OGH 14Os65/89

OGH14Os65/8928.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Lachner, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Klaus W*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 10. April 1989, GZ 24 Vr 3.256/88-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Grogger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt 3 des Urteilssatzes, demgemäß auch im Strafausspruch (ausgenommen den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Klaus W*** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 17. November 1988 in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, einen Angestellten der T*** H*** UND G*** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Behauptung, er verfüge über namhafte Geldbeträge auf Innsbrucker Banken, über die er nur momentan nicht verfügen könne, weil er Devisenausländer sei, zur Ausfolgung eines Bargeldbetrages von 50.000 Schweizer Franken zu verleiten versucht, die das genannte Kreditinstitut um diesen Betrag am Vermögen schädigen sollte, er habe auch hiedurch das Verbrechen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches laut den Punkten 1 und 2 des Urteilssatzes weiterhin zur Last liegende Verbrechen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB wird Klaus W*** nach § 147 Abs. 3 StGB zu 1 (einem) Jahr Freiheitsstrafe verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Klaus W*** wurde des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Bankangestellte durch Täuschung über seine (Rück-)Zahlungsfähigkeit und seinen (Rück-)Zahlungswillen zu Handlungen zu verleiten versucht, wodurch am Vermögen der Kreditinstitute ein insgesamt 500.000 S übersteigender Schaden herbeigeführt werden sollte, und zwar:

1. am 11. November 1988 in Kufstein den Angestellten der dortigen R*** Reinhard K*** zur Auszahlung von 300.000 S;

2. am 17. November 1988 in Innsbruck den Angestellten des Ö*** C*** Klaus P*** zur Auszahlung von

700.000 DM in Form eines Schecks und

3. am 17. November 1988 in Innsbruck den Angestellten der T*** H*** UND G*** Gerhard B*** zur Auszahlung

von 50.000 sfr.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen suchte der Angeklagte, der über kein nennenswertes Vermögen verfügte, den Banken unter Auftreten als vermögender Geschäftsmann Zahlungen herauszulocken, die er nicht zurückzuerstatten gedachte. Zur Verwirklichung dieses Vorhabens behauptete er am 10. November 1988 bei einer Vorsprache in der R*** Kufstein, bei einer Bank in Wien über ein Guthaben von mehreren Millionen Schilling zu verfügen, welches er nach Kufstein transferieren wolle, und erkundigte sich über die hiefür zu erwartenden Zinsen. Am folgenden Tag versuchte der Angeklagte neuerlich beim (selben) Angestellten der R*** Kufstein Reinhard K*** den Eindruck eines

vermögenden Geschäftsmannes zu erwecken und ersuchte um Auszahlung

eines Betrages von 300.000 S.

Gegenüber dem Schalterleiter Klaus P*** des Ö***

C*** in Innsbruck behauptete der Angeklagte am 17. November 1988, eine Überweisung von mehreren Millionen US-Dollar

auf sein Konto beim Ö*** C*** in Wien zu

erwarten. Zum Beweis hiefür zeigte er eine nur von ihm selbst unterfertigte und nicht mit dem Briefkopf einer Bank ausgestattete (maschingeschriebene) "Bestätigung" vor, in der unter dem Datum 30. Juni 1987 erklärt wird, daß er eine derartige Überweisung der "C*** A***" erwartet (S 51). Er ersuchte um sofortige Auszahlung eines "Vorschusses" in Höhe von 700.000 DM (auf US 4 versehentlich: 50.000 sfr) und nach Ablehnung dieses Ansinnens um Auszahlung des genannten Betrages unter Belastung seines angeblichen Sparkontos beim Ö*** C*** W***. Der Bankangestellte erklärte ihm allerdings, daß die Auszahlung erst nach Vorlage des Sparbuches möglich sei.

Am selben Tage behauptete der Angeklagte gegenüber dem Angestellten der T*** H*** UND G*** (H***-BANK)

Gerhard B***, daß er Devisenausländer sei und seine Fremdwährungskonten gesperrt worden seien, ersuchte um sofortige Auszahlung von 50.000 sfr und sicherte die Überweisung dieses Betrages von einer Schweizer Bank zur H***-BANK zu. In allen Fällen wurde seitens der Banken keine Auszahlung an den Angeklagten vorgenommen, weil die Bankangestellten erkannten, daß er keinerlei überprüfbare Sicherstellung für eine Auszahlung zu bieten hatte, und sie ihn überdies nicht vollkommen ernst nahmen, zumal er einen etwas heruntergekommenen und wirren Eindruck machte. Die gegen dieses Urteil vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5, 5 a, 9 lit. a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nur zum Teil begründet.

