Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.125,80 (darin enthalten S 1.854,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die im Jahr 1948 als OHG gegründete Klägerin hatte ursprünglich Vorhangstoffe hergestellt. Ende der 60er Jahre begann sie mit der Erzeugung von Textildrucken im alpenländischen Stil. Seit den Jahren 1970 bis 1975 stellt die Klägerin unverändert Textilien, wie Trachtendecken, Tischläufer, Schürzen, Gläseruntersetzer, Servietten, Topflappen, Grillhandschuhe udgl (Beilagen I bis X), nach Mustern der Malerin Gretl K*** her. Für ihre Entwürfe verwendete Gretl K*** Standardmotive des alpenländischen Stils, wie das sogenannte "Trachtenpärchen", das "Herzmotiv" und Tierfiguren; den Trachtenfiguren gab sie mit großen runden Gesichtern das für ihre Arbeiten charakteristische kindliche Aussehen. Sie verwendete klare Farben wie Rot, Blau, Grün und Gelb. Zum Farbaufbau der Muster benützte sie jeweils eine Grundfarbe und kombinierte sie mit einer zweiten Farbe; die anderen Farben treten dagegen in den Hintergrund. Dadurch wirken die Muster zwar farbkräftig, aber nicht bunt und nicht aufdringlich. Besonderen Wert legte Gretl K*** auf die Blumenumrandungen. Diese Art der Textildrucke war bei der Einführung durch die Klägerin neu auf dem Markt. Die Klägerin vertreibt etwa 250 verschiedene Artikel mit den Motiven Gretl K***. Sie liefert diese Artikel in insgesamt 54 Staaten; Hauptabsatzgebiet ist der alpenländische Raum. Der Gesamtumsatz der Klägerin betrug im Jahr 1985 ca 50 Millionen S. Kunden bezeichnen die Trachtenpärchen auf den Textilien der Klägerin auch als "K***-Manderl". Die Klägerin versieht ihre Produkte mit dem Kennzeichen "K***" (ursprünglich mit einem Aufkleber, jetzt mit einem Anhängeetikett).
Die im Jahre 1947 gegründete Beklagte mit dem Sitz in Galliate/Italien erzeugte ursprünglich Jacqard-Gewebe (Mustergewebe) mit folkloristischen Motiven. Sie begann in den Jahren 1973 oder 1974 ebenfalls mit der Erzeugung und dem Verkauf von bedruckten Textilien, die sie seit dem Beginn der 80iger Jahre auch in Österreich verkauft. Im Jahr 1984 stellte die Beklagte diese Artikel bei der Textilmesse "Tex-Bo" in Salzburg aus. Mit der Umarbeitung der Webmuster in Druckmuster beauftragte die Beklagte den Textildesigner Fulvio D***; dieser verwendete bei seiner Arbeit die Muster der Klägerin als Vorbild.
