in der Klage gestellte Leistungsbegehren das Zahlungsbegehren des Klägers verfristet sei. Die Anfechtung auch der Kontoausgänge mit rechtsgestaltender Wirkung sei nicht notwendig. Es sei nicht einsichtig, inwieweit an Dritte geleistete Zahlungen für die Gläubiger im Konkurs von Nachteil gewesen seien, da ohne diese Ausgänge die Beklagte in einem weit höheren Maß Befriedigung erlangt hätte.
Diese Entscheidung des Erstgerichts wurde von der Beklagten nur mit Kostenrekurs, vom Kläger aber im Umfang der Abweisung seines zu
b) angeführten Rechtsgestaltungsbegehrens und seines Leistungsbegehrens mit einem Betrag von S 500.000,-- s.A. mit Berufung bekämpft.
In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 14.Dezember 1988 stellten die Parteien außer Streit, daß die Beklagte im Konkursverfahren S 14/87 des Landesgerichtes Feldkirch ihre Kreditforderung in der vom Erstgericht per 14.April 1987 festgestellten Höhe von S 1,223.600,-- angemeldet hat (Position 7 des Anmeldungsverzeichnisses) und daß diese Forderung vom Kläger nicht bestritten wurde.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers keine Folge. Es sprach aus, daß der von seiner bestätigenden Entscheidung über das zu b) angeführte Rechtsgestaltungsbegehren betroffene Wert des Streitgegenstands S 300.000,-- übersteigt.
Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts, rechtlich im wesentlichen aus, der Kläger habe in der Klage den Anfechtungstatbestand des § 31 KO, insbesondere jenen des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO, geltend gemacht und hiezu ausgeführt, die zwischen 14.Oktober 1986 und 14.April 1987 in einer Gesamthöhe von S 1,613.100,15 auf dem Konto der späteren Gemeinschuldnerin eingelangten Zahlungen seien infolge der damit verbundenen Minderung des Debetsaldos nachteilige Rechtsgeschäfte im Sinne der genannten Bestimmung gewesen, aus denen sich im Umfang der per Saldo eingetretenen Debetminderung von S 135.431,20 ein Leistungsanspruch in dieser Höhe ergebe. Der Kläger habe damit - offenbar in der Ansicht, die von dem zu a) angeführten Rechtsgestaltungsbegehren erfaßten Zahlungen hätten nur im Umfang der dadurch bewirkten Debetminderung einen Leistungsanspruch der Masse zur Folge, das sich aus der Anfechtung aller zwischen 14. Oktober 1986 und 14.April 1987 erfolgten Kontoeingänge abzuleitende Leistungsbegehren bewußt auf den Betrag von S 135.431,20 s.A. beschränkt, nämlich auf jene Summe, um die sich die Eingänge laut Klage debetmindernd ausgewirkt hätten. Erst nach Ablauf der Präklusivfrist des § 43 Abs 2 KO sei das Leistungsbegehren zunächst auf S 147.698,20 s.A. und in weiterer Folge auf S 1,613.100,15 s.A. ausgedehnt worden. Diese Ausdehnungen seien im Hinblick auf § 43 Abs 2 KO unzulässig gewesen. Die Beurteilung der Veränderung des Klagebegehrens als Klagsänderung im Sinne des § 235 ZPO könne hier nicht allein am Rechtsgestaltungsbegehren ausgerichtet werden, weil ein bestimmtes Leistungsbegehren eine unabdingbare rechtliche Konsequenz der zu Punkt 1 der Klage begehrten Rechtsgestaltung gebildet habe und somit jede Veränderung der für die Bezifferung des Leistungsbegehrens maßgebenden Tatsachengrundlage als Änderung des Klagegrunds und damit als Klagsänderung angesehen werden müsse.