Unsubstantiiert ist der Einwand (Z 5), die Konstatierung eines auf die Herauslockung von Zahlungen abzielenden Vorhabens unter Auftreten als vermögender Geschäftsmann sei mangelhaft begründet; denn der Beschwerdeführer geht dabei auf die Argumentation des Schöffengerichtes, das sich insoweit auf die Aussagen der Zeugen Reinhard K***, Klaus P*** und Gerhard B*** sowie auf die Übereinstimmung der von diesen behaupteten Vorgangsweise des Angeklagten mit dem seiner früheren Verurteilung (ON 48) zugrundeliegenden Verhalten berief, überhaupt nicht ein. An sich zwar zutreffend bemängelt der Beschwerdeführer, daß an einer Stelle des Urteils (US 4) der von ihm in der Filiale des Ö*** C*** in Innsbruck angestrebte Vorschuß

"aktenwidrig" mit 50.000 sfr (statt richtig mit 700.000 DM) beziffert worden sei. Wie jedoch aus Punkt 2 des Urteilsspruches und der Bezugnahme auf die Angabe des Zeugen Klaus P*** an einer anderen Stelle der Urteilsbegründung (US 8) unter Anführung des richtigen Betrages eindeutig hervorgeht, beruht die beanstandete Abweichung auf einem berichtigungsfähigen (§ 270 Abs. 4 StPO) bloßen Versehen, das keine Nichtigkeit zu bewirken vermag.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen bestehen für den Obersten Gerichtshof - nach eingehender Prüfung des Vorbringens an Hand der in den Akten niedergelegten Verfahrensergebnisse - keine erheblichen Bedenken (Z 5 a).

Zu Feststellungen, ob der Angeklagte die Voraussetzungen strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) in Ansehung der Urteilsfakten 1 und 3 erfüllt hat, bestand - dem darauf abzielenden Beschwerdeeinwand (Z 9 lit. b) zuwider - kein Anlaß. Denn weder aus der Verantwortung des Angeklagten, der überhaupt bestritten hat, die Auszahlung von Geldbeträgen begehrt zu haben, noch aus den Zeugenaussagen der Bankangestellten Reinhard K*** und Gerhard B***, wonach das Ansinnen um Auszahlung vor Einlangen der in Aussicht gestellten Überweisungen abgelehnt wurde, ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, daß der Angeklagte von weiteren Ausführungshandlungen freiwillig, d.h. trotz der Vorstellung, eine seinem Tatplan entsprechende Vollendung der Tat sei noch möglich (Mayerhofer-Rieder StGB2 E 8 und 9 zu § 16), Abstand genommen hätte. Teilweise berechtigt ist jedoch der Einwand (Z 9 lit. a) absoluter Untauglichkeit des Versuchs (§ 15 Abs. 3 StGB). Voraussetzung dafür ist, daß die Verwirklichung des in Rede stehenden Deliktstypus nach der Art der unternommenen Handlungen unter keinen Umständen erwartet werden kann. Dabei ist auch die Komponente der Gefährlichkeit des angewendeten Mittels zu berücksichtigen und bei Prüfung der Eignung der Handlungsweise zur Herbeiführung des Deliktserfolgs begrenzt zu generalisieren. Absolute Unmöglichkeit liegt demnach erst vor, wenn der angestrebte Erfolg mit den Zzm Einsatz gebrachten Mitteln bei sachrichtiger Anwendung unter keinen Umständen erreicht werden konnte, der Täter bei einem Betrugsvorhaben also mit seinem "Täuschungsmittel" vor vornherein überhaupt keine Erfolgschancen hatte. Daß das Gelingen der Tat bloß zufolge gewisser Unzulänglichkeiten in der Planung und der Handlungsweise des Täters im konkreten Einzelfall scheiterte, ist hingegen unentscheidend (SSt. 48/14).