Die Beklagte erzeugt und vertreibt gleichartige Drucktextilien wie die Klägerin (Beilagen I bis X), die in der Größe, der Gestaltung, dem Farbaufbau, der Anordnung der Muster sowie der Gestaltung der Umrandungen und Bordüren den Textilien der Klägerin nahezu gleichen. Unterschiede bestehen nur in Details: So wirken die Figuren auf den Artikeln der Beklagten beweglicher; die Gesichter der Trachtenprächen sind nicht kindlich dargestellt. Aber auch in der Qualität der Produkte besteht ein Unterschied: Die Klägerin verwendet hochwertige Grundware, wogegen sich die Produkte der Beklagten infolge des von ihr angewandten Pigmentdruckverfahrens steifer anfühlen. Diese Unterschiede fallen jedoch nur beim direkten Vergleich auf. Lediglich die Grillhandschuhe der Streitteile (Beilage X) unterscheiden sich voneinander wesentlich. Im einzelnen bestehen folgende Übereinstimmungen bzw Unterschiede bei den einzelnen Produkten:
Die Tischdecken der Streitteile (Beilage I) sind im Musteraufbau völlig identisch. Das Mittelstück ist jeweils in der Grundfarbe Rot gehalten; darauf sind abwechselnd weiße und gelbe Blümchen aufgedruckt. Die Blütenblätter sind jeweils sechsblättrig und abgerundet; in der Mitte der Blüten befindet sich ein blauer Punkt. Der Rand beider Tischdecken besteht aus einer breiten Bordüre, die ebenfalls fast identisch aufgebaut ist. Die Bordüren beider Tischdecken weisen einen breiten weißen Mittelteil auf, auf dem die Trachtenpärchen aufgedruckt sind; dazwischen befindet sich jeweils das "Herz-Motiv". Die Umrandung oberhalb und unterhalb der Trachtenpärchen ist in beiden Fällen durch blaue Linien und durch dazwischenliegende gelbe Druckmuster auf roter Grundfarbe ausgeführt. Ein Unterschied liegt darin, daß die Klägerin zwischen den blauen Linien oberhalb und unterhalb des Trachtenpärchens vier gelbe, rhombenartig angeordnete Punkte verwendet, die Beklagte hingegen drei gelbe Blütenblätter, die unten spitz zusammenlaufen. Der Bortenrand beider Tischdecken weist sechsblättrige Blüten mit blauem Mittelpunkt auf roter Grundfarbe auf. Die Blätter auf der Tischdecke der Beklagten sehen nur größer aus; sie sind schwarz umrandet und weisen einen größeren Abstand voneinander auf. Die vorstehenden Übereinstimmungen treffen auch auf die Tischläufer (Beilagen II und III) und die ovalen Tischdeckchen (Beilage IV) zu.
Die Trägerschürzen der Streitteile (Beilage V) weisen eine auffällige Übereinstimmung in der Anordnung der Bordüren und der Taschen auf. Die Grundfarbe beider Schürzen ist blau, die Umrandungen sind jeweils rot. Die Blumenmuster auf der blauen Grundfarbe sind jeweils weiß, gelb und rot gehalten; auch die Zweiteilung der Taschen ist gleich. Ein Unterschied besteht nur in den verwendeten Motiven; er ändert jedoch nichts am übereinstimmenden Gesamteindruck.
Die Halbschürzen der Streitteile (Beilage VI) haben am unteren Rand einen aufgesetzten Stoffstreifen mit einer Bordüre mit Trachtenpärchen auf weißem Untergrund. Auch hier sind der obere und der untere Bordürenrand völlig gleichartig durch zwei rote Streifen, zwischen denen gelbe Motive auf grüner Grundfarbe aufgedruckt sind (die Klägerin verwendet dafür wieder 4 rhombenförmig angeordnete Punkte, die Beklagte 3 nach unten zusammenlaufende Blütenblätter), gestaltet. Auch die Tiefe der Taschen ist gleich. Als Muster auf dem Grundstoff dienen abwechselnd gelbe und weiße Blüten mit einem roten Mittelpunkt (Beklagte) bzw abwechselnd gelbe Blüten mit einem roten Kern und rote Tupfen (Klägerin). Der unter Blütenrand auf der Halbschürze der Beklagten entspricht der Blütenreihe am oberen Rand der Halbschürze der Klägerin. Unterschiede bei den Blüten bestehen nur durch die Einfassung und die Abstände. Die Farbtöne des Grundstoffes (jeweils grün) weichen voneinander etwas ab. Die in der Größe etwas voneinander abweichenden Gläseruntersetzer der Streitteile (Beilage VII) weisen jeweils eine symmetrisch dargestellte Trachtenfigur, die von Pflanzen umgeben wird, auf; links und rechts neben den Füßen der Trachtenfiguren befinden sich jeweils Blümchen. Die Farbgebung und die Mustergestaltung erwecken den Eindruck großer Ähnlichkeit. Die Servietten der Streitteile (Beilage VIII) entsprechen einander in den Details wie die Tischdecken und Tischläufer (Beilagen I bis III).
