OGH 8Ob17/88

OGH8Ob17/8820.7.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** BAD H*** UND

U*** reg.Gen.mbH, 6323 Bad Häring, vertreten durch Dr. Gunther Nagele und Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Anton P***, Kaufmann, 6361 Hopfgarten, Markt Salvenberg, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Dr. Albert F***, Rechtsanwalt, 6370 Kitzbühel, Josef-Pirchl-Straße 12, wegen S 311.259,15 infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 23.Oktober 1987, GZ 4 R 118/87-26, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7.Jänner 1987, GZ 11 Cg 383/85-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten und dem Nebenintervenienten die mit je S 10.766,25 (einschließlich je S 978,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Zahlung von S 311.259,15 s.A. mit der im Rechtsmittelverfahren allein noch rechtlich bedeutsamen Begründung, der Beklagte habe für ein von ihr Adolf R*** gewährtes Darlehen die Wechselbürgschaft übernommen und zu diesem Zweck einen Blankowechsel unterschrieben. Obgleich der Beklagte die Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten Kopie eines Wechsels bestritten und die Vorlage des Originalwechsels begehrt hatte, kam die klagende Partei dem diesbezüglichen erstgerichtlichen Auftrag nicht nach, sondern erklärte ausdrücklich, zur Vorlage des Originalwechsels nicht bereit zu sein (ON 10 und 16). Der Beklagte wendete ein, zwischen den Streitteilen sei ein Bürgschaftsvertrag mangels Einhaltung der hiefür erforderlichen Schriftform nicht zustandegekommen; überdies sei die eingeklagte Forderung verjährt. Den als Grundlage des eingeklagten Anspruches dienenden Wechsel habe der Beklagte als Annehmer unterschrieben, doch gäbe es hiefür kein rechtswirksames Grundgeschäft. Die Fälligkeit sei wegen der Weigerung der klagenden Partei, den Originalwechsel vorzulegen, nicht eingetreten.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, der Beklagte habe entgegen dem Inhalt der eine Wechselbürgschaft vorsehenden Wechselwidmungserklärung auf dem der Klage zugrunde liegenden Blankowechsel als Annehmer unterschrieben. Die klagende Partei habe nur ihn bei Ausfüllung des Wechsels als Bezogenen eingesetzt, obwohl auch Adolf R*** als Annehmer unterschrieben gehabt hätte. Die Urschrift dieses Wechsels befinde sich nach wie vor in den Geschäftsräumlichkeiten der klagenden Partei.

Rechtlich begründete das Erstgericht die Abweisung der Klage damit, dem Beklagten stünden als Annehmer gegenüber der klagenden Partei als Ausstellerin des Wechsels alle Einreden aus dem Grundgeschäft zu. Da es aber ein gültiges Grundgeschäft nicht gäbe, müsse die Klage abgewiesen werden. Erfolgreich wäre der auf den Wechsel gestützte Anspruch der klagenden Partei nur dann gewesen, wenn der Beklagte als Wechselbürge und nicht als Annehmer aufgeschienen wäre.

Die Berufung der klagenden Partei blieb im Ergebnis erfolglos. Das Berufungsgericht billigte zwar nicht den vom Erstgericht gebrauchten Abweisungsgrund, weil das von der ersten Instanz vermißte Grundgeschäft in der Wechselverpflichtungserklärung im Zusammenhang mit der Übernahme der Stellung eines Akzeptanten gelegen sei (= verkleidete Wechselbürgschaft, s 6 Ob 565/85 = EvBl 1987/199), bestätigte aber die Abweisung mit folgender Begründung:

Der Gläubiger, der Zahlung beanspruche, müsse im Besitz des Wechsels sein, weil der Bezogene gemäß Art 39 WG vom Inhaber gegen Zahlung die Aushändigung des quittierten Wechsels verlangen könne, damit er nicht der Gefahr der Doppeleinziehung ausgesetzt sei. Diese Grundsätze würden auch für den Wechselbürgen gelten. Es käme daher höchstens eine Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Übergabe des Wechsels in Frage. Dies würde aber voraussetzen, daß sich die klagende Partei zumindest zur Ausfolgung des Wechsels bei Zahlung bereit erklärt hätte (RZ 1956,128). Dies habe die klagende Partei nicht getan.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es in klagestattgebendem Sinn abzuändern, in eventu, es aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen. Mit der Revisionsschrift legte die klagende Partei die Urschrift des Wechsels vor.

Der Beklagte und der Nebenintervenient begehren, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

1.) Zur behaupteten Aktenwidrigkeit:

Die Annahme des Berufungsgerichtes, die klagende Partei habe sich nicht bereit erklärt, Zug um Zug gegen Zahlung des eingeklagten Betrages den Wechsel herauszugeben, ist nicht aktenwidrig, weil eine solche Erklärung der klagenden Partei tatsächlich den Akten nicht entnommen werden kann.

Überdies kommt einer solchen ausdrücklichen Erklärung keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, wie bei Behandlung der Rechtsrüge noch ausgeführt werden wird.

2.) Zur Rechtsrüge:

Der Wechselgläubiger muß, wenn er Zahlung beansprucht, im Besitz des Wechsels sein und bis zur Urteilsfällung imstande bleiben, den Wechsel vorzulegen (RZ 1956,128 mwH). Da dem Schuldner nicht ein Prozeß zugemutet werden kann, der trotz seiner Verurteilung zu keinem Ergebnis für den das Papier nicht besitzenden Gläubiger führt (Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht 150), hat der Gläubiger im Falle der Bestreitung seines Besitzes diese anspruchsbegründende Tatsache bereits im Prozeß durch Vorlage des Wechsels zu beweisen (Jacobi, aaO 151; Stranz, Wechselgesetz14 220). Eine andere Beweisführung für den Besitz des Wechsels genügt nicht (Jacobi, aaO 151, Anm 2), weil der beklagte Wechselschuldner nur dadurch, daß der klagende Wechselgläubiger die Wechselurkunde im Original noch vor Schluß der Verhandlung erster Instanz dem Gericht vorlegt, Gewißheit über die Legitimation des Wechselklägers gemäß Art 16 Abs 1 Satz 1 WG bekommen kann und damit in die Lage versetzt wird, rechtzeitig die daraus notwendig erscheinenden Konsequenzen zu ziehen (zB Anerkennung des Anspruches, Fallenlassen der Einwendung des Legitimationsmangels etc). Ließe man hingegen auch andere Beweise zur Legitimationsfrage zu, wäre der beklagte Wechselschuldner gezwungen, sich wegen der ungewissen Legitimation des Klägers in einen Rechtsstreit einzulassen, in dem er erst durch die für ihn nicht vorhersehrbaren Ergebnisse der Beweiswürdigung und die daraus folgenden Tatsachenfeststellungen des Prozeßgerichtes Antwort auf diese Frage bekäme; wegen der für ihn damit verbundenen Risken und Nachteile ist es für den beklagten Wechselschuldner unzumutbar, sich in einen Rechtsstreit mit einem nicht durch Vorlage der Wechselurkunde im Original legitimierten Wechselkläger einzulassen. Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen die Wechselklage abgewiesen. Die Vorlage der Wechselurkunde im Original mit der Revision verstößt gegen das Neuerungsverbot.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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