OGH 7Ob610/89

OGH7Ob610/8915.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Erlagssache des Erlegers Dr. Daniel C***, Rechtsanwalt, Wien 9., Wasagasse 4, wider die Erlagsgegner 1.) Dr. Samuel K***, zuletzt Tel Aviv, Hayakon 285, Israel, derzeit unbekannten Aufenthaltes,

2.) Verlassenschaft nach der am 20. April 1988 verstorbenen Eugenie K***, Pensionistin, zuletzt wohnhaft in Wien 2.,

Stuwerstraße 52-54/17, infolge Revisionsrekurses der Verlassenschaft nach Eugenie K***, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Martin D***, Notariatskandidat, Wien 21.,

Schloßhoferstraße 34, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 15. März 1989, GZ 43 R 100/89-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Jänner 1989, GZ 2 Nc 80/88-13, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 22. September 1988 nahm das Erstgericht den Erlag des Sparbuches der Z*** und K*** Wien

Nr. 101.660.140, lautend auf Überbringer, mit einem Einlagenstand per 19. September 1988 von S 41.252,07 zugunsten der bezeichneten Erlagsgegner Dr. Samuel und Eugenie K*** an. Am 27. Jänner 1989 beantragte Dr. Martha F***, emeritierter Rechtsanwalt, Wien 9., Maria Theresienstraße 5, die Eugenie K*** im Scheidungsverfahren gegen Dr. Samuel K*** rechtsfreundlich vertreten hatte, die Ausfolgung des Sparbuches an sie. Nach Darstellung der Vorgeschichte, die zum Erlag geführt hat, behauptet sie, ihre bisher nicht berichtigten gerichtlich bestimmten Kosten würden S 7.651,88 betragen. Gemäß § 19 a RAO habe sie ein gesetzliches Pfandrecht an der Kostenersatzforderung und stelle daher den Antrag, ihr das Einlagebuch auszufolgen.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung zurück, daß der Antragstellerin als Gläubigerin der Zweiterlagsgegnerin keine Parteistellung zukomme.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne einer Stattgebung des Antrages ab. Es führte aus, daß nach dem Inhalt des Antrages Dr. Martha F*** zwar im eigenen Namen als Gläubigerin eingeschritten sei, doch sei gemäß § 10 AußStrG die im Rekurs vorgenommene Klarstellung zu berücksichtigen. Danach habe Dr. Martha F*** den Antrag aufgrund des ihr von Eugenie K*** gegebenen Auftrages, den auf dem Einlagebuch befindlichen Geldbetrag an deren Tochter Alice G*** auszufolgen, und der ihr erteilten Vollmacht gestellt. Die Vollmacht sei durch das Ableben der Eugenie K*** nicht erloschen. Es schade daher nicht, daß Dr. Marhta F*** formell im eigenen Namen aufgetreten sei. Die Verpflichtung des Dr. Samuel K*** zur Herausgabe des Sparbuches an die Zweiterlagsgegnerin sei aufgrund des ergangenen Versäumungsurteils dargetan.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Verlassenschaft.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig. Dem Erlagsgegner steht der Rechtsmittelweg offen, um sich gegen eine zu Unrecht angeordnete Ausfolgung zu wehren (SZ 40/8; vgl. auch Reischauer in Rummel ABGB Rz 16 zu § 1425).

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Der Antrag vom 27. Jänner 1989 enthält nicht nur keinen Hinweis darauf, daß die Einreicherin nur als Bevollmächtigte einschreitet, er bezeichnet vielmehr ausdrücklich als Antragstellerin Dr. Martha F***. Aus der Antragsbegründung ergibt sich, daß die Antragstellerin eigene Rechte am Erlagsgegenstand behauptet und daher den Antrag stellt, den Erlag an sie auszufolgen. Nach der Bezeichnung des Antragstellers und dem Inhalt des Antrages kann es nicht zweifelhaft sein, daß Dr. Martha F*** als Partei und nicht als Bevollmächtigte der Zweiterlagsgegnerin eingeschritten ist. Weder aus § 19 a RAO noch aus dem zwischen Dr. Samuel K*** und Eugenie K*** abgeschlossenen Scheidungsvergleich läßt sich jedoch ein Recht der Antragstellerin am Erlagsgegenstand ableiten. Die Antragstellerin ist hinsichtlich ihrer Honorarforderung Gläubigerin der Zweiterlagsgegnerin. Ein Gläubiger eines Erlagsgegners hat aber, wie bereits das Erstgericht zutreffend dargelegt hat, in Ermangelung von Rechten am Erlagsgegenstand im Ausfolgungsverfahren weder Parteistellung noch Rechtsmittelbefugnis (SZ 52/49 ua). Die Darlegungen der Dr. Martha F*** in ihrem Rekurs, daß sie nicht im eigenen Namen, sondern im Auftrag der Eugenie K*** eingeschritten sei, sind aber, entgegen der Meinung der zweiten Instanz, unbeachtlich. Nach § 10 AußStrG ist es den Parteien zwar unbenommen, in den Vorstellungen und Rekursen neue Umstände und Beweismittel anzuführen. Mit dem Wort "Umstände" sind aber nur Tatsachen gemeint (Fasching, Zur Zulässigkeit von Neuerungen in Rechtsmitteln des außerstreitigen Verfahrens in ÖJZ 1956, 310, insbesondere 312). Ebensowenig wie es § 10 AußStrG nicht ermöglicht, im Rekursverfahren noch neue Sachanträge zu stellen, kann auch im Wege dieser Bestimmung nicht eine neue Partei anstelle des bisherigen Antragstellers in das Verfahren eingeführt werden. Die Frage, ob Dr. Martha F***, deren Befugnis zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft überdies bereits erloschen ist, überhaupt noch berechtigt ist, namens der Verlassenschaft einzuschreiten, kann daher unerörtert bleiben.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.

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