Die Topflappen der Streitteile (Beilage IX) entsprechen einander in Größe, Muster (Trachtenpärchen) und Farbgestaltung; nur die Muster auf den Rückseiten weichen voneinander ab: Die Klägerin verwendet auf der Rückseite ein Blütenmotiv, die Beklagte ein großes Herz, in dem ebenfalls Blüten enthalten sind.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, Textilerzeugnisse in Drucken im Alpenstil, die den Erzeugnissen der Klägerin ähnlich sind, anzubieten, nachzumachen, zu verkaufen und in Verkehr zu bringen, und zwar insbesondere die Erzeugnisse
a) Gläseruntersetzer "confezione folk" bestehend aus 1 Stück Flaschenuntersetzer "sottobottiglia" und 6 Stück Gläseruntersetzer "sotobicchieri", welche den Produkten der klagenden Partei, nämlich Flaschen- und Gläseruntersetzer mit dem Durchmesser von 10 cm und der Art.Nr. 1901 und 1902, entsprechen;
b) Servietten 30 x 30 cm (n.12 tovaglioli-folk), welche den Produkten der klagenden Partei, nämlich Trachtenservietten mit der Art.Nr. 1008, entsprechen;
c) ovaler Läufer (Set) 50 x 30 cm n.12 centrotavolo-folk, welche den Produkten der klagenden Partei, nämlich Tischset, Trachtenartikel mit der Art.Nr. 1019, entsprechen;
d) Tischläufer 80 x 40 cm "centrotavolo-folk", welche den Produkten der klagenden Partei, nämlich Tischläufer mit der Art.Nr. 1018, entsprechen;
e) Tischdecken 120 x 160 cm "tovagloia stampata-folk", welche den Artikeln der klagenden Partei, nämlich Tischdecke 130 x 160 cm mit der Art.Nr. 1044, entsprechen;
f) Halbschürzen "folk grembiule a vita - dis tirolo", welche den Artikeln der klagenden Partei, nämlich Trachtenhalbschürzen mit der Art.Nr. 3001, entsprechen;
g) Trägerschürzen - wie oben -, welche den Artikeln der klagenden Partei, nämlich Borten-Trägerschürze mit der Art.Nr. 3032, entsprechen;
h) n.6. "guanti piccolo" - kleiner Grillhandschuh "folk", welcher den Artikeln der klagenden Partei, nämlich Trachtengrillhandschuh mit der Art.Nr. 5230, entspricht;
i) "guanti grandi" - folk-Grillhandschuh lang, welcher den Artikeln der klagenden Partei, nämlich Trachtengrillhandschuh mit der Art.Nr. 5272, entspricht; und
j) "presine-folk" Topflappen, welche den Produkten der klagenden Partei, nämlich Trachtentopflappen dunkel mit der Art.Nr. 5224, entsprechen.
Um ein weiteres, ursprünglich geltend gemachtes Schadenersatzbegehren hat die Klägerin ihren Urteilsantrag eingeschränkt (ON 52 S 211).