In den vorliegenden Fällen ist es daher zwar ohne Bedeutung, daß der Angeklagte schon nach seiner äußeren Erscheinung und seinem Auftreten von den Bankbeamten nicht ganz ernst genommen und demgemäß ihr Mißtrauen von allem Anfang an geweckt war. Eine weitergehende Abstrahierung vom tatsächlichen Geschehen und dem konkret angestrebten Erfolg ist jedoch - entgegen der rechtlichen Beurteilung des Schöffengerichtes, das dazu den an sich gewiß zutreffenden Satz aufgestellt hat, daß es "keineswegs generell ausgeschlossen ist, daß eine Bank infolge von Täuschungen im Vertrauen auf die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit eines angeblichen Geschäftsmannes Zahlungen leistet, ohne daß diese auch durch Guthaben gedeckt sind" (US 9) - unzulässig, weil damit jeder Bezug auf die zu beurteilende reale Tathandlung verloren ginge. Es ist daher danach zu fragen, ob einem (im Gegensatz zum Angeklagten) mit hoher Überzeugungskraft auftretenden Täter mit den hier zum Einsatz gelangten Täuschungsmitteln die Täuschung eines etwa unaufmerksamen, unerfahrenen, überlasteten, sonst abgelenkten oder gar nachlässigen Bankbeamten allenfalls doch hätte gelingen können. Dies ist beim Betrugsversuch zum Nachteil der H***-BANK (Urteilsfaktum 3) zu verneinen, denn es läßt sich auch unter solchen, für das Gelingen des Tatplanes günstigsten Umständen nach aller Erfahrung realistischerweise kein Fall vorstellen, daß ein Bankangestellter, an dessen Einsichtsfähigkeit nach seinem Beruf grundsätzlich höhere Maßstäbe anzulegen sind, sich durch die schlichte, durch keinerlei weitere Irreführungshandlungen unterstützte Behauptung, anderweitig über hohe Bankguthaben zu verfügen, von einem ihm völlig Unbekannten über dessen Vermögensverhältnisse täuschen und zur Auszahlung eines Geldbetrages der hier aktuellen Größenordnung verleiten ließe.

Dieser betrügerische Angriff des Angeklagten konnte daher unter keinen Umständen zum Erfolg führen, weshalb sein Verhalten insoweit straflos ist (§ 15 Abs. 3 StGB) und er vom bezüglichen Anklagevorwurf freizusprechen war.

Anders verhält es sich hingegen mit den beiden anderen Betrugsversuchen. In diesen Fällen hat der Angeklagte einerseits (Urteilsfaktum 1) durch sein wiederholtes Erscheinen unter Inaussichtstellung eines für die R*** Kufstein lukrativen Vermögenstransfers, der bereits einen manipulativen Niederschlag gezeitigt hatte (S 45-49, 125-141), doch schon eine gewisse Vertrauensbasis zu schaffen sowie einen Anreiz zu außergewöhnlichem Entgegenkommen der Bank zu wecken verstanden, und andererseits (Urteilsfaktum 2) durch eine schriftliche Erklärung, die immerhin nicht von vornherein ungeeignet erscheint, als Ankündigung einer entsprechenden Überweisung höherer Geldbeträge von dritter Seite mißdeutet zu werden, seinem Vorbringen mehr Gewicht zu geben versucht. Eine erfolgreiche Verwirklichung des Tatplanes unter fiktiv günstigsten Verhältnissen kann daher in diesen beiden Fällen nicht mehr als geradezu denkunmöglich beurteilt werden. Bei der durch den Teilfreispruch notwendig gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof die einschlägigen Vorstrafen (§ 39 StGB), die Wiederholung der Betrugsversuche und den angestrebten höheren Schaden als erschwerend; mildernd war hingegen, daß es in beiden Fällen beim Versuch geblieben ist. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß eine Vollendung der Tat jedenfalls schon bei Aufwendung geringer Vorsicht zu verhindern war (§ 32 Abs. 3 StGB), ist die im Gesetz angedrohte Mindeststrafe ausreichend.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft waren mit ihren Strafberufungen auf diese Strafentscheidung zu verweisen.

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