OGH 7Ob598/89

OGH7Ob598/8915.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gerhard P***, Konsulent, und 2. Gabriele P***, Private, beide Wien 19., Rückaufgasse 24, beide vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer und Dr. Martin Riedl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei D*** Handelsgesellschaft mbH, Wien 9., Währingerstraße 2-4, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 328.701,20 und Feststellung (Streitwert S 60.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 21. Dezember 1988, GZ 41 R 750/88-50, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 29. Juli 1988, GZ 5 C 664/86-42, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird in seinen Punkten 1, 2, 4 und 6 aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung

Die Kläger begehren (im Verfahren 5 C 664/86 des Erstgerichtes) die Feststellung des aufrechten Bestandes des mit der beklagten Partei am 10. Oktober 1984 abgeschlossenen Mietvertrages bis zum 30. Juni 1988 und der Rechtsunwirksamkeit der Auflösungserklärung der beklagten Partei vom 26. September 1986 sowie den Zuspruch von S 328.701,20 s.A. Mit Vertrag vom 10. Oktober 1984 habe die beklagte Partei eine im Wohnungseigentum der Kläger stehende Wohnung in Wien 19. für die Zeit vom 1. Juli 1984 bis 30. August 1988 gemietet. Durch unfachgemäßes Abdichten der Fenster und mangelnde Belüftung sowie durch Verursachung übermäßiger Feuchtigkeit sei in einigen Räumen der Wohnung Schimmelbildung aufgetreten, obwohl der Bau, in dem sich die Wohnung befinde, den Vorschriften entsprechend errichtet worden sei. Zu Unrecht habe die beklagte Partei mit Schreiben vom 1. August 1986 Zinsminderung begehrt und mit Schreiben vom 28. September 1986 das Mietverhältnis für aufgelöst erklärt. Unbenützbarkeit der Wohnung wegen der Schimmelbildung sei nicht gegeben. Eine Gesundheitsgefährdung liege nicht vor. Die vorzeitige Auflösung des Vertrages sei daher nicht rechtswirksam erfolgt. Die beklagte Partei habe den Mietzins bis zum vorgesehenen Vertragsende zu bezahlen, ebenso die Telefon-, Gas- und Stromgrundkosten sowie jene Kosten, die für die Mindestbeheizung der Wohnung zur Vermeidung von Frostschäden erforderlich seien.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage und begehrt ihrerseits in dem zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren 5 C 664/86 verbundenen Rechtsstreit 5 C 792/86 des Erstgerichtes die Zahlung von S 79.656,16 s.A.; sie hat überdies im Verfahren 5 C 664/86 den Zwischenantrag auf Feststellung gestellt, der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Mietvertrag vom 10. Oktober 1984 sei zum 20. September 1986 rechtswirksam aufgelöst. Die Schimmelbildung sei, bei normalem Bewohnen, durch Baumängel verursacht worden. Da sie für ihre Dienstnehmerin, die die Wohnung vereinbarungsgemäß benützt habe, eine andere Wohnung habe beschaffen müssen, seien ihr Auslagen von S 78.547,80 entstanden. Ein Stromguthaben von S 1.108,36 sei von den Klägern nicht gutgebracht worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zu 5 C 664/86 (Punkt 1 des Urteils) und das Begehren der beklagten Partei auf Zahlung von S 78.547,80 s.A. (Punkt 4) ab. Es erkannte im Sinne des Zwischenfeststellungsantrages der beklagten Partei (Punkt 3) und verurteilte die Kläger zur Zahlung des Betrages von S 1.108,36 s.A. (Punkt 2). Folgenden Sachverhalt nahm das Erstgericht als erwiesen an:

Mit Vertrag vom 15. Oktober 1984 mietete die beklagte Partei von den Klägern eine 108 m2 große, aus vier Zimmern, Küche und Nebenräumen bestehende Wohnung in Wien 19. für die Zeit vom 1. Juli 1984 bis 30. August 1988 zu einem wertgesicherten monatlichen Mietzins von S 15.000,-- einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer. Die Benützung der Wohnung sollte durch die Prokuristin der beklagten Partei, Judith Z***, und ihre Familie erfolgen. Die beklagte Partei bestätigte, daß sich die Wohnung bei Übernahme in einem tadellosen Zustand befand, und verpflichtete sich, sie sorgsam und pfleglich zu behandeln, über die normale Abnützung hinausgehende notwendige Erneuerungsarbeiten auf ihre Kosten ausführen zu lassen und jeden Schaden unverzüglich anzuzeigen. Bei Vorliegen wichtiger Gründe - jedoch nicht vor dem 30. September 1986 - sollte die beklagte Partei berechtigt sein, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten aufzukündigen. Darüber, daß die Luftfeuchtigkeit der Wohnung überwacht, und daß gezielt gelüftet werden müsse, wurde nichts gesprochen. Das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, wurde "Ende der Fünfzigerjahre" errichtet. Der Außenwandwärmeschutz entspricht den damaligen Normen. Die behördlichen Vorschriften wurden durch eine innen angebrachte Dämmschicht aus Schilfrohrmatten überboten. Diese Dämmschicht bewirkt allerdings, daß das Mauerwerk von außen tiefer abkühlt. Auch die Atmungsfähigkeit des Mauerwerkes leidet durch die nicht saugenden Schilfrohrmatten und durch eine Innenbeschichtung durch übermalte Tapeten. Die Möglichkeit, bei zu feuchter Innenluft die Feuchtigkeit ohne Schaden aufzunehmen und sie bei trockener Luft wieder abzugeben, wird dadurch verringert. Schwachstellen der Wärmedämmung sind Wandecken, weil dort die äußere Abkühlfläche viel größer ist als die innere Aufwärmfläche.

Das Mauerwerk der Wohnung befindet sich hinsichtlich der Kondensationssicherheit im Grenzbereich. Auch bei einer (nur) geringfügigen Veränderung der Wohnbedingungen (Innenklimaverhältnisse) kann deshalb bereits eine stärkere Feuchtigkeitsanreicherung in den Wänden auftreten, ebenso bei einer Aufeinanderfolge feuchter Sommer und langer, kalter Winter. Die Wohnung hat innerhalb des Gebäudes eine ungünstige Lage im obersten Geschoß, unterhalb des kalten Dachraumes; Bad, Küche, Schlaf- und Kinderzimmer haben umlaufende Außenwände. Die Heizkörper der Etagenheizung sind an der Mittelwand angebracht; aufsteigende und sich dabei abkühlende Warmluft kommt in diesem Fall schon abgekühlt zur Außenwand. Wird diese Warmluft zusätzlich befeuchtet, kommt sie überfeuchtet und abgekühlt zur kühlen Außenwand; Kondenswasserbildung ist dann eine logische Folge.

Im Schlaf- und Wohnzimmer sind die Heizkörper mit Befeuchtungsgeräten versehen.

Als sich die Benützer der Wohnung beim Erstkläger darüber beschwerten, daß es in der Wohnung, insbesondere in der Küche, kalt sei, empfahl ihnen dieser, eine in der Küche vorhandene Belüftungsöffnung zu schließen. Sie brachten im Jänner und Februar 1985 überdies Dichtungen, und zwar Kunststoffdämmstreifen in den Fälzen der Fensterflügel aller Zimmer an. Dies war vom bauphysikalischen Standpunkt aus nicht günstig und falsch, weil dadurch der früher über die Fensterfugen ablaufende ständige Luftwechsel weitgehend unterbunden wurde.

In der Zeit zwischen 1960 und 1984 war die Wohnung jeweils von vierköpfigen Familien - bis 1976 von der Familie der Kläger - bewohnt worden, ohne daß jemals Schimmelbildung auftrat. Auch in der ersten Zeit der Benützung der Wohnung durch die - ebenfalls vierköpfige - Familie Z*** trat eine Schimmelbildung nicht auf. Die Raumtemperatur wurde auf 22 Grad Celsius gehalten. Es waren "immer" alle Heizkörper in Betrieb. Gelüftet wurde in der Form, daß im Sommer das Fenster im Badezimmer ständig offen stand und im Winter nach dem Baden gelüftet wurde. Im Schlafzimmer stand im Sommer das Kippfenster stets offen, im Winter wurden die Räume morgens etwa 1/4 Stunde lang gelüftet. Die Wäsche wurde im Badezimmer, wo die mitgemietete Waschmaschine stand, gewaschen und auf dem Balkon bzw. im Gästezimmer - in dem auch später kein Schimmel auftrat - aufgehängt. Der hauseigene Trockenraum wurde nicht benützt.

Im Jänner 1985 trat an der Decke der Küche ein feuchter Fleck auf, den Dipl.Ing. Thomas Z*** dem Erstkläger zeigte. Dieser hielt ihn für Kondenswasser und unerheblich.