Die Klägerin sei das führende Unternehmen im deutschsprachigen Raum auf dem Gebiet der Drucktextilien im alpenländischen Stil. Ihre auf Künstlerentwürfe zurückgehenden Muster und Designs seien charakteristisch für ihre Textilerzeugnisse und hätten im gesamten deutschsprachigen Raum Verkehrsgeltung erlangt; sie wiesen zumindest aber eine solche Eigenart auf, die geeignet sei, Vorstellungen der Herkunft aus einem bestimmten Betrieb zu erwecken. Sämtliche Produkte der Klägerin seien 1975 musterrechtlich geschützt worden. Die Beklagte erzeuge und vertreibe ebenfalls im deutschsprachigen Raum, so auch in Österreich, die im Urteilsantrag angeführten Produkte; diese seien den Erzeugnissen der Klägerin ohne zwingenden Grund im Muster und in der Farbgebung derart ähnlich, daß die Gefahr von Verwechslungen bestehe. Die Beklagte verwende sämtliche charakteristischen Elemente der Produkte der Klägerin bis in alle Einzelheiten. Dabei handle es sich nicht um die allgemein üblichen Trachtenmotive schlechthin; die Muster der Klägerin seien vielmehr als Vorlage verwendet worden. Tatsächlich sei es auch schon zu Verwechslungen gekommen. Das von der Beklagten beim Druck verwendete Pigmentfarbstoffverfahren sei dem von der Klägerin verwendeten Reaktivdruckverfahren unterlegen, weil die Naßreibeechtheit der Produkte der Beklagten schlechter sei. Die Beklagte verstoße daher gegen § 1 und § 9 UWG.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Den Mustern der Klägerin komme weder Unterscheidungskraft noch Verkehrsgeltung zu. Die einzige Gemeinsamkeit liege in der Verwendung der - im gesamten mitteleuropäischen Raum üblichen - Elemente des folkloristischen alpenländischen Stils. Die Beklagte vertreibe derartige Produkte schon länger als die Klägerin. Ihrem Designer Vulvio D*** hätten Produkte der Klägerin keinesfalls als Vorlage gedient. Das Erstgericht wies die Klage zurück, "soweit sich das Unterlassungsbegehren geographisch nicht auf das Bundesgebiet der Republik Österreich, sondern auf das Ausland bezieht". Im übrigen erkannte das Erstgericht die Beklagte schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im Bundesgebiet der Republik Österreich folgende Textilerzeugnisse, die den - jeweils in Klammer
angeführten - Produkten der Klägerin entsprechen, anzubieten, zu verkaufen und in Verkehr zu bringen:
a) Gläseruntersetzer und Flaschenuntersetzer "confezione folk - sottobottiglia - sotobicchieri" (Flaschen- und Gläseruntersetzer mit Artikel-Nr. 1901 und 1902);
b) Servietten "n.12 tovaglioli folk" 30 x 30 cm (Trachtenservietten mit Artikel-Nr. 1008);
c) Tischläufer oval und rechteckig "n.12 centrotavolo-folk", 50 x 30 cm (Trachtenläufer mit Artikel-Nr. 1019);
d) Tischläufer "centrotavolo-folk" 80 x40 cm (Tischläufer mit Artikel-Nr. 1018);
e) Tischdecke "tovaglia stampata-folk" 120 x160 cm (Trachtendecke mit Artikel-Nr. 1036);
f) Halbschürze "folk grembiule a vita des. tirolo" (Trachtenhalbschürze mit Artikel-Nr. 3001);
- g) Trägerschürze (Bortenträgerschürze mit (Artikel-Nr. 3032);
- h) Topflappen "presine folk" (Trachtentopflappen dunkel mit Artikel-Nr. 5224).
Das Mehrbegehren, die Beklagte sei weiters schuldig, es zu unterlassen, allgemein Textildruckerzeugnisse im Alpenstil, die den Erzeugnissen der Klägerin ähnlich sind, insbesondere die Produkte kleiner Grillhandschuh "folk guanti piccoli" und Grillhandschuh lang "guanti grandi", in Österreich anzubieten, nachzuahmen, zu verkaufen und in den Verkehr zu bringen, sowie das Begehren, die Nachahmung der oben zu a) bis h) genannten Artikel in Österreich zu unterlassen, wies es hingegen ab.
Das Erstgericht verneinte in rechtlicher Hinsicht die inländische Gerichtsbarkeit, soweit ein über die Auswirkungen auf den österreichischen Markt hinausgehender Rechtsschutz in Anspruch genommen werde; in diesem Umfang sei daher die Klage zurückzuweisen gewesen. Soweit sich aber die Wettbewerbshandlungen der Beklagten auf den österreichischen Markt ausgewirkt hätten, seien die Prozeßvoraussetzungen gegeben. Wegen der Auswirkungen des Wettbewerbs der Beklagten auf den österreichischen Markt sei gemäß § 48 IPRG österreichisches Recht anzuwenden.
