OGH 13Os87/89

OGH13Os87/8917.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.August 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Shiv K*** wegen der versuchten Anstiftung zum Mißbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12, 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 13.März 1989, GZ. 1 c Vr 5.399/88-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung hat gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Shiv K*** des Verbrechens der versuchten Anstiftung zum Mißbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 1.April 1988 in Wien mit dem Vorsatz, den österreichischen Staat an seinem konkreten Recht auf Verfolgung im Verwaltungsstrafverfahren dadurch zu schädigen versucht, daß er den Sicherheitswachebeamten Andreas P*** durch Anbieten von einigen Flaschen Whisky zur Unterlassung der Anzeige wegen §§ 20, 74 Abs 5 Z. 3 LMG (unhygienische Lagerung von zu verkaufenden Lebensmitteln) zu bestimmen versuchte. Daß eine Anzeige auch wegen Verdachts der Errichtung eines Verkaufsstands ohne behördliche Bewilligung (§ 46 Abs 4 GewO iVm § 341 Abs 3 GewO) erstattet werden sollte, wurde im Gegensatz zum Urteilsspruch in den Gründen nicht angenommen. Darüber hinaus ist der Urteilssatz insoweit verfehlt formuliert, als er ein "konkretes" Recht des Staats auf Strafverfolgung (ius puniendi) nicht gibt (vgl. LSK. 1978/112 u.a.); indes kommt im Urteilsspruch wenigstens zum Ausdruck, daß das - allerdings "konkrete" - staatliche Recht auf Einhaltung (Durchsetzung) der lebensmittelpolizeilichen Vorschriften Schaden nehmen sollte.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen betreibt der Angeklagte in der Kassenhalle des Bahnhofs Wien-Mitte einen Lebensmittelverkaufsstand. Als anläßlich einer Auseinandersetzung, die der Beschwerdeführer mit der Geschäftsführerin der Firma S*** hatte, der Sicherheitswachebeamte Andreas P*** einschritt und während dieser Intervention bemerkte, daß der Nichtigkeitswerber in seinem Verkaufsstand zum Verkauf bestimmte Süßigkeiten in größerer Anzahl völlig unverpackt und ungeschützt gegen Schmutz und Staubentwicklung gelagert hatte, teilte er diesem im Zuge seiner Amtshandlung mit, daß er eine Anzeige nach dem Lebensmittelgesetz erstatten werde. Daraufhin kam es zu der beschriebenen Tathandlung (S. 53).

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als Verfahrensmangel (Z. 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung des in der Hauptverhandlung (S. 46 f.) gestellten Beweisantrags auf Einvernahme der Zeugen Baljit K*** und Nukal S*** darüber, daß der Polizeibeamte P*** vom Angeklagten zum Einschreiten aufgefordert wurde, weil eine Passantin infolge einer in der Bahnhofshalle aufgestellten Tafel gestürzt war, weiters, daß P*** sich nach der Einsichtnahme in den Gewerbeschein des Angeklagten im Friseurgeschäft aufgehalten, sich dann entfernt und auf eine Frage des Beschwerdeführers geantwortet habe, es sei alles in Ordnung. Das Schöffengericht gründete die Feststellung der Täterschaft auf die belastende Aussage des Zeugen Andreas P***; es erachtete dadurch die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt. Damit war dessen Antrag vom Beweisthema her von vornherein ungeeignet, die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Angaben des Zeugen P*** in irgend einer Weise zu erschüttern; denn für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der vom genannten Zeugen geschilderten Tathandlung sind die im Antrag angeführten Umstände gänzlich unerheblich. Von einer Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte durch die abweisliche Erledigung des Beweisantrags kann darum nicht im entferntesten die Rede sein. Einen Antrag auf Einvernahme der Jaishri K*** hat der Angeklagte nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht gestellt; sein Antrag auf Berichtigung des Protokolls wurde abgewiesen (S. 75). Damit fehlt hinsichtlich dieser Zeugin die formelle Voraussetzung zur Geltendmachung der Verfahrensrüge. Nach den Konstatierungen in den Urteilsgründen teilte der Polizeibeamte P*** dem Beschwerdeführer mit, daß er wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs 5 Z. 3 LMG (Verstoß gegen § 20 LMG) Anzeige erstatten werde; der Angeklagte wollte durch sein Verhalten den Beamten dazu veranlassen, eine solche Anzeigeerstattung zu unterlassen.

Die Mängelrüge (Z. 5) bezeichnet das Urteil als unvollständig, weil es sich nicht damit auseinandergesetzt habe, daß der Angeklagte im Besitz einer Gewerbeberechtigung war und was der Zeuge P*** in der Hauptverhandlung dazu ausgesagt habe, weiters, ob es in der Folge tatsächlich zu einem Verwaltungsstrafverfahren oder zu einer Bestrafung gekommen sei. Dies war jedoch im Hinblick auf die den Gegenstand des Schuldspruchs bildende Handlung - versuchte Anstiftung zum wissentlichen Befugnismißbrauch durch Unterlassung einer Anzeigeerstattung nach dem Lebensmittelgesetz - nicht tatbestandsessentiell, sodaß die Mängelrüge keine entscheidende Tatsache betrifft. Dazu kommt, daß die Einflußnahme des Täters auf den Beamten die Abstandnahme von der Anzeigeerstattung als solcher zum Gegenstand hatte, ohne daß bestimmte Punkte der zu gewärtigenden Anzeige vom Angeklagten individualisiert worden wären. Die Rechtsrüge (Z. 9 lit a) verneint eine Schädigung konkreter öffentlicher Rechte, weil eine ordnungsgemäße Gewerbeberechtigung für diesen Verkaufsstand vorliege und übergeht damit, daß nach den Feststellungen der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine Anzeige verhindern wollte. Die Rüge ist damit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend dargestellt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO im Zusammenhalt mit § 285 a Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

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