Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die angefochtene einstweilige Verfügung wird dahin abgeändert, daß der den Sicherungsantrag abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 28.370,35 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 3.797,25 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Beide Parteien betreiben in Linz sogenannte "Schlankheitsinstitute", in denen sie den Kunden Dienstleistungen zur Gewichtsabnahme anbieten.
Nachdem die Beklagte im September 1988 in Zeitungsinseraten ihre eigenen Preise für Therapien mit 30 und 45 Besuchen - 12.000 S und 18.000 S - jenen der Klägerin - 15.980 S und
21.600 S - gegenübergestellt hatte, kündigte die Klägerin in einem Inserat der Wochenzeitung "korrekt-Linzer-Rundschau" (Nr. 44, Woche von 3.-9. November 1988) unter der fettgedruckten Überschrift "Weihnachten ohne Figurprobleme mit Figurella kein Problem" sowie ua mit dem Slogan "Schenken auch Sie sich noch bis Weihnachten eine schlanke Figur" ihre Gesamtpreise für 15, 30 und 45 Therapien mit
5.550 S, 11.100 S und 16.650 S an.
Die Beklagte ließ daraufhin in der Beilage "Kleinanzeige" der Wochenzeitung "korrekt-Linzer-Rundschau" (Nr. 45, Woche von 10.-16. November 1988) folgendes Inserat erscheinen:
Abbildung nicht darstellbar!
Mit der Behauptung, die Beklagte habe mit dieser Werbeeinschaltung gegen § 2 UWG verstoßen, weil sie mit ihr entweder den unrichtigen Eindruck erweckt habe, es handle sich auch bei den angegebenen Preisen der Klägerin um solche, die im Zuge einer Weihnachtsaktion vorübergehend herabgesetzt worden seien, oder weil in unzulässiger Weise ein nur für einen begrenzten Zeitraum herabgesetzter Preis der Beklagten dem Normalpreis der Klägerin gegenübergestellt und hiedurch der unrichtige Eindruck erweckt worden sei, deren Preisniveau sei generell höher als jenes der Beklagten, beantragt die Klägerin zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Beklagten geboten werde, ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf ihre eigenen Dienstleistungen und jene der Klägerin bezogene Preisvergleiche zu unterlassen, wenn hiebei das von der Klägerin verlangte Entgelt mit dem Normalpreis, das von der Beklagten verlangte Entgelt mit dem im Zuge einer "Weihnachtsaktion" oder nur für einen begrenzten Zeitraum verlangten Sonderpreis angegeben wird. Die Beklagte habe ihre eigenen, nur vorübergehend herabgesetzten Preise durchwegs mit den Normalpreisen der Klägerin verglichen, dabei aber durch den ohne jegliche Unterscheidung beigesetzten Vermerk "Gültig bis 31. 12. 1988" den unrichtigen Eindruck erweckt, auch die verglichenen Preise der Klägerin seien im Zuge einer Weihnachtsaktion herabgesetzt.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die Klägerin habe sich in ihrem Inserat vom 3. November 1988 selbst auf das bevorstehende Weihnachtsfest bezogen und dadurch den Eindruck erweckt, ihre plötzlich herabgesetzten Preise stünden im Zusammenhang mit Weihnachten. Die Preise der Klägerin seien bisher stets über dem Preisniveau der Beklagten gelegen; daran habe sich auch durch die überraschende Preisherabsetzung der Klägerin um bis zu 40 % Anfang November 1988 nichts geändert. Die Beklagte verlange zumindest derzeit (und noch bis 31. Dezember 1988) tatsächlich niedrigere Preise als die Klägerin. Eine Irreführung der Kunden sei durch den Hinweis auf die Befristung ihrer Preise bis 31. Dezember 1988 ausgeschlossen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen, unstrittigen Sachverhalt vertrat es die Rechtsansicht, daß preisvergleichende Werbung seit der UWG-Novelle 1988 grundsätzlich zulässig sei. Die Gegenüberstellung zweier unbestrittenermaßen richtiger Preistabellen sei weder irreführend noch sittenwidrig. Die Kunden von Schlankheitsinstituten interessierten sich für einen Preisvergleich zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich dann, wenn sie abnehmen wollten; dabei werde es ihnen sicherlich egal sein, wie die einander gegenübergestellten - richtigen - Preise zustande gekommen sind. Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Ausgehend vom Bericht des Handelsausschusses zur UWG-Novelle 1988 (693 BlgNR
17. GP, abgedruckt bei Schönherr-Wiltschek,
Wettbewerbsrecht5 - Ergänzungsheft 1988, Anm 16 b zu § 2 UWG) hielt das Gericht zweiter Instanz den Preisvergleich der Beklagten deshalb für unzulässig, weil er nicht im ordentlichen Geschäftsverkehr vorgenommen worden sei; die Beklagte habe nämlich ihre eigenen Aktionspreise jeweils den Normalpreisen der Klägerin gegenübergestellt und damit gegen § 2 UWG verstoßen. Dem Inserat der Beklagten sei keineswegs eindeutig zu entnehmen, daß sich der Hinweis "Gültig bis 31. 12. 1988" nur auf ihre eigenen Preise beziehe. Das Publikum werde daher auch insofern irregeführt, als es sehr wohl den Eindruck gewinnen könne, auch die Preise der Klägerin seien nur bis 31. 12. 