Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei und dem Nebenintervenienten auf der Seite der beklagten Partei die mit je 3.263,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten je 543,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 22.4.1986 verstorbene Karolina Anna B*** war Mieterin des Geschäftslokales top. Nr.3 in dem im Miteigentum der beiden Kläger stehenden Haus in Wien 19., Obkirchergasse 30; sie betrieb dort ein Lederwareneinzelhandelsgeschäft. Mit notariellem Leibrentenvertrag vom 29.12.1964 übertrug Karolina Anna B*** ihr Unternehmen "samt allem rechtlichen und physischen Zubehör" an den Nebenintervenienten. Dies teilte sie den Klägern am 12.1.1965 mit, welche jedoch eine Übertragung der Mietrechte ablehnten. Seit damals zahlte der Nebenintervenient auf Grund des Leibrentenvertrages die monatlichen Mietzinse direkt an die Kläger; dies geschahn auch noch nach dem Tod Karolina Anna B*** bis einschließlich November 1987. Ab Dezember 1987 verweigerten die Kläger die Annahme dieser Mietzinszahlungen des Nebenintervenienten mit der Begründung, daß er nicht ihr Vertragspartner sei. Seither wurden die Mietzinse von ihm zu 1 Nc 9/87 des Erstgerichtes jeweils monatlich zugunsten der Kläger gerichtlich hinterlegt.
Im Verlassenschaftsverfahren wurde der Nachlaß Karolina Anna B***, bestehend aus Aktiven von 22.832,31 S, mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7.7.1986, 1 A 223/86-9, dem Nebenintervenienten auf dessen Antrag auf Abschlag seiner Ersatzforderungen für Begräbnis-, Exhumierungs- und Nebenkosten in Höhe von 24.080 S an Zahlungs Statt überlassen.
In ihrer am 11.2.1988 beim Erstgericht eingelangten Klage erklären die beiden Kläger "gemäß § 1118 ABGB die Auflösung des Mietverhältnisses" gegenüber der beklagten Verlassenschaft. Wenn auch der "faktische Benützer des Geschäftslokals" - der Nebenintervenient - bis einschließlich November 1987 ein Benützungsentgelt gezahlt habe, so ändere dies nichts am Mietzinsrückstand der Beklagten, die seit dem Ableben Karolina Anna B*** keinen Mietzins mehr entrichtet habe. Die Kläger stellen das Begehren, die Beklagte sei schuldig, das Geschäftslokal top. Nr.3 im Haus Wien 19., Obkirchergasse 30, zu räumen und ihnen geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.
Die Beklagte und der auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenient halten dem die Unternehmensführung des letzteren im Bestandobjekt auf Grund des Leibrentenvertrages vom 29.12.1964 und seine Zinszahlungen bzw. den Gerichtserlag der Mietzinse entgegen. Die Zinszahlungen seien bis Oktober 1987 mit den von den Klägern zur Verfügung gestellten Zahlscheinen namens Karolina Anna B*** erfolgt. Ab Oktober 1987 seien die Mietzinse im Hinblick auf die Annahmeverweigerung der Kläger zu deren Gunsten namens der Beklagten gerichtlich hinterlegt worden. Im übrigen habe die verstorbene Hauptmieterin dem Nebenintervenienten auch mit Kodizill vom 8.3.1977 die Mietrechte an dem Geschäftslokal vermacht. Da es sich hiebei im wesentlichen um das einzige Vermögen Karolina Anna B*** gehandelt habe, liege darin eine Erbseinsetzung des Nebenintervenienten.
Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren der Kläger zur Gänze ab. Es stellte im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und zog daraus die rechtliche Schlußfolgerung, daß die Kläger die Annahme der Mietzinszahlungen des Nebenintervenienten zu Unrecht verweigert hätten, weil diese mit Zustimmung der Hauptmieterin erfolgt seien. Auch der Gerichtserlag der Mietzinse habe daher schuldbefreiende Wirkung gehabt, so daß ein als Auflösungsgrund geltend gemachter Mietzinsrückstand gemäß § 1118 ABGB nicht bestehe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Ausgehend von den unbekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes vertrat auch das Gericht zweiter Instanz die Rechtsansicht, daß die anläßlich des Unternehmenserwerbes vom Nebenintervenienten übernommene Verpflichtung zur Mietzinszahlung anstelle der Mieterin durch deren Tod nicht berührt worden sei. Gemäß § 1116 a ABGB werde ein Bestandvertrag durch den Tod des Mieters nicht aufgehoben; an dessen Stelle trete bis zur Einantwortung der ruhende Nachlaß. Da die Kläger nicht einmal behauptet hätten, daß der Nebenintervenient anläßlich der Zinszahlungen ihnen gegenüber eigene Mietrechte geltend gemacht habe, hätten sie diese Zahlungen gemäß § 1423 ABGB als solche für die Beklagte annehmen müssen. Auch dem Gerichtserlag komme daher schuldbefreiende Wirkung zu, so daß der geltend gemachte Auflösungsgrund des § 1118 ABGB nicht gegeben sei.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung. Die Beklagte und der Nebenintervenient stellen in ihren Revisionsbeantwortungen den Antrag, dem Rechtsmittel der Kläger nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Kläger wenden sich nicht mehr gegen die - den Urteilen der Vorinstanzen unausgesprochen zugrunde liegende - zutreffende Rechtsansicht, daß bei einer vor dem Inkrafttreten des MRG ohne Zustimmung des Vermieters erfolgten Unternehmensveräußerung - wie hier - ein gespaltenes Schuld-(Miet-)Verhältnis entstand (vgl. dazu Würth in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 1090; Fenyves in Korinek-Krejci, HdBzMRG 312 ff.), bei dem der bisherige Mieter der Geschäftsräumlichkeiten weiterhin Vertragspartner des Vermieters blieb, während die Rechte aus dem Mietvertrag der Ausübung nach auf den Dritten übergingen; ebensowenig dagegen, daß in einem solchen Fall insbesondere dann, wenn die Veräußerung - wie hier - den Vermietern angezeigt wurde, der Unternehmenserwerber mit seinen Mietzinszahlungen die Schuld des Mieters erfüllen will. Der Vermieter muß daher diese Mietzinszahlungen des Unternehmenserwerbers annehmen; sie können mit schuldbefreiender Wirkung hinterlegt werden, wenn sie der Vermieter zu Unrecht zurückweist (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1423; Schwimann-Mader, ABGB V §§ 1422 f Rz 4; MietSlg 16.178, 20.217, 23.212, 26.159, 33.173, 33.244 ua.). Die Rechtsmittelwerber vertreten jedoch die Auffassung, all dies könne dann nicht mehr gelten, wenn nach dem Tod des Geschäftsraummieters mangels einer Einantwortung ein Gesamtrechtsnachfolger nicht vorhanden sei; die Konstruktion des ruhenden Nachlasses werde dann in unerträglicher Weise überspannt, weil sie dadurch die Mietzinszahlungen des Nebenintervenienten und dessen Benützung des Geschäftslokals für die Gesamtlebensdauer des Bestandobjektes akzeptieren müßten. Dem ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:
Die (beiderseitige) Vererblichkeit des Mietvertrages wird nicht nur in § 14 Abs 1 MRG, sondern schon in § 1116 a ABGB normiert. In den Mietvertrag treten - abgesehen von der Sonderrechtsnachfolge bei Wohnungsmieten gemäß § 14 Abs 2 und 3 MRG - die nach allgemeiner Erbfolge berufenen Erben mit der Einantwortung ein; mangels Einantwortung bleibt die Verlassenschaft Mieterin (Würth-Zingher, Miet- und WohnR19 § 14 MRG Rz 1 und 2 mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung). Nach einem Teil der Lehre und herrschenden Rechtsprechung dauert im Fall der Überlassung des Nachlaßvermögens an Zahlungs Statt nach § 73 AußStrG der Zustand des ruhenden Nachlasses unbegrenzt fort (Ehrenzweig, System2 II/2, 523; Welser in Rummel, ABGB, Rz 19 zu §§ 797, 798; Würth-Zingher aaO Rz 8; EvBl 1959/293; RZ 1984/24; NZ 1986, 259). Dies haben die Kläger im vorliegenden Fall auch dadurch akzeptiert, daß sie ihre Räumungsklage gegen den ruhenden Nachlaß gerichtet haben. Auf die gegenteiligen Lehrmeinungen, die auch in den Fällen des Unterbleibens einer Verlassenschaftsabhandlung nach §§ 72, 73 AußStrG eine Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge durch Besitzergreifung des berufenen Erben annehmen (Koziol-Welser8 II 387 mwH in FN 1; vgl. JBl 1987, 449), braucht daher nicht näher eingegangen zu werden, wäre doch in diesem Fall die Abweisung des Räumungsbegehrens schon wegen der dann mangelnden Passivlegitimation der Beklagten gerechtfertigt. Im Sinne der herrschenden Rechtsprechung haftet aber dem angefochtenen Urteil gleichfalls kein Rechtsirrtum an: Danach liegt nämlich kein qualifizierter Mietzinsrückstand im Sinne des § 1118, zweiter Fall, ABGB vor, weil die Mietzinszahlungen des Nebenintervenienten bis inklusive November 1987 mit schuldbefreiender Wirkung geleistet und von den Klägern auch angenommen worden waren. Danach wurden sie von ihnen zu Unrecht zurückgewiesen und daher mit schuldbefreiender Wirkung hinterlegt. Der Revision mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben. Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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