OGH 11Ns16/89

OGH11Ns16/8923.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.August 1989 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin über die (neuerliche) Erklärung des Dr. Friedrich Wilhelm K***, das Mitglied des Disziplinarsenates in der Dienststrafsache gegen den Richter im Ruhestand Dr. Friedrich Wilhelm K***, AZ Ds 6/88 (AZ Ds 2/83 des Oberlandesgerichtes Wien als Disziplinargericht für Richter), Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger wegen Befangenheit abzulehnen (Eingabe vom 9.August 1989 und vom 16. August 1989), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die (neuerliche) Ablehnung ist nicht gerechtfertigt.

Text

Gründe:

Dr.Friedrich Wilhelm K*** brachte noch vor Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 29.Juni 1989, GZ 11 Ns 11/89-6, mit welchem seine im Disziplinarverfahren AZ Ds 6/88 dieses Gerichtes abgegebene Erklärung, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger abzulehnen, für nicht gerechtfertigt erkannt wurde, eine "Ergänzung" seines jener Entscheidung zugrundeliegenden "Antrages" vom 22.Mai 1989 ein (ON 1), der - wie nunmehr in einer "Mitteilung" vom 16.August 1989 ausdrücklich erklärt wurde (ON 2) - als neuerliche Ablehnung des genannten Richters anzusehen ist.

Rechtliche Beurteilung

Soweit in diesen Eingaben wieder auf Verfahrensabläufe, die im hg Akt 9 Os 76/85 dokumentiert sind, eingegangen wird und aus dem Inhalt dieses Aktes "Vermutungen" und Verdächtigungen abgeleitet werden, der abgelehnte Richter habe sich als seinerzeitiger Berichterstatter von anderen als sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen, ist auf die Begründung der Vorentscheidungen GZ 11 Ns 4/89-5 und 11 Ns 11/89-6, zu verweisen. Demgemäß wurden alle aus diesem Akt ersichtlichen Vorgänge bereits eingehend geprüft, weshalb auf das diesbezügliche Vorbringen in den oben angeführten Eingaben (ON 1 und 2) nicht mehr eingegangen und auch keine (neuerliche) Stellungnahme des abgelehnten Richters eingeholt werden mußte. Zu seinen den dienstlichen Verkehr zwischen dem Obersten Gerichtshof und der Generalprokuratur betreffenden Ausführungen sei der Einschreiter darauf verwiesen, daß der Generalprokurator nicht Träger der Anklage und - von seiner Funktion her - nicht Gegner des Angeklagten ist. Im Strafverfahren vor dem Obersten Gerichtshof kommt ihm demnach die Stellung eines das Gericht unterstützenden Organes zu. Er ist also nicht Prozeßpartei im engeren Sinn der StPO (SSt 50/58). Im übrigen bezieht sich die Bestimmung des § 20 OGHG nur auf die Auskunftserteilung durch die Geschäftsstelle, sodaß aus der jahrzehntelangen Gepflogenheit der Berichterstatter des Obersten Gerichtshofes, in den nach der Geschäftsordnung von ihnen zu verfassenden und selbst zu unterfertigenden Verfügungen betreffend die Übermittlung der Akten an die Generalprokuratur (wodurch ihre Person ohnedies bekannt wird) ihren Namen auch noch ausdrücklich anzuführen, und der Übung der Generalprokuratur, in gewissen Fällen begründete Stellungnahmen zu Rechtsmitteln abzugeben (§ 285 c StPO), kein Vorgang erblickt werden kann, der auch nur den Anschein einer Voreingenommenheit des jeweiligen Berichterstatters begründen könnte. Den Ausführungen des Einschreiters kann aber auch nicht gefolgt werden, wenn er die Beschlußfassung im Vorverfahren AZ 11 Ns 11/89 deshalb als "nichtig" bezeichnet, weil an ihr der im Disziplinarverfahren als Mitglied des Disziplinarsenates (ohne Angabe von Gründen) abgelehnte Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzender des Senates 11 mitgewirkt habe; dieser Senat überdies unzuständig gewesen sei, weil gemäß dem § 115 Abs. 2 RDG in Verbindung mit der StPO (gemeint offensichtlich deren § 74) der Vorsitzende des Disziplinargerichtes, Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, zu entscheiden gehabt hätte. Die Bestimmungen der StPO über die Ausgeschlossenheit und Befangenheit (§§ 67-74) sind zwar materiell auch in Richterdisziplinarsachen anzuwenden, jedoch liegt in der Ausübung des (im RDG zusätzlich gewährten) Rechtes, zwei Mitglieder des Disziplinarsenates ohne Angabe von Gründen ablehnen zu können, keine wie immer geartete Bescheinigung, daß der so abgelehnte Richter tatsächlich befangen ist und sich daher in allen den Disziplinarbeschuldigten betreffenden Sachen der Mitwirkung an der Entscheidung enthalten müßte. Es bestand somit keine Veranlassung, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter von der Ausübung seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofes zur Entscheidung über Ablehnungen zuständigen Senates 11 zu entbinden. Dieser Senat war und ist im übrigen auch für die Entscheidung über eine im Rahmen einer Disziplinarsache abgegebene Befangenheitserklärung zuständig, weil es sich beim Disziplinarsenat um kein eigenes Gericht (für dessen funktionelle Zuständigkeit § 74 StPO sinngemäß angewendet werden könnte) handelt, sondern um eine vom Gesetzgeber dem jeweiligen Gerichtshof (Oberlandesgericht oder Obersten Gerichtshof) zugewiesene (weitere) Kompetenz. Da der Oberste Gerichtshof grundsätzlich in Senaten zu entscheiden hat (§ 5 OGHG) und im Gesetz insoweit keine Ausnahmeregelung getroffen wird, hat der nach der Geschäftsverteilung für alle Ablehnungssachen zuständige Senat auch über in Disziplinarsachen abgegebene Befangenheitserklärungen zu befinden, sodaß die - vom Einschreiter für die vorliegende Ablehnungserklärung ausdrücklich begehrte - Entscheidung durch den Vorsitzenden des Disziplinargerichtes nicht in Frage kommt. Das gesamte Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten erweist sich daher als nicht stichhaltig.

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