OGH 1Ob21/89

OGH1Ob21/8920.7.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Udo R. P***, Kaufmann, ordentlicher Wohnsitz Wien 1., Kohlmarkt 14, vertreten durch Dr. Gabriel Lansky, Rechtsanwalt in Wien, wider den Gegner der gefährdeten Partei Ö*** R***, Wien 13.,

Würzburggasse 30, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert S 500.000,--) infolge Rekurses des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 19. Mai 1989, GZ 46 R 326/89-11, womit der Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 9. September 1988, GZ 6 C 2904/88-2, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten dieses Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung

Über Antrag der gefährdeten Partei verbot das Erstgericht dem Gegner der gefährdeten Partei gemäß § 382 Z 5 EO, der gefährdeten Partei nachteilige Handlungen durch Ausstrahlung einer schauspielerisch dargestellten Fahndung, die über eine Verlesung des Haftbefehls und Steckbriefes gegen die gefährdete Partei hinausgingen, in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY-ungelöst" am Freitag, den 9. September 1988 zu setzen oder durch Dritte zu dulden. Den dagegen vom Gegner der gefährdeten Partei erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Die einstweilige Verfügung habe nur die Fernsehsendung "Aktenzeichen XY-ungelöst" vom 9. September 1988 betroffen. Dieser Termin sei längst verstrichen, die Rekurswerberin könne sich daher durch diese einstweilige Verfügung nicht mehr in ihren Rechten beschwert erachten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei ist berechtigt. Es trifft zwar zu, daß der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, das für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Rechtsschutzinteresse fehle, wenn der Entscheidung nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zukäme, da es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen. Wiederholt wurden daher Rechtsmittel wegen Fehlens einer Beschwer deshalb zurückgewiesen, weil die umstrittene Maßnahme wegen Zeitablaufes überholt war (MietSlg 36.876 mwN). Bei Lösung der Frage der Zulässigkeit eines Rekurses nach zeitlicher Überholung einer mittels einstweiliger Verfügung beantragten umstrittenen Maßnahme ist allerdings zu beachten, daß von der Berechtigung der vom Erstgericht bewilligten einstweiligen Verfügung allenfalls die Begründung von Ersatzansprüchen nach § 394 EO abhängen kann.

§ 394 EO sieht eine Ersatzpflicht der gefährdeten Partei für alle ihrem Gegner verursachten Vermögensnachteile nicht nur dann vor, wenn der gefährdeten Partei der behauptete Anspruch, für welchen die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, rechtskräftig aberkannt wird, sondern auch dann, wenn ihr Ansuchen sich sonst als ungerechtfertigt erweist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der bewilligende Beschluß infolge Rekurses aufgehoben wird (MietSlg 36.876; Heller-Berger-Stix 2861). Es besteht daher auch nach Zeitablauf einer ein Verbot aussprechenden einstweiligen Verfügung ein Rechtsschutzinteresse des Gegners der gefährdeten Partei an der sachlichen Erledigung eines gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rekurses (MietSlg 36.876, GesRZ 1981, 106; ÖBl 1971, 98).

Dem Rekurs ist Folge zu geben, der Beschluß des Rekursgerichtes ist aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen. Die Entscheidung über die Kosten dieses Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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