OGH 13Os63/89

OGH13Os63/8915.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Juni 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred E*** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB. und anderer strabarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 12.Dezember 1988, GZ. 15 Vr 2989/87-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Manfred E*** wurde des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB. (Punkt I des Urteilssatzes), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB. (Punkt II) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. (Punkt III) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 27.August 1987 in Krumpendorf (zu I) Mario M***, Manfred S***, Erwin H*** und Johann F*** mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er eine einer echten Waffe täuschend ähnlich sehende Schreckschußpistole durchlud, gegen die genannten Personen richtete und sich äußerte "Euch erschieß ich alle" und Eveline R*** überdies mit den Worten bedrohte "Glaubst, bin ich zu feig, daß ich abdrücke, mir ist es egal, wenn ich 20 Jahre in den Häfen gehe";

(zu II) Werner K*** durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zum Betreten der Toilettenkabine und zum Entkleiden genötigt, indem er ihm den Lauf der zu I angeführten Schreckschußpistole an der Schläfe ansetzte, sich äußerte, er werde ihn erschießen und ihn aufforderte, die Toilettenkabine aufzusuchen und sich bis auf die Unterhose zu entkleiden;

(zu III) nachgenannte Personen vorsätzlich am Körper leicht verletzt, und zwar:

1. Manfred S*** durch einen Schlag in das Gesicht (Platzwunde an der Unterlippe);

2. Werner K*** durch einen Schlag mit der Schreckschußpistole (Platzwunde an der Ober- und an der Unterlippe);

3. Johann F***, indem er ihm Faustschläge versetzte und einen Sessel nach ihm warf (mehrfache Hautabschürfungen im Gesicht). Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5, 5 a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge (Z. 5) schlägt mit dem Vorwurf durch, daß das Erstgericht Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen hat, die auf einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand des Angeklagten (§ 287 StGB.) hinweisen. Der Beschwerdeführer hat zwar keine Volltrunkenheit behauptet, er hat sich vielmehr im Sinn einer Anklage schuldig bekannt, die eine solche nicht annimmt; wohl aber hat er vorgebracht, daß er sich an den Tathergang nicht erinnern könne (vgl. S. 44, S. 65). Nun ergibt sich aus der Zeugenaussage des Gendarmeriebeamten Michael A*** in der Hauptverhandlung (S. 67 f), der die Einvernahme des Angeklagten durchführte, daß der Beschwerdeführer "zur Tat selbst" Erinnerungslücken hatte, konkrete Angaben erst bei der zweiten Einvernahme machen konnte und daß der Angeklagte "in der Nacht" verwirrt war und nicht wußte, worum es ging. Auch aus der im Akt erliegenden Niederschrift der Verantwortung des Beschwerdeführers vor der Gendarmerie ist zu entnehmen, daß er sich angeblich an die Einzelheiten der Tat nicht erinnern kann (S. 44).

Rechtliche Beurteilung

Die Aussage des Zeugen A***, aber auch die Depositionen der Zeugen Eveline R*** und Manfred S*** (S. 66), Johann F***

(S. 67, Verlesungen S. 73) und Sigrid F*** (S. 74) hätte das Erstgericht im Zusammenhang mit der Verantwortung des Angeklagten in den Kreis seiner Erwägungen einbeziehen müssen, weil ein allenfalls vorliegender Erinnerungsverlust über die Tatereignisse (neben undeutlicher Sprache und schwankendem Gang) ein Indiz für eine volle Berauschung sein kann (Foregger-Serini4, § 287 StGB. Anm. III; Leukauf-Steininger, Komm.2 § 287 StGB. Rz. 9). Nach Lage des Falls ist nicht auszuschließen, daß die Tatrichter bei Würdigung dieser Beweisergebnisse zu anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Feststellungen gelangt wären. Schon deshalb war das Urteil in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde aufzuheben und eine Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285 e StPO.). Auf das weitere Beschwerdevorbringen war nicht einzugehen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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