1988 gültig. Für die angesprochenen Verkehrskreise sei es aber durchaus von Interesse, ob es sich bei den verglichenen Preisen um verbilligte Aktionspreise oder um Normalpreise handelt, weil dies beispielsweise Rückschlüsse auf das Preisniveau der Konkurrenten im allgemeinen zulasse. Die Beklagte habe bei ihrer vergleichenden Werbung die erforderliche Aufklärung unterlassen und dem angesprochenen Publikum nicht alle wesentlichen Umstände mitgeteilt, die ein objektives Urteil über die Vorzüge ihrer eigenen Leistungen gegenüber denjenigen der Klägerin ermöglichten.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 528 Abs 2 iVm § 502 Abs 4 Z 1 ZPO) und im Ergebnis auch berechtigt. Zutreffend wendet sich die Beklagte gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß sie mit ihrer vergleichenden Preiswerbung schon deshalb gegen § 2 UWG verstoßen habe, weil ihr Vergleich wegen der Gegenüberstellung eigener Aktionspreise mit Normalpreisen der Klägerin "nicht im Rahmen des ordentlichen Geschäftsverkehrs vorgenommen worden" sei:
Gemäß dem Bericht des Handelsausschusses zur UWG-Novelle 1988 soll durch die neue Bestimmung des § 2 Abs 1 Satz 2 UWG die grundsätzliche Zulässigkeit vergleichender Preiswerbung normiert werden, sofern mit ihr nicht Elemente der Irreführung im Sinne des § 2 UWG oder der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 1 UWG verbunden sind. Damit ist klargestellt, daß eine reine Preisgegenüberstellung - entgegen der bisherigen Rechtsprechung, die darin bereits einen gegen § 1 UWG verstoßenden, diskriminierenden Hinweis auf die Nachteile (Minderwertigkeit bzw "überhöhte Preise") des Angebotes eines oder mehrerer bestimmter, namentlich genannter oder doch deutlich erkennbarer Mitbewerber erblickt hatte, mochte dieser Hinweis auch den Tatsachen entsprechen (vgl die Rechtsprechungshinweise bei Gamerith, HWR 6/1988, 17 ff; aus jüngster Zeit auch noch MR 1/1986, 29 ua) - seit 30. Juli 1988 jedenfalls zulässig ist. Im Hinweis auf den höheren Preis eines Konkurrenten allein kann daher jetzt noch nicht der für die Unlauterkeit maßgebliche Minderwertigkeitshinweis in bezug auf ein fremdes Angebot erblickt werden; die in der bloßen Nennung höherer Preise eines Mitbewerbers liegende Herabsetzung von dessen Angebot ist vielmehr hinzunehmen (Karsch in MR 1988, 116; ebenso Karre-Abermann in HWR 6/1988, 47). Durch die UWG-Novelle 1988 ist aber insofern keine Änderung der Rechtslage eingetreten, als die vergleichende Preiswerbung auch weiterhin keine Elemente der Irreführung im Sinne des § 2 Abs 1 Satz 1 UWG enthalten darf. Zur Irreführung wäre ein Preisvergleich insbesondere dann geeignet, wenn mit ihm nur vorgetäuscht wird, es werde Vergleichbares verglichen. Als Beispiele einer solchen Irreführung nennt der Bericht des Handelsausschusses neben Lockvogelangeboten und unterschiedlichen Vertriebsformen auch in bezug auf die verglichene Ware unangemessen kurzfristige Angebote sowie einen Vergleich, der nicht im "ordentlichen Geschäftsverkehr" vorgenommen wird.
Ob in der Gegenüberstellung eigener, im Rahmen einer saisonalen Aktion befristet herabgesetzter Preise mit "Normalpreisen" eines Mitbewerbers für sich allein bereits ein Irreführungselement liegt, das entgegen § 2 Abs 1 Satz 1 UWG vortäuscht, es werde Vergleichbares verglichen (siehe dazu Karre-Abermann aaO 49 und F. Prunbauer in RdW 1989, 20), kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Hier hat nämlich die Beklagte ihren eigenen Sonderpreis für eine "Weihnachtsaktion" mit beschränkter Geltungsdauer mit den erst kurz zuvor gleichfalls unter Hinweis auf "Weihnachten" herabgesetzten Preisen der Klägerin verglichen. Auch wenn also der eigene Preis der Beklagten kein Normalpreis, sondern ein im Rahmen einer saisonalen Aktion befristet herabgesetzter Sonderpreis war, so war doch die beanstandete Preisgegenüberstellung schon deshalb nicht zur Irreführung der angesprochenen Interessenten geeignet, weil auch der Vergleichspreis des Mitbewerbers erst wenige Tage vorher unter deutlicher Bezugnahme auf dieselben, jahreszeitlich bedingten Gründe gesenkt worden war. Unter diesen Umständen kann aber nicht mit Grund gesagt werden, daß die Beklagte ihrem Preisvergleich verschiedenartige, in Wahrheit nicht vergleichbare Preise zugrunde gelegt hätte.
Ob die Beklagte durch die Art ihrer Werbeankündigung allenfalls den irrigen Eindruck erweckt hat, bei den von ihr genannten Preisen der Klägerin handle es sich gleichfalls um Sonderpreise, die nur bis 31. Dezember 1988 gültig seien, kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil die Klägerin zwar in ihrem Sachvorbringen der Beklagten eine derartige Täuschungshandlung zum Vorwurf gemacht, ihr Sicherungsbegehren dann aber ausdrücklich auf das Verbot des Vergleiches von Sonderpreisen der Beklagten mit Normalpreisen der Klägerin beschränkt hat.
Aus allen diesen Gründen war daher mangels eines Verstoßes der Beklagten gegen § 2 UWG der abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 402 Abs 2, § 78 EO und §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO.
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