Im Dezember 1985/Jänner 1986 trat im Schlafzimmer, im Kinderzimmer, in der Küche und im Badezimmer Schimmel auf. Die Schimmelbildung vergrößerte sich zwar, blieb jedoch insgesamt in geringem Ausmaß. Im Schlafzimmer waren an der Außenwand beim Deckenanschluß von der linken Ecke ausgehend auf etwa 1,70 m Länge Schimmelflecken mit ein bis drei Zentimeter Breite zu sehen und ebenso einige Schimmelflecken über dem Fenster mit etwa 1,40 m Länge. In der Küche befand sich beim Deckenanschluß an die Außenwand in der Ecke zum Speisekasterl ein größerer Schimmelfleck; oberhalb des Fensters waren geringe Schimmelflecken in 1,20 m Länge. Im Kinderzimmer waren entlang des Türstockes der Balkontüre vom Fußboden ca. 60 cm hoch und 5 cm breit und auch weiter oben vereinzelt kleine Schimmelflecken. Im Badezimmer befand sich in der rechten Ecke am Deckenanschluß an die Außenwand ein in allen Richtungen ca. 3 cm großer Schimmelfleck.

Die Schimmelbildung ist in erster Linie auf den geringen Außenwandwärmeschutz des Gebäudes zurückzuführen. In Verbindung mit der vorhandenen Situierung der Heizkörper an den Innenwänden unterbleibt eine Warmluftschleierbildung im Fenster- und Außenwandbereich, wodurch es zu einer weiteren Erniedrigung der Wandoberflächentemperatur, besonders in den Raumecken, kommt. Dieser Zustand ist jedoch nicht als ein echter Baumangel zu bezeichnen, der Feuchtraum-Grenzwert wird von der vorliegenden Wandkonstruktion gerade erreicht.

Zum Auftreten der Schimmelbildung sind daher nicht ungewöhnliche Heizungs- und Lüftungsgewohnheiten der Benützer der Wohnung erforderlich. Die Schimmelgefahr ist bei der vorhandenen baulichen Situation vielmehr ständig gegeben. Es genügt eine stärkere Wohnraumnutzung, besseres Dichten der Fensterfugen und eine etwas erhöhte Feuchtigkeitsentwicklung - noch im Rahmen des üblichen Ausmaßes -, um die Oberflächenkondensation in den Ecken mit Schimmelbildung auszulösen. Im Hinblick auf die gegebene Bausituation müßte in Räumen mit Feuchtigkeitsentwicklung - Badezimmer, Küche, Schlafzimmer, Kinderzimmer - vermehrt gelüftet werden. Besonders im Sommer sollte das Austrocknen der kritischen Wandbereiche durch

ständiges - reichliches und langfristiges - Lüften gefördert werden; die Fensterfugen sollten keine zusätzlichen Dichtungen erhalten. Als der Schimmel auftrat, teilte dies die Familie Z*** den Klägern mit. Diese besichtigten die Wohnung und vertraten die Ansicht, daß die Heizungs- und Lüftungsgewohnheiten der Bewohner hiefür verantwortlich seien.

Am 14. Februar 1986 forderte der Geschäftsführer der beklagten Partei die Kläger auf, den Schaden binnen 15 Tagen zu beheben. Die beklagte Partei sei bereit, die Arbeiten zu dulden, würde jedoch ansonsten die Konsequenzen ziehen.

Die Kläger erklärten, daß der Schaden wohl behoben werden müsse, doch würden die Kosten der beklagten Partei angelastet werden. Dies wurde von der beklagten Partei abgelehnt.

Vor Ostern 1986 wurde von den Klägern mit einem Baumeister ein Termin in Aussicht genommen, an dem der Schaden beseitigt werden sollte: Der Baumeister veranschlagte einen Tag Arbeitszeit und Kosten von etwa S 5.000,--. Die Kläger teilten der beklagten Partei mit, die Familie Z*** möge mit dem Baumeister einen Termin vereinbaren, die Kosten würden der beklagten Partei angelastet werden. Zu einer Terminfestsetzung kam es unter den gegebenen Umständen jedoch nicht.

In einem Schreiben vom 1. August 1986 vertrat die beklagte Partei die Ansicht, die Schimmelbildung sei auf eine schlechte Bauweise zurückzuführen, sie begehre eine Zinsminderung um S 5.000,-- pro Monat ab Jänner 1986. Die beklagte Partei setzte den Klägern eine Frist bis zum 20. September 1986 zur Behebung der Schäden auf deren Kosten und erklärte, andernfalls das Bestandverhältnis gemäß § 1117 ABGB aufzulösen. Da darauf keine Reaktion erfolgte, erklärte die beklagte Partei am 26. September 1986 die Auflösung des Bestandvertrages. Anfang November 1986 zog die Familie Z*** aus und bot die Schlüsselrückgabe für den 12. November 1986 an. Diese wurde von den Klägern abgelehnt; die Kläger übernahmen den Bestandgegenstand erst am 13. Juli 1988.

Der Mietzins - der im August 1986 infolge der Indexerhöhung auf S 15.768,80 gestiegen war - wurde bis September 1986 in der Höhe von S 15.000,--, im Oktober 1986 von S 10.000,-- gezahlt; weitere Zahlungen erfolgten nicht. Nach dem 1. Jänner 1987 leistete die beklagte Partei auch nichts mehr für Telefon, Strom und Gas. Die nachher angefallene Grundgebühr von S 3.460,-- bis Juni 1988 zahlten die Kläger, um den Telefonanschluß nicht zu verlieren. Die Kläger entrichteten auch die Grundgebühren für Strom und Gas und die Kosten einer Mindestbeheizung nach dem 1. November 1986 bis 20. Juni 1988 von S 2.556,50. Laut Abrechnung vom 20. Mai 1987 ergab sich ein Guthaben von S 1.108,36 aus der Zeit, in der noch die beklagte Partei Zahlungen geleistet hatte.

Eine Gesundheitsschädigung der Benützer ist nicht eingetreten, eine Gefährdung hat jedoch - war der Schimmelbefall in der Wohnung auch relativ gering - bestanden. Jedes biologische Material wirkt allergisierend, insbesondere Pilzsporen, wenn dies auch je nach der Art der Sporen in verschieden hohem Ausmaß der Fall ist. Bei Kindern können bei Pilzbefall Atembeschwerden und Beschwerden im Magen-Darm-Trakt beobachtet werden. Sporen von Schimmelpilzen beeinträchtigen den Respirationstrakt, indem sie als Allergene Husten, Atemnot, Fieber, Rhinitis, Alveolitis und Asthma bronchiale indizieren. Mykotoxine können auch Lebensmittel kontaminieren und so oral aufgenommen werden. Signifikant häufigere Symptome wie Erbrechen und Durchfall bei Kindern in feuchten Wohnungen mit Schimmelpilzbildung könnten darauf hindeuten. Bei einer Reihe von rheumatischen Erkrankungen spielen Kälte- und Nässeeinwirkungen eine bedeutende Rolle. Schimmel wirkt auch ekelerregend. Die Behebung des Schimmelbefalls der Wohnung wäre raumweise möglich. Der jeweils behandelte Raum wäre etwa eine Woche - wegen der mit dem Abschlagen des Putzes verbundenen

Staubentwicklung - nicht bewohnbar. Der größte zusammenhängende, von außen erkennbare Fleck an Schimmelbildung ist ca. 1/3 bis 1/2 m2 groß; es müßten aber erheblich mehr Flächen abgeräumt werden, weil das Myzel hinter der Tapete weiterwuchert. Für eine 1/4 m2 große erkennbare Schimmelbildung müßte man daher etwa 2 m2 Fläche behandeln.

In seiner rechtlichen Beurteilung kam das Erstgericht zum Ergebnis, das Auftreten von Schimmel - dessen Ursache hauptsächlich in der Bauweise des Hauses zu sehen sei, zumal die Benützungsgewohnheiten der Familie Z*** sich im üblichen Rahmen gehalten habe - stelle bei einer Wohnung der gehobenen Kategorie wie hier Unbrauchbarkeit dar, weil die Wohnqualität nicht mehr gewährleistet und eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen sei, mag es auch zu einer Schädigung nicht gekommen sein. Das Behebungsangebot der Kläger sei nicht ausreichend gewesen, weil sich die Kläger zur Übernahme der Kosten nicht bereitgefunden hätten und die in Aussicht genommenen Arbeiten nicht entsprechend gewesen wären. Die Auflösung des Mietverhältnisses sei daher zu Recht erfolgt. Die Zinsminderung für Oktober 1986 sei berechtigt gewesen. Der beklagten Partei stehe ein Guthaben aus der Gas- und Stromabrechnung zu; für ihre übrigen Ansprüche wäre ein Verschulden der Kläger erforderlich, das nicht gegeben sei.

Punkt 4 des Urteils des Erstgerichtes ist unbekämpft geblieben. Das Berufungsgericht gab der Klage 5 C 664/86 statt (Punkt 1 und 2 des Spruches), bestätigte die Verurteilung der Kläger zur Zahlung eines Betrages von S 1.108,36 s.A. (Punkt 3) und wies den Zwischenfeststellungsantrag der beklagten Partei ab (Punkt 4). Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes insgesamt S 300.000,-- übersteigt. Auf die von den Klägern als Berufungswerbern gewünschte Feststellung, daß keine gesundheitsschädlichen Pilzarten vorhanden gewesen seien, komme es nicht an, sondern auf eine erwiesene Gesundheitsschädlichkeit. Die Feststellung einer möglichen Gesundheitsgefährdung brauche daher vom Berufungsgericht nicht übernommen zu werden. Die vom Erstgericht zugrundegelegte mögliche Gesundheitsgefährdung stelle eine Gesundheitsschädlichkeit nicht dar und sei daher nicht geeignet, die Folgen des § 1117 ABGB auszulösen. Eine unbedeutende Beeinträchtigung genüge nicht als Rechtsgrund für eine vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages durch den Mieter, und zwar auch dann nicht, wenn der Mieter vergeblich zur Verbesserung aufgefordert habe. Die im vorliegenden Fall festgestellte geringfügige Schimmelbildung sei nicht als bedeutender oder nicht leicht behebbarer Mangel anzusehen. Die dadurch eintretende Beeinträchtigung der Wohnqualität mache das Objekt noch nicht zum bedungenen Gebrauch untauglich. Die beklagte Partei sei daher nicht berechtigt gewesen, die vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages zu erklären. Sie sei auch im Gebrauch des Objektes nicht beeinträchtigt und deshalb zu einer Zinsminderung nicht berechtigt gewesen. Die beklagte Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes in seinen Punkten 1, 2 und 4 mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil insoweit wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Mit Recht beschwert sich die beklagte Partei unter den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit darüber, daß die zweite Instanz davon ausgeht, es sei (nur) eine mögliche Gesundheitsgefährdung festgestellt worden, die es (aus rechtlichen Gründen) nicht zu übernehmen brauche (und auch nicht übernehme). Denn das Erstgericht hat festgestellt, daß eine Gesundheitsgefährdung tatsächlich bestanden habe, daß sie "eindeutig zu bejahen" sei.

Die Gesundheitsschädlichkeit der gemieteten Wohnräume ist nach § 1117 ABGB jedenfalls ein Grund, der den Bestandnehmer berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen (vgl. Würth in Rummel, ABGB, § 1117 Rz 4; Klang in Klang2 V 121). Daß eine Gesundheitsschädigung bereits eingetreten sei, um die vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages gemäß § 1117 ABGB begehren zu können, wird in dieser Gesetzesstelle nicht vorausgesetzt. Dem Begriff der Gesundheitsgefährlichkeit von Wohnräumen aber kann keine im wesentlichen andere Bedeutung beigemessen werden als dem der Gesundheitsschädlichkeit des Bestandgegenstandes. Ist eine Wohnung "eindeutig" gesundheitsgefährdend, kann dies keineswegs dahin verstanden werden, daß eine Gesundheitsgefährdung (nur) möglich sei. Festgestellt aber wurde nicht, daß der bestehende Schimmelbefall die Gesundheit gefährden kann, sondern daß er diese eindeutig (S 20 der Urteilsausfertigung), also tatsächlich gefährdet.

Nun trifft es zwar durchaus zu, daß eine bloß unbedeutende Beeinträchtigung nicht als Rechtsgrund für eine vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages durch den Mieter genügt (MietSlg. 36.179). Sind aber die Wohnräume gesundheitsschädlich, kann, wie aus der Hervorhebung dieses Umstandes im zweiten Satz des § 1117 ABGB zu folgern ist, von einer unbedeutenden Beeinträchtigung keine Rede mehr sein. Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob es die Feststellung, die Wohnräume seien gesundheitsgefährdend, die es als entbehrlich für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts angesehen hat, übernimmt oder ob ihm diese Feststellung bedenklich erscheint, ob ihm etwa die vorliegenden Beweisergebnisse hiefür nicht ausreichen, so daß das Beweisverfahren in dieser Richtung zu ergänzen wäre. Ein Verschulden der Benützer der Wohnung an der Schimmelbildung wurde nicht festgestellt. Für den entstandenen Schaden hatten daher die Wohnungseigentümer aufzukommen (MietSlg. 29.160, Klang in Klang2 V 40). Eine Behebung des Schadens auf ihre Kosten haben die Kläger nach den Feststellungen abgelehnt; es ist daher unerheblich, ob die Schäden leicht behebbar gewesen wären (MietSlg. 33.191). Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

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