An das zu b) angeführte Rechtsgestaltungsbegehren habe der Kläger kein Leistungsbegehren geknüpft, was auf der Basis der von ihm in der Klage vertretenen Meinung, die aus dem Konto nach dem 14. Oktober 1986 geleisteten Zahlungen hätten (nur) zur Folge, daß die Beklagte auf Grund dieser Auszahlungen (im Konkurs) keine Forderung geltend machen könne, auch durchaus folgerichtig sei. Dieses Rechtsgestaltungsbegehren sei nicht unschlüssig. Soweit eine Unschlüssigkeit des in der Klage gestellten Begehrens zu unterstellen wäre, habe sie auch nach Ablauf der Frist des § 43 Abs 2 KO behoben werden können. Der Umstand, daß die Beklagte die Kontenbelastungen über Auftrag der späteren Gemeinschuldnerin vorgenommen habe und durch sie nicht begünstigt worden sei, stehe der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO nicht entgegen. Daher könne das Argument des Erstgerichts, es sei nicht einsichtig, inwieweit die nach dem 14.Oktober 1986 an Dritte geleisteten Zahlungen für die späteren Konkursgläubiger von Nachteil gewesen sein sollten, wäre doch die Beklagte ohne diese Zahlungen in einem weit höheren Maß befriedigt worden, die Abweisung dieses Rechtsgestaltungsbegehrens nicht tragen. Das Erstgericht übersehe, daß ohne die geleisteten Zahlungen die von ihm selbst für anfechtbar erachtete Debetminderung entsprechend höher ausgefallen wäre. Der zur Anfechtung eines Rechtsgeschäfts - als ein solches sei die in der mit der Gestattung der weiteren Ausnützung des Kontokorrentkredits verbundene Kreditgewährung an Inge H*** zu beurteilen - nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO führende Nachteil müsse nicht bereits in der Eingehung des Geschäfts gelegen sein; er müsse aber bei Abschluß des Geschäfts und mit Rücksicht auf die dem Anfechtungsgegner bekannte Krise objektiv vorhersehbar sein. Kreditgeschäfte, insbesondere solche, die gegen Hingabe neuer Sicherheiten im Stadium der Krise abgeschlossen würden, hätten als "typisch" nachteilige Rechtsgeschäfte zu gelten, weil die gegebenen Kreditmittel häufig ohne erkennbare Verbesserung der Lage der Masse versickerten, wenngleich dies nicht immer der Fall sein müsse. Liege - wie hier - eine typische Nachteiligkeit des Geschäfts vor, obliege es dem Anfechtungsgegner, die in der Regel in seiner Sphäre liegenden Umstände dafür darzutun, daß aus der Eingehung des Geschäfts aus besonderen Gründen Nachteile für die Gläubiger nicht zu erwarten gewesen seien, wofür - je nach der Lage des Falls - verschiedenste Umstände sprechen könnten. Generell könne aber nicht unterstellt werden, daß bei jedem in der Krise abgeschlossenen Kreditgeschäft ein Nachteil für die Gläubiger vorhersehbar sein müsse.
Die somit grundsätzlich zu bejahende Anfechtbarkeit der Rechtsgeschäfte, die den von der Beklagten ab dem 14.Oktober 1986 gewährten Kreditausweitungen bzw -ausnützungen zugrundelägen, könne aber dem zu b) angeführten Rechtsgestaltungsbegehren nicht zum Erfolg verhelfen. Die Anfechtung könne in diesem Umfang zu keinem Leistungsanspruch der Masse führen; vielmehr hätte eine erfolgreiche Anfechtung zur Folge, daß die Beklagte im Umfang des Nachteils, der den Konkursgläubigern durch die Gestattung der Wiederausnützung bzw Ausweitung des Kredits im status cridae entstanden sei, ihre Kreditforderung im Konkurs nicht als Konkursforderung geltend zu machen berechtigt wäre. Die Beklagte habe ihre Kreditforderung in der vom Erstgericht per 14.April 1987 festgestellten Höhe von S 1,223.600,-- im Konkurs über das Vermögen der Inge H*** als Konkursforderung geltend gemacht, wobei der Kläger als Masseverwalter diese Forderung nicht bestritten habe. Die Forderung sei unter Post Nr 7 des Anmeldungsverzeichnisses in der geltend gemachten Höhe von S 1,223.600,-- als Konkursforderung festgestellt worden. Da die Kreditforderung der Beklagten somit im Konkurs in der von der Beklagten behaupteten und vom Erstgericht per 14.April 1987 als erwiesen erachteten Höhe feststehe und eine - bei einem Erfolg des unter b) angeführten abgewiesenen Rechtsgestaltungsbegehrens an sich mögliche Minderung dieser Forderung daher nicht mehr in Betracht zu ziehen sei, könne durch