§ 9 UWG komme nicht zum Tragen, weil die Klägerin den Beweis der Verkehrsgeltung nicht angetreten habe. Der Beklagten sei aber in Ansehung der zu lit a bis h genannten Artikel ein Verstoß gegen
§ 1 UWG vorzuwerfen, weil sie - trotz Zumutbarkeit einer andersartigen Gestaltung - die Erzeugnisse der Klägerin bewußt nachgeahmt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen mit den Produkten der Klägerin hervorgerufen habe. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Produkte der Klägerin schon vor längerer Zeit kennengelernt. Er hätte leicht feststellen können, daß die Produkte der Streitteile einander zum Verwechseln ähnlich seien; zumindest aber seit Prozeßbeginn habe ihm klar sein müssen, daß die Waren der Beklagten wettbewerbswidrig hergestellt worden seien. Lediglich die vorgelegten Grillhandschuhe der Streitteile wichen in ausreichendem Ausmaß voneinander ab; kleine Grillhandschuhe seien gar nicht vorgelegt worden. Soweit sich das Unterlassungsbegehren auf alle Drucktextilien im alpenländischen Stil beziehe, sei es zu unbestimmt. Auch wegen des Nachahmens allein sei eine Verurteilung nicht möglich, weil die Produktionsstätte der Beklagten in Italien liege.
Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, billigte dessen Ansicht, daß der in Österreich verfolgbare Unterlassungsanspruch gemäß § 48 Abs. 2 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen sei, und führte zum Unterlassungsanspruch rechtlich folgendes aus:
Für die Frage, ob eine sittenwidrige Nachahmung vorliege, sei entscheidend, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, daß damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und daß eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre; alle diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Der von der Beklagten beauftragte Designer habe die Produkte der Klägerin als Vorbild verwendet; daher liege eine bewußte Nachahmung vor. Auf die Absicht der Beklagten selbst komme es dabei nicht an; die Beklagte habe für die bewußte Nachahmung durch den von ihr beauftragten Designer gemäß § 18 UWG einzustehen. Die Verwechslungsgefahr sei zu bejahen, wenn der Gegenstand der Nachahmung eine gewisse Verkehrsbekanntheit erlangt habe, also Umstände vorlägen, die geeignet seien, eine Herkunftsvorstellung auszulösen; dafür genüge schon die wettbewerbliche Eigenart einer im Verkehr bekannt gewordenen Ware. Da die Klägerin Waren dieser Art seit etwa 1970 in unveränderter Art erzeuge und vertreibe und mit ihren Produkten auf dem Markt bekannt geworden sei, sei die Verkehrsbekanntheit ihrer Produkte anzunehmen. Wegen der festgestellten Übereinstimmungen im Gesamteindruck sei trotz vorhandener Unterschiede in den Details auch die Verwechslungsgefahr gegeben, weil durchschnittliche Kaufinteressenten in der Regel nicht Produkte beider Streitteile unmittelbar miteinander vergleichen und die - oft nur von Fachkundigen erkennbaren - Qualitätsunterschiede feststellen könnten. Die Ähnlichkeit der Produkte der Streitteile erfasse nicht nur die technische Gestaltung der Produkte, sondern auch den ästhetischen Bereich. Habe ein Wettbewerber ein Erzeugnis des Kunstgewerbes von ästhetischer Eigenart mit großem Erfolg auf den Markt gebracht und dafür eine beachtliche Nachfrage hervorgerufen, dann sei es wettbewerbswidrig, sich identisch oder doch nahezu übereinstimmend an herkunftskennzeichnende Gestaltungsmerkmale anzulehnen, obwohl ein ausreichender Spielraum für Gestaltungen verbleibe, die einen größeren Abstand hielten. Der Beklagten könne zwar nicht schlechthin verboten werden, Produkte im alpenländischen Stil zu erzeugen und zu vertreiben; sie müsse aber ihre Waren so gestalten, daß zu den Erzeugnissen der Klägerin ein deutlicherer Abstand bestehe. Das treffe jedoch auf ihre Produkte nicht zu. Schon eine etwas andersartige Zusammenstellung der Farben und der Muster oder die Verwendung unterschiedlich großer Figuren würden die Unterschiede erkennen lassen; auch die Blumenumrandungen, die die Beklagte im wesentlichen übernommen habe, könnten viel unterschiedlicher sein.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern; hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Ausführungen der Beklagten zur Zulässigkeit der Revision sind im Hinblick auf den den Obersten Gerichtshof bindenden Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes (§ 500 Abs. 4 ZPO) unbeachtlich.
