OGH 4Nd510/89

OGH4Nd510/8929.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Sachwalterschaftssache des August H***, geboren am 8. August 1906, Pensionist, Gratkorn, Am Brunnboden 11, vertreten durch den Sachwalter Manfred H***, Malermeister, Baden, Millöckergasse 8, dieser vertreten durch Dr. Wolf Werner Kolm, Rechtsanwalt in Baden, über den Delegierungsantrag des Behinderten in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag, die Besorgung der pflegschaftsbehördlichen Geschäfte vom Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz an das Bezirksgericht Baden zu übertragen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 28. April 1986, 16 SW 134/84-101, bestellte das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz Manfred H*** zum Sachwalter seines Vaters August H***, den es mit Beschluß vom 1. Juli 1981, 16 L 32/81-15, wegen Geistesschwäche beschränkt entmündigt hatte. Am 24. August 1987 enthob es den Sachwalter mit der Begründung, daß er sein Amt nicht zweckentsprechend ausübe (ON 124). Das Rekursgericht hob diesen Beschluß in der Folge auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf (Beschluß vom 18. September 1987, ON 128). Mit Beschluß vom 25. April 1989, ON 170, enthob das Erstgericht neuerlich den Sachwalter Manfred H*** seines Amtes, weil er das Vermögen sehr mangelhaft verwalte und nicht in der Lage scheine, die Kuratel pflichtgemäß auszuüben; außerdem sei die Vermögenslage so kompliziert, daß im Interesse des Betroffenen die Verwaltung durch eine rechtskundige Person erforderlich sei; hiezu komme, daß der weit entfernte Wohnsitz des Sachwalters eine zweckdienliche Besorgung der Sachwalterschaft erschwere. In dem dagegen erhobenen, von Rechtsanwalt Dr. Wolf Werner K*** verfaßten Rekurs des durch seinen Sachwalter Manfred H*** vertretenen Behinderten wurde auch "allenfalls die Vornahme eines Pflegschaftsrichterwechsels durch das übergeordnete Gericht" beantragt (ON 172). Zur Klarstellung aufgefordert, erläuterte Dr. Wolf Werner K***, daß er damit einen Ablehnungsantrag und - hilfweise - einen Delegierungsantrag habe stellen wollen. Den letzteren begründete er damit, daß das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz den Akt bloß wegen einer Vollmachtsvorlage an das Bezirksgericht Baden geschickt habe und Manfred H*** dort im Rechtshilfeweg vernommen worden sei. Für die Vermögensverwaltung sei es keine Erschwerung, wenn ein Konto in Baden eröffnet werde; eine Delegierung an das Bezirksgericht Baden sei deshalb ökonomisch, weil sich dann nur mehr ein Gericht mit der Sachwalterschaft befassen müsse.

Der Ablehnungsantrag wurde in der Folge zurückgewiesen (ON 180). Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz hob als Rekursgericht den Enthebungsbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25. April 1989, ON 170, ersatzlos auf (ON 183), weil kein Grund für die Enthebung des Sachwalters Manfred H*** vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz war bei Einleitung des Pflegschaftsverfahrens zuständig, weil der Behinderte dort gewohnt hat (§ 109 Abs 1 JN). Daran hat sich bis heute nichts geändert; auch die Vermögenswerte des Behinderten (vgl ON 115) befinden sich im Sprengel dieses Gerichtes, das seit nunmehr rund 8 Jahren das Pflegschaftsverfahren führt.

Aus Gründen der Zweckmäßigkeit kann zwar die Besorgung der pflegschaftsbehördlichen Geschäfte an ein anderes Gericht übertragen werden (§ 31 Abs 1 JN). Dabei ist aber immer zu berücksichtigen, daß eine Delegierung nur im Ausnahmefall in Betracht kommt und keine faktische Durchbrechung der Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden soll (Fasching I 232). Der Umstand allein, daß der Sachwalter im Sprengel des Bezirksgerichtes Baden wohnt, dieses ihn schon im Rechtshilfeweg vernommen hat und das auch in Zukunft bisweilen erforderlich sein könnte, rechtfertigt noch nicht die Übertragung der Sachwalterschaftssache von dem zuständigen, seit Jahren mit der Sache befaßten Gericht an das Bezirksgericht Baden, zumal eine persönliche Vorsprache oder Vernehmung des Behinderten beim Pflegschaftsgericht notwendig werden könnte (vgl ON 166). Hingegen erscheint es dem Sachwalter Manfred H***, der seinen Vater wohl immer wieder in Gratkorn besuchen wird, zumutbar, allenfalls auch persönlich beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz die erforderlichen Auskünfte zu geben, um eine Rechtshilfevernehmung zu vermeiden. Es sprechen daher keine überwiegenden Gründe für eine Übertragung der Sache an das Bezirksgericht Baden.

Der Antrag war daher abzuweisen.

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