die vom Kläger insoweit begehrte Rechtsgestaltung eine Vergrößerung der Konkursmasse und damit eine Verbesserung der Position der Konkursgläubiger nicht herbeigeführt werden. Unter Berücksichtigung dieses Umstands komme der Argumentation des Erstgerichts, die Anfechtung auch der "Kontoausgänge" sei im Interesse der Masse nicht notwendig, im Ergebnis Berechtigung zu. Der bloß rechtsgestaltenden Feststellung, daß Rechtsgeschäfte gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam seien, ohne die Möglichkeit einer sich daraus ergebenden Besserstellung der Masse mangle ein Rechtsschutzbedürfnis. Voraussetzung für eine Anfechtung nach der Konkursordnung sei nämlich ihre Eignung, die Befriedigungsaussichten der Gläubiger zu fördern. Diese Eignung sei auf Grund der erfolgten Anerkennung der Forderung der Beklagten im Konkurs zu verneinen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft es aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil "im Sinne seiner Berufungsanträge abzuändern"; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Gemäß § 105 Abs 3 KO hat der Masseverwalter bei jeder im Konkursverfahren angemeldeten Forderung eine bestimmte Erklärung über ihre Richtigkeit und Rangordnung abzugeben; Vorbehalte des Masseverwalters bei Abgabe dieser Erklärung sind unzulässig. Diese Prüfungserklärung des Masseverwalters ist eine an das Gericht gerichtete Prozeßerklärung, also eine Willenserklärung, die wie ein rechtskräftiges Urteil über den Bestand und die Höhe der angemeldeten Forderung wirkt. Allerdings ist diese Erklärung weder unwiderruflich noch unanfechtbar. Mit Zustimmung des Konkursgläubigers, dessen Forderung der Masseverwalter anerkannt hat, kann das Anerkenntnis jederzeit zurückgenommen werden. Ohne Zustimmung dieses Gläubigers kann das Anerkenntnis des Masseverwalters aber nur bis zum Schluß der Prüfungsverhandlung zurückgenommen werden, wenn der Anmeldende bei der Prüfungsverhandlung nicht anwesend war oder nicht verhandelte. Im übrigen kann das Anerkenntnis des Masseverwalters wegen seiner urteilsgleichen Wirkungen nach § 35 EO durch Einwendungen gegen den Anspruch oder nach den §§ 529 ff ZPO angefochten werden (EvBl 1988/102 mwN).
Gemäß § 109 Abs 1 KO gilt eine Forderung im Konkurs als festgestellt, wenn sie vom Masseverwalter anerkannt und von keinem hiezu berechtigten Konkursgläubiger bestritten worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der von der Beklagten im Konkursverfahren angemeldeten Forderung im Umfang ihres Anerkenntnisses durch den Kläger vor. Damit ist aber, solange das Anerkenntnis des Klägers nicht in einer oben als zulässig aufgezeigten Weise beseitigt ist, in für das Konkursverfahren bindender Weise über den Verwertungs- und Befriedigungsanspruch der Beklagten im Rahmen dieses Konkursverfahrens abgesprochen. Diese für das Konkursverfahren bindende Wirkung des Anerkenntnisses der angemeldeten Forderung der Beklagten durch den Kläger steht aber der Anfechtung dieser Forderung zugrundeliegender Rechtshandlungen nach den Bestimmungen der §§ 27 ff KO - und darum handelt es sich im vorliegenden Anfechtungsprozeß
ausnahmslos - entgegen.
Das Prozeßhindernis der Rechtskraft liegt hinsichtlich der Anfechtungsklage nicht vor. Wohl aber hindert die dargestellte bindende Wirkung des nach wie vor aufrechten Anerkenntnisses der im Konkursverfahren angemeldeten Forderung der Beklagten durch den Kläger den Erfolg der vorliegenden Anfechtungsklage. Solange der durch dieses Anerkenntnis begründete Verwertungs- und Befriedigungsanspruch der Beklagten im Konkurs besteht, ist es nicht möglich, im Sinne des § 27 KO diesem Anspruch zugrundeliegende Rechtshandlungen mit der Wirkung anzufechten, daß sie den Konkursgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt werden, weil dies dem bestehenden Verwertungs- und Befriedigungsanspruch der Beklagten zuwiderliefe (EvBl 1988/102).
Schon aus diesem Grund muß der Revision des Klägers ein Erfolg versagt bleiben, sodaß auf seine weiteren Rechtsmittelausführungen nicht mehr einzugehen ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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