Bei den im Fehlen konkreter Feststellungen über die Unterschiede der Produkte der Streitteile erblickten Verfahrensmängeln handelt es sich in Wahrheit um sekundäre, dem Bereich der rechtlichen Beurteilung zugehörige Feststellungsmängel; diese sind jedoch nicht gegeben, weil das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung die wesentlichen, oben bereits wiedergegebenen Feststellungen getroffen hat. Es wurde auch nicht festgestellt, daß die Malerin Gretl K*** Blumenumrandungen bei Textilien erstmals geschaffen hätte, sondern nur, daß die festgestellte Art stilisierter Blütenränder von ihr stammt. Damit erweist sich aber auch der Vorwurf, Feststellungen seien entgegen gerichtsbekannten Tatsachen getroffen worden, als nicht stichhaltig.
Im Rahmen der Ausführungen in ihrer Rechtsrüge gesteht die Beklagte zu, daß die Produkte der Streitteile "in gewisser Weise ähnlich" seien; diese Ähnlichkeit sei aber nicht die Folge eines Wettbewerbsverstoßes, sondern sie sei dadurch begründet, daß die Streitteile lediglich allgemein übliche Elemente des alpenländischen Stils verwendeten. Es mangle daher nicht nur an der wettbewerblichen Eigenart der "nachgeahmten" Produkte, sondern auch an einer Verwechslungsgefahr. Im Hinblick auf die begrenzten Gestaltungsmöglichkeiten bei Artikeln im alpenländischen Stil sei der Beklagten kein größerer Abstand zu den Produkten der Klägerin zumutbar gewesen. Das Ausnützen eines fremden Arbeitsergebnisses sei nicht schlechthin wettbewerbswidrig. Die von den Vorinstanzen angenommenen Sittenwidrigkeitskriterien lägen nicht vor. Ein Sonderrechtsschutz stehe der Klägerin nicht zu. Die Gefahr von Verwechslungen sei schon deshalb ausgeschlossen, weil auf den Kennzeichnungsetiketten der Beklagten durch die Angaben "S.E.I.T."
und "Made in Italy" deutlich auf die Herkunft der Produkte aus dem Unternehmen der Beklagten hingewiesen worden sei. Für eine bewußte Nachahmung durch den freiberuflich tätigen Künstler Fulvio D*** müsse die Beklagte nicht einstehen. Diesen Ausführungen kann jedoch nicht beigepflichtet werden:
Zutreffend haben bereits die Vorinstanzen erkannt, daß der gegen die ausländische Beklagte gerichtete, wegen Nachahmens eines fremden Produktes erhobene Unterlassungsanspruch infolge des Vertriebes dieser Produkte in Österreich gemäß § 48 Abs. 2 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen ist.
