OGH 4Ob82/89

OGH4Ob82/8927.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***,

Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr.Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M*** Zeitschriften Verlags Gesellschaft mbH, Wien 6., Lehargasse 11, vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 200.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 16.März 1989, GZ 2 R 16/89-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 15.Dezember 1988, GZ 38 Cg 470/88-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Beklagte gibt die periodische Druckschrift "Wiener" heraus. In den Ausgaben dieser Zeitschrift für Juni, September, Oktober und November 1988 wurde mit ganzseitigen Inseraten für neue Abonnenten geworben; dabei wurde den Neuabonnenten für den Fall der Bestellung eines Abonnements in der Juni-Ausgabe eine Benetton-Brille, in der September-Ausgabe eine "Levis-501-Jean", in der Oktober-Ausgabe Reebok-Sportschuhe und in der November-Ausgabe Fischer SC 4 Sport Ceramics Skier angeboten. Der Preis der "Jean" und der Sportschuhe wurde mit jeweils S 898 angegeben; bei den übrigen Zugaben fehlten Preisangaben. Auch in Tageszeitungen warb die Beklagte in ganzseitigen Inseraten für diese Abonnoments. Den Ausgaben ihrer Zeitschrift waren jeweils vorgedruckte Antwortpostkarten beigelegt, mit denen das Abonnement bestellt werden konnte und auf denen auf die Zugabe hingewiesen wurde.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit dieser Werbung gegen das Zugabengesetz und die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verstoße, begehrt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, in der Werbung für Neuabonnenten anzukündigen, daß alle jene, die bis zu einem bestimmten Stichtag ein Abonnement der Zeitschrift "Wiener" für einen angekündigten Zeitraum und/oder eine vorgeschriebene Anzahl von Ausgaben mittels einer angeschlossenen und/oder voradressierten Antwortpostkarte bestellten, die im einzelnen aufgezählten Zugaben dazuerhielten.

Nach dem Zugehen der Klage samt dem Sicherungsantrag schrieb der Rechtsanwalt Dr.Gottfried K*** im Namen der Beklagten den Klagevertretern am 7.12.1988 folgendes:

"Namens meiner Mandantschaft biete ich hiemit dem von Ihnen vertretenen S*** G*** U***

W*** - selbstverständlich ohne Anerkennung seines Rechtsstandpunktes und ohne Präjudiz für den Kostenersatzanspruch - an, mit ihm folgenden gerichtlichen Vergleich abzuschließen:

1. Die M*** Zeitschriften VerlagsgmbH verpflichtet sich, es ab sofort bei Zwangsfolge im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in der Werbung für Neuabonnenten anzukündigen, daß alle jene, die bis zu einem bestimmten Stichtag ein Abonnement der Zeitschrift 'Wiener' für einen angekündigten Zeitraum und/oder eine vorgeschriebene Anzahl von Ausgaben mittels einer angeschlossenen und/oder voradressierten Antwortpostkarte bestellen, die 'Kult-Jean'-Levis 501, die 'Luxus-Boots' Reebok Universe oder das 'Top-Modell' Fischer SC 4 Sport Ceramics gratis dazuerhalten.

2. Der S*** G*** U*** W*** wird ermächtigt,

die Unterlassungsverpflichtung gemäß Punkt 1) dieses Vergleiches mit der Überschrift "Vergleich" in Fettdruck binnen 6 Monaten nach Rechtswirksamkeit dieses Vergleiches auf Kosten der M*** Zeitschriften Verlagsges.m.b.H in einer Samstag-Ausgabe der Zeitschrift 'Kurier' und in einer Ausgabe der Zeitschrift 'Wiener' im Textteil in Normallettern, wie für redaktionelle Artikel verwendet, mit Fettdruckumrandung und gesperrt und fettgeschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen.

Um einen weiteren Schriftverkehr zu vermeiden, weise ich darauf hin, daß dieser Vergleich für den Fall Ihres Einverständnisses im Verfahren 38 Cg 470/88 abgeschlossen werden sollte, um die für den Fall eines Abschlusses eines prätorischen Vergleiches anfallenden Gebühren zu vermeiden. Die Anführung von Geschäftszahlen, Datum, Gericht und Richter ist - ich habe darauf bereits in einer früheren Korrespondenz hingewiesen - entbehrlich."

Unter Berufung darauf, daß durch dieses Vergleichsangebot die Wiederholungsgefahr weggefallen sei, beantragt die Beklagte die Abweisung des Sicherungsbegehrens.

Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Bei Einbringung und Zustellung der Klage sei zwar der Unterlassungsanspruch des Klägers gegeben gewesen; durch das Angebot eines vollstreckbaren Vergleiches sei aber die Wiederholungsgefahr weggefallen, habe doch der Kläger dadurch all das erhalten, was ihm mit Urteil zugesprochen worden wäre. Ein gleichartiger weiterer Wettbewerbsverstoß sei auszuschließen.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Angebot eines vollstreckbaren Vergleiches beseitige die Wiederholungsgefahr, wenn der angebotene Vergleich all das umfasse, was der Kläger im Rechtsstreit ersiegen könnte; dazu gehöre auch die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in angemessenem Umfang, sofern sie der Kläger mit Recht fordere. Bei Wettbewerbswidrigkeit eines Inserates sei es in der Regel notwendig, das Urteil in jener Form und Aufmachung zu veröffentlichen, in der das beanstandete Inserat veröffentlicht wurde. Die Beklagte habe ihre Zugaben für Neuabonnenten Monate hindurch in ganzseitigen Inseraten im "Wiener" angekündigt. Um die angesprochenen Verkehrskreise über die Gesetzwidrigkeit dieses Verhaltens aufzuklären, sei es notwendig, den Vergleich in einer Form zu veröffentlichen, die den gleichen Auffälligkeitswert wie die beanstandeten Inserate habe. Das erfordere die Veröffentlichung in einem ganzseitigen Inserat. Aus der Veröffentlichung habe auch hervorzugehen, daß sich die Beklagte in einem gerichtlichen Verfahren zur Unterlassung verpflichtet habe; die Angabe von Geschäftszahl, Datum und Gericht sei daher keineswegs entbehrlich. Die Veröffentlichung des gesamten (Urteils-)Kopfes und der Ermächtigung zur Veröffentlichung sei hingegen für die Erfüllung des Aufklärungszweckes nicht notwendig. Da die Beklagte dem Kläger im Wege des Vergleiches nicht all das angeboten habe, was er bei seinem Obsiegen im Verfahren erhielte, lasse ihr Vergleichsangebot nicht darauf schließen, daß es ihr ernstlich darum zu tun sei, künftig ähnliche Wettbewerbsverstöße zu vermeiden. Bestehe aber Wiederholungsgefahr, so sei der Unterlassungsantrag begründet, weil die Beklagte gegen § 1 ZugG verstoßen habe.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Der Kläger beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Das Rekursgericht hat die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1, § 528 Abs 2 ZPO deshalb bejaht, weil ein Angebot zur Veröffentlichung nur der im Vergleich übernommenen Unterlassungsverpflichtung ohne Angabe von Geschäftszahl, Datum und Gericht noch nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei; dementsprechend befaßt sich auch die Beklagte in ihrem Rechtsmittel zunächst mit der Frage, ob der Auffälligkeitswert einer Veröffentlichung ohne diese Angaben wesentlich geringer wäre als der einer Veröffentlichung mit ihnen. Von der Lösung dieser Rechtsfrage des materiellen Rechtes hängt die Entscheidung aber nicht ab:

Das Rekursgericht hat die Eignung des Vergleichsangebotes der Beklagten, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, schon deshalb verneint, weil die beanstandeten Zugaben in ganzseitigen Inseraten der Zeitschrift "Wiener" veröffentlicht worden seien, der Vergleich aber nach dem Vorschlag der Beklagten - im Unterschied zum Urteilsantrag - im "Wiener" nur im Textteil in Normallettern, wie für redaktionelle Artikel verwendet, veröffentlicht werden sollte. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, daß das Urteil in der Regel in der gleichen Form und Aufmachung, insbesondere an der gleichen Stelle und in der gleichen Schrift wie das beanstandete Inserat, zu veröffentlichen sei, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1984, 82; ÖBl 1984, 135); dabei handelt es sich somit um keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, zumal die Beklagte keine neuen Gesichtspunkte ins Treffen führt, die eine Überprüfung dieser Rechtsprechung geboten erschienen ließe. (Ihr Hinweis darauf, daß die von ihr angebotene Veröffentlichung des Vergleiches auch im "Kurier" ausreiche, setzt sich darüber hinweg, daß bei weitem nicht alle Leser der beanstandeten Zugabenankündigung im "Wiener" auch den "Kurier" lesen und die vorgeschlagene Veröffentlichtung im "Kurier" (im Textteil mit Normallettern) nicht den gleichen Aufmerksamkeitswert hat wie eine ganzseitige Einschaltung im "Wiener".) Auch die weitere Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß ein Vergleichsangebot die Wiederholungsgefahr nur dann beseitige, wenn die Veröffentlichung des Vergleiches im gleichen Umfang angeboten werde, in dem ein Urteil veröffentlicht würde, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1984, 135 mwN) und wird von der Beklagte auch nicht in Zweifel gezogen. Der Revisionsrekurs war somit mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1, § 528 Abs 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten des Klägers gründet sich auf § 393 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

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