Die Nachahmung eines fremden Produktes, das keinen Sonderrechtsschutz - einen Schutz nach dem MSchG oder dem UrhG hat die Klägerin nicht behauptet, der Schutz als Unternehmenskennzeichen kommt schon mangels Nachweises einer Verkehrsgeltung nicht in Frage - genießt, ist, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, an sich nicht wettbewerbswidrig. Ein Verstoß gegen § 1 UWG durch Nachahmen eines fremden Produktes ist im Sinne der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt. Das trifft insbesondere dort zu, wo der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß von dem nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen - vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl anderer Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht - angemessenen Abstand halten. Sittenwidrige Nachahmung setzt nicht in jedem Fall eine - bis an die Grenzen der unmittelbaren Leistungsübernahme reichende - Nachahmung in allen Einzelheiten (also eine sogenannte "sklavische Nachahmung") voraus:
Weder ist jede sklavische Nachahmung von vorneherein unzulässig, noch bedarf es einer sklavischen Nachahmung, um einen Verstoß gegen § 1 UWG annehmen zu können: Entscheidend ist vielmehr, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, daß damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und daß schließlich eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1981, 115; ÖBl 1981, 154; ÖBl 1982, 64;
ÖBl 1983, 70; ÖBl 1983, 134; ÖBl 1984, 95; ÖBl 1985, 24; ÖBl 1986, 43; ÖBl 1987, 156; ÖBl 1988, 10; ÖBl 1988, 41; MuR 1987, 221;
WBl 1988, 303). Hinsichtlich des nachgeahmten Produktes ist in diesen Fällen wettbewerbliche Eigenart und im Zusammenhang damit - zumindest in der Regel - eine gewisse Verkehrsbekanntheit erforderlich. Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, daß das Erzeugnis bestimmte Gestaltungen oder Merkmale aufweist, die geeignet sind, dem Verkehr die Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft zu ermöglichen. Die den Gegenstand der Nachahmung bildende Ware muß auch in Verkehr gesetzt und dadurch bekanntgeworden sein; dabei ist aber Verkehrsgeltung im Sinne des § 9 Abs. 3 UWG nicht erforderlich, weil es sonst keines Rückgriffes auf § 1 UWG bedürfte. Herkunftsvorstellungen können nur solche Merkmale hervorrufen, die im Verkehr bekannt sind; ohne die damit vorausgesetzten Identitätsvorstellungen des Publikums bezüglich des nachgeahmten Produktes können Verwechslungen nicht entstehen. Die bloße Eignung der Ware, Herkunftsvorstellungen zu erwecken, reicht daher nicht aus. Ist aber die Ware bereits auf dem Markt und im Verkehr als solche bekannt, dann liegt die erforderliche Verkehrsbekanntheit auch dann vor, wenn das Publikum die Ware nicht einem bestimmten Unternehmen zuordnet (ÖBl 1983, 134; ÖBl 1987, 156; ÖBl 1988, 10; ÖBl 1988, 41). Auch Massenwaren können aus wettbewerbsrechtlicher Sicht schutzfähig sein; dabei sind aber an die Verkehrsbekanntheit strengere Maßstäbe anzulegen, weil das Publikum bei ihnen meist nicht auf ihre betriebliche Herkunft achten wird (ÖBl 1981, 154; ÖBl 1986, 42).
Im vorliegenden Fall steht bewußtes Nachahmen der Produkte der Klägerin durch den Designer Fulvio D*** fest, welcher bei seiner Arbeit für die Beklagte die Produkte der Klägerin als Vorbild verwendet hatte; durch Zufall ließen sich solche Übereinstimmungen beim Farbaufbau, bei der Anordnung der Muster und bei der Gestaltung der Umrandungen und Bordüren auch nicht erklären. Auch der Umstand, daß der Gebrauchszweck der Textilien weitgehend auch deren äußere Form bestimmt, kann die auch in dieser Hinsicht nahezu völlige Übereinstimmung der Produkte der Streitteile nicht erklären. Für das bewußte Nachahmen der Produkte der Klägerin durch den von ihr bestellten Designer hat aber die Beklagte gemäß § 18 UWG einzustehen. Die Haftung des Inhabers eines Unternehmens wegen einer im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangenen unzulässigen Wettbewerbshandlung ist nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1980, 159; ÖBl 1983, 86; ÖBl 1983, 146 uva) weit auszulegen. Sie setzt zwar ein Handeln des Täters als Glied der Organisation des Unternehmens voraus. Der Handelnde muß jedoch nicht Arbeitnehmer oder Beauftrgter des Unternehmensinhabers sein; es genügt, daß er, wenngleich nur locker, in den Betrieb (sachlich gesehen) eingeordnet und für diesen dauernd oder vorübergehend irgendwie tätig ist (ÖBl 1983, 86; ÖBl 1983, 146). Der Unternehmer kann auf Unterlassung eines solchen Wettbewerbsverstoßes auch dann in Anspruch genommen werden, wenn er vom Verstoß der anderen Person nichts wußte. Das Einstehenmüssen für die Unterlassungsverpflichtung nach § 18 UWG ist eine reine Erfolgshaftung. Der Unternehmer muß nur auf Grund seiner Beziehungen zum Handelnden die Möglichkeit haben, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen (SZ 49/147; ÖBl 1985, 136). Im vorliegenden Fall hatte der Designer im Auftrag der Beklagten gehandelt. Daß er keinen Auftrag hatte, fremde Produkte nachzuahmen, ändert im Sinne der vorstehenden Ausführungen nichts an der Haftung der Beklagten, die als Auftraggeberin des Designers auch auf ihn hätte Einfluß nehmen können.
Auch die Verkehrsbekanntheit der Produkte der Klägerin steht im vorliegenden Fall fest. Die Artikel der Klägerin werden unverändert seit den Jahren 1970 bis 1975 erzeugt und verkauft; darüber hinaus hat die Klägerin ihre Waren durch Aufkleber und Anhängeetiketten, die den Namen "K***" tragen, gekennzeichnet. Aber auch die - durchaus wettbewerblich eigenartigen - besonderen Gestaltungselemente, nämlich der Farbaufbau, die Anordnung der Muster und die Gestaltung der Umrandungen und Bordüren, konnten ungeachtet der Verwendung auch allgemein üblicher Elemente des alpenländischen Stils, wie des Trachtenpärchens, des Herzmotivs, von Tierabbildungen oder Blumenmustern, Herkunftsvorstellungen auslösen, bleibt doch auch bei Produkten der vorliegenden Art in Ansehung der Farbgestaltung, der Anordnung der Muster, der Bordüren und der Umrandungen eine Fülle andersartiger Gestaltungsmöglichkeiten. Die festgestellten Übereinstimmungen der Produkte der Streitteile begründen trotz mancher Unterschiede im Detail auch die Verwechslungsgefahr; eine zergliedernde Betrachtungsweise, wie sie die Beklagte in der Revision vornimmt, ist bei dieser Beurteilung nicht zulässig. Das Publikum konnte aber durchaus der Meinung sein, bei den beanstandeten, in den wesentlichen Grundzügen mit den Erzeugnissen der Klägerin völlig übereinstimmenden und nur in Einzelheiten davon abweichenden Gebrauchstextilien handle es sich gleichfalls um Produkte der Klägerin (vgl dazu ÖBl 1986, 43). Bei der im ästhetischen Bereich stets gegebenen Fülle andersartiger Gestaltungsmöglichkeiten wäre der Beklagten aber auch ein größerer Abstand zu den Produkten der Klägerin durchaus zumutbar gewesen. Die Beklagte hat daher nicht bloß allgemein übliche Elemente des alpenländischen Stils verwendet; vielmehr macht das bewußte Ausnützen der wettbewerblich eigenartigen Gestaltungselemente der Produkte der Klägerin diese Handlungsweise im vorliegenden Fall sittenwidrig.
Das Vorbringen in der Revision über die "Herkunftsangaben" in den Einnähetiketten der Produkte der Beklagten ist eine unbeachtliche Neuerung. Davon abgesehen, könnte aber auch eine solche Kennzeichnung auf den - in erster Linie die Produktdeklaration (Baumwolle) und die Pflegeanleitung enthaltenden - Einnähetiketten im vorliegenden Fall an der Verwechslungsgefahr nichts ändern (vgl dazu ÖBl 1975, 110; ÖBl 1982, 64); ganz abgesehen davon nämlich, daß weder die Buchstaben "S.E.I.T." noch die weitere Bezeichnung "Made in Italy" einen deutlichen Hinweis auf die Firma der Beklagten vermitteln, fallen derartige Pflegeanleitungen beim flüchtigen Betrachten der Produkte kaum auf.
Aus allen diesen Gründen